OGH 10Os95/84

OGH10Os95/8418.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich, Dr. Lachner sowie Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gurschler als Schriftführer in der Strafsache gegen Sepp A wegen des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG. über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 6.März 1984, GZ. 3 b Vr 280/83-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sepp A des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG. schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Darnach hat er am 6.Dezember 1979 in Wien (als Verkäufer des dem abgesondert verfolgten Gerhard B gehörigen Sex-Shops) in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Filme und Druckwerke, nämlich 41 Exemplare von 39 verschiedenen Filmen und 23 Exemplare von 20 verschiedenen Magazinen, zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten und anderen angeboten.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 4, 5, 9 lit. a und b sowie 11 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Einen Verfahrensmangel (Z. 4) erblickt der Angeklagte in der Abweisung (S. 126, 151) des von seinem Verteidiger in der (gemäß § 276 a StPO. neu durchgeführten) Hauptverhandlung am 6.März 1984 gestellten Antrags (S. 126) auf neuerliche Vernehmung des Franz C als Zeugen 'zum gleichen Beweisthema' (vgl. S. 87, 109 ff.). Die Verfahrensrüge versagt schon deshalb, weil der Angeklagte in Ansehung des in der Hauptverhandlung vom 3.Mai 1983 ohnehin vernommenen Zeugen der Verlesung (auch) dessen Aussage gemäß § 252 Abs. 1 Z. 4 StPO. ausdrücklich zugestimmt hat (S. 123), in der (neu durchgeführten) Hauptverhandlung am 6.März 1984 keinerlei Umstände angeführt hat, welche nach Abgabe der Erklärung gemäß § 252 Abs. 1 Z. 4 StPO. und nach der unmittelbar darauf erfolgten Verlesung bis zur gegenständlichen Antragstellung hervorgekommen wären, die dennoch die (nochmalige) persönliche Einvernahme des Zeugen C im Interesse der Wahrheitsfindung erforderlich gemacht hätten (Mayerhofer/ Rieder StPO. 2 ENr. 94 sowie 95 = SSt. 36/31 zu § 281 Abs. 1 Z. 4), etwa weil von ihm (nunmehr) eine wesentlich anders geartete entscheidungswesentliche Aussage zu erwarten gewesen wäre (Mayerhofer/Rieder, a.a.O., ENr. 73 zu § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO.). Dies wird aber in dem in Rede stehenden Beweisantrag des Angeklagten nicht einmal behauptet.

