OGH 9Os106/84

OGH9Os106/8411.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.September 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Horak, Dr.Reisenleitner und Dr.Felzmann (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Schiller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Manfred A wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 Z 1 und 2 SuchtgiftG und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 25. Mai 1984, GZ 7 Vr 242/84-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Tschulik, und des Verteidigers Dr.Puttinger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 27.Mai 1954 geborene Hilfsarbeiter Manfred A der Vergehen nach § 16 Abs 1 Z 1 (1) und Z 2 SuchtgiftG (2) sowie der Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38

lit a FinStrG (3) schuldig erkannt, weil er 1. in Braunau am Inn in der Zeit von Dezember 1983 bis März 1984 an eine andere Person, welche zum Bezug von Suchtgift nicht berechtigt war, nämlich an Ingeborg B, rund 90 Gramm Haschisch verkaufte und (ihr überdies) eine geringe Menge unentgeltlich überließ;

2. in den Jahren 1983 und 1984 in Salzburg und Braunau am Inn insgesamt 10

bis 20 Gramm Haschisch sowie Marihuana, sohin Suchtgift, unberechtigt erwarb und besaß;

3. durch die unter 1. und 2. angeführten strafbaren Handlungen Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, verhandelte und an sich brachte, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch (der Sache nach nur in den Fakten 1 und 3) bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In der Mängelrüge nach dem erstgenannten Nichtigkeitsgrund bekämpft er zunächst die erstgerichtlichen Feststellungen hinsichtlich der Menge des von ihm an B verkauften Haschischs (1). Damit wendet er sich gegen die Feststellung einer Tatsache, die zwar nicht für den Schuldspruch und den anzuwendenden Strafsatz nach § 16 SuchtgiftG (vgl. EvBl 1981/117), wohl aber für den nach § 38 Abs 1 FinStrG anzuwendenden Strafrahmen und die Höhe des nach § 19 FinStrG auszusprechenden Wertersatzes bedeutsam sein könnte:

Die Rüge versagt jedoch.

Die Mengenberechnungen des Erstgerichtes beruhen auf der Annahme, daß der Beschwerdeführer von Anfang Dezember 1983 bis Ende Februar 1984 (die Anführung des Monats Jänner in Seite 169 oben beruht auf einem offensichtlichen Schreibfehler, wie sich aus dem Zusammenhalt mit den Zeitangaben im Urteilsspruch Seite 163 und auf Seite 169 unten ergibt) der Zeugin Ingeborg B über Vermittlung des Gerhard C monatlich 30 Gramm Haschisch zukommen ließ, was im Einklang mit dem (höheren) Gesamtkonsum dieser Zeugin an Haschisch in der angegebenen Zeit steht. Entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen hat das Erstgericht nämlich ausdrücklich festgestellt, daß die Zeugin in dieser Zeit auch von anderen Personen Suchtgift erworben hat (S 169 unten).

Die anderslautende Berechnung des Beschwerdeführers beruht auf seiner urteilsfremden Annahme, daß der die Suchtgiftübergabe vermittelnde Gerhard C bereits Anfang Februar 1984 oder noch früher Österreich verlassen habe, wodurch der mögliche Deliktszeitraum entsprechend eingeschränkt würde. Wenn der Beschwerdeführer, der Sache nach eine Unvollständigkeit des Ersturteils behauptend, die Nichterörterung der verschiedenen Aussagen über den Zeitpunkt der Abreise des C rügt, so vermag er damit keinen Begründungsmangel aufzuzeigen. Er selbst hat nämlich in der Hauptverhandlung angegeben, daß C seit Ende Februar 1984 nicht mehr in Österreich gewesen sei (S 131). In den gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO in gedrängter Form abzufassenden Entscheidungsgründen war das Erstgericht daher nicht gehalten, auf die in Einzelheiten damit nicht übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Andreas D (nicht, wie in der Beschwerde angeführt, Siegfried E) und Josef B (S 140 und 144) sowie Erwin F (S 148) einzugehen.

Ebensowenig mußte es sich näher mit der angeblichen Abwesenheit des Beschwerdeführers von Braunau während zweier Wochen in diesem Deliktszeitraum befassen. Im Hinblick auf den Berechnungsmodus und die nicht mathematisch genaue Feststellung ('rund') des Erstgerichtes, das die übergabe größerer Suchtgiftmengen zu einzelnen Terminen nicht ausschloß und die monatlich gelieferte Menge feststellte, ist nämlich nicht entscheidungswesentlich, ob der Beschwerdeführer zweimal je eine Woche lang, tatsächlich kein Haschisch geliefert hat.

