Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate erhöht.
Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 43-jährige, zu letzt beschäftigungslose Heinz A des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit vom 7. Juni 1982 bis zum 23. August 1983 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die Beamtin Elisabeth B und andere Beamte des Sozialamts (der Stadt Wien) für den 20. Bezirk durch die Vorgabe, mittellos und vermögenslos zu sein, über Tatsachen getäuscht und dadurch zu Handlungen, nämlich zur Auszahlung von Geldaushilfen (nach dem Wiener Sozialhilfegesetz) in der Höhe von insgesamt 52.549 S verleitet, die das Sozialamt (gemeint: die Stadt Wien) um diesen Betrag am Vermögen schädigten.
Von weiteren Anklagevorwürfen in Richtung des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und § 15 StGB sowie des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach Par 298 Abs. 1 StGB wurde A unter einem gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Während dieser Freispruch unangefochten geblieben ist, bekämpft der Angeklagte den Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Nach den - zusammengefaßt wiedergegebenen - Urteilskonstatierungen wurde der Angeklagte am 12. November 1981 nach Verbüßung einer fünfjährigen Freiheitsstrafe aus der Strafhaft entlassen; er ging darnach keiner geregelten Beschäftigung nach und bekam zunächst von seiner Mutter 60.000 S, die sie im Jänner 1982 von einem Sparbuch abgehoben hatte, weiters von seinem Bruder 10.000 DM und später abermals von seiner Mutter ein Sparbuch mit rund 70.000 S; am 23. Feber 1982 wurde ihm aus einer Diebstahlsversicherung (nach einem Einbruch in seine Wohnung) ein Betrag von 360.000 S überwiesen, wovon er im März 1983 einen PKW Marke Jaguar um 110.000 S erwarb, während er das restliche (von seinen Angehörigen bzw von der Versicherung erhaltene) Geld für seinen Lebensunterhalt verwendete. Sofort nach seiner Haftentlassung hatte sich der Angeklagte zum Sozialamt für den 20. Bezirk begeben, nachdem schon während seiner Haftzeit ein Antrag auf fallweise Bezahlung des Mietzinses gestellt worden war. Dieser 'Grundantrag' wurde nunmehr auf Grund der Besuche des Angeklagten beim Sozialamt fortgesetzt, wobei der Angeklagte am 7. Juni 1982
die Gewährung einer Sozialunterstützung beantragte. Sowohl bei dieser Antragstellung als auch in der Folge verschwieg der Angeklagte, trotz entsprechender Befragung durch Beamte des Sozialamts, den Besitz von Vermögen, nämlich einer Briefmarkensammlung im Wert von rund 150.000 S und (ab März 1982) eines PKW im Wert von 110.000 S, sowie die erhaltenen beträchtlichen finanziellen Zuwendungen seitens seiner Mutter bzw seines Bruders und die erfolgte Auszahlung von 360.000 S seitens einer Versicherung; er gab sich vielmehr als vermögens- und mittelloser Arbeitssuchender aus, wobei ihm bewußt war, daß seine diesbezüglichen Angaben vom Sozialamt nicht überprüft werden und auch nicht überprüft werden können und daß er bei Angabe seiner wahren wirtschaftlichen Verhältnisse keinen Anspruch auf Sozialunterstützung hat.
Solcherart gelang es dem Angeklagten, bis 23. August 1983 insgesamt 52.549 S an Sozialunterstützung zu erhalten (S 45, 47 f, 50/Bd III). Mit seiner Mängelrüge (Z 5) bekämpft der Angeklagte die Urteilsfeststellung, wonach ihm bewußt war, daß seine Angaben gegenüber den Beamten des Sozialamts, vermögens- und mittellos zu sein, nicht überprüft werden und auch nicht überprüft werden können, sondern der Entscheidung über die Gewährung der Sozialunterstützung zugrundegelegt werden, als undeutlich, unvollständig und insbesondere nicht bzw nur offenbar unzureichend begründet; diese Feststellung sei weder in seiner Verantwortung noch sonst in den Ergebnissen des Beweisverfahrens gedeckt und entbehre einer denkrichtigen Begründung.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde vermag allerdings in Ansehung des bekämpften Ausspruchs einen formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nicht darzutun. Daß Angaben einer Person über ihre Vermögens- bzw Mittellosigkeit (zumindest) für ein Sozialamt gemeiniglich unüberprüfbar sind, sodaß sie der Entscheidung über einen Antrag auf Sozialunterstützung in der Regel zugrundegelegt werden müssen, ist schon der Natur der Sache nach notorisch und für jeden auch nur einigermaßen einsichtigen Menschen zu erkennen; liegt es doch auf der Hand, daß jemand, der größere Geldbeträge, Wertgegenstände oder sonstiges bewegliches Gut von höherem Wert besitzt, die mannigfachsten Möglichkeiten hat, dies vor Ämtern, denen keine entsprechenden Untersuchungsbefugnisse (wie etwa die Möglichkeit einer Hausdurchsuchung udgl) zur Verfügung stehen, zu verbergen und damit eine auch nur annähernd erfolgreiche überprüfung seiner Angaben im Regelfall unmöglich zu machen. Wenn nun das Schöffengericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) zur überzeugung gelangte, daß dies auch der Beschwerdeführer eingesehen hat, es ihm somit bewußt gewesen ist, daß seine Behauptung, vermögens- und mittellos zu sein, vor der Entscheidung über seinen Antrag auf Gewährung von Sozialunterstützung nicht überprüfbar ist, sondern