European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00047.840.1004.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
Am 9. 10. 1979 kam Johann H***** auf der Bundesstraße 306 im Ortsgebiet von Mürzzuschlag mit dem bei der Beklagten haftpflichtversicherten Motorrad der Marke Honda, polizeiliches Kennzeichen *****, infolge überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn ab und stieß gegen einen Straßenbeleuchtungsmast. Hiedurch wurde der am Soziussitz mitfahrende Erstkläger schwer verletzt. Johann H***** wurde mit dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Kreisgerichts Leoben vom 28. 5. 1980, GZ 11 E Vr 1775/79‑23, wegen Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 4 zweiter Fall StGB verurteilt, weil er fahrlässig den Erstkläger am Körper beschädigte, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung, nämlich neben mehreren Abschürfungen und Blutergüssen ein Schädelhirntrauma, eine Beckenzerreißung und einen Bandausriss am linken Knie, zur Folge hatte.
Der Zweitkläger begehrte mit der Behauptung, dass ihm der Erstkläger seine bezifferbaren Schadenersatzansprüche abgetreten habe, von der Beklagten die Bezahlung von 653.203,60 S sA, worin ein Schmerzengeld von 280.000 S inbegriffen war. Der Erstkläger stellte ein entsprechendes Feststellungsbegehren.
Die Beklagte bestritt die aktive Klagslegitimation des Zweitklägers. Dieser sei ein Verein, der kein Vermögen besitze. Die Abtretung einer Forderung an einen vermögenslosen Verein zum Zweck der gerichtlichen Geltendmachung verstoße gegen die guten Sitten, weil einerseits die Gefahr der Überwälzung des Kostenrisikos bestehe und andererseits der Geschädigte die Stellung eines Zeugen erhalte. Die Abtretung sei außerdem auch deshalb sittenwidrig und nichtig, weil es sich bei der Tätigkeit des Zweitklägers, die auch eine Kreditvermittlung umfasse, um ein Bankgeschäft handle; zum Abschluss solcher Geschäfte sei der Zweitkläger aber nicht berechtigt. Im Übrigen wurde ein Mitverschulden des Erstklägers eingewendet. Die Klageansprüche wurden auch der Höhe nach bestritten.
Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf den Grund des Anspruchs ein und sprach mit Zwischenurteil aus, dass der eingeklagte Anspruch dem Grunde nach voll zu Recht bestehe.
Das Berufungsgericht wies die Berufung des Beklagten hinsichtlich des Feststellungsbegehrens zurück. Es gab ihr weiters bezüglich verschiedener hier nicht relevanter Ersatzposten Folge und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurück; der Berufung im Punkte Schmerzengeld gab das Gericht zweiter Instanz jedoch nicht Folge und bestätigte das erstgerichtliche Zwischenurteil, wonach der Anspruch auf Schmerzengeld dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannt werde. Die Revision wurde für zulässig erklärt, weil zur Frage, ob dem Zweitkläger die aktive Klagslegitimation wegen eines Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz mangelt, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichts dahin abzuändern, dass der von dem Zweitkläger erhobene Anspruch auf Schmerzengeld dem Grunde nach als nicht zu Recht bestehend erkannt werde.
Der Zweitkläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Vorinstanzen gingen bei der Beurteilung der hier relevanten Frage der Aktivlegitimation des Zweitklägers von nachstehenden Feststellungen aus:
Der Erstkläger trat seine bezifferbaren Schadenersatzansprüche dem Zweitkläger zum Inkasso ab. Dieser nahm die Abtretung an. Die Beklagte wurde mit dem Schreiben vom 16. 2. 1981 von der Abtretung verständigt. Sie leistete daraufhin 20.000 S Schadenersatz. Die Gesamtansprüche wurden zur Besicherung eines Kredits verpfändet. Voraussetzung für die Gewährung von Krediten ist, dass der Zweitkläger berechtigt wird, aufgrund einer vorhandenen Inkassozession die Forderung bei der gegnerischen Haftpflichtversicherung einzutreiben und gleichsam als Treuhänder zwischen dem Geschädigten und der Bank zu fingieren. Der Zweck ist der, dass mit dem erzielten Erlös etwaige Kreditverpflichtungen abgedeckt werden und dass dann der Restbetrag mit dem Klienten verrechnet wird. Sowohl die Volksbank Mürzzuschlag als auch die Bank für Kärnten haben von dem Zweitkläger verlangt, dass er eine Treuhandfunktion übernimmt. Unabhängig von der Bonität wurden dem Geschädigten Friedrich P***** Kredite eingeräumt. Bis zu Beendigung des Rechtsstreits braucht der Geschädigte weder das Kapital noch Zinsen in Form von Raten an die Bank zu bezahlen. Der Zweitkläger erfüllt die Treuhandfunktion bis zur Höhe des Kredits samt Zinsen und Nebenspesen. Die von der Vereinsbehörde genehmigten Statuten des Zweitklägers sehen unter anderem im § 2 als Aufgabe des Vereins vor, dass er Beistand leistet bei der Besorgung von Überbrückungskrediten nach eingetretenen Schadensfällen, wobei jedoch der Betrieb von Bank- und Sparkassengeschäften jederart hiebei nicht zugelassen ist. Beistandshilfe leistete der Zweitkläger auch dem Erstkläger.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass die Abtretung der Schadenersatzansprüche wirksam sei. Die vom Zweitkläger bei der Beschaffung der Kredite ausgeübte Tätigkeit sei kein Bank- oder Sparkassengeschäft und verstoßen daher nicht gegen § 1 Abs 2 Z 13 des Kreditwesengesetzes.