Keinen Begründungsmangel im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes zeigt der Beschwerdeführer auch mit seinen weiteren Ausführungen auf, mit denen er seine Täterschaft zu Faktum 1 überhaupt bestreitet und erörtert, warum die Zeugin B ihn zu Unrecht belaste. Er bekämpft damit vielmehr auf eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Weise die ausführliche und den Denkgesetzen entsprechende erstgerichtliche Beweiswürdigung, die darlegt, weshalb den Aussagen dieser Zeugin vor dem Untersuchungsrichter gefolgt wurde, und auch auf dem von ihr in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen, nicht bis ins Letzte einer rationalen Erörterung fähigen persönlichen Eindruck aufbaut. Mit der Darlegung einer zu anderen als den vom Erstgericht gezogenen Schlußfolgerungen führenden Gedankenkette wird der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO nicht gesetzmäßig dargestellt. Hinsichtlich des Schuldspruches wegen §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (3) bekämpft der Beschwerdeführer die Feststellung seiner auf gewerbsmäßige Begehung gerichteten Absicht mit dem Einwand, er habe bei der Weitergabe des Haschisch um 100 S pro Gramm überhaupt keinen Gewinn erzielt, so daß er daraus auch keine fortlaufende Einnahme hätte erzielen können. Dem angefochtenen Urteil wird damit jedoch eine ihm fremde Konstatierung unterstellt, denn dieses hat sich mit dem vom Beschwerdeführer bezahlten Einstandspreis für das Haschisch überhaupt nicht beschäftigt, und hatte dazu auch keine Veranlassung. Eine 'fortlaufende Einnahme' erzielte der Beschwerdeführer nämlich durch den regelmäßigen Verkauf von Suchtgift ganz unabhängig von seiner allfälligen Handelspanne und dem im Einzelfall erzielten Gewinn (siehe hiezu die bei Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch Nr.8, 9 zu Par 38 FinStrG zitierten Entscheidungen).

Auch das Vorbringen, dem Erstgericht fehle überhaupt jede Feststellung, die den Schuldspruch wegen Abgabenhehlerei begründen könnte, schlägt nicht durch. Das Erstgericht hat vielmehr konstatiert, der Beschwerdeführer sei sich darüber im klaren gewesen, daß das von ihm veräußerte Suchtgift durch Schmuggel aus dem Ausland nach Österreich gekommen war, und daß er sich durch dessen wiederkehrenden Erwerb und Verkauf eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollte (S 167). Darin findet der Schuldspruch nach den §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG bezüglich der subjektiven Tatseite volle Deckung. Der Beschwerdeführer vermag mit seinem Vorbringen, es habe - entgegen der erstgerichtlichen Annahme (S 170 f) - von der Strafbarkeit des Suchtgiftschmuggels (und damit auch der Abgabenhehlerei) nichts gewußt, keinen Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO aufzuzeigen. Es trifft nämlich der erstgerichtliche Hinweis auf die allgemeine Lebenserfahrung, die die Kenntnis vermittelt, daß in Österreich verhandeltes Suchtgift eingeschmuggelt wurde, ebenso zu (vgl. 11 0s 196/81), wie die weitere, auf die bereits erfolgte Aburteilung des Beschwerdeführers wegen des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei zu 7 Vr 9/80 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis verweisende Begründung. In diesem Verfahren hatte sich der Beschwerdeführer übrigens entgegen seinem nunmehrigen Vorbringen grundsätzlich zur Kenntnis der Strafbarkeit des Schmuggels von Rauschgift bekannt (S 66 oben des zitierten in der Hauptverhandlung verlesenen Aktes). Nähere Ausführungen des Erstgerichtes hiezu waren im übrigen auch deshalb entbehrlich, weil sich der Beschwerdeführer mit mangelndem Unrechtsbewußtsein bezüglich des Finanzvergehens nicht verantwortet und sich auf einen Rechtsirrtum im Sinne des § 9 FinStrG nicht berufen hat. Ein allfälliger Irrtum über Subsumtion oder Strafbarkeit hingegen, der vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren ebensowenig behauptet wurde, wäre unbeachtlich, (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch 28, 29 zu § 9 FinStrG).

