OGH 12Os167/83

OGH12Os167/8310.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Nittel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alfred A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 15.September 1983, GZ 7 Vr 382/83-115, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokuraturos, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten Alfred A und des Verteidigers Dr. Ratt zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Zusatzstrafe auf 14 (vierzehn) Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Juni 1951 geborene Alfred A des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 StGB

(Punkt I des Urteilssatzes), des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB (Punkt IV) sowie der Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 StGB (Punkt V) und der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt.

Den Schuldsprüchen liegt folgender im Ersturteil festgestellter

Sachverhalt zugrunde:

Obwohl der Angeklagte schon seit 1974 laufend in Zahlungsschwierigkeiten war, die (auch) in gegen ihn eingeleiteten Fahrnis- und Lohnexekutionen ihren Niederschlag fanden, eröffnete er im Jahre 1977 in einem zu diesem Zweck gemieteten Lokal in Mattighofen eine Gebraucht(Alt-) warenboutique, deren bloß gewerberechtliche Inhaberin zunächst seine damalige Ehegattin war, die aber im Geschäft selbst nie tätig wurde. Der Geschäftsgang war von Anfang an schlecht, sodaß der Angeklagte, der überdies 'auf großem Fuß lebte' und noch im September 1977 einen Kredit von 120.000 S aufgenommen hatte, dessen Rückzahlung bei der gegebenen Geschäftslage unmöglich war, spätestens am 30.September 1977 nicht mehr in der Lage war, seine fälligen Verbindlichkeiten gegenüber einer Gläubigermehrzahl zu erfüllen. Der Eintritt der vom Angeklagten, dem kaufmännische Fähigkeiten fehlten, durch leichtsinnige und unverhältnismäßige Kreditbenützung bei mangelnden geschäftlichen Aufzeichnungen ab 1976 fahrlässig herbeigeführten Zahlungsunfähigkeit (Punkt II) war für ihn im Laufe des vierten Quartals des Jahres 1977 erkennbar.

Nachdem er schon gegen Ende 1977 seinen Lebensunterhalt nur mehr 'mit Schulden' finanzieren konnte, vereitelte oder schmälerte der Angeklagte von Anfang 1978 bis Herbst 1979 in Kenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen durch Eingehen neuer Schulden und durch Zahlung alter Schulden (Punkt III).

In insgesamt 31 - größtenteils Kreditkäufe und zum geringeren Teil (nämlich unter Punkt IV/13, 24-27) die Einlösung ungedeckter Schecks in der Zeit von August 1977 bis Juni 1979 betreffenden - Fällen täuschte der Angeklagte seinen Vertragspartnern gegenüber Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit bzw. die Deckung des entsprechenden Scheckkontos vor, wobei er die - tatsächlich im Gesamtausmaß von rund 111.700 S eingetretene -

Schädigung der Vertragspartner ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand (Punkt IV).

Zwischen August 1977 und Herbst 1979 eignete sich der Angeklagte zusammen mit (seiner Lebensgefährtin) der abgesondert verfolgten Elfriede B die beim Verkauf von Kommissionsware erzielten Erlöse von insgesamt rund 83.300 S mit Bereicherungsvorsatz zu, indem er diese für sich verwendete (Punkt I).

Schließlich mißbrauchte der Angeklagte zwischen dem 6. und 20.März 1978

wissentlich die ihm von der Österr. Postsparkasse rechtsgeschäftlich eingeräumte Befugnis, über deren Vermögen durch Ausstellung und Begebung von Scheckkartenschecks zu verfügen, indem er trotz mangelnder Deckung seines Kontos solche Schecks über insgesamt 27.500 S begab, wodurch er der Postsparkasse einen Vermögensnachteil in dieser Höhe zufügte (Punkt V).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil - und zwar ersichtlich nur den Schuldspruch laut Punkt I bis IV - bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zunächst entbehrt die Rechtsrüge, insofern sie aus der Z 9 lit b

des § 281 Abs 1 StPO die Zurechnungsunfähigkeit des Angeklagten zu den jeweiligen Tatzeiträumen einwendet, einer gesetzmäßigen Ausführung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes, weil sie nicht (so wie dies die Prozeßordnung voraussetzt) an dem im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt festhält. Sie übergeht nämlich die vom Erstgericht, das an der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten keinen Zweifel hatte, getroffene (auf das in der Hauptverhandlung verlesene Gutachten des Sachverständigen Univ.Prof.Dr. C gestützte - vgl. ON. 96 i.V.m. S. 171/III) Feststellung, wonach die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit beim Angeklagten damals vorhanden war (S. 214 f./III).

