OGH 11Os81/84

OGH11Os81/8426.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Walenta (Berichterstatter), Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Diexer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2 (2. Fall) StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 26. März 1984, GZ 8 d Vr 5.909/82-65, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Mühl, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

1. Im zweiten Rechtsgang wurde der am 26. November 1956 geborene, zuletzt beschäftigungslose Gerhard A des Verbrechens der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2 (2. Fall) StGB sowie des Vergehens des Betruges nach den § 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Ihm wird nunmehr angelastet, in Wien am 26. Mai 1982 1./ die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen, nämlich über die auf dem auf seinen Namen lautenden Konto bei der Volksbank für Haus- und Grundbesitz reg.Gen.m.b.H. erliegenden Gelder der Firma Metallbau S*** Ges.m.b.H. & Co, zu verfügen, durch Behebung dieser Firmengelder und Verwendung für eigene Zwecke in Höhe von 167.236 S wissentlich mißbraucht und der genannten Firma hiedurch einen 100.000 S übersteigenden Schaden zugefügt zu haben; 2./ mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Verbergen hinter dem falschen Schein eines redlichen Kontoinhabers und durch die Vorgabe, er behebe Lohngelder für die Firma und werde für die alsbaldige Deckung auf dem genannten Konto sorgen, mithin durch Täuschung über Tatsachen, verantwortliche Personen der Volksbank für Haus- und Grundbesitz reg.Gen.m.b.H. zur Auszahlung eines (weiteren) Bargeldbetrages von 82.764 S veranlaßt zu haben, wodurch die Bank einen Schaden in der angeführten Höhe erlitt.

Im ersten Rechtsgang war der Angeklagte Gerhard A der Verbrechen der Untreue nach dem § 153 Abs 1 und Abs 2 (2. Fall) StGB und der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2 (2. Fall) StGB schuldig erkannt worden. Der Oberste Gerichtshof gab jedoch mit Entscheidung vom 21. Dezember 1983, GZ 11

0s 186/83-10, der vom Angeklagten gegen das Ersturteil erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge, hob das angefochtene Urteil im Schuldspruch wegen Verbrechens der Untreue auf und verwies die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; in Ansehung des Schuldspruchs wegen Veruntreuung verwarf er die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Laut den im zweiten Rechtsgang getroffenen wesentlichen Urteilsfeststellungen errichtete der Angeklagte Gerhard A, der seit 30.

März 1982 allein vertretungsbefugter Geschäftsführer der Firma Metallbau B Ges.m.b.H., einer Tochterfirma der C Beteiligungsverwaltungen Ges.m.b.H., war (und sich in dieser Eigenschaft im Innenverhältnis nach den Weisungen der Geschäftsführerin der Muttergesellschaft Christina D zu richten hatte), am 14. April 1982 auftragsgemäß bei der Volksbank für Haus- und Grundbesitz - vermutlich zum Zweck, im Fall eines Konkurses der Masse Geld entziehen zu können - auf seinen Namen ein Konto, auf welches er in der Folge mit Wissen seiner Auftraggeberin vom Konto der Firma Metallbau B Ges.m.b.H. größere Beträge an Firmengeldern transferierte, um damit vornehmlich anfallende Löhne und Gehälter zu begleichen. Im Mai 1983 wollte der Angeklagte aus seinem Beruf 'aussteigen' und sich ins Ausland begeben. Er beschloß, vom Konto bei der Volksbank für Haus- und Grundbesitz, das zu diesem Zeitpunkt einen Aktivsaldo von 167.236 S aufwies, einen größeren Bargeldbetrag abzuheben. Da er aber mehr Geld benötigte als auf dem Konto vorhanden war, spiegelte er dem Bankangestellten Mag. Alfred E vor, er habe für seine Firma höhere Lohnzahlungen zu erbringen, ersuchte ihn um kurzfristige überziehung, weil wenige Tage später ein das Debet abdeckender Betrag auf dem Konto einlangen werde, und veranlaßte ihn auf diese Weise zur Auszahlung eines Gesamtbetrages von 250.000 S, wodurch das Konto um 82.764 S überzogen wurde. Hierauf setzte sich der Angeklagte ins Ausland ab und verbrauchte den gesamten Betrag von 250.000 S entsprechend seiner vorgefaßten Absicht für eigene Zwecke.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Gericht den Zugriff des Angeklagten auf Firmenvermögen im Betrag von 167.236 S als Verbrechen der Untreue und die Herauslockung weiterer 82.764 S mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz als Betrug zum Nachteil der Volksbank für Haus- und Grundbesitz.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard A, die sich jedoch als unbegründet erweist.

