OGH 10Os98/84

OGH10Os98/8410.7.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Juli 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich (Berichterstatter), Dr. Lachner, Dr. Felzmann sowie Hon.Prof.Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wittmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28.Oktober 1983, GZ 21 Vr 3.187/82-105, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Ager zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerhard A (A.) des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2 und Abs 3 (erster, zweiter und dritter Fall) StGB sowie (B.) des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffG. schuldig erkannt.

Als Hehlerei liegt ihm zur Last, im April 1982 in Salzburg Sachen, die andere durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen (richtig: durch ein Verbrechen) erlangt hatten, und zwar Schmuck und Gebrauchsgegenstände, die der Irmgard B durch Einbruch gestohlen worden waren, dadurch an sich gebracht zu haben, daß er die betreffenden Gegenstände zum kommissionsweisen Verkauf übernahm, wobei deren Gesamtwert rund 400.000 S betrug, er die Hehlerei gewerbsmäßig betrieb sowie die strafbedrohte Handlung (zu ergänzen: durch welche die Sachen erlangt worden waren) aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit fünf Jahre erreichender (unrichtig: oder übersteigender) Freiheitsstrafe bedroht ist und ihm die Umstände, welche die bezeichnete Strafdrohung begründen, bekannt waren (Faktum A.).

Rechtliche Beurteilung

Der auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil, mit der er lediglich die Ausschaltung des Ausspruchs über die gewerbsmäßige Begehung der Hehlerei nach 'der dritten Alternative (gemeint: dem zweiten Qualifikationsfall) des § 164 Abs 3

StGB' anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Im Hinblick auf die Zielsetzung der Beschwerde war vorerst zu prüfen, ob damit auch der Sache nach wirklich der ziffernmäßig bezeichnete Nichtigkeitsgrund releviert, also behauptet wird, die der Entscheidung zugrundeliegende Tat sei durch unrichtige Gesetzesauslegung einem darauf nicht anzuwendenden Strafgesetz unterzogen worden, oder ob die vom Angeklagten ins Treffen geführten Argumente in Wahrheit nur auf die Geltendmachung eines Berufungsgrundes hinauslaufen: wäre doch die ihm zur Last fallende Tat selbst im Fall einer Ausschaltung der bekämpften Qualifikation auf Grund des unangefochten gebliebenen Teiles des Schuldspruchs jedenfalls dem (gegenüber der Grundstrafdrohung erhöhten Strafsatz des) § 164 Abs 3 StGB zu unterstellen, und zwar (wohl nicht im zweiten, jedoch immerhin) im ersten und im dritten Qualifikationsfall.

Die Frage ist nur dann zu bejahen, wenn es sich bei den in Rede stehenden, gesetzestechnisch in einer einzigen Qualifikationsbestimmung zusammengefaßten drei Varianten erhöhter Strafbarkeit um rechtlich selbständige und deswegen gesondert anfechtbare 'kumulative' Qualifikationen handelt; in Fällen einer bloß intensiveren Tatbegehung hingegen, wie (unter anderem) durch die Verwirklichung mehrerer 'alternativer' Qualifikationen, durch die ihrem Wesen nach in Wahrheit nur das gesamte Begriffsfeld einer und derselben Qualifikation umschrieben wird, kommt eine Anfechtung der betreffenden Entscheidung mit Nichtigkeitsbeschwerde in Ansehung bloß einzelner von diesen Umständen mangels Relevanz für die Schuldfrage oder für das anzuwendende Strafgesetz (§ 295 Abs 1 StPO) nicht in Betracht (vgl. dazu JBl 1983, 659

und die dort angeführte Judikatur sowie 10 Os 30/84; ferner Nowakowski im WK., Vorbem. zu § 3, RN. 69 und in RZ 1982, 125 sowie 136 FN. 26). Für die Zuordnung einer Qualifikationsnorm, die mehrere Varianten enthält, zur einen oder zur anderen Kategorie von Mischgesetzen maßgebend ist die Unterschiedlichkeit oder Gleichheit der verpönten Alternativen in ihrem sozialen Sinngehalt, der auch bei (quantitativ) gleichem Unwert durchaus verschieden sein kann (vgl. abermals Nowakowski, a.a.O., sowie 10 Os 30/84). Unter diesem Aspekt wird eine erhöhte Strafwürdigkeit der Hehlerei durch die in § 164 Abs 3 StGB zusammengefaßten drei Qualifikations-Varianten in durchaus verschiedener Typizität erfaßt:

beruht sie doch im ersten Fall auf dem Wert des Tatobjekts, im zweiten auf der mit der Tat verbundenen Tendenz des Täters und im dritten auf der Qualität der Vortat, also insgesamt auf Kriterien, die in Ansehung ihrer sozialen Bedeutung keineswegs einen inhaltsgleichen Vorwurf begründen. Die dementsprechend kumulativen Qualifikationen nach der hier aktuellen Strafbestimmung sind daher in der Tat gesondert anfechtbar (vgl. JBl 1982/48, EvBl 1978/153 u. a.), doch ist die Beschwerde nicht zielführend.

Zu der damit angestrebten (ausschließlichen) Bekämpfung des Ausspruchs über die Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei überhaupt ungeeignet ist das (auf ÖJZ-LSK. 1978/201 gestützte) Beschwerdeargument, bei Vorliegen auch 'der ersten und zweiten Alternative' des § 164 Abs 3 StGB liege 'zwischen der ersten und dritten Alternative' Gesetzeskonkurrenz vor und es werde 'die dritte Alternative durch die erste konsumiert'; denn bei der vom Beschwerdeführer angefochtenen Qualifikation handelt es sich gar nicht, wie er vermeint, um die dritte, sondern vielmehr um die zweite der in der relevierten Gesetzesstelle zusammengefaßten Varianten erhöhter Strafbarkeit, für deren Bekämpfung dementsprechend aus der ins Treffen geführten Gesetzeskonkurrenz zwischen dem ersten und dritten Qualifikationsfall nichts zu gewinnen ist.

