Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 23-jährige Christian A (zu 1) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und (zu 2) des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83 Abs. 1, 86 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er (1.) im Juni 1983 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Josef B als Mittäter Susanne C durch das Versetzen von Faustschlägen und Schlägen mit einem Schuh ins Gesicht, die eine Blutunterlaufung im Bereich des rechten Auges, geschwollene Lippen mit Blutung und das Ausbrechen eines oberen Schneidezahnes zur Folge hatten, vorsätzlich am Körper verletzt und (2.) am 26. August 1983 Roman D durch das Versetzen von mindestens fünf Faustschlägen gegen dessen Kopf vorsätzlich am Körper verletzt, wobei die Tat den Tod des Genannten zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Die allein gegen den letztangeführten Schuldspruch gerichtete, nominell die 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO relevierende Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht begründet. Wenn er im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) zunächst moniert, es sei im Urteil nicht geklärt worden, was sich in der Zeit zwischen der Tat und dem Eintreffen des Roman D in der Wohnung seiner Schwiegereltern ereignet habe, genügt es ihm zu erwidern, daß unterlassene Beweiserhebungen keinen formalen Begründungsmangel in der Bedeutung des relevierten Nichtigkeitsgrundes darstellen (vgl. Mayerhofer-Rieder, E Nr 82 ff. zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO), Anträge zu diesem Thema, deren Abweisung oder übergehung durch das Schöffengericht allenfalls Urteilsnichtigkeit nach der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO hätte bewirken können, vom Angeklagten in der Hauptverhandlung aber nicht gestellt wurden.
Nicht zielführend ist auch die eine Unvollständigkeit der Begründung geltend machende Behauptung, die Angaben der Zeugin Susanne D darüber, ihr Ehemann habe über Augendruck geklagt und fallweise Kopfschmerzen verspürt, ja sogar einmal eine Kopfoperation gehabt, seien nur unzureichend erörtert worden. Denn dabei wird von der Beschwerde übergangen, daß die Tatrichter ihre Annahme, Vorschäden des Gehirns des Verletzten seien auszuschließen, auf die Gutachten der medizinischen Sachverständigen stützten (vgl. S 228) und Univ.Doz. Dr.E bei der gutächtlichen Erörterung der Möglichkeit von Vorschäden die Angaben der Zeugin D ausdrücklich mitberücksichtigt hat (vgl. S 205).
Soweit der Beschwerdeführer rügt, das Erstgericht habe zur Vorhersehbarkeit des eingetretenen Todeserfolges Tatsachenfeststellungen getroffen, die mit den Gutachten der dem Verfahren beigezogenen gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr.E und Dr. F nicht im Einklang stünden, ist ihm zu erwidern, daß die beiden Sachverständigen zwar übereinstimmend von einer atypischen Kausalkette gesprochen haben, weil ein gegen den freibeweglichen Kopf eines Menschen geführter Faustschlag nur in seltenen Fällen zu einer Gefäßwandläsion führe, unabhängig vom konkreten Kausalverlauf betrachtet den Todeseintritt als Folge eines (entsprechend wuchtigen) Faustschlages jedoch keineswegs als völlig außerhalb des Rahmens der gewähnlichen Erfahrung liegend bezeichneten (vgl. S 208 f). Ein formeller Begründungsmangel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO haftet daher dem Urteil auch insoweit nicht an. Ebensowenig halten die vom Beschwerdeführer sachlich aus dem Grunde der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gegen die Zurechnung des tödlichen Erfolges als fahrlässig verschuldet und sohin gegen die Beurteilung seines Tatverhaltens als Körperverletzung mit tödlichem Ausgang erhobenen rechtlichen Einwände, die im wesentlichen auf eine Negierung der objektiven und subjektiven Vorhersehbarkeit der Todesfolge hinauslaufen, einer Überprüfung stand:
Aus der Bestimmung des § 7 Abs. 2 StGB folgt, daß ein qualifizierender Taterfolg einem Täter dann zuzurechnen ist, wenn einerseits zwischen seinem sorgfaltswidrigen Verhalten - hier:
Versetzen von Faustschlägen gegen den Schädel eines anderen mit Verletzungsvorsatz - und den hiedurch verursachten Gesamtfolgen ein Adäquanz- und Risikozusammenhang besteht und anderseits der Täter nach seinen individuellen geistigen Verhältnissen in einer den Anforderungen des Adäquanz- und Risikozusammenhanges entsprechenden Weise die betreffenden Tatfolgen vorhersehen konnte. Adäquat verursacht (und daher objektiv zuzurechnen) sind Tatfolgen, die im Rahmen des vom Täter eingegangenen Gefahrenrisikos lagen und nicht nur infolge einer ganz außergewähnlichen Verkettung unvorhersehbarer Umstände eintraten (vgl. SSt 46/67 u.a.); als inadäquat nicht zurechenbar sind demnach nur solche Folgen (und solche hiezu führende Kausalverläufe), die völlig außerhalb der gewähnlichen Lebenserfahrung liegen und solcherart gänzlich atypisch sind (vgl. Burgstaller in Bezauer Tage Strafrecht 1983, 137 f). Für die subjektive Zurechnung der besonderen Tatfolgen hinwieder ist es nicht erforderlich, daß der Täter den Kausalverlauf im einzelnen vorhersehen konnte; daher ist es irrelevant, daß das konkrete Kausalgeschehen anders ablief als vom Täter erwartet werden konnte, sofern er nur vorhersehen konnte, der Erfolg werde in einer den Anforderungen des Adäquanz- und Risikozusammenhanges entsprechenden Weise zustandekommen (vgl. ÖJZ- LSK 1983/36 = EvBl 1983/145; 13 0s 51/84;
Burgstaller aa0, 158).