Soweit der Beschwerdeführer in Bekämpfung des Punktes 1. des Schuldspruchs - primär unter dem Gesichtspunkt eines Feststellungsmangels im Sinn der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO - dezidierte Konstatierungen darüber vermißt, warum bei der Vollsbank für Haus- und Grundbesitz ein Konto auf seinen Namen errichtet wurde, für welches er allein zeichnungsberechtigt war, und unter Hinweis auf seine keinerlei Beschränkungen unterworfene Geschäftsführerfunktion meint, seine zu eigenem Vorteil vorgenommenen Dispositionen über dieses Konto wären als 'neutrale Handlungen' zu werten, durch die ein Straftatbestand nicht verwirklicht worden sei, verkennt er das Wesen des Tatbestands der Untreue. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht bei diesem Delikt die Tathandlung im wissentlichen Mißbrauch rechtlich eingeräumter Verfügungsmacht, d.h. in der im Verhältnis zum Machtgeber pflichtwidrigen Ausübung (oder Nichtausübung) einer de jure bestehenden Befugnis des Täters, über fremdes Vermögen zu verfügen.

Mißbräuchlich im Sinn des § 153 StGB handelt, wer etwas tut, wozu er zwar kraft seiner Vertretungsmacht nach außen hin berechtigt ist, was er aber gemäß seinen Verpflichtungen im Innenverhältnis nicht darf, und hiedurch die Interessen des Vertretenden beeinträchtigt. Entscheidend ist daher nur, ob das Tun des Angeklagten deshalb als mißbräuchlich zu werten ist, weil es zwar im Rahmen seines rechtlichen Könnens, aber außerhalb des rechtlichen Dürfens lag. Diese Frage wurde vom Erstgericht, ausgehend von der Annahme, wonach der Angeklagte Gerhard A vom Konto bei der Volksbank für Haus- und Grundbesitz Firmengelder, in deren Ansehung er rechtlich befugt war, im Außenverhältnis wirksame, den Machtgeber verpflichtende Vermögensverfügungen zu treffen, behob, um sie für eigene Zwecke zu verwenden, rechtlich zutreffend bejaht.

Denn einen Befugnismißbrauch begeht nicht nur, wer sich im Rahmen seiner Vollmacht über ihm im Innenverhältnis gezogene Schranken in der Weise hinwegsetzt, daß er ihm erteilten Weisungen oder betriebsinternen Vorschriften zuwider handelt; vielmehr ist im Hinblick auf die Verpflichtung des Machthabers, Geschäftsführungsakte jeweils so vorzunehmen, daß für den Machtgeber nicht nur kein Schaden, sondern der größtmögliche Nutzen entsteht, jedes den Interessen des Vertretenen abträgliche Verhalten bei Gebrauch der Vollmacht als Befugnismißbrauch zu beurteilen (vgl. SSt 47/31 u.a.). Hat sich der Angeklagte daher unter wissentlich mißbräuchlicher Ausnützung der ihm als Geschäftsführer eingeräumten Vertretungsmacht (wirtschaftlich betrachtet) Firmengelder verschafft, um sie nicht für Firmenzwecke, sondern für sich persönlich zu verwenden, so verwirklicht ein solcher Zugriff auf Vermögen des Machtgebers zum eigenen Vorteil den Tatbestand der Untreue.