der sozialamtlichen Entscheidung zugrundegelegt wird, so hat es diesbezüglich einen durchaus lebensnahen, mit den Denkgesetzen keineswegs in Widerspruch stehenden Schluß gezogen, der, eben weil er auf der allgemeinen Lebenserfahrung beruht, keiner weiteren Begründung bedurfte, zumal Umstände, denenzufolge dem Angeklagten aus besonderen Gründen dieses allgemein gültige Erfahrungswissen gefehlt haben könnte, nicht hervorgekommen sind und nach den Verfahrensergebnissen auch nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer vermag daher mit seinen Einwänden gegen die Konstatierung der subjektiven Tatseite weder eine unzureichende noch eine sonst mangelhafte Urteilsbegründung darzutun; der Sache nach bekämpft er damit lediglich in unzulässiger und damit unbeachtlicher Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Soweit der Angeklagte in Ausführung seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) zunächst meint, es sei 'denkmöglich', daß er trotz des Vorhandenseins von Sachwerten geglaubt habe, einen Anspruch auf Sozialhilfe zu haben, sodaß es am Vorsatz, sich unrechtmäßig bereichern zu wollen, fehlen könnte, negiert er die anderslautenden Urteilsfeststellungen: Darnach war dem Angeklagten bewußt, keinen Anspruch auf die gewährte Unterstützung zu haben (S 52/Bd III). Dieses Bwußtsein begründete das Schöffengericht im übrigen mängelfrei damit, daß der Angeklagte andernfalls ja unbedenklich sein Vermögen hätte einbekennen können, womit schon aus dem Verschweigen desselben das Bewußtsein der Unrechtmäßigkeit ersichtlich ist (vgl abermals S 52/Bd III). Ebensowenig prozeßordnungsgemäß ausgeführt ist die Rechtsrüge aber auch insoweit, als sie die Hypothese aufstellt, der Angeklagte habe die Frage nach dem Besitz von 'Vermögen' möglicherweise nur auf 'Haus- oder Grundbesitz' bezogen.
Was hingegen den Einwand betrifft, das Erstgericht habe rechtsirrig eine Täuschung über Tatsachen angenommen, weil im Verschweigen der wahren Vermögensverhältnisse (bzw im Unterlassen der Korrektur der im seinerzeitigen 'Grundantrag' gemachten Angaben über die finanzielle Situation des Angeklagten) lediglich ein unwahres Parteienvorbringen zu erblicken sei, das nicht durch zusätzliche Täuschungsmittel unterstützt worden sei, sodaß es zu einer Täuschung im Sinne des § 146 StGB ungeeignet gewesen sei, so ist er nicht berechtigt: Denn nach herrschender Rechtsprechung (vgl SSt 29/86 = EvBl 1959/64; JBl 1971, 372; zuletzt ÖJZ- LSK 1984/10) und Lehre (Leukauf/Steininger Kommentar 2 § 146 RN 26; Nowakowski JBl 1959,
439) sind auch bloße unwahre Parteienbehauptungen - also solche, die nicht durch zusätzliche Täuschungsmittel unterstützt werden - jedenfalls dann zur Täuschung öffentlicher Institutionen geeignet, wenn deren Entscheidung oder Verfügung allein auf Grund des Antragsvorbringens der Partei erfolgt und dies dem Antragsteller bekannt ist. Eben dies hat aber das Schöffengericht im vorliegenden Fall festgestellt. Daß aber eine Täuschung nicht nur durch aktives Tun, sondern auch durch Unterlassung begangen werden kann, wenn der Täter zufolge einer ihn im besonderen treffenden Rechtspflicht verpflichtet ist, den Irrtum des anderen aufzuklären, entspricht gleichfalls ständiger Rechtsprechung (EvBl 1966/484; JBl 1971, 372). Ist daher - wie vorliegend der Beschwerdeführer - eine Partei kraft Gesetzes verpflichtet, eine Änderung von Verhältnissen der Behörde oder sonstigen öffentlichen Institution bekanntzugeben, so ist die Unterlassung dieser Bekanntgabe allein schon Täuschung über Tatsachen im Sinne des § 146 StGB (vgl Liebscher in Wiener Kommentar § 146 Rz 15 mit Ablehnung der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung JBl 1962, 567).
Dem angefochtenen Urteil haftet demnach der behauptete Rechtsirrtum nicht an, sodaß die zur Gänze unberechtigte Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr. Dabei wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd keinen Umstand.
Gegen diesen Strafausspruch richten sich sowohl die Berufung des Angeklagten als auch jene des öffentlichen Anklägers; der Angeklagte strebt dabei die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und allenfalls die Verhängung einer Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe an, während die Staatsanwaltschaft eine schuldangemessene Erhöhung der Freiheitsstrafe begehrt.
Lediglich der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu. Zu Lasten des Angeklagten fällt - wie die Anklagebehörde zutreffend hervorhebt - vor allem ins Gewicht, daß er bereits mehrmals und zum Teil empfindlich wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen abgestraft werden mußte und daß die erlittenen mehrjährigen Strafen ihn nicht davon abhielten, neuerlich einschlägig straffällig zu werden. Angesichts der solcherart charakterisierten kriminellen Täterpersönlichkeit des Angeklagten und des Schuldgehalts seiner abermaligen Verfehlung erweist sich das vom Erstgericht gefundene Strafmaß als zu gering; die verwirkte Strafe war deshalb auf das aus dem Spruch ersichtliche Maß zu erhöhen.
Im Hinblick darauf war der Angeklagte mit seiner Berufung auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)