Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz A wird verworfen.
Den Berufungen der Angeklagten wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 8.November 1948 geborene Kraftfahrer Franz A des Verbrechens des versuchten Mordes nach § 15, 75 StGB schuldig erkannt, weil er im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit der Zweitangeklagten Christine B als Mittäter am 5.Mai 1983 in Innsbruck dadurch, daß Christine B den Albert C mit einem in den Kaffee geschütteten Schlafmittel betäubte und Franz A ihm sodann mit einer Rasierklinge einen Schnitt an der rechten Halsseite zufügte, den Genannten vorsätzlich zu töten versucht hat.
Die Geschwornen haben die nach dem Verbrechen des versuchten Mordes gestellte Hauptfrage 1 einstimmig bejaht und die in Richtung des Strafaufhebungsgrundes des Rücktrittes vom Versuch nach § 16 Abs 2 StGB
gestellten Zusatzfrage 2 einstimmig verneint. Die in Richtung des Verbrechens der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 2 Z 1 StGB gestellte Eventualfrage 5 wurde von den Geschwornen folgerichtig nicht beantwortet;
weitere Fragen waren in bezug auf diesen Angeklagten an die Geschwornen nicht gestellt worden.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Franz A mit einer auf die Z 6, 11 lit a und 12 (der Sache nach nur Z 6 und 12) des § 345 Abs 1
StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der in keinem Punkte Berechtigung zukommt.
Eine Verletzung der Vorschriften über die Fragestellung an die Geschwornen im Sinne des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes (Z 6) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß keine Zusatzfrage nach absoluter Untauglichkeit des Versuches 'in Beziehung auf die Tathandlung (§ 15 Abs 3 StGB)' gestellt worden ist. Eine sogenannte absolute Untauglichkeit des Versuches einer Straftat im Sinne der genannten Gesetzesstelle stellt entgegen der Meinung des Beschwerdeführers keinen Strafaufhebungsgrund dar, sondern eine negative Begriffsvoraussetzung des strafbaren Versuches; sie ist daher nicht Gegenstand einer Zusatzfrage, sondern gegebenenfalls durch Verneinung der Hauptfrage zu berücksichtigen (vgl. ÖJZ-LSK. 1984/18).
Im vorliegenden Fall waren die Geschwornen durch die Rechtsbelehrung über die Voraussetzungen der Annahme eines absolut untauglichen Versuches hinreichend aufgeklärt. Sie haben durch die uneingeschränkte Bejahung der ersten Hauptfrage unzweifelhaft kundgetan, daß sie die Tathandlung - Zufügung einer Schnittwunde mit einer Rasierklinge an der rechten Halsseite - ihrer Art nach grundsätzlich für geeignet hielten, den Tod des Verletzten herbeizuführen.
Der behauptete Mangel der Fragestellung aus dem Gesichtspunkt des § 15 Abs 3 StGB liegt somit nicht vor.
In seiner Rechtsrüge (sachlich Z 12) bringt der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. Paul D und auf die Aussage der Zeugin Monika B vor, die Verletzung des Albert C sei eine an sich leichte gewesen; da sie wohl bis zur tiefen Halsmuskulatur gereicht, aber zu keiner Verletzung von großen Halsschlaggefäßen geführt habe, könne von einer akuten Lebensgefahr bei C nicht gesprochen werden.
Dieses Gutachten, nach welchem eine absolute Untauglichkeit seiner Tathandlung zur Herbeiführung des Todes des Genannten anzunehmen sei, hätten die Geschwornen unrichtig gewürdigt; sie hätten daher die Bestimmung des § 15 Abs 3 StGB zu Unrecht nicht angewendet und so in der rechtlichen Unterstellung der Tat geirrt: richtigerweise hätten sie die Tat seiner Ansicht nach der Eventualfrage 5 (Vergehen nach § 83, 84 Abs 2 Z 1 StGB) unterstellen müssen.
Damit gelangt jedoch der angerufene materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Eine dem Gesetz entsprechende Ausführung würde voraussetzen, daß die Beschwerde den Nachweis zu erbringen versucht, die von den Geschwornen im Wahrspruch als erwiesen angenommene Tat sei durch den Schwurgerichtshof infolge unrichtiger Gesetzesauslegung einem Strafgesetz unterstellt worden, das darauf keine Anwendung finde. Der behauptete Subsumtionsirrtum kann also nur aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden, nicht aber aus irgendwelchen Ergebnissen des Beweisverfahrens, die nach MeinunPardes Beschwerdeführers zu einem anderen Wahrspruch führen hätten sollen (EvBl 1972/83 u.a.). Die Beschwerde dagegen vergleicht, indem sie auf das Gutachten des genannten Sachverständigen und auf die Aussage der Zeugin Monika B zurückgreift, nicht den im Wahrspruch (und diesem folgend im Schuldspruch) konstatierten Sachverhalt mit den in Betracht kommenden Straftatbeständen.
