Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günther A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung dieses Angeklagten sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO auch hinsichtlich derngeklagten Evelyne B und Theobald C im Schuldspruch laut den Punkten II/215,285 und 329 sowie im Punkt III, soweit sich dieser auf Punkt II/329 bezieht, demgemäß ferner im gesamten Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Anrechnung der Vorhaften) aufgehoben und die Sache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten A auch die den erfolglos gebliebenen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden (die zuletzt beschäftigungslosen) Günther A, Evelyne B und Theobald C des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen (gemeint: gewerbsmäßigen schweren) Bandendiebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 4 (gemeint Abs. 2), 129 Z. 2 und 3, 130 (zweiter Strafsatz) und 15 StGB, Evelyne B auch als Beteiligte gemäß § 12
(dritter Fall) StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie als Mitglieder einer Bande in Gesellschaft als Beteiligte in mehr als 500 Angriffen aus Kirchen, größtenteils durch Aufbrechen von Opferstöcken sowie von Türen, Geldbehältnissen oder Vorhangschlössern Bargeld in einem insgesamt 100.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie in der Agsicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. In Ansehung weiterer Fakten wurden Freisprüche gemäß § 259 Z. 2 und 3 StPO gefällt.
Rechtliche Beurteilung
Den Schuldspruch bekämpft lediglich der Angeklagte A mit einer auf die Z. 3, 5, 9 lit. b und c sowie allenfalls 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der teilweise Berechtigung zukommt.
Nicht zielführend ist zunächst der Beschwerdeeinwand zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z. 3), in der Urteilsausfertigung sei nur der Staatsanwalt Dr. Gerhard D und nicht auch der für diesen später in der Hauptverhandlung als Anklagevertreter eingeschrittene Staatsanwalt Dr. Walter E genannt, weil nur das Unterbleiben der Aussprüche gemäß § 260 Abs. 1 Z. 1 bis 3 StPO, nicht aber sonstige Mängel der Urteilsausfertigung unter ausdrücklicher Nichtigkeitssanktion stehen.
Mit der Behauptung, das Erstgericht habe zur Begründung der Schuldsprüche u.a. auf eine Faktentabelle und auf Anmerkungen des Vorsitzenden auf einer Ausfertigung der Anklageschrift Bezug genommen, die nicht Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen seien, rügt der Beschwerdeführer, primär unter dem Gesichtspunkt eines Feststellungsmangels (Z. 9 lit. a), daß in den Urteilsgründen nicht auf sämtliche Fakten einzeln eingegangen, sondern insoweit bloß auf den Urteilstenor verwiesen, mithin nicht im einzelnen ausgesprochen werde, welche strafbare Handlungen als erwiesen angenommen wurden. Richtig ist zwar, daß die Bezeichnung der Tathandlungen im Urteilsspruch die erforderliche Feststellung des wesentlichen Sachverhalts in den Urteilsgründen nicht zu ersetzen vermag (vgl. ÖJZ-LSK. 1982/132) und daß es der Vorschrift des § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO zuwiderläuft, wenn sich das Gericht in den Urteilsgründen trotz (teilweisen) Fehlens umfassender Geständnisse darauf beschränkt, lediglich global auf den aus dem Urteilsspruch sich ergebenden Sachverhalt zu verweisen (vgl. 11 Os 93/81 u.a.). Dies bedeutet jedoch nicht, daß das Gericht verpflichtet wäre, in den Entscheidungsgründen bei einer Vielzahl gleichartiger strafbarer Handlungen jede Tathandlung im Detail zu schildern, für jedes einzelne Faktum gesondert Sachverhaltsfeststellungen zu treffen und diese jeweils gesondert zu begründen. Im vorliegenden Fall ist das Erstgericht davon ausgegangen, daß die Angeklagten, die sich mit dem Vorsatz verbunden hatten, fortgesetzt Einbruchsdiebstähle in Kirchen zu begehen, um sich durch deren wiederkehrende Verübung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, bei sämtlichen ihnen laut Urteilsspruch angelasteten Deliktshandlungen auf die gleiche Weise vorgegangen sind. Den Urteilsannahmen zufolge wurden die Opferstöcke, nachdem die Angeklagten mittels Einwurfes eines Zehngroschenstücks festgestellt hatten, ob sich darin Geld befinde, jeweils, soferne sie verschlossen waren, aufgebrochen und ausgeräumt. In zahlreichen Fällen blieben solche Angriffe beim Versuch (vgl. Band VII, S. 126 ff.). Soweit keine übereinstimmenden Geständnisse der Angeklagten vorlagen, folgte das Schöffengericht jeweils der Darstellung jenes Angeklagten, der sich noch an die betreffende Tathandlung erinnern konnte, wobei im Falle von Divergenzen den Angaben der Angeklagten vor der Sicherheitsbehörde größere Glaubwürdigkeit als ihrer Verantwortung in der Hauptverhandlung beigemessen wurde (vgl. Band VII, S. 127, 132). Damit hat das Erstgericht in den Urteilsgründen die für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Entscheidungsgrundlagen in tatsachenmäßiger Beziehung hinreichend angeführt, ohne daß es noch eines - bloß illustrativen und der leichteren Nachprüfung dienenden - Hinweises auf die im Akt erliegenden Faktentabellen und die persönlichen Aufzeichnungen des Vorsitzenden des Schöffensenates auf der Anklageschrift bedurft hätte; zudem waren die im Band II, ON. 136, und Band III, ON. 149, enthaltenen Faktenübersichten zufolge Verlesung ohnehin Gegenstand der Hauptverhandlung (vgl. Band VII, S. 30).
