OGH 2Ob572/84 (2Ob573/84)

OGH2Ob572/84 (2Ob573/84)5.6.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien Roman E*****, und Johann H*****, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Graf, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Novica S*****, vertreten durch Dr. Eckhard Tasler, Rechtsanwalt in Linz, wegen 7.575,67 S sA und Räumung, sowie wegen 1.620 S sA, infolge Revision des Roman E***** gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. Februar 1984, GZ 13 R 874, 877/83-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 19. August 1983, GZ 10 C 919/83-14 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Roman E***** hat der beklagten Partei die mit 1.671,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 96 S Barauslagen und 143,20 S USt) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Roman E***** und seine Ehefrau sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft in Linz mit dem Hause *****. Der Beklagte ist Mieter einer im zweiten Stock dieses Hauses gelegenen, aus zwei Zimmern bestehenden Wohnung im Gesamtausmaß von 45,41 m². Nach § 3 des Mietvertrags vom 21. 7. 1981 wurde ein monatlicher, wertgesicherter Mietzins von 1.700 S vereinbart. Gemäß § 7 des Mietvertrags gilt der Mietvertrag als aufgelöst, wenn der Mieter zwei Monate mit der Miete samt Zuschlägen in Rückstand kommt.

Roman E***** begehrt einen Betriebskostenrest von 300 S für Jänner 1982 und den Mietzins zuzüglich der Betriebskosten für die Monate Februar und März 1982 á 2.160 S, zusammen 4.620 S sA, sowie, gestützt auf § 7 des Mietvertrags, die Räumung der Wohnung. Das Leistungsbegehren wurde im Laufe des Verfahrens um weitere Mietzinsrückstände (bis Juni 1983) mehrfach ausgedehnt und infolge Teilzahlungen schließlich auf 7.575,57 S sA eingeschränkt. Die mit diesem Prozess verbundene Rechtssache des Johann H***** gegen den Beklagten wegen 1.620 S sA kann vernachlässigt werden, weil sie nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens ist.

Der Beklagte bestreitet einen Mietzinsrückstand.

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren des Roman E***** (im Folgenden nur Kläger) und seinem Leistungsbegehren mit 5.002,16 S sA statt und wies das Leistungsmehrbegehren von 2.573,51 S sA ab.

Das Berufungsgericht änderte das nur in seinem stattgebenden Teil angefochtene Ersturteil dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei.

Gegen die Abweisung des Räumungsbegehrens richtet sich die Revision des Klägers aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils im Ausspruch über die Räumung der Wohnung.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht legte seiner Entscheidung den auf den AS 60 bis 63 (S 4 bis 7 der Urteilsausfertigung) dargestellten Sachverhalt zugrunde. Es bejahte aufgrund des festgestellten Mietzinsrückstands das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bestandvertrags nach § 1118 ABGB.

Das Berufungsgericht vertrat den Standpunkt, dass der Kläger als Hälfteeigentümer zur Geltendmachung eines Auflösungsgrundes nach § 1118 ABGB allein nicht legitimiert sei. Einen Nachweis der Zustimmung seiner Ehefrau habe er nicht erbracht. Nur gegen den titellosen Benützer könne auch der Hälfteeigentümer Räumungsklage erheben. Der Beklagte benütze die Wohnung aber nicht titellos. Eine nachträgliche Sanierung des Mangels der Aktivlegitimation sei unzulässig. Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, dass zur Frage, ob der Hälfteeigentümer zur Aufhebung des Bestandvertrags nach § 1118 ABGB und zur Erhebung der Räumungsklage legitimiert sei, sowie über die Rechtzeitigkeit des Nachweises der Zustimmung des anderen Hälfteeigentümers eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass nach Lehre und ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bei einer Personenmehrheit auf Seiten des Vermieters sich die Legitimation zur Aufkündigung nach den §§ 825 f ABGB richtet (Gamerith in Rummel ABGB Rdz 12 zu § 833; Klang 2 III 1110; MietSlg 34.091, 18.348; SZ 43/157; SZ 13/55; JBl 1952, 16 ua).

Der Hälfteeigentümer einer Liegenschaft kann daher ohne Zustimmung des anderen Miteigentümers einen Mietvertrag nicht kündigen (MietSlg 17559; SZ 13/55). Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass für die Geltendmachung eines Aufhebungsgrundes nach § 1118 ABGB und die Erhebung einer darauf gestützten Räumungsklage nichts anderes gelten kann, weil es sich auch hiebei um Akte der ordentlichen Verwaltung handelt (MietSlg 20.188, 6.926), sodass nur die Anteilsmehrheit dazu legitimiert ist. Der Hälfteeigentümer einer Liegenschaft kann daher ohne Zustimmung des anderen Miteigentümers eine auf § 1118 ABGB gestützte Räumungsklage nicht erheben. Zu Unrecht beruft sich der Kläger auf das jedem Teilhaber einer Gemeinschaft zustehende Recht, die zur Wahrung des Gesamtrechts erforderlichen Rechtsbehelfe zu ergreifen, deren er zur Ausübung seines Anteilsrechts bedarf. In Ausübung dieses Rechts ist der Teilhaber zwar befugt, ohne Zustimmung der übrigen Teilhaber gegen einen Dritten die Negatorienklage zu erheben oder auch possessorische Rechtsmittel zu ergreifen. Ein solches Klagerecht des einzelnen Teilhabers gegen Dritte kommt nur dort in Frage, wo die Klage den Zweck verfolgt, im Interesse des Klägers oder der Gemeinschaft den rechtswidrigen Angriff eines Dritten auf die gemeinsame Sache (das gemeinsame Recht) abzuwehren. Eine Wahrung des Gesamtrechts liegt daher etwa vor, wenn ein Teilhaber bei tatsächlichem Eingriff in das dingliche Recht der Gemeinschaft die Beseitigung der Störung anstrebt (SZ 53/2). Bei der Geltendmachung eines Aufhebungsgrundes nach § 1118 ABGB handelt es sich aber nicht um die Abwehr eines rechtswidrigen Eingriffs eines Dritten in das dingliche Recht der Gemeinschaft, sondern um die Beendigung eines obligatorischen Rechtsverhältnisses. Die Berechtigung des Hälfteeigentümers oder des Minderheitseigentümers zum Vorgehen gegen den titellosen Benützer (vgl MietSlg 24.048) ist hier nicht weiter zu erörtern, weil sich der Beklagte auf einen gegen alle Miteigentümer wirksamen Rechtsgrund zur Benützung der Räume stützen kann (vgl Beilage II). Auch zur Frage, ob der im Zeitpunkt der Erhebung der Räumungsklage vorliegende Mangel der Aktivlegitimation nachträglich noch saniert werden kann (MietSlg 18.348 ua), oder ob eine solche Sanierung unzulässig ist (SZ 43/157), ist hier nicht Stellung zu nehmen, weil ein solcher Sanierungsversuch etwa durch Vorlage einer Vollmacht oder einer Zustimmungserklärung (MietSlg 18.348) nicht einmal unternommen wurde. Diese Frage wird von der Revision auch nicht mehr releviert.

Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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