Von diesen Grundsätzen ausgehend unterlief dem Schöffengericht aber kein Rechtsirrtum, wenn es dem Angeklagten die bei Roman D eingetretene Todesfolge als adäquat verursacht zurechnete. Denn es lag keinesfalls völlig außerhalb des Rahmens gewähnlicher menschlicher Erfahrung, daß mehrere kräftige Faustschläge gegen den Schädel eines anderen, der bei jedem dieser Schläge mit dem Hinterkopf gegen eine Plakatwand stieß (S 224), zu dessen Tod führen können und daß der Tod eben deshalb eintreten kann, weil das Opfer hiedurch tödliche Schädelverletzungen erleidet; keine Rolle spielt es dabei für die Erfolgszurechnung, daß der Tod in concreto gerade infolge einer selten vorkommenden, aber nicht gänzlich atypischen Gefäßläsion einer Gehirnschlagader eingetreten ist. Der Eintritt der Todesfolge war für den Angeklagten aber auch subjektiv vorhersehbar, kommt es doch hiefür nicht darauf an, ob der Täter den konkreten Kausalverlauf vorhersehen konnte, sondern nur darauf, daß jeder Durchschnittsmensch einzusehen vermag, Gewaltanwendungen der inkriminierten Art könnten für das Opfer (auch) tödlich ausgehen (13 0s 51/84). Daß der Angeklagte zur Tatzeit erheblich alkoholisiert war, hat - der Beschwerde zuwider - wie jeder Mangel im emotionellen Bereich bei der Beurteilung der individuellen Täterfähigkeiten außer Betracht zu bleiben (ÖJZ-LSK 1979/321).
Die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend das Zusammentreffen zweier strafbarer Handlungen derselben Art, die brutale Vorgangsweise gegen die erst 13-jährige Susanne C und die beiden auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen des Angeklagten. Als mildernd zog es hingegen das Geständnis des Angeklagten, welches insbesondere im Faktum 2 wesentlich zur Wahrheitsfindung beitrug und eine gewisse Provokation durch Roman D in Betracht und verhängte über den Angeklagten gemäß § 28, 86 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 1/2 Jahren. Die Berufung des Angeklagten, mit der er Strafherabsetzung anstrebt, ist nicht begründet.
Sowohl sein Geständnis als auch das provozierende Verhalten des Roman D wurden vom Erstgericht ohnehin berücksichtigt. Hingegen kann ihm seine beträchtliche Alkoholisierung im Tatzeitpunkt beim Faktum 2 nicht als zusätzlicher Milderungsgrund zugute gehalten werden, weil er - wie seine Vorstrafakten zeigen (vgl. 14 Vr 1358/77 des Kreisgerichtes St. Pölten und U 788/78 des Bezirksgerichtes Lilienfeld) - dazu neigt, in betrunkenem Zustand aggressiv zu werden, die herabgesetzte Zurechnungsfähigkeit also durch den Vorwurf aufgewogen wird, den der Alkoholkonsum den Umständen nach begründet (§ 35 StGB).
Auf der Basis der vom Schöffengericht mithin zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe jedoch erweist sich die geschöpfte Unrechtsfolge bei einem bis zu zehn Jahren reichenden Strafsatz als durchaus tatschuldgerecht und wäre auch bei gemeinsamer Aburteilung der vorliegenden Sache und der dem Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 27. Februar 1984, AZ 3 U 168/84, zugrundeliegenden Verfehlung (Vergehen nach § 83 Abs. 1 StGB; Strafe: 120 Tagessätze zu 130 S, Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Tage) keinesfalls geringer auszumessen gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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