OGH 11Os103/84

OGH11Os103/843.9.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. September 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr.Reisenleitner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Beran als Schriftführer, in der Strafsache gegen Raimund A wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach dem § 304 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. Jänner 1984, GZ 5 d Vr 9.820/81-50, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten Raimund A und des Verteidigers Dr. Kollmann zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. September 1925 geborene Fachoberinspektor Raimund A (im zweiten Rechtsgang) schuldig erkannt, in Wien als Hilfsbauleiter der Bundesgebäudeverwaltung I, sohin als Beamter, für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften von Margarete B Vermögensvorteile, nämlich am 16. März 1978 und am 15. März 1979 jeweils einen Betrag von 2.000 S angenommen und hiedurch das Vergehen der Geschenkannahme durch Beamte nach dem § 304 Abs 2 StGB begangen zu haben.

Gegen dieses Urteil erhob der Angeklagte Raimund A eine von ihm ausdrücklich auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte, inhaltlich aber auch auf jenen der Z 9 lit a dieser Gesetzesstelle zielende Nichtigkeitsbeschwerde. Überdies ficht er den Strafausspruch mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Zunächst rügt der Beschwerdeführer die Urteilsannahme, er sei mit der Auftragsvergabe (für die Bundesgebäudeverwaltung) befaßt gewesen, als 'aktenwidrig', weil im Widerspruch zu seiner Darstellung stehend. Dabei übersieht er, daß in der bezüglichen Feststellung des Inhalts, der Angeklagte sei auch 'mit der Auftragsvergabe insoferne befaßt' gewesen, als er 'bei der Vergabe von Bauaufträgen mit Auftragssummen bis zu 50.000 S im kurzen Weg mit der betreffenden Firma in Verbindung trat und ein entsprechendes Anbot einholte' (Bd II S 73), ohnehin eine Beschränkung des Aufgabenbereiches in diesem Zusammenhang auf die von ihm vor der Wirtschaftspolizei angegebenen Tätigkeiten (Bd I S 277) zum Ausdruck kommt. Eine selbständige Entscheidungsbefugnis des Angeklagten über die Auftragsvergabe in solchen Fällen nahm das Erstgericht gar nicht als erwiesen an. Es ging vielmehr - in übereinstimmung mit dem Standpunkt des Angeklagten - davon aus, daß Raimund A im wesentlichen mit der überwachenden Kontrolle und Koordination der Arbeiten befaßt war. Da diese Feststellungen auch nicht im Widerspruch zur Aussage des Zeugen Dipl. Ing. Eduard C (Bd II S 37 ff) stehen, bedurfte es keiner detaillierten Erörterung der Angaben dieses Zeugen. Somit liegt auch die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gerügte Unvollständigkeit der Urteilsbegründung nicht vor.

Ebensowenig leidet die Urteilsbegründung an innerer Widersprüchlichkeit, welche der Beschwerdeführer darin erblickt, daß weder die Einholung eines Anbotes noch die Vorbereitung von Unterlagen für eine öffentliche Ausschreibung eine Einflußnahme auf die Vergabe von Aufträgen darstellen; denn daß die erwähnten Vorbereitungen einer Einflußnahme auf die Auftragsvergabe gleichzuhalten wären, wurde vom Erstgericht ohnehin nicht konstatiert.

Wenn der Angeklagte aber das Fehlen von (seiner Ansicht nach) für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Feststellungen über die Möglichkeit seiner Einflußnahme auf die Vergabe von Aufträgen, über die Art der Entgegennahme der Vermögensvorteile und über deren Zusammenhang mit seiner Amtsführung bemängelt, bringt er der Sache nach nicht den von ihm angerufenen, sondern den materiellen Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO zur Darstellung; inhaltlich erweist sich jedoch auch die Rechtsrüge als unzutreffend.

In welcher Form dem Angeklagten die in Rede stehenden Vermögensvorteile zuflossen, ist an sich für die rechtliche Beurteilung belanglos, ergibt sich aber im übrigen ohnehin aus den Urteilsfeststellungen (Bd II S 75), welche auf den Aufzeichnungen der Margarete D beruhen; demnach wurden (Bar-)Zahlungen in entsprechender Höhe geleistet.

