Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Text
Gründe:
Der am 19. März 1933 geborene Gelegenheitsarbeiter Josef A wurde von der Anklage, am 15.September 1983 in Rietz die am 21.November 1975 geborene Barbara B durch die Aufforderung, an seinem Glied zu schlecken bzw. mit dem Angeklagten auf die Toilette zu gehen, wobei er sein erregtes Glied entblößt hatte, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht zu mißbrauchen versucht zu haben (§§ 15, 207 Abs.1 StGB.), gemäß § 259 Z.3
StPO. freigesprochen.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte, der am 15.September 1983 bei der Familie B in Rietz aushilfsweise Holzarbeiten verrichtete, unter anderem der damals noch nicht einmal acht Jahre alten Barbara B zunächst in einem Heustadel Hefte mit pornographischen Darstellungen gezeigt und sodann das Mädchen entweder noch im Heustadel oder etwas später bei der Toilette des Wohnhauses der Familie B unter gleichzeitiger Entblößung seines Unterkörpers gefragt, ob es seinen 'Zipfel' sehen wolle (der Geschlechtsteil war für das Kind bereits sichtbar). Barbara B hatte vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung weiters angegeben, der Angeklagte habe sie im Heustadel auch aufgefordert, an seinem Glied zu schlecken. Das erschien dem Gericht im Hinblick auf eine teilweise widersprüchliche und von den übrigen Beweisergebnissen zum Teil abweichende Darstellung, die das Kind zunächst schon seiner Mutter bei der Schilderung des Vorfalls mit dem Angeklagten und sodann vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung gegeben hatte, zu wenig verläßlich, um auch diese Äußerung des Angeklagten als erwiesen anzunehmen. Ein auf einen solchen geschlechtlichen Mißbrauch des Mädchens gerichtetes Vorhaben des Angeklagten war folglich für den Gerichtshof nicht erweisbar.
Zu der weiteren laut Anklageschrift in Übereinstimmung mit der Darstellung der Barbara B vor dem Untersuchungsrichter dem Angeklagten zur Last gelegten Äußerung, die Unmündige unter Entblößung seines erregten Glieds auch aufgefordert zu haben, mit ihm auf die Toilette zu gehen (Anklageschrift S.25 bis 27), hielt das Erstgericht eine Urteilsfeststellung (ob diese öußerung des Angeklagten tatsächlich gefallen ist) mit dem Hinweis für entbehrlich, daß eine solche an das Mädchen gerichtete Aufforderung nicht tatbildlich (§ 207 Abs.1 StGB.) sein könnte. Den Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Gründe des § 281 Abs.1 Z.5 und 9 lit.a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Anklagebehörde in ihrer Rechtsrüge zutreffend aufzeigt, hat der Gerichtshof, von der verfehlten Rechtsansicht ausgehend, daß eine allfällige an die Unmündige gerichtete Aufforderung des Angeklagten, mit ihm die Toilette aufzusuchen, unter keinen Umständen tatbestandsmäßig (§§ 15, 207 Abs.1 StGB.) sein könnte, eine Feststellung, ob und unter welchen Umständen eine solche öußerung des Angeklagten gegenüber dem Mädchen am 15.September 1983
gefallen ist, für entbehrlich gehalten (S.53). Hätte aber der Angeklagte, wie dies Barbara B insbesondere vor dem Untersuchungsrichter schilderte (siehe die im Ersturteil auf S.51 angeführte ON.6), nach dem Vorzeigen von pornographischen Darstellungen sodann vor dem WC sein damals bereits erregtes Glied durch Herunterziehen seiner Hose derart entblößt, daß es auch für das Mädchen sichtbar wurde, und an dieses die - im gegebenen Zusammenhang als Aufforderung aufzufassende - Frage gerichtet, ob es mit ihm aufs Klosett gehen möchte, so ließe diese Vorgangsweise durchaus einen Schluß darauf zu, daß damals das Vorhaben des Angeklagten darauf gerichtet war, das Mädchen in der Toilette zur Unzucht zu mißbrauchen. Falls dies als erwiesen angenommen wird, wären objektiv ein im nahen Vorfeld der Erfolgsverwirklichung, d.h. jenes Ereignisses oder Zustands, das bzw. der aus dem Tätigkeitswort des Tatbestands als Wirkung hervorgeht, liegendes Verhalten (§ 15 Abs.2 StGB.), subjektiv die beim Versuch essentielle überwindung der entscheidenden Hemmstufe vor der Herbeiführung des verpönten Erfolgs zu bejahen (LSK.1982/22 = EvBl.1982 Nr.98).
Das angefochtene Urteil ist in diesem, auch von der Staatsanwaltschaft relevierten Punkt mit einem Feststellungsmangel (§ 281 Abs.1 Z.9 lit.a StPO.) behaftet, weil es die nach dem Vorgesagten entscheidenden Umstände nicht in den Urteilssachverhalt einbezog. Dies macht die Aufhebung des Freispruchs sowie die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Verhandlung und Entscheidung unvermeidlich (§ 288 Abs.2 Z.3, letzter Satz, StPO.).
Sollte im erneuerten Rechtsgang die in Rede stehende Aufforderung des Angeklagten an Barbara B, mit ihm (zwecks Vornahme von unzüchtigen Handlungen) das Klosett aufzusuchen, nicht erweisbar sein, wäre im Hinblick auf das übrige - bereits im angefochtenen Urteil festgestellte - Verhalten des Angeklagten am 15.September 1983 (Vorzeigen von pornographischen Darstellungen sowie seines entblößten Glieds) die Verwirklichung des Vergehens der sittlichen Gefährdung Unmündiger nach § 208 StGB. zu prüfen (Leukauf-Steininger 2 , RN. 30 zu § 207 StGB., sowie Pallin, WK, Rz. 11 zu § 208 StGB.).
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