Gleichfalls verfehlt ist der Beschwerdeeinwand, der dem Angeklagten A angelastete Gesamtwert (der gestohlenen Geldbeträge) sei in der Aktenlage nicht gedeckt. Denn ausgehend von den jeweils günstigeren Angaben der Angeklagten über die Höhe der erbeuteten Geldbeträge hat das Erstgericht die Summe der aus den Opferstockdiebstählen stammenden Geldbeträge mit rund 140.000 S bei den Angeklagten Günther A und Evelyne B sowie mit etwa 120.000 S beim Angeklagten Theobald C festgestellt und demzufolge auch mängelfrei begründet. Eine ziffernmäßig exakte Ermittlung der von den Angeklagten gestohlenen Geldbeträge erübrigte sich, zumal sich auch aus der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Addition der Schadensbeträge kein für ihn vorteilhafteres Ergebnis ableiten ließe und von ihm demnach gar nicht bestritten wird, daß der Gesamtbetrag des erbeuteten Geldes aus sämtlichen von ihm nach dem Schuldspruch zu verantwortenden Opferstockdiebstählen die (für die Qualifikation nach § 128 Abs. 2 StGB erforderliche) Wertgrenze von 100.000 S jedenfalls überstiegen hat. Dem bezüglichen Ausspruch haften demnach weder Begründungsmängel (Z. 5), noch Fehler rechtlicher Art (Z. 10). an. Soweit der Beschwerdeführer aber gegen den Schuldspruch (auch) wegen versuchten (gewerbs- und bandenmäßigen Einbruchs-) Diebstahls ins Treffen führt, es habe sich lediglich um straflose Vorbereitungshandlungen gehandelt, bzw. es hätte ihm Rücktritt vom Versuch zugebilligt werden müssen, ist ihm zu erwidern, daß weder er selbst, noch einer der Mitangeklagten sich jemals in diese Richtung verantwortet hat. Die Angeklagten haben in keinem Fall konkret behauptet, sie seien zwar entschlossen gewesen, in einer bestimmten Kirche einen Opferstockdiebstahl zu begehen, hätten aber ihr Vorhaben noch nicht durch ausführungsnahe Handlungen im Sinne des § 15 Abs. 2 StGB betätigt oder aber freiwillig die Ausführung aufgegeben bzw. verhindert oder den Erfolg abgewendet. Mit dem Einwand, es sei ihm und den Mitangeklagten in einem Fall nicht gelungen, in die versperrte Kirche einzudringen, in einem anderen Fall habe er wegen Dazwischenkommens einer Frau von seinem Vorhaben, den Schlüssel zur Kirche zu holen, Abstand genommen und jeden weiteren Versuch der Tatausführung unterlassen, vermag der Beschwerdeführer die rechtliche Beurteilung seines Verhaltens als strafbaren Versuch nicht in Frage zu stellen, weil allein schon die Anwesenheit am Tatort mit Einbruchswerkzeugen, um den geplanten Diebstahl sogleich zu verüben, dem Kriterium der Ausführungsnähe entspricht (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 15 RN. 15 ff.; RZ. 1978/65 u.a.). Ein strafaufhebender freiwilliger Rücktritt vom Versuch im Sinne des § 16 StGB hinwieder liegt nur dann vor, wenn der Täter aus eigenem Antrieb von der Vollendung der Tat Abstand nimmt, d.h. wenn er die Straftat an sich ungestört und planmäßig hätte vollenden können und nicht etwa durch tatsächliche oder vermeintliche Hindernisse davon abgehalten wurde (ÖJZ-LSK. 1977/290, 1978/325), was jedoch vom Angeklagten A gar nicht behauptet worden ist (Band VII, S. 18).