Gleichfalls als nicht zielführend erweisen sich die gegen Punkt 2. des Schuldspruchs gerichteten, der Sache nach Urteilsnichtigkeit im Sinn der Z 9

lit a des § 281 Abs 1 StPO relevierenden Beschwerdeausführungen, von einem Betrug zum Nachteil der Volksbank für Haus- und Grundbesitz könne deshalb keine Rede sein, weil es sowohl an einer Täuschungshandlung als auch am Schädigungsvorsatz mangle. Soweit der Beschwerdeführer bestreitet, anläßlich der Behebung der 250.000

S vorgetäuscht zu haben, diesen Betrag für Lohnauszahlungen zu benötigen und - im Widerspruch zu seinen eigenen Angaben in der Hauptverhandlung (vgl. S 326 d.A) - behauptet, zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht den Entschluß gefaßt zu haben, sich mit den Firmengeldern ins Ausland zu begeben, entbehrt seine Rechtsrüge schon einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung des von ihm angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes; setzt er sich damit doch über die im Urteil getroffenen Feststellungen hinweg, wonach er Mag. Alfred E gegenüber unter Hinweis auf beabsichtigte Lohnauszahlungen und in Kürze zu erwartende Eingänge auf das Konto eine bloß vorübergehende Kontoüberziehung vortäuschte und bewußt verschwieg, daß er sich mit den zu Lasten des Kontos behobenen Firmengeldern ins Ausland absetzen wolle, und es demnach auch in seinem Vorsatz lag, der Volksbank für Haus- und Grundbesitz einen Schaden im Betrag von 82.764 S zuzufügen (vgl. S 339 d.A). Verfehlt ist aber auch der Standpunkt des Beschwerdeführers, für die Bank sei es völlig uninteressant gewesen, was mit den bezüglichen Geldern geschieht, und es wäre irrelevant, womit die Kontoüberziehung begründet worden ist, weil die Volksbank für Haus- und Grundbesitz eine solche auch ohne weiteres für eine 'Auslandsreise' gewährt haben würde. Denn wie der Angeklagte Gerhard

A - konform mit den Angaben des Zeugen Mag. Alfred E (vgl. S 330 d. A) - in der Hauptverhandlung selbst einräumte (vgl. S 328 d.A), bestand hinsichtlich des Kontos bei der Volksbank für Haus- und Grundbesitz kein überziehungsrahmen und daher auch keine Verpflichtung der Bank, Beträge zu Lasten des Kontos ohne entsprechende Deckung auszubezahlen. Wenn der Angeklagte, wie vom Erstgericht festgestellt wurde, Angestellte der Volksbank für Haus- und Grundbesitz durch unrichtige Angaben über den Zweck, vor allem jedoch über die voraussichtliche Dauer der Kontoüberziehung zur Auszahlung eines kontenmäßig nicht gedeckten Geldbetrages veranlaßte (vgl. S 330, 339 d. A), so stellt dies eine Täuschung über Tatsachen im Sinn des § 146 StGB dar, durch welche der Getäuschte - kausal - zu der schädigenden Vermögensverfügung verleitet wurde. Handelte der Angeklagte Gerhard

A hiebei, wie vom Erstgericht als erwiesen angenommen wurde, auch mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz, so verantwortet er bezüglich des Betrages von 82.764 S den Tatbestand des Betruges. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gerhard A war sohin zu verwerfen.

Der Hinweis der Verteidigung im Gerichtstag auf den schon mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. Juli 1983, GZ 8 c Vr 5.909/82-52, verfügten Zuspruch von 250.000 S an die Privatbeteiligte Metallbau B Ges.m.b.H. kann allein deswegen auf sich beruhen, weil dieser Zuspruch durch die mit dem Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes vom 21. Dezember 1983, GZ 11 0s 186/83-10, stattgefundene Kassation des seine (ausschließliche und unverzichtbare) Grundlage bildenden Schuldspruchs zu Punkt 1 des erwähnten Ersturteils bereits in Wegfall kam und daher gar nicht mehr dem Rechtsbestand angehört.

2. Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten - auch für das ihm auf Grund des bereits rechtskräftigen Schuldspruches vom 28. Juli 1983 weiter zur Last liegende Verbrechen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB - nach dem § 153 Abs 2, zweiter Strafsatz, StGB und unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 2

1/2 Jahren.

Bei der Strafbemessung wertete es das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit einem Vergehen und die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das Geständnis als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes an.

Auch die Berufung ist nicht begründet.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Erstgericht im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Das in erster Instanz gefundene Strafmaß entspricht dem Verschuldensgrad, der Täterpersönlichkeit des einschlägig vorbelasteten Angeklagten sowie unter Berücksichtigung der Schadensbeträge auch dem objektiven Gewicht seiner strafbaren Handlungen. Für eine Korrektur der Strafhöhe besteht sohin kein Anlaß.

Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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