OGH 8Ob5/84

OGH8Ob5/847.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria S*****, vertreten durch Dr. Manfred Roland, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. A*****, und 2. I*****, beide vertreten durch Dr. Richard Steinpach, Rechtsanwalt in Wien, wegen 503.574,52 S sA, Feststellung (Streitwert 100.000 S) und Rente (Streitwert 336.000 S), Revisionsinteresse: 60.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. September 1983, GZ 17 R 161/83‑198, womit infolge Berufung der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 13. Mai 1983, GZ 39a Cg 316/79‑90, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00005.840.0607.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 3.848,85 S bestimmen Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von 600 S und die USt von 295,35 S) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Am 17. Mai 1977 ereignete sich in Wien 13 ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin mit dem von ihr gelenkten Motorrad W 10.875 und die Zweitbeklagte mit dem bei der Erstbeklagten haftpflichtversicherten PKW W 214.947 beteiligt waren. Die Klägerin begehrte nach verschiedenen Einschränkungen und Ausdehnungen schließlich von den Beklagten die Bezahlung von 503.574,52 S sA, eine monatliche Rente von 2.800 S und stellte ein entsprechendes Feststellungsbegehren (s AS 341, 307/308). In dem Betrag war ein Schmerzengeldbegehren von 300.000 S sA enthalten (vgl AS 2, 219, 307, 341).

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 428.190 S sA und im Feststellungbegehren statt. Es wies ein Leistungsmehrbegehren von 75.384,52 S und das monatliche Rentenbegehren von 2.800 S ab.

Im Berufungsverfahren waren ein stattgebender Leistungsteil von 270.056,67 S der Feststellungsausspruch zu 1/3, der abweisende Teil von 75.384,52 S und das abgewiesene Rentenbegehren von 2.800 S streitverfangen. Das Berufungsgericht bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung, indem es weder der Berufung der Klägerin noch der Beklagten in der Hauptsache Folge gab.

Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich die Revision der Klägerin nur insoweit, als sie unter dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung die Abänderung des angefochtenen Urteils dahin beantragt, dass ihr ein weiterer Betrag von 60.000 S an Schmerzengeld zuerkannt werde.

Die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig (der Wert des Streitgegenstands, über den das Berufungsgericht bestätigend entschied, übersteigt 300.000 S; vgl Petrasch , Das neue Revisions‑(Rekurs‑)Recht in ÖJZ 1983, 175), sie ist jedoch nicht berechtigt.

Zu dem allein noch umstrittenen Schmerzengeldbetrag trafen die Vorinstanzen nachstehende Feststellungen:

Durch den Unfall erlitt die Klägerin im Wesentlichen ein schweres Schädelhirntrauma, einen Oberarmbruch rechts mit Lähmung des nervus radialis und eine Plexusteillähmung. Die Lähmung des nervis radialis führte zu einer Fallhand, zu einem mangelhaften Faustschluss und zu einer Schreibuntauglichkeit der rechten Hand. Vom Tag des Unfalls bis Ende des Jahres 1982 erlitt die Klägerin zwei Tage schwere Schmerzen mit Lebensgefahr, 8 Tage schwere Schmerzen ohne Lebensgefahr, 25 Tage mittelgradige Schmerzen und 144 Tage leichte Schmerzen. Die Radiallähmung der rechten Hand zeigt keine Besserungstendenz, auch in Zukunft werden immer wieder Schmerzen infolge von Reizzuständen auftreten.

Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht hielten das zuerkannte Schmerzengeld von 240.000 S dem erlittenen Ungemach der Klägerin angemessen. Demgegenüber stellt sich die Klägerin in ihrer Revision auf den Standpunkt, dass das Berufungsgericht trotz seines Hinweises, es habe auch eine Zungenbissverletzung und eine Narbe bei der Ausmessung des Schmerzengeldes mitberücksichtigt, dies nicht getan habe. Dem steht jedoch der ausdrückliche Hinweis des Berufungsgerichts auf S 15 seiner Entscheidung entgegen, wonach solche Verletzungen „in der globalen Beurteilung des Schmerzengeldes durch das Oberlandesgericht mitberücksichtigt“ wurden. Auch soweit die Revision darzustellen versucht, dass die künftigen wahrscheinlichen Schmerzen der Klägerin nicht bzw nicht richtig berücksichtigt worden wären, ist sie auf die Ausführungen des Berufungsgerichts (S 17 des Berufungsurteils) zu verweisen, wonach das Gericht zweiter Instanz zu den vom Erstgericht festgestellten Schmerzperioden noch hinzurechnete, dass die Klägerin auch in Zukunft immer wieder intermittierende leichte Schmerzen zu erleiden haben werde. Da schließlich auch die seelischen Schmerzen der Klägerin im Gegensatz zu ihrem Vorbringen in der Revision ausdrücklich ebenfalls Berücksichtigung fanden (S 17/18), erweisen sich die Ausführungen der Revision insgesamt als nicht stichhältig.

Wie das Berufungsgericht richtig erkannte, ist bei der Bemessung des Schmerzengeldes der Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf die Dauer und Intensität der Schmerzen nach ihrem Gesamtbild, auf die Schwere der Verletzung und auf das Maß der psychischen und physischen Beeinträchtigung des Gesundheitszustands zu berücksichtigen (8 Ob 107/83 uza). Von diesem Grundsatz ausgehend haben die Vorinstanzen übereinstimmend das der Klägerin gebührende Schmerzengeld mit 240.000 S bemessen. Gegen die Höhe dieses Betrags bestehen keine Bedenken. Die Ausführungen der Revision waren nicht geeignet, stichhältige Argumente dagegen vorzubringen. Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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