Keineswegs von entscheidender Bedeutung für die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 304 Abs 2 StGB ist es auch, ob dem Angeklagten eine Befugnis zur Auftragsvergabe zukam. Denn der Begriff des Amtsgeschäftes ist nicht auf Rechtshandlungen (solcher oder anderer Art) beschränkt. Das Zusammenstellen der für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen, die Vorbereitung oder Vorerledigung der von einem anderen Beamten zu treffenden Verfügung oder die Vorlage von Akten zählen beispielsweise gleichfalls zu den Amtsgeschäften, welche auch faktischer Natur sein können (siehe insbes Leukauf-Steininger 2 RN 7 zu § 304 StGB, RN 21 und 22 zu § 302 StGB; vgl Dok z StGB S 235 unten und verso).

Der vom Beschwerdeführer bestrittene ursächliche Zusammenhang der ihm gewährten Vermögensvorteile mit seiner konkreten Amtsführung ist vorliegend schon angesichts der Identität des Geschenkgebers mit einer Partei, deren Angelegenheiten vom Angeklagten in seiner Beamteneigenschaft laufend zu bearbeiten waren, und infolge Fehlens jeglicher anderer Motivation für Gewährung und Annahme nicht bloß geringfügiger Zuwendungen indiziert. Bei einer längere Zeit hindurch bestehenden - gleichsam geschäftsmäßigen -

Verbindung bedarf es zudem keiner engen Individualisierung der Amtshandlungen, auf welche sich die einzelnen Zuwendungen jeweils im besonderen bezogen. Die betreffenden amtlichen Tätigkeiten müssen vielmehr nur ihrer Art nach im Rahmen der für den Geschenkgeber konkret aktuellen Kompetenz des Beamten bestimmt sein (ÖJZ-LSK 1984/32; 12 Os 44/80, ÖJZ-LSK 1980/ 194; vgl SSt 41/3). In diesem Zusammenhang stellte das Erstgericht auch keineswegs nur die (für sich allein zufolge ÖJZ-LSK 1983/76 zur Erfüllung des Tatbildes des § 304 Abs 2 StGB nicht ausreichende) Zweckwidmung der gegenständlichen Zahlungen, das Wohlwollen der Beamten der Bundesgebäudeverwaltung zu erhalten, fest. Vielmehr nahm es auch als erwiesen an, daß die Geschenkgeberin darüber hinaus durch die Zuwendungen die für ihr Unternehmen besonders wichtige Geschäftsverbindung mit dieser Dienststelle - von welcher sie im inkriminierten Zeitraum häufig mit einschlägigen Arbeiten beauftragt wurde -

zu sichern bestrebt war (Bd II S 74 erster und zweiter Absatz, S 86).

Schließlich ergibt sich aus dem Sinnzusammenhang dieser Urteilsannahme mit der (lt Bd II S 73 getroffenen) Feststellung der Art der dem Angeklagten A auch hinsichtlich der Auftragsarbeiten der Firma D obliegenden Amtstätigkeiten, daß der Schöffensenat von der Ursächlichkeit der amtlichen Befassung des Angeklagten (auf die konkret konstatierte Art) mit den Angelegenheiten der erwähnten Firma für die gegenständlichen Zahlungen ausging.

Soweit der Beschwerdeführer aber die (insbes durch ON 10, u a aber auch durch die Aussage des Zeugen Erich E Bd II S 59 ff gestützte) Urteilsannahme der vom Angeklagten während der Deliktszeit in Sachen der Firma D entfalteten Amtstätigkeit lediglich mit dem Hinweis auf seine abweichende Verantwortung Bd II S 28 Mitte bestreitet, führt er weder eine Rechtsrüge (die von der Sachverhaltsgrundlage des angefochtenen Urteils ausgehen) noch die Mängelrüge (die einen Verstoß gegen die formelle Begründungspflicht zum Gegenstand haben muß) prozeßordnungsgemäß aus, sondern bekämpft lediglich in im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffensenates (wobei er zudem verkennt, daß es auf die Häufigkeit seiner persönlichen Kontakte zur Geschenkgeberin nicht ankommt). Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 304 Abs 2

StGB unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen in der Höhe von je 300 S. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die Wiederholung des strafbaren Verhaltens und zog als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten sowie die relativ geringe Höhe der Zuwendungen in Betracht.

Mit seiner Berufung bekämpft der Angeklagte die Höhe der Geldstrafe

nur in Ansehung der Anzahl der Tagessätze.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz richtig und vollständig festgestellt, aber auch ihrer Bedeutung entsprechend gewürdigt. Für die begehrte Strafermäßigung besteht daher kein Anlaß.

Mithin war insgesamt wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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