OGH 7Ob601/84

OGH7Ob601/8419.7.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Wurz, Dr. Klinger, Dr. Egermann und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Dr. Barbara H*****, vertreten durch DI Dr. Erich Benda, Rechtsanwalt in Graz, wider die Antragsgegner 1. Dr. Franz D*****, und 2. Annedore D*****, wegen Bemessung eines Heiratsguts, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 13. April 1984, GZ 1 R 169/84‑29, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Judenburg vom 9. Dezember 1983, GZ 1 Nc 199/82‑21, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00601.840.0719.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend einen Antrag auf Gewährung eines Heiratsguts abgewiesen. Der Beschluss des Rekursgerichts wurde dem Vertreter der Antragstellerin am 25. 4. 1984 zugestellt. Am 9. 5. 1984 gab der Vertreter der Antragstellerin den vorliegenden Revisionsrekurs zur Post, adressierte ihn jedoch nicht an das Erstgericht, sondern zu Unrecht an das Rekursgericht. Dieses leitete den Revisionsrekurs an das Erstgericht weiter, wo er am 14. 5. 1984, also nach Ablauf der vierzehntägigen Rekursfrist, einlangte. Das Erstgericht wies diesen Revisionsrekurs als verspätet zurück. Dem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Rekursgericht Folge, wobei es den Standpunkt vertrat, gemäß § 11 Abs 2 AußStrG liege es im Ermessen des Rechtsmittelgerichts, auch verspätete Rekurse sachlich zu behandeln, wenn durch die angefochtene Entscheidung noch niemandem ein Recht erwachsen sei. Die Prüfung dieser Frage obliege dem zur Entscheidung berufenen Rechtsmittelgericht.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Antragstellerin erhobene Revisionsrekurs war zurückzuweisen.

Wie das Rekursgericht zutreffend ausführt, darf auf verspätete Rechtsmittel gemäß § 11 Abs 2 AußStrG nur dann Bedacht genommen werden, wenn sich die angefochtene Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern lässt. Voraussetzung für die Berücksichtigung ist daher immer die Möglichkeit einer Abänderung ohne Nachteil für einen Dritten. Demnach kann bei der Prüfung dieser Frage nicht von vorneherein auf den Inhalt des Rechtsmittels Bedacht genommen werden. Auch Nichtigkeiten (im vorliegenden Fall in Verbindung mit der nachträglich erfolgten Ablehnung des in erster Instanz erkennenden Richters gerügt) könnten aufgrund eines verspäteten Rekurses nur dann berücksichtigt werden, wenn der Beschluss noch ohne Nachteil Dritter geändert werden kann (SZ 42/110, SZ 27/234 ua). In einem Ablehnungsverfahren wäre § 11 Abs 2 AußStrG gar nicht anwendbar (SZ 33/71). Inwieweit durch den angefochtenen Beschluss materielle Rechte des durch ihn Beschwerten verletzt werden, kann das Rechtsmittelgericht nur aufgrund eines zulässigen und rechtzeitigen Rechtsmittels prüfen. Ergibt sich, dass ein solcher Beschluss nicht mehr ohne Nachteil Dritter abgeändert werden kann, so darf das Rechtsmittelgericht einen verspäteten Rekurs nicht mehr sachlich behandeln und daher auch nicht die sachliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung prüfen. Die sachliche Unrichtigkeit einer Entscheidung ist zwar Voraussetzung für die Anwendung des § 11 Abs 2 AußStrG, doch macht umgekehrt eine solche Unrichtigkeit für sich allein das Rechtsmittel nicht zulässig.

Der Revisionsrekurs war daher als verspätet zurückzuweisen, weil durch den angefochtenen Beschluss den Antragsgegnern Rechte erwachsen sind, sodass eine Änderung der Entscheidung ohne Nachteil für die Antragsgegner nicht denkbar ist.

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