Das Berufungsgericht führte zur umstrittenen Aktivlegitimation des Zweitklägers Folgendes aus:
Entscheidend sei, ob die aufgrund der Feststellungen des Erstgerichts anzunehmende Inkassozession gültig ist. Die Vereinbarung einer Abtretung zum Zweck des Inkassos sei keinesfalls als Bankgeschäft im Sinn des § 1 Abs 2 KWG anzusehen. Es könne dahingestellt bleiben, ob andere Tätigkeiten des Zweitklägers als Bankgeschäfte anzusehen sind, ob also etwa die in der Berufung erwähnte Vermittlung von Kreditgeschäften nach § 1 Abs 2 Z 13 KWG zu bejahen ist. Es könne nämlich sicher nicht mit Grund gesagt werden, dass eine Inkassozession zu den mit einem allfälligen Bankgeschäft verbundenen Vergütungen im Sinn § 1 Abs 4 KWG gehört. Sie wäre aber nach dieser Gesetzesstelle auch nicht unwirksam, wenn man sie als Garantie für ein Bankgeschäft ansähe, weil hiefür nur die Darlehensgewährung durch die Kreditunternehmungen in Betracht käme. Sie sei jedoch nicht ohne Berechtigung ausgeführt worden. Die Wirksamkeit der Abtretung einer Forderung zum Zweck der Einziehung werde daher durch die Bestimmungen des KWG nicht berührt. Dass diese Abtretung auch nach der GewO nicht verboten sei, habe der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung 8 Ob 158/82 begründet. Der in der Klagebeantwortung unternommene Versuch, die Ungültigkeit der Abtretung aus der Vermögenslosigkeit des Zweitklägers abzuleiten, werde in der Berufung nicht wiederholt. Das Berufungsgericht könne keinerlei Anhaltspunkte für die Richtigkeit einer solchen Auffassung finden; es müsse daher hierauf nicht weiter eingegangen werden. Die aktive Klagslegitimation des Zweitklägers sei sohin zu bejahen.
Demgegenüber stellt sich die Beklagte in der Revision auf einen gegenteiligen Standpunkt. Sie versucht darzulegen, dass die Inkassozession der Schadenersatzansprüche des Erstklägers aus dem Verkehrsunfall vom 9. 10. 1979 an den Zweikläger im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs 4 KWG 1979 rechtsunwirksam sei.
Dem kann nicht gefolgt werden.
Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Zedent und Zessionar kann der abgetretene Schuldner nur so weit geltend machen, als damit die Gläubigerstellung des Zessionars in Frage gestellt wird und er damit nicht ein Recht des Zedenten ausübt. Der abgetretene Schuldner kann sich also mit Erfolg darauf berufen, dass das Zessionsgeschäft nichtig (rechtsunwirksam) sei oder dass es der Zedent erfolgreich angefochten habe; er kann sich aber nicht etwa auf ein noch nicht ausgeübtes Rücktritts- oder Anfechtungsrecht berufen (Koziol-Welser Grundriss6 I 231; 8 Ob 158/82, 8 Ob 38/84).
Nach § 1 Abs 4 KWG 1979 hat, wer Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Abs 2 dieses Gesetzes ohne die hiefür erforderliche Berechtigung betreibt, keinen Anspruch auf alle mit diesen Geschäften verbundenen Vergütungen, wie insbesondere Zinsen und Provisionen. Soweit solche bereits geleistet wurden, sind sie zurückzuhalten. Die Rechtsunwirksamkeit der mit diesen Geschäften verbundenen Vereinbarungen (betreffend Vergütungen) zieht nicht die Rechtsunwirksamkeit der Bankgeschäfte nach sich. Entgegenstehende Vereinbarungen sowie mit diesen Geschäften verbundene Bürgschaften und Garantien sind rechtsunwirksam.