In der Rechtsrüge nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO macht der Beschwerdeführer geltend, es sei nicht festgestellt, daß er an Ingeborg B Haschisch verkauft habe. Der Verkauf sei (wenn überhaupt) an Gerhard C erfolgt. Da es aber für die Tatbildlichkeit nach § 16 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG irrelevant ist, ob der Täter das Suchtgift Ingeborg B - wie vom Erstgericht angenommen (S 166, 167) - unter Einschaltung des Gerhard C als Vermittler, oder diesem selbst überlassen hat, wird damit ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund nicht aufgezeigt.

Der weitere rechtliche Einwand, es sei nicht festgestellt, daß die geringe Menge des Suchtgifts, die Ingeborg B zu Silvester 1983 überlassen wurde, vom Beschwerdeführer gestammt habe, negiert in einer bei Ausführung einer Rechtsrüge unzulässigen Weise die eindeutige Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe zu Silvester 1983 (im Urteil zufolge eines offensichtlichen Schreibfehlers 1984) die Zeugin B unentgeltlich mitrauchen lassen (S 167). In diesem überlassen einer Haschischzigarette zum Mitrauchen liegt aber bereits ein tatbildliches überlassen im Sinne des § 16 Abs 1 Z 1 SuchtgiftG (SSt. 50/43).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte Manfred A nach § 16 Abs 1 (gemeint offensichtlich Abs 2, erster Strafsatz - obwohl im Hinblick auf die gewerbsmäßige Begehung des Finanzvergehens die Anwendung des zweiten Strafsatzes zu prüfen gewesen wäre -) SuchtgiftG zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, nach §§ 38 Abs 1, 22 FinStrG zu einer Geldstrafe von 10.000 Schilling, im Falle der Uneinbringlichkeit 5 Monate Ersatzfreiheitsstrafe, und nach § 19 FinStrG zu einer Wertersatzstrafe von 3.000 Schilling, im Fall der Uneinbringlichkeit 6 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wurden als erschwerend die (sowohl nach dem Suchtgiftgesetz als auch dem Finanzstrafgesetz) einschlägigen Vorstrafen, die Gefährdung mehrerer (10-20) Personen sowie die große Menge des Suchtgifts und als mildernd nur ein nicht ins Gewicht fallendes Teilgeständnis gewertet.

Mit seiner Berufung wendet sich der Angeklagte nur gegen den Ausspruch über die Freiheitsstrafe und beantragt deren schuldangemessene Herabsetzung und bedingte Nachsicht oder aber die Verhängung einer Geldstrafe.

In keiner Richtung kommt dem Begehren Berechtigung zu. Der Berufungswerber wurde seit dem Jahre 1970 wiederholt, darunter auch mehrmals wegen Verstöße gegen das Suchtgiftgesetz und einmal wegen § 37 Abs 1 lit a FinStrG gerichtlich bestraft, es wurden verschiedene Strafarten (Geld- und Freiheitsstrafen) angewendet, darüber hinaus wurde er wiederholt nur bedingt verurteilt und im Dezember 1981 auch vom Bundespräsidenten bedingt begnadigt, worauf auch die im Strafverfahren AZ 8 E Vr 997/81 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis in erster Instanz unbedingt ausgesprochene Strafe vom Berufungsgericht bedingt nachgesehen wurde. Allein dieser Lebensquerschnitt zeigt (in übereinstimmung mit den Berichten der Sicherheitsbehörden), daß Manfred A trotz aller Resozialisierungsversuche eine eingewurzelte Neigung hat, im Dunstkreis der Suchtgiftszene strafbare Handlungen zu begehen, dies obwohl er zuletzt eine relativ gute Stellung beim Spengler Leopold G als Dachstreicher innehatte und nur während der Wintermonate arbeitslos war. Wenn daher die Berufung fast ausschließlich auf diese Arbeitsmöglichkeit, die in der Hauptverhandlung bestätigt wurde (S 146, 147), und die angeblich damit verbundene soziale Festigung verweist, vermag dies weder die Schuld an sich zu mindern noch die für die Anwendung der Bestimmungen der §§ 43 Abs 1 und 37 Abs 1 StGB günstige Zukunftsprognose ausreichend glaubhaft zu machen.

Wenngleich - entgegen der Ansicht des Erstgerichts - die verkauften bzw. erworbenen Suchtgiftmengen nicht allzu groß sind, wäre jedenfalls das Zusammentreffen zweier Tatbestände (Z 1 und 2 des § 16 Abs 1 SuchtgiftG) als erschwerend zu werten gewesen, sodaß insgesamt kein Anlaß zu einer Milderung der Freiheitsstrafe gegeben erscheint. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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