OGH 13Os15/84

OGH13Os15/8423.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider (Berichterstatter), Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Starlinger als Schriftführers in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Vergehens der falschen Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 30. September 1983, GZ 10 Vr 2200/83-9, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Bassler, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Noverka zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Helmut A ist schuldig, am 27. Dezember 1982 in Klagenfurt durch die Unterfertigung eines von ihm ausgefüllten und abgestempelten Vordrucks des Wiener Sparund Kreditinstituts mit dem Namen 'Mutter' eine falsche Urkunde mit dem Vorsatz hergestellt zu haben, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich, daß die Verpfändung der Bezüge des Helmut A für eine Forderung des Wiener Spar- und Kreditinstituts von 130.000 S im Verbotsblatt seines Besoldungsakts rangwahrend an erster Stelle vorgemerkt sei, gebraucht werde.

Helmut A hat hiedurch das Vergehen der Urkundenfälschung nach Par 223 Abs. 1 StGB. begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB. zu einer Geldstrafe von 180 (einhundertachtzig) Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 90

(neunzig) Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Der Tagessatz wird mit 200 (zweihundert) Schilling bestimmt. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Gemäß §§ 389, 390 a StPO. hat der Angeklagte die Kosten des Strafverfahrens erster und zweiter Instanz zu ersetzen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Der am 15. April 1945 geborene Angeklagte Helmut A wurde mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens der falschen Beglaubigung im Amt nach Par 311 (zweiter Deliktsfall) StGB. schuldig erkannt, weil er am 27. Dezember 1982

in Klagenfurt als Leiter der Quästur der dortigen Universität für Bildungswissenschaften durch Anbringen eines Amtssiegels und Beisetzung einer fiktiven Unterschrift auf einem Vordruck des Wiener Spar- und Kreditinstituts, reg. Gen. m.b.H., 'an einer Sache ein öffentliches Beglaubigungszeichen, dessen Anbringung in den Bereich seines Amtes fällt, fälschlich anbrachte', wobei er mit dem Vorsatz handelte, daß die Sache im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts oder einer Tatsache gebraucht werde.

Nach den für diesen Schuldspruch maßgebenden Urteilsannahmen hatte der Angeklagte im Dezember 1982 beim Wiener Spar- und Kreditinstitut, reg. Gen.

m. b.H., ein Darlehen in der Höhe von 130.000 S aufgenommen und zu dessen Besicherung seine Gehaltsbezüge verpfändet. Am 14. Dezember 1982 ersuchte das Wiener Spar- und Kreditinstitut in einem Schreiben an die Quästur der Universität für Bildungswissenschaften in Klagenfurt, diese Gehaltsverpfändung im Verbotsblatt des Angeklagten vorzumerken und die Durchführung auf einem beigelegten Formblatt zu bestätigen. Daraufhin brachte der Angeklagte am 27. Dezember 1982 als Leiter der Quästur, sohin als sachlich zuständiger Beamter, auf dem Vordruck des Spar- und Kreditinstituts, auf dem er die Vormerkung der Verpfändung seiner Bezüge für die Forderung der Genossenschaft im Verbotsblatt seines Personalakts an erster Stelle fälschlich bestätigte, die Stampiglie der Universität für Bildungswissenschaften an und unterfertigte den Vordruck mit dem falschen Namen 'Mutter', ohne zunächst die Vormerkung dieser Verpfändung im Verbots blatt seines Personalakts zu veranlassen, wobei er mit dem Vorsatz handelte, daß diese Urkunde zum Beweis der rangwahrenden Vormerkung dieser Gehaltsverpfändung im Rechtsverkehr gebraucht werde.

Das Schöffengericht beurteilte, abweichend von der Anklage (S. 27 ff.), die Helmut A Falschbeurkundung im Amt nach dem ersten Deliktsfall des § 311 StGB. zur Last legte, mit Beziehung auf die Entscheidung EvBl.

1972/236 den festgestellten Sachverhalt als Falschbeglaubigung im Amt nach dem zweiten Deliktsfall des § 311 StGB., weil die Quästur der Universität Klagenfurt keine - in hoheitlicher Funktion tätig werdende - Behörde sei und es in Ansehung der gegenständlichen Bestätigung an dem für öffentliche Urkunden vorgeschriebenen Erfordernis der Errichtung in der verlangten Form und nach einem im Gesetz vorgeschriebenen Verfahren mangle.

Der Angeklagte ficht den Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 9

lit. a und b sowie Z. 10 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde an. Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund bestreitet er seinen Gebrauchsvorsatz. Mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

zielt der Beschwerdeführer auf die Beurteilung des festgestellten Sachverhalts als Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 1 StGB. ab, welches im Sinn des § 42 StGB. nicht strafwürdig sei (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO.).

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt im Ergebnis insoweit teilweise Berechtigung zu, als die Subsumierung des Urteilssachverhalts unter die Bestimmung des § 223 Abs. 1 StGB. angestrebt wird (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.).