Gleiches gilt für jenen Teil der Rechtsrüge (Z 10), mit dem der Beschwerdeführer die ihm zu Punkt IV des Schuldspruchs als Betrug angelasteten Taten (ebenfalls nur) als das Vergehen der fahrlässigen Krida beurteilt wissen will. Denn auch insoweit setzt sich die Beschwerde über die erstgerichtliche Feststellung hinweg, wonach der Angeklagte in diesem Umfang die Schädigung seiner Vertragspartner zumindest (mit bedingtem Vorsatz) bedachte und den ernstlich für möglich gehaltenen negativen Erfolg billigte, sich also damit wirklich abgefunden hat (S. 212 ff./ III). Das Urteil konstatiert sohin hinsichtlich der von Punkt IV des Urteilssatzes erfaßten Fakten in tatsachenmäßiger Beziehung eindeutig eine vorsätzliche Handlungsweise des Angeklagten und läßt insoweit für die Annahme bloßer Fahrlässigkeit keinen Raum. Das Begehren des Angeklagten, den bezüglichen Sachverhalt lediglich als culposes Verhalten zu werten, enthält demnach keine gesetzmäßige Ausführung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes und ebensowenig eine prozeßordnungsmäßig zur Darstellung gebrachte Mängelrüge (Z 5). Worin der vom Beschwerdeführer in Ansehung des Schuldspruchs wegen des Vergehens der Veruntreuung b% auptete Begründungsmangel (Z 5) gelegen sein soll, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen. Diesbezüglich ist die Rüge mithin nicht zureichend substantiiert und solcherart einer sachbezogenen Erledigung nicht zugänglich.

Soweit die Beschwerde schließlich mit Beziehung auf den Schuldspruch wegen schweren Betruges die Tatbestandsmäßigkeit mit dem Argument bestreitet, der Angeklagte habe hier deshalb nicht mit Bereicherungsvorsatz gehandelt, weil die Anschaffungen für den Geschäftsbetrieb, also lediglich um das 'Geschäft in Gang zu bringen', getätigt worden seien, ist ihm zu erwidern, daß mit dem spezifizierten Bereicherungsvorsatz des § 146 StGB handelt, wer durch das Verhalten des Getäuschten sein wirtschaftliches Vermögen (oder das eines Dritten) unrechtmäßig und zumindest zeitweilig um den herausgelockten Vermögenswert vermehren will (vgl. Leukauf/Steininger Kommentar 2 RN. 34 zu § 127, RN. 44 f zu § 146; Kienapfel BT II RN. 205 ff zu § 146). Eine derartige Zielsetzung wird aber von der Beschwerde sinngemäß gar nicht in Abrede gestellt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 147 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme auf die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Salzburg vom 20.Juli 1981, GZ 27 U 1405/81-3, mit der über ihn wegen des Vergehens des Betruges (mit einem Schaden von 4.200 S) nach § 146 StGB eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 S, im Nichteinbringungsfall 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt worden war, sowie auf das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 4. November 1982, GZ 6 Vr 290/77-121, mit dem er wegen des Vergehens des versuchten Betruges nach § 15, 146, 147

Abs 1 Z 1 StGB (mit einem vom Vorsatz umfaßten Schaden in der Höhe von 120

S) zu 180 Tagessätzen zu je 50 S, im Nichteinbringungsfall 90 Tage

Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt worden war, gemäß § 31, 40 StGB zu eineinhalb Jahren Zusatz-Freiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorverurteilungen, das Zusammentreffen mehrerer Straftaten und die Schädigung einer Vielzahl von Personen, hingegen als mildernd das reumütige Geständnis, die geistige Primitivität des Angeklagten, die teilweise Schadensgutmachung und den Umstand, daß der Schaden beim Betrug die Wertgrenze von 100.000 S nur geringfügig überschritten hat.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen insofern einer Korrektur, als - worauf der Berufungswerber zu Recht hinweist - neben der Begehung mehrerer strafbarer Handlungen (auch derselben Art) nach § 33 Z 1 StGB zusätzlich noch die 'Schädigung einer Vielzahl von Personen' (beim Betrug) als erschwerender Umstand herangezogen wurde.

Unter Zugrundelegung der solchermaßen richtiggestellten Strafzumessungsgründe und des ihnen zukommenden Gewichts wäre bei einer gemeinsamen Aburteilung sämtlicher dem Angeklagten zur Last liegenden Straftaten nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes eine (Gesamt-) Freiheitsstrafe in der Dauer von (nicht mehr als) eineinhalb Jahren als tatund tätergerecht anzusehen gewesen, weshalb in Stattgebung der begründeten Berufung die Zusatzstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Maß herabzusetzen war.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

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