OGH 5Ob581/84

OGH5Ob581/8418.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Irmingard K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider den Antragsgegner Prof. Karl ***** K*****, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens gemäß §§ 81 ff EheG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 6. Juli 1984, GZ 1 R 315/84‑5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 4. Juni 1984, GZ 18 F 16/84‑2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00581.840.0918.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass dem Erstgericht aufgetragen wird, das gesetzliche Verfahren über den Sachantrag (§§ 81 ff EheG) nach den Vorschriften der §§ 229 ff AußStrG einzuleiten.

Begründung

Nach dem Sachvorbringen der Antragstellerin, deren Ehe mit dem Antragsgegner am 25. 5. 1983 gemäß § 55a EheG vom Erstgericht rechtskräftig geschieden wurde, sei die anlässlich der Ehescheidung getroffene einvernehmliche Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse deshalb nicht vollständig gewesen, weil ‑ wie sich nachträglich herausgestellt habe ‑ der Antragsgegner verschwiegen habe, dass er Eigentümer einer Appartmentwohnung in Urbanicascion costa de andreix auf Mallorca ist. Aus diesem Grunde begehrte die Antragstellerin am 25. 5. 1984 beim Erstgericht, ihr mangels Teilbarkeit der Appartewohnung des Antragsgegners und mangels seiner Bereitschaft, die Sache einvernehmlich zu regeln, eine Ausgleichszahlung in der Höhe der Hälfte des Verkehrswerts dieser Wohnung, mindestens jedoch in der Höhe von 200.000 S zuzuerkennen und den Antragsgegner zur Zahlung zu verpflichten.

Das Erstgericht verweigerte die Einleitung des Verfahrens über diesen Antrag mit der Begründung, dass nach erfolgter einvernehmlicher Scheidung gemäß § 55a EheG weitere Verfahrenshandlungen in dieser Hinsicht nicht mehr gesetzt werden könnten und auch keine Berichtigung des Scheidungsvergleichs über die vermögensrechtlichen Folgen der Scheidung möglich sei.

Das von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht bestätigte den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen mit der Ansicht, dass bei einer Ehescheidung nach der Vorschrift des § 55a EheG eine Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß den §§ 81 ff nicht in Betracht komme, weil die Ehe nur in Hinblick auf die vorher getroffene und dem Gericht unterbreitete Vereinbarung geschieden werden durfte; der Gesetzgeber habe vermeiden wollen, dass nach der Ehescheidung zwischen den Ehegatten langwierige und aufwendige Verfahren über die Scheidungsfolgen geführt werden, und dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn der Vereinbarung die Wirkung des Ausschlusses einer nachfolgenden gerichtlichen Regelung zukomme.

Der dagegen gerichtete Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil die Verweigerung der Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über einen Sachantrag in der dafür bestimmten Verfahrensart die Verletzung einer so schwerwiegenden Grundvoraussetzung für eine geordnete Zivilrechtspflege als nichtig beseitigt werden muss (vgl Fasching , Zivilprozessrecht RZ 1753).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist auch sachlich berechtigt.

Die Einigung der Partner in einer zerrütteten Ehe über die wesentlichen Scheidungsfolgen ist zwar eine der unabdingbaren Voraussetzungen für den Ausspruch der einvernehmlichen Scheidung der Ehe nach § 55a EheG: sie hat nämlich die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge, dass nach der Scheidung Auseinandersetzungen über die Scheidungsfolgen mit all ihren bekannten Misslichkeiten vermieden werden. Stellt sich freilich nachträglich dennoch heraus, dass ‑ wie es hier von der Antragstellerin behauptet wird ‑ die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und/oder der ehelichen Ersparnisse aus dem Irrtum oder der Unkenntnis eines Teils oder beider Teile in Bezug auf einzelne Vermögensbestandteile unvollständig blieb und darüber keine einvernehmliche Regelung zu erzielen ist, dann widerspräche es dem Zweck der gesetzlichen Aufteilungsordnung (§ 81 EheG, §§ 229 ff AußStrG), den betroffenen geschiedenen Ehegatten die Durchsetzung des restlichen und noch nicht durch Zeitablauf erloschenen Aufteilungsanspruchs vor dem Außerstreitrichter nach eben dieser gesetzlichen Aufteilungsordnung zu verweigern.

Aus dieser Erwägung muss dem Revisionsrekurs der Antragstellerin Folge gegeben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzlichen außerstreitigen Verfahrens aufgetragen werden.

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