Rechtliche Beurteilung

Der Schlüssel zur Lösung des gegenständlichen Kriminalrechtsfalls ist die Abgrenzung der Hoheitsverwaltung von der Wirtschaftsverwaltung der Gebietskörperschaften. Diese Abgrenzung ist nicht nach formal-organisatorischen Gesichtspunkten, sondern auf Grund materiellinhaltlicher Merkmale vorzunehmen, d.h. es muß beim einzelnen Vollzugsakt unterschieden werden, ob er nach seiner Zweckbestimmung die Ausübung hoheitlicher Gewalt ist oder ob es sich um eine technische, wirtschaftliche oder privatrechtliche Tätigkeit jenseits der Grenzen hoheitlicher Machtausübung handelt (13 0s 170/83 = LSK. 1984/68). Folgerichtig scheidet § 311 StGB. dort aus, wo ein Beamter nicht 'im Bereich' seines öffentlichen Amts etwas beurkundet oder ein Beglaubigungszeichen anbringt;

denn auch dieser Tatbestand normiert eine 'strafbare Verletzung der Amtspflicht' (siehe die Marginalrubrik des 22. Abschnitts des Strafgesetzbuchs) in bezug auf öffentliche Urkunden und öffentliche Beglaubigungszeichen und setzt darum hoheitliches (obrigkeitliches) Handeln des Täters voraus. Kann ein solches nach Art, Inhalt und Zweckbestimmung (vgl. LSK. 1983/8) in der inkriminierten Verrichtung des Beamten nicht erblickt werden, so kommt trotz der öffentlich-rechtlichen Dienststellung des Beamten nur der korrespondierende allgemeine Straftatbestand in Betracht.

Angewendet auf den urteilsmäßig festgestellten Sachverhalt, führen die in der zitierten Judikatur verkörperten Rechtsgrundsätze zu nachstehenden Schlüssen:

1. Infolge des Ersuchens des Kreditinstituts hatte die Universität wie jeder andere Arbeitgeber als Drittschuldner die vom Arbeitnehmer vertraglich vorgenommene Verpfändung seiner Bezüge vorzumerken; mit anderen Worten: Die Tätigkeit des Angeklagten im gegenständlichen Fall war die eines Lohnbuchhalters in einem privaten Unternehmen, er hatte nichts anderes zu tun als jeder Lohnbuchhalter eines Drittschuldners. Von einer Ausübung obrigkeitlicher Befugnisse durch den Beschwerdeführer namens der Universität gegenüber dem Darlehensgeber kann nicht gesprochen werden. Die Beisetzung des Universitätssiegels auf dem Auskunftsvordruck vermag daran nichts zu ändern, weil dieses Siegel hier keine andere Funktion als die einer Firmenstampiglie hatte.

2. Indem der Angeklagte das ausgefüllte und abgestempelte Formular mit einem fingierten Namen unterzeichnete, hat er dem Schriftstück einen falschen Ausstelleranschein verliehen (vgl. LSK. 1983/43 = 13 0s 144/82; im gleichen Sinn 11 0s 164/82). Damit hat der Beschwerdeführer eine falsche Urkunde hergestellt.

3. Er tat dies - der einen Gebrauchsvorsatz bestreitenden Beschwerdebehauptung (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.) zuwider -, um die Tatsache zu beweisen, daß die Verpfändung seines Gehalts im Verbotsblatt seines Besoldungsakts rangwahrend an erster Stelle vorgemerkt sei, was übrigens nicht der Wahrheit entsprach. Mithin ist das Vergehen nach § 223 Abs. 1 StGB. in allen Merkmalen erfüllt.

Die auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. gestützte Rechtsrüge läßt die einen Gebrauchsvorsatz bejahenden Urteilsfeststellungen (S. 48/49) außer acht, vergleicht diese somit nicht mit dem darauf angewendeten Gesetz, sodaß dieser materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung gebracht wird.

Aber auch der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. ist nicht erfüllt.

Die - vom Beschwerdeführer reklamierte - Anwendung des § 42 StGB. scheitert nämlich daran, daß die Schuld des Täters nicht unter jener Geringfügigkeitsschwelle liegt, die das Institut der mangelnden Strafwürdigkeit von seiner rechtspolitischen Konstruktion her antizipiert. Die von der Schuld mitumfaßte Sozialschädlichkeit und der Störwert des vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Verhaltens - er stellte unter Beisetzung des ihm anvertrauten Amtssiegels eine falsche Urkunde durch Unterschriftsleistung mit einem fingierten Namen zwecks Gebrauchs gegenüber seinem Gläubiger her - liegen keinesfalls unter der Norm der vom § 223 StGB.

erfaßten Delinquenz (vgl. dazu u.a. Leukauf-Steininger Kommentar 2 , RN. 9 zu § 42 StGB.).

Infolge der reformatorischen Entscheidung hatte der Oberste Gerichtshof eine Strafneubemessung vorzunehmen. Hiebei war nichts erschwerend, hingegen waren die Unbescholtenheit des Angeklagten und das Tatsachengeständnis mildernd. Der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedurfte es nicht, um den Angeklagten von weiteren Straftaten abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. An Stelle einer sechs Monate nicht übersteigenden Freiheitsstrafe war daher eine Geldstrafe zu verhängen. Die Zahl der Tagessätze ist dem Schuld- und Unrechtsgehalt adäquat, die der übeltäter zu vertreten hat. Die Höhe des Tagessatzes wurde in Befolgung des § 19 Abs. 2 StGB. nach den aktenkundigen persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers bestimmt. Die Rechtswohltat der bedingten Nachsicht der Geldstrafe kam aus präventiven überlegungen im Einzelfall nicht in Frage (siehe LSK. 1983/ 168, 169). Die Verhängung einer unbedingten Geldstrafe statt der in erster Instanz ausgesprochenen bedingten Freiheitsstrafe ist nach wie vor zulässig (siehe die Entscheidung eines verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs vom 21. Dezember 1972, SSt. XLIII/58).

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