Letzterer hinwieder ist, wie unter dem Gesichtspunkt des § 290 Abs 1

StPO der Vollständigkeit halber bemerkt sei, im gegebenen Fall nicht aktuell;

denn nach der insoweit unklaren Fassung des Urteils (vgl. insbes. die Bezugnahme auf eine fünf Jahre erreichende 'oder übersteigende' Freiheitsstrafdrohung für die Vortat im Tenor) kann zwar nicht ausgeschlossen werden, daß das Erstgericht die Annahme der dritten Variante des § 164 Abs 3 StGB tatsächlich - neben der ersten rechtsirrig (auch) auf die Wert-Qualifikation der Vortat (§ 128 Abs 2 StGB) gegründet hat; nichtsdestoweniger ist aber dieser (unbekämpfte) Ausspruch jedenfalls im Ergebnis deshalb gerechtfertigt, weil er nach den Entscheidungsgründen in objektiver und subjektiver Hinsicht durch die (mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafdrohung verbundene) Einbruchs-Qualifikation der Vortat (§ 129 StGB) gedeckt ist.

Nicht gesetzmäßig ausgeführt hinwieder ist die Rechtsrüge mit dem Vorwurf, das Schöffengericht habe die dem Angeklagten zur Last gelegte Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei unrichtigerweise aus seiner (angenommenen) Absicht abgeleitet, den übernommenen Schmuck schrittweise abzuverkaufen. Insoweit ist nämlich der - an einer Stelle (US. 8), für sich allein betrachtet, in der Tat abermals unklaren Urteilsbegründung in ihrem Zusammenhang letzten Endes doch deutlich genug zu entnehmen, daß die festgestellte Absicht des Beschwerdeführers, 'derartige' Handlungen wiederkehrend zu begehen, die Tathandlungen der in ihm angelasteten Hehlerei betraf, also die übernahme von gestohlenem Gut, und nicht bloß dessen sukzessive Verwertung nach einmaligem Erwerb (US. 1, 11/12).

Verfehlt schließlich ist die Beschwerdeauffassung, daß eine Hehlerei nur dann als gewerbsmäßig begangen angesehen werden könne, wenn durch ihre tatsächlich wiederholte Begehung ein mehr oder minder lang dauernder Einnahmenzufluß bewirkt werde: nach dem klaren Gesetzeswortlaut (§ 70 StGB) wird vielmehr auch schon eine einzige Hehlerei gewerbsmäßig verübt, wenn der Täter dabei die Absicht hat, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; die Effektuierung des betreffenden Vorhabens dagegen ist zur Annahme der in Rede stehenden Qualifikation nicht erforderlich (vgl. EvBl 1975/259 u.a.). Eben diese Absicht des Angeklagten aber hat das Erstgericht wie schon gesagt, ohnehin als erwiesen angenommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 164 Abs 3 StGB zu 22 Monaten Freiheitsstrafe; dabei wertete es ein geringes Teilgeständnis sowie die teilweise Sicherstellung des verhehlten Gutes als mildernd, dessen hohen Wert und die dreifache Qualifikation der Tat zum Verbrechen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die einschlägigen Vorstrafen dagegen als erschwerend.

Der Berufung des Angeklagten, der die Verhängung einer Geldstrafe anstatt einer Freiheitsstrafe sowie allenfalls eine Strafherabsetzung (unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung) und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, kommt teilweise Berechtigung zu.

Zum einen wurde ihm die dreifache Qualifikation der Hehlerei nach § 164 Abs 3 StGB zum Verbrechen mit Recht als Erschwerungsgrund angelastet; zum anderen aber kann im gegebenen Fall weder von einer bloßen Unbesonnenheit oder von einer besonders verlockenden Gelegenheit zur Tat die Rede sein noch das familiäre Naheverhältnis des Angeklagten zu einem der Diebe als Milderungsumstand ins Treffen geführt werden.

Wohl aber ist ihm zusätzlich auch ein (über die Sicherstellung eines Teiles der verhehlten Sachen hinausgehendes) eigenes Bemühen um Schadensgutmachung zugute zu halten sowie außerdem zu berücksichtigten, daß seine nach Zahl und Gewicht nicht allzu gravierenden einschlägigen Vorstrafen im Hinblick auf die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei nicht voll ins Gewicht fallen (vgl. ÖJZ-LSK. 1978/70 u.a.) und überdies im wesentlichen doch schon geraume Zeit zurückliegen.

So gesehen konnte die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe, um seinem (aus immerhin mehrjähriger Straffreiheit zu entnehmenden) Bemühen um Resozialisierung im Rahmen der Gegebenheiten in vertretbarem Maß Rechnung zu tragen, in teilweiser Stattgebung seiner Berufung auf die nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) gerade noch als angemessen erscheinende Dauer von 18 Monaten reduziert werden. Die Anwendung des § 37 StGB dagegen kam darnach schon im Hinblick auf dieses Strafmaß nicht in Betracht, und auch von einer Gewähr für künftiges Wohlverhalten, die hier nach § 43 Abs 2 StGB für die Gewährung bedingter Strafnachsicht vorauszusetzen wäre, kann im Hinblick auf sein Vorleben keine Rede sein, zumal er bereits die ihm trotz seiner damals schon vier einschlägigen Vorstrafen im Jahr 1974 nochmals gegebene Chance einer bedingten Verurteilung nicht zu nützen verstand und seither bereits zweimal wieder rückfällig wurde. In diesen Belangen mußte seiner Berufung demnach ein Erfolg versagt bleiben.

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