Rechtliche Beurteilung

Ebenso geht die Mängelrüge (Z. 5) fehl, mit welcher der Beschwerdeführer zunächst unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit gegen das Ersturteil ins Treffen führt, die Verantwortung des Angeklagten, wonach das im Nebenraum gelagerte pornographische Material nicht zum Weiterverkauf bestimmt gewesen sei, sei im Ersturteil unberücksichtigt geblieben. Davon kann jedoch keine Rede sein; wird doch diese Darstellung des Angeklagten im angefochtenen Urteil einer eingehenden Erörterung unterzogen, wobei das Jugendschöffengericht auch ausführlich dargelegt hat, weshalb es der Behauptung des Angeklagten, daß das im Nebenraum gelagert gewesene pornographische Material nicht zum Weiterverkauf bestimmt gewesen sei, den Glauben versagte (vgl. S. 147).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht auch keineswegs aus dem Fehlen von Hinweisen (in den früheren Angaben des Angeklagten) einen Widerspruch zu seinen späteren Behauptungen abgeleitet. Im Ersturteil wird vielmehr dargelegt, daß der Angeklagte in verschiedenen (im einzelnen näher bezeichneten) Punkten seine Angaben im Lauf der (wiederholten) Einvernahmen geändert hat (vgl. S. 145, 146, 147). Wenn das Erstgericht (auch) unter Hinweis auf diese abweichende Darstellung die Verantwortung des Angeklagten als unglaubwürdig wertete, so setzte es einen im schöffengerichtlichen Verfahren unanfechtbaren Akt der ihm (gemäß § 258 Abs. 2 StPO.) zukommenden Beweiswürdigung. Von einer Urteilsnichtigkeit (Z. 5) bewirkenden offenbar unzureichenden Begründung oder einer Aktenwidrigkeit kann sohin keine Rede sein. Dem weiteren Beschwerdeeinwand zuwider findet sich im Ersturteil aber auch eine denkrichtige und schlüssige Begründung dafür, daß das Jugendschöffengericht die einen Verbotsirrtum behauptende Verantwortung des Angeklagten in tatsachenmäßiger Beziehung für widerlegt erachtete, er habe sich bei Prüfung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Darstellung gleichgeschlechtlicher Unzucht (hier zwischen Frauen) dem Begriff der absolut verbotenen ('harten') Pornographie entspricht, an den ihm von Gerhard B erteilten Informationen, vor allem aber am Inhalt der dem Genannten seinerzeit (im Februar bzw. März 1978) vom Jugendgerichtshof Wien wiederausgefolgten Magazine orientiert. Im Ersturteil wird nämlich unter ausdrücklicher Berücksichtigung des Umstands, daß B im März 1978 im Verfahren zum AZ. 1 b Vr 1840/77 des Jugendgerichtshofs Wien eine größere Anzahl von Sex-Magazinen, darunter auch je ein Exemplar des Magazins mit dem Titel 'Ero', Nr. 9 und 11, nach teilweiser Einstellung des Verfahrens wieder ausgefolgt wurde (vgl. S. 144), darauf hingewiesen, daß das Magazin 'Ero', Nr. 9, an dessen Inhalt sich der Angeklagte (u.a.) angeblich 'orientiert' haben will, in dem gegen ihn beim Jugendgerichtshof Wien zum AZ. 1 b Vr 240/79 = 3 b Vr 1606/82, wegen Vergehens nach § 1 Abs. 1 PornG. eingeleiteten Strafverfahren schon am 16.Februar 1979 vom Gericht abermals beschlagnahmt wurde und unter anderem den Gegenstand einer gegen den Angeklagten am 17.September 1979 wegen des zuvor genannten Vergehens erhobenen, im Oktober 1979 in Rechtskraft erwachsenen Anklageschrift - ON. 12 des ('Stamm'-)Aktes 3 b Vr 1606/82 des Jugendgerichtshofs Wien - bildete (S. 145). Daraus, daß der Angeklagte kurze Zeit später (nämlich am 6.Dezember 1979) erneut (u.a.) vier Exemplare dieses Magazins ('Ero', Nr. 9) in dem von ihm geführten Sex-Shop zum Verkauf bereit hielt (S. 132, 141), konnte das Erstgericht im Einklang mit den Denkgesetzen durchaus den Schluß ziehen, daß er mit seiner Verantwortung, er habe sein hier inkriminiertes Verhalten seinerzeit für erlaubt gehalten, nur eine bloße Ausflucht vorbrachte und daß er in Wahrheit bei der Tatbegehung gar nicht gewillt war, sich gesetzmäßig zu verhalten. Mit seinen dagegen vorgebrachten Argumenten ficht der Angeklagte lediglich abermals im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigerweise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung an. Die Rechtsrüge (sachlich ausschließlich Z. 9 lit. b) stellt darauf ab, daß der Angeklagte tatsächlich dem von ihm behaupteten Verbotsirrtum unterlegen sei, wobei er abermals gegen die Ablehnung seiner bezüglichen Verantwortung durch das Erstgericht remonstriert. Da ihm ein solcher jedoch nach den erstgerichtlichen Urteilsannahmen gar nicht unterlaufen ist, bringt er weder den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund noch einen Begründungsmangel (Z. 5) zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung. Mit der Behauptung schließlich, es sei im vorliegenden Urteil auf das am 2.Februar 1984 gleichfalls vom Jugendgerichtshof Wien zum AZ. 3 b Vr 1606/82 gefällte Urteil gemäß §§ 31, 40 StGB. nicht Bedacht genommen worden, wird vom Beschwerdeführer eine Urteilsnichtigkeit nach der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO. nicht aufgezeigt, weil er eine überschreitung der dem Erstgericht (nach der Strafdrohung des § 1 Abs. 2 PornG.) zukommenden Strafbefugnis gar nicht behauptet. Er bringt hiemit nur einen Umstand vor, der mit (der insoweit ohnedies gleichfalls ergriffenen) Berufung geltend zu machen ist. Dementsprechend war die Nichtigkeitsbeschwerde teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO.) und teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285 d Abs. 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO.) schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. über die Berufung dagegen wird gesondert bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs. 3 StPO.).

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