OGH 9Os129/84

OGH9Os129/844.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. September 1984 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Schiller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mohamed Reza A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 2. Mai 1984, GZ 10 Vr 445/83-43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, - teilweise auch gemäß § 290 Abs. 1 StPO - in seinem Punkt 3 sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

III. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die zu Punkt I getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11. Juli 1942 geborene Mohamed Reza A des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Leoben mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen die Pensionistin Anna B zu Handlungen verleitet, welche sie an ihrem Vermögen schädigten, indem er ihr (1.) im April 1982 durch die unwahre Behauptung, er werde für sie einen PKW kaufen, einen Bargeldbetrag von 100.000 S, (2.) im Mai 1982 unter der Behauptung, der erworbene PKW sei ihr Eigentum und sie habe daher die Versicherungsprämie zu bezahlen, die Einzahlung der Versicherungsprämie in der Höhe von 3.343,30 S und (3.) an einem nicht mehr genau bekannten Tag anfangs 1982 unter der Behauptung, er könne seine Kinder in seine Wohnung nehmen, wenn ihm ein Bargeldbetrag zur Bezahlung der Unterhaltsrückstände leihweise zur Verfügung gestellt würde, einen Bargeldbetrag von 48.000 S entlockte.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen erhobene, nominell auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde ist teilweise begründet.

Seine Mängelrüge (Z 5) vermag zwar keinen formalen Begründungsmangel aufzuzeigen; vielmehr steht sie entweder mit der Aktenlage nicht im Einklang, betrifft sie rechtlich irrelevante Umstände oder bekämpft sie in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung. Unter die erste Rubrik fällt die Behauptung, die Zeugin B habe (wahrheitswidrig) deponiert, zum Angeklagten ein geradezu distanziertes Verhältnis gehabt zu haben, weil dies in keiner der Aussagen der Genannten (vgl ON 7, ON 12 und ON 37) Deckung findet. Auch daß der Angeklagte - der seit 1969 in Österreich lebt - infolge mangelnder Deutschkenntnisse über juristische Begriffe wie 'Eigentum', 'Besitz' und 'Aufscheinen eines Namens in einem bestimmten Fahrzeugpapier' nicht Bescheid wußte, ist neu und wurde vom Beschwerdeführer in keiner seiner Verantwortungen ins Treffen geführt. Daß hingegen der Angeklagte und Frau B fast ein Jahrzehnt lang miteinander in Frieden und sich gegenseitig unterstützend lebten, der Angeklagte undankbare Arbeiten verrichtete, das Zusammenleben sich erst verschlechterte, als die Tochter der Zeugin B auf der Bühne erschien, die Tochter sich wenig um ihre Mutter gekümmert hatte, das dem Angeklagten zur Last gelegte betrügerische Verhalten ja unlogisch sei, weil er damit freiwillig seine eigene Lebensader, das heißt die finanziellen Unterstützungen seitens der Zeugin B, abgeschnitten hätte, er das familiäre Verhältnis zur Genannten aber keineswegs ausgenützt habe und der Ankauf eines Personenkraftwagens für ihn sozusagen als Bezahlung einer Prämie für von ihm geleistete Arbeiten anzusehen sei und für die Richtigkeit seiner Verantwortung spreche, daß er von Frau B des öfteren Geschenke erhalten habe, ist teils mangels Bedeutsamkeit für den Anklagevorwurf keiner Einlassung bedürftig (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO), teils als Anfechtung der Beweiswürdigung zu qualifizieren und demnach nicht weiter zu erörtern.

Einer gesetzmäßigen Darstellung entbehrt die auf die Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge insoweit, als sie behauptet, der Angeklagte sei zur Zurückstellung des Personenkraftwagens zu einem Zeitpunkt bereit gewesen, als dies strafrechtlich - gemeint offenbar als tätige Reue - noch von Bedeutung gewesen wäre. Denn dabei wird die erstgerichtliche Konstatierung übergangen, wonach der Angeklagte am 22. Juni 1982 bei Dr. C (dem Rechtsvertreter der Zeugin B) erschien, wo er seine Bereitschaft bekundete, den Wagen zu verkaufen und den Kaufpreisrest an Frau B wieder auszubezahlen (S 186), wogegen die Strafanzeige bereits am 11. Juni 1982 (vgl S 7) erstattet worden war.

Hingegen ist der Schuldspruch wegen betrügerischer Herauslockung eines Betrages von 48.000 S (Punkt 3 des Urteilssatzes) in der Tat mit - materielle Nichtigkeit im Sinne der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO bewirkenden - Feststellungsmängeln behaftet, auf die zum Teil die Nichtigkeitsbeschwerde hinweist und die zum anderen gemäß § 290 Abs. 1 StPO wahrzunehmen waren.

Auszugehen ist davon, daß eine Irreführung über Umstände, die auf den (vermögensrechtlichen) Schadenscharakter der Handlungsweise des Getäuschten ohne Einfluß sind, einen unbeachtlichen (Motiv-)Irrtum darstellt und daß ein solcher Irrtum über Nebenumstände auch dann nicht Betrug begründet, wenn sich der Irregeführte dadurch zu seinem Verhalten bewogen gefühlt hätte (vgl SSt 45/3; RZ 1977/125). Vorliegend hat nun das Erstgericht im fraglichen Faktum die Irreführung der Anna B darin erblickt, daß ihr der Angeklagte vorspiegelte, er könne seine beiden außerehelichen Kinder bei sich aufnehmen, wenn er die offenen Unterhaltsrückstände bezahle. Sie sei nämlich hiedurch letztlich zu dem Vorschlag verleitet worden, für den Beschwerdeführer den genannten Betrag zu entrichten. Hingegen enthält das Urteil keinerlei Konstatierungen darüber, der Angeklagte habe Frau B über Umstände getäuscht, die für deren Vermögensschädigung kausal gewesen wären.

Insbesondere bleibt völlig im Dunkeln, ob der Angeklagte tatsächlich gewillt war, das Darlehen von 48.000 S rückzuerstatten falls er 'ins Verdienen käme', wie er es der Darlehensgeberin versprochen hatte (S 180), oder ob er von vornherein entgegen seiner Zusage darauf aus war, den Erhalt des Geldes in Abrede zu stellen und Rückzahlung zu verweigern.

Da diese Konstatierungsmängel vom Obersten Gerichtshof nicht saniert werden können, die Durchführung einer neuen Hauptverhandlung mithin unumgänglich ist, waren das fragliche Urteilsfaktum und der Strafausspruch in einer nichtöffentlichen Beratung sofort zu kassieren (§ 285 e StPO), ohne daß es erforderlich gewesen wäre, auf das weitere Beschwerdevorbringen zu diesem Punkt einzugehen. Hingegen war die Nichtigkeitsbeschwerde im übrigen aus den oben dargelegten Erwägungen teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO gleichfalls bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassierung des Strafausspruches zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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