Die Anordnung des § 1 Abs 4 KWG 1979 enthält eine partielle Unwirksamkeitssanktion für Bankgeschäfte im Sinne des § 1 Abs 2 dieses Gesetzes, die ohne Berechtigung nach dem KWG abgeschlossen werden. Es handelt sich dabei um eine zum Schutz des Schuldners konzipierte Bestimmung (siehe dazu 844 BlgNR 14. GP 38). Die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Sanktion ist nicht die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des ohne entsprechende Berechtigung abgeschlossenen Geschäfts, sondern eine Teilunwirksamkeit, die sich auf alle aus diesem Vertrag entstehenden Ansprüche auf Vergütung bezieht. Als Beispiele für derartige Vergütungen nennt das KWG Zinsen und Provisionen. Die Rechtsunwirksamkeit der auf die Vergütung bezüglichen Teile des Vertrags zieht keine Unwirksamkeit des Vertrags (Bankgeschäfts) als ganzen nach sich; dieser bleibt in seinem ursprünglichen Gehalt sonst unberührt. Die in dieser Gesetzesstelle normierte Unwirksamkeit tritt kraft Gesetzes ein. Bürgschaften und Garantien, die mit diesen Geschäften verbunden sind, werden vom letzten Satz dieser Gesetzesstelle für rechtsunwirksam erklärt (siehe dazu Fremuth-Laurer‑Pötzelberger, Handkommentar zum KWG 33 ff).
Wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt, wurde dem Erstkläger von der Volksbank Mürzzuschlag und der Bank für Kärnten eine Schadensvorfinanzierung gewährt. Der Zweitkläger fungierte als Treuhänder zwischen dem Geschädigten und der Bank. Der Zweck war der, den erzielten Erlös zur Abdeckung der Kreditverpflichtungen zu verwenden und den Rest mit dem Klienten zu verrechnen. Dass dabei eine Vergütung des Zweitklägers berücksichtigt werden sollte, wurde in diesem Verfahren weder behauptet noch kam solches hervor.
Selbst wenn man nun davon ausgeht, dass die vom Zweitkläger im Rahmen dieses Rechtsverhältnisses entfaltete Tätigkeit als Bankgeschäft im Sinne des § 1 Abs 2 KWG 1979 (im besonderen als ein in dieser Gesetzesstelle unter Z 7, 12 oder 13 vertyptes Bankgeschäft) zu qualifizieren wäre, ist damit für den Standpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen. Denn die Inkassozession der Schadenersatzforderungen des Erstklägers an den Zweitkläger erfolgte nicht als Vergütung für die Tätigkeit des Zweitklägers im Sinne des § 1 Abs 4 KWG 1979, sondern jedenfalls als Besicherung des von den genannten Banken dem Erstkläger gewährten Kredites. Damit scheidet aber die Möglichkeit aus, diese Inkassozession als mit einem verbotenen Bankgeschäft des Zweitklägers verbundene Vergütung im Sinne des § 1 Abs 4 1. Satz KWG 1979 zu behandeln und aus diesem Grund ihre Rechtsunwirksamkeit nach dieser Gesetzesstelle anzunehmen.
Es handelt sich dabei aber auch um keine Bürgschaft oder Garantie im Sinne des letzten Satzes dieser Gesetzesstelle. Abgesehen davon, dass eine Inkassozession einen völlig anderen rechtlichen Inhalt hat als eine Bürgschaft oder Garantie (der Schuldner selbst ist nicht Bürge oder Garant), kann die Bestimmung des § 1 Abs 4 letzter Satz KWG 1979 doch jedenfalls nur als Sanktion gegen denjenigen aufgefasst werden, der Bankgeschäfte ohne die hiefür erforderliche Berechtigung betreibt. Es erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf die Auslegung dieser Gesetzesbestimmung (siehe dazu Fremuth-Laurer-Pötzelberger aaO 35 Rz 68). Da die Inkassozession der Schadenersatzansprüche des Erstklägers an den Zweitkläger nach den vorliegenden Verfahrensergebnissen nicht der Besicherung von Ansprüchen des Zweitklägers gegen den Erstkläger diente, sondern jedenfalls der Besicherung der Ansprüche der Kreditinstitute gegen den Erstkläger, scheidet schon aus diesem Grund auch die Möglichkeit aus, sie nach der Vorschrift des § 1 Abs 4 letzter Satz KWG 1979 als rechtsunwirksam zu behandeln (8 Ob 38/84).
Der Revision der Beklagten musste unter diesen Umständen ein Erfolg versagt bleiben.
Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)