OGH 7Ob591/84

OGH7Ob591/8428.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard M*****, vertreten durch Dr. Walter Jaros, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Margarete D*****, vertreten durch Dr. Franz Speierl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 18. Jänner 1984, GZ 41 R 917/83‑19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom 13. Juli 1983, GZ 5 C 857/82‑13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00591.840.0628.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 3.049,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 96 S Barauslagen und 268,50 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Untergerichte haben die auf § 30 Abs 2 Z 16 MRG gestützte Aufkündigung des Mietverhältnisses der Beklagten betreffend die Wohnung Nr 36 im Hause *****, aufgehoben, wobei das Berufungsgericht ausgesprochen hat, dass der Wert des Streitgegenstands 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt. Das Berufungsgericht hat die Revision für zulässig erklärt.

Bei der Wohnung des Beklagten handelt es sich um eine solche der Kategorie D, wobei sich das WC außerhalb des Wohnungsverbandes befindet. Der Kläger, als Eigentümer des Hauses, hat bereits mehrere Wohnungen durch Verbesserungen zu solchen einer höheren Kategorie umgewandelt und beabsichtigt dies auch bezüglich der aufgekündigten Wohnung, die in eine solche der Kategorie B umgewandelt werden soll. Die Flächengröße der Wohnung soll etwas erhöht werden. Die Umwandlung, in deren Verlauf auch das WC in den Wohnungsverband verlegt würde, ist derart geplant, dass Teile der Wohnung von dieser abgetrennt und einer anderen Wohnung zugeschlagen, dagegen Teile einer anderen Wohnung mit der aufgekündigten verbunden werden sollen.

Die Untergerichte haben den Rechtsstandpunkt vertreten, der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 16 MRG liege nur vor, wenn Verbesserungen innerhalb der Wohnung vorgenommen werden sollen, nicht aber auch dann, wenn eine räumliche Veränderung der Wohnung geplant ist.

Die vom Kläger gegen das Urteil des Berufungsgerichts wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Kündigungstatbestand des § 30 Abs 2 Z 16 MRG beinhaltet im Wesentlichen eine Übernahme des seinerzeitigen Kündigungstatbestands des § 19 Abs 2 Z 4b MG. Die sprachliche Verschiedenheit beruht lediglich darauf, dass durch die Einteilung von Mietobjekten in einzelnen Kategorien die seinerzeit erforderlichen Definitionen nicht mehr notwendig sind. Der Hinweis des § 30 Abs 2 Z 16 MRG auf die Ausstattungskategorie D entspricht der seinerzeitigen Erwähnung einer mangelhaft ausgestatteten Wohnung im Sinne des § 3 Z 10 des Stadterneuerungsgesetzes. Es wird nämlich in § 30 Abs 2 Z 16 MRG auf § 4 Abs 3 (richtig Abs 4) MRG verwiesen, wo ebenfalls § 3 Z 10 des Stadterneuerungsgesetzes erwähnt ist. Im Übrigen definiert § 16 Abs 2 Z 4 MRG Wohnungen der Ausstattungskategorie D dahin, dass es sich hiebei um Wohnungen handelt, die entweder über keine Wasserentnahmestelle oder über kein Klosett im Inneren verfügen oder bei denen eine dieser beiden Einrichtungen nicht brauchbar ist. Dies entspricht ebenfalls § 3 Z 10 des Stadterneuerungsgesetzes. Daraus ergibt sich aber, dass bezüglich des herangezogenen Kündigungsgrundes keinerlei Änderungen gegenüber der seinerzeitigen Rechtslage eingetreten ist. Tatsächlich hatte der Gesetzgeber im Allgemeinen auch nicht die Absicht, die seinerzeit bestehenden Kündigungsgründe, sieht man von Ausnahmen ab, wo dies aus dem Wortlaut des Gesetzes klar ersichtlich ist, inhaltlich einer wesentlichen Änderung zu unterziehen. Vielmehr lassen die Materialien zum Mietrechtsgesetz (siehe insbes 425 BeilNr 15. GP zu § 28 des Entwurfs des MRG, 42 f) erkennen, dass die bisherige Regelung des Kündigungsschutzes übernommen werden sollte. Dass infolge des anderen Aufbaues und der teilweisen materiellen Änderung anderer mietrechtlicher Bestimmungen teilweise, so auch in § 30 Abs 2 Z 16 MRG, eine Änderung des Wortlautes notwendig wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass beim Großteil der Kündigungstatbestände nur die bestehende Rechtslage übernommen werden sollte.

Zu § 19 Abs 2 Z 4b MG hat der Oberste Gerichtshof in seiner in MietSlg 31.374 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, dass dieser Kündigungsgrund im Hinblick auf die Bestimmungen des Stadterneuerungsgesetzes geschaffen wurde und nur der Durchsetzung der dort vorgesehenen Verbesserungen dienen sollte. Hiebei handelt es sich nur um Verbesserungen betreffend die Wasserentnahme und den Abort. Eine Änderung des räumlichen Ausmaßes des Mietobjekts bezweckte diese Bestimmung nicht. Demnach kann die Kündigung nicht zum Zwecke anderer Verbesserungen als solcher mit dem Ziel einer Anhebung in eine höhere Kategorie unter Berücksichtigung des § 4 Abs 4 MRG herangezogen werden. Vor allem hat der Gesetzgeber an eine räumliche Veränderung des Bestandsgegenstands, soweit diese zur Erreichung des oben angeführten Zieles nicht unbedingt erforderlich ist, nicht gedacht. Würde man der Rechtsansicht des Klägers folgen, böte der erwähnte Kündigungsgrund eine Handhabe für einen zwangsweisen Wohnungstausch oder Tausch von Teilen der Wohnung. Dass derartiges nicht beabsichtigt war, ergibt sich aus den oben aufgezeigten Erwägungen, die zur Einführung dieses Kündigungsgrundes geführt haben. Der Oberste Gerichtshof vertritt demnach die Rechtsansicht, dass durch die Einführung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 16 MRG keine Änderung der Rechtslage gegenüber § 19 Abs 2 Z 4b MG eingetreten ist und demnach die zu diesem seinerzeitigen Kündigungsgrund angestellten Erwägungen auch für § 30 Abs 2 Z 16 MRG zutreffen. Sohin erweist sich die Rechtsansicht der Vorinstanzen als richtig.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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