Denn die Geschwornen haben die den Beschwerdeführer betreffende Hauptfrage 1
uneingeschränkt bejaht; dem Wahrspruch, der allein der Erledigung der Rechtsrüge zugrundezulegen ist, ist nichts zu entnehmen, was der Annahme einer Tauglichkeit der Tathandlung zur Herbeiführung des damit angestrebten Tötungserfolges entgegenstünde.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz A war demnach zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verurteilte die Angeklagten nach § 75 StGB, und zwar Franz A zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 (vierzehn) Jahren, Christine B unter Bedachtnahme auf § 28 StGB zu einer solchen von 10 (zehn) Jahren. Bei der Strafzumessung war erschwerend bei beiden Angeklagten die sorgfältige Vorbereitung und die wohlüberlegte und heimtückische Begehung der Tat, bei Franz A überdies vier einschlägige Vorstrafen sowie sein erheblich größerer Tatbeitrag, bei Christine B weiters die Begehung der Tat unter Ausnützung eines Vertrauensverhältnisses zum Opfer und das Zusammentreffen des Verbrechens des versuchten Mordes mit dem Vergehen des Schwangerschaftsabbruches sowie die dreifache Verübung dieses Vergehens; hingegen mildernd bei beiden Angeklagten die Tatsache, daß der Mord beim Versuch geblieben ist, bei Christine B ferner die Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis, welches zur restlosen Aufklärung der Taten führte und daß ihr Tatbeitrag geringer war als der des Angeklagten Franz A.
Den Berufungen, mit welchen die Angeklagten eine Strafherabsetzung unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes des § 41 StGB anstreben, kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe bei beiden Angeklagten im wesentlichen richtig erfaßt und auch zutreffend gewürdigt. Entgegen dem Berufungsvorbringen sind beim Angeklagten Franz A die wegen übertretungen nach § 431 und 411 StG. verhängten Strafen als strafbare Handlungen gegen Leib und Leben (und damit auf der gleichen schädlichen Neigung beruhend) ein Erschwerungsgrund. Die genaue und minutiöse Vorbereitung und Planung der Tat, die auf eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten gleichgültige Einstellung schließen läßt, wurde zutreffend als erschwerend gewertet. Den Ausführungen des Berufungswerbers Franz A zuwider wurde diese Tat für das Opfer heimlich, überraschend und unter einem verwerflichen Vertrauensbruch und damit heimtückisch i.S. des § 33 Z 6 StGB begangen.
Weitere Milderungsgründe werden von diesem Angeklagten nicht aufgezeigt: Der Tatsache, daß er dem Opfer keine schwere Verletzung zugefügt hat, wurde vom Erstgericht durch die Wertung der Tat als Versuch Rechnung getragen. Auch hat sich der Angeklagte Franz A mit der telefonischen Verständigung des Franz B von der Hilfebedürftigkeit des Albert C keineswegs ernstlich bemüht, den Taterfolg vom Mordopfer abzuwehren; nach dem Tatplan sollte ein Selbstmord des C vorgetäuscht werden, beide Angeklagten waren der Meinung, daß der Genannte bereits tot sei (vgl. I S. 111, 126). Der Umstand, daß Christine B Urheberin des Mordplanes war, fällt gleichfalls nicht als mildernd ins Gewicht, weil die Tat gemeinsam geplant und dem Angeklagten A bei der Ausführung die entscheidende Rolle zukam. Die verwahrloste Erziehung bildet keinen Milderungsgrund, weil nach herrschender Auffassung Erziehungsmängel nur dann mildernd wirken können, wenn sie mit der Tat im unmittelbaren Zusammenhang stehen. Davon kann aber hier im Hinblick auf das Alter des Angeklagten und die Tatsache, daß ihm die verfehlte Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten durch wiederholte Abstrafungen vor Augen geführt worden ist, nicht gesprochen werden. Bei den gegebenen Strafzumessungsgründen lagen beim Angeklagten Franz A die Voraussetzungen der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 41 StGB nicht vor. Die verhängte Strafe entspricht dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat und ist keineswegs zu hoch bemessen worden.
Auch bei der Angeklagten Christine B besteht kein Anlaß zu einer Herabsetzung der Strafe.
Soweit das Erstgericht in den Strafzumessungsgründen anführt, die Angeklagte sei die Urheberin des Mordplanes gewesen, wollte es ersichtlich nur zum Ausdruck bringen, daß sie den Anstoß zur Tat gegeben hat, ohne dies jedoch als erschwerend zu werten. Das Gericht ging - wie ein Vergleich der Strafen zeigt - auch durchaus davon aus, daß der Angeklagte Franz A den erheblich größeren Tatbeitrag geleistet hat. Dem Umstand, daß die Angeklagte Christine B bisher einen ordentlichen Lebenswandel führte, trug das Erstgericht durch die Wertung ihrer Unbescholtenheit als Milderungsgrund ohnedies Rechnung.
Da daher bei der Angeklagten Christine B die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen und auch keine Rede davon sein kann, daß die gegenständliche Tat - nach ihrem Unrechtsgehalt und nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung gemäß § 32 Abs 2 und 3
StGB - als atypisch leicht anzusehen ist, sodaß selbst die gesetzliche Mindeststrafe als überhöht angesehen werden müßte, kommt auch hier die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nicht in Frage.
Den Berufungen der Angeklagten war daher ein Erfolg zu versagen.
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