OGH 2Ob576/84

OGH2Ob576/8426.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen, zuletzt in *****, wohnhaft gewesenen Dr. Wolfgang Z*****, infolge Revisionsrekurses der erblasserischen Mutter Erika Z*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. März 1984, GZ 44 R 18, 19/84-174, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Mödling vom 21. Februar 1983 und 8. März 1983, GZ 1 A 92/78-139 und 145, bestätigt wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit seinem Beschluss ON 139 hat das Erstgericht unter Punkt 1.) - die übrigen Punkte sind nicht Gegenstand dieses Rekursverfahrens - das Inventar zu Gericht angenommen. Mit seinem Beschluss ON 145 hat es über die erblasserische Mutter Erika Z***** eine Ordnungsstrafe in der Höhe von 1.000 S, im Uneinbringlichkeitsfall 48 Stunden Haft, verhängt.

Rechtliche Beurteilung

Dem gegen die beiden Beschlüsse gerichteten Rekurs der Erika Z***** gab das Rekursgericht nicht Folge.

In ihrem am 30. 4. 1984 beim Erstgericht eingelangten außerordentlichen Revisionsrekurs sowie in einem unmittelbar an den Obersten Gerichtshof gerichteten, am 28. 5. 1984 bei diesem eingelangten „Nachhang zum Revisionsrekurs“ bekämpft Erika Z***** die rekursgerichtliche Entscheidung aus den Rekursgründen der Nichtigkeit und offenbaren Gesetzwidrigkeit und beantragt die „Behebung“ der unterinstanzlichen Entscheidungen sowie die „Aufhebung der zugrundeliegenden Verfahren“.

Nach ständiger Rechtsprechung sind auch im Außerstreitverfahren nachträgliche Ergänzungen eines eingebrachten Rechtsmittels unzulässig (EvBl 1972/250, 4 Ob 509/77, 6 Ob 706/78 ua). Der von der Rekurswerberin eingebrachte „Nachhang zum Revisionsrekurs“ war daher zurückzuweisen.

Mangels Vorliegens der behaupteten Beschwerdegründe erweist sich der außerordentliche Revisionsrekurs als unzulässig.

Die Rekurswerberin erblickt die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses darin, dass ihr bei Errichtung des Inventars das rechtliche Gehör verweigert worden sei. Dies trifft jedoch nicht zu. Das Rekursgericht hatte mit seinem Aufhebungsbeschluss ON 96 dem Erstgericht hinsichtlich der Inventarerrichtung die Ergänzung des Verfahrens aufgetragen. Die Mutter des Erblassers wurde hierauf zur Tagsatzung geladen und in dieser ausführlich befragt (ON 136). Auch schriftlich nahm sie in zahllosen umfangreichen Anträgen Stellung. Im nunmehr angefochtenen Beschluss legte das Rekursgericht ausführlich dar (S 3 = AS 49), warum ihren Behauptungen betreffend eine Unvollständigkeit des Inventars nicht gefolgt werden könne. Unter diesen Umständen liegt weder ein Verstoß gegen den Grundsatz des Parteiengehörs noch ein gewichtiger Mangel in der dem Gerichte gemäß § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG obliegenden Stoffsammlung vor (EvBl 1982/120; 2 Ob 527/82; 6 Ob 588/77 uva). Die weiteren Vorwürfe der Rekurswerberin beziehen sich auf einfache Verfahrensverstöße - dass die Verlassabhandlung nicht vom bestellten Gerichtskommissär bzw nicht unter dessen Anleitung geführt worden sei (siehe AS 212 und ON 73) behauptet sie selbst nicht - welchen das Gewicht einer Nullität keinesfalls zukommen könnte. Auch offenbare Gesetzwidrigkeiten könnten hierin aber nicht liegen, weil hierunter nach ständiger Rechtsprechung nur Verstöße gegen materiellrechtliche Vorschriften zu verstehen sind.

Unter dem Beschwerdegrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit iSd § 16 AußStrG bekämpft die Rekurswerberin die rekursgerichtliche Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses, womit über sie gemäß § 85 GOG eine Ordnungsstrafe von 1.000 S verhängt wurde.

Ein Beschluss über die Verhängung einer Ordnungsstrafe unterliegt nicht der Rechtsmittelbeschränkung des § 14 Abs 2 AußStrG (Beschwerdegegenstand unter 2.000 S), weil den Beschwerdegegenstand die Strafe als solche bildet (EvBl 1954/319; 1 Ob 17/62 ua).

Von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit kann grundsätzlich nur dann gesprochen werden, wenn die Entscheidung gegen eine klare und ausdrückliche gesetzliche Regelung verstößt. Die Bestimmung des § 85 GOG ordnet an, dass gegen Parteien, die in Angelegenheiten der Gerichtsbarkeit außer Streitsachen in schriftlichen Eingaben die dem Gerichte schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzen, eine Ordnungsstrafe (§ 220 ZPO), verhängt werden kann.

Vorliegendenfalls legten die Unterinstanzen die vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr bekämpfbare Tatsache zugrunde, dass der von der Rekurswerberin gegenüber dem Verlassenschaftsrichter schriftlich erhobene Vorwurf, er hab ihr gegenüber in der Tagsatzung vom 3. 2. 1982 die Äußerung „Sie sind eine durch und durch boshafte Person“ abgegeben, nicht zutreffe. In dieser Unterstellung erblickten sie einen beleidigenden Ausfall gegenüber dem Verlassenschaftsgericht. Die Rekurswerberin hält diesen Sachverhalt für eine Bestrafung nach § 85 GOG nicht hinreichend, weil in dieser Gesetzesstelle eine Beleidigung des „Gerichts“ und nicht bloß des Richters vorausgesetzt sei.

Dem ist zu entgegnen, dass die von den Unterinstanzen zugrundegelegte Ansicht, unter Gericht im Sinne dieser Gesetzesstelle sei der amtshandelnde Richter gemeint, keinesfalls offenkundig der Absicht des Gesetzesgebers widerspricht und damit offenbar gesetzwidrig ist, vielmehr die dem Normzweck gemäße Auslegung darstellt. Auch im Übrigen ist eine offenbare Gesetzwidrigkeit der rekursgerichtlichen Entscheidung nicht zu erkennen. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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