Nach dem oben Gesagten gehen auch alle sachlich als Mängelrüge (Z. 5) zu wertenden Einwände ins Leere, mit welchen der Beschwerdeführer die Punkte I/32
bzw. II/ 45 (Anklagefakten II/3 bzw. II/59), I/19, II/57 (Anklagefakten I/19, II/72), II/220, 221 (Anklagefakten II/236, 237), II/264 (Anklagefaktum II/280) und II/433, 434 (Anklagefakten II/449, 450) des Schuldspruchs bekämpft. In den bezeichneten Fällen ist nämlich die Annahme der Täterschaft des Angeklagten A jeweils entweder durch seine eigenen Angaben im Vorverfahren oder aber durch die (geständige) Verantwortung eines Mitangeklagten gedeckt (im einzelnen vgl.: Pfarrkirche Vöcklamarkt Band IV, S. 23, 135, 153, 197;
Pfarrkirche Lohnsburg Band IV, S. 141, 189; Pfarrkirche Pfaffenhofen Band I, S. 4 und 9 in ON. 13, S. 5 und 12 in ON. 14, S. 11 in ON. 15, Evelyne B zum Faktum 27 in ON. 17, Band IV, S. 209, 349;
Pfarrkirchen Bad-Schallerbach und Eferding Band VII, S. 26, 33 und 34; Pfarrkirchen Lienz und Oberlienz Band I, S. 19 in ON. 13, S. 14, 22 und 40 in ON. 15, Band IV, S.
133). In Ansehung des Urteilsfaktums II/264 (Pfarrkirche Telfs) ist zudem konform mit der Darstellung der Angeklagten A und C (vgl. Band IV, S. 387, Band VII, S. 20) ohnedies nur ein Schuldspruch wegen versuchten Einbruchsdiebstahls erfolgt. Vom in der Beschwerde gleichfalls relevierten Faktum aber, (auch) in Diepoldsau (Schweiz) einen Opferstockdiebstahl begangen zu haben, wurden die Angeklagten gemäß § 259 Z. 2 StPO freigesprochen.
Im bisher erörterten Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.
Berechtigt ist die Beschwerde hingegen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch laut Punkte II/285 (Anklagefaktum II/301), II/215 und II/329
(Anklagefakten II/ 231 und II/345) wendet.
Hinsichtlich des Opferstockdiebstahls in der Pfarrkirche Faistenau (Punkt II/285) verantworteten sich (in der Hauptverhandlung) die Angeklagten A (dieser auch schon im Vorverfahren) und C, welcher bei seiner Vernehmung durch die Gendarmerie angegeben hatte, sich an den Tatverlauf (und an eine allenfalls erzielte Diebsbeute) nicht mehr erinnern zu können, in Richtung eines bloßen Versuchs (vgl. Band IV, S. 151, 379, Band VII, S. 5, 18
f.); demzufolge hätte es im Urteil einer Begründung bedurft, auf welche Verfahrensergebnisse sich die Annahme eines in diesem Fall vollendeten Diebstahls stützt, zumal auch keine Diebstahlsanzeige vorliegt (vgl. Band III, S. 945).
Bezüglich der in der Pfarrkirche Ort im Innkreis verübten Diebstähle und Diebstahlsversuche wurde in der Hauptverhandlung 'festgestellt' (Band VII, S. 18), daß die Anklagefakten I/345 und 380 'ident sein dürften'. Geständnisse, auf welche sich das Erstgericht als Feststellungsgrundlage berufen konnte, liegen lediglich hinsichtlich dreier die Pfarrkirche in Ort im Innkreis betreffenden Tathandlungen vor, nämlich eines am 20. oder 27.August 1982 von A und B verübten, nicht Gegenstand der Anfechtung bildenden (Urteilsfaktum I/8), eines von allen drei Angeklagten um den 7.November 1982 versuchten (Urteilsfaktum II/16) und eines am 24.Jänner 1983
ebenfalls zu dritt begangenen (Urteilsfaktum II/364) Einbruchs in dieser Pfarrkirche (vgl. Band I, S. 26 in ON. 15, Band IV, S. 397 in Verbindung mit Band III, S. 167 bis 171, Band VII, S. 18 und 36). Für den Schuldspruch wegen eines dortselbst außerdem noch zu einem 'nicht mehr feststellbaren Termin im Dezember 1982' vollendeten (Urteilsfaktum II/215) sowie eines weiteren 'zwischen dem 1. und 17. Jänner 1983' versuchten Diebstahls (Urteilsfaktum II/329) fehlen entsprechende aktenmäßige Grundlagen.
Die damit aufgezeigten, vom Beschwerdeführer zutreffend gerügten Begründungsmängel des Urteils (Z. 5) machen in diesem Umfang eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unerläßlich. Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher insoweit Folge zu geben und sowohl in Ansehung des Beschwerdeführers als auch hinsichtlich der Mitangeklagten B und C, denen dieselben Gründe zustatten kommen, auf denen diese Verfügung zugunsten des Beschwerdeführers beruht, gemäß § 290 Abs. 1 (zweiter Anwendungsfall) StPO spruchgemäß zu entscheiden.
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung (auch) des Strafausspruchs zu verweisen.
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