OGH 12Os44/84

OGH12Os44/8410.5.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.Mai 1984 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral (Berichterstatter), Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Nittel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 11.Jänner 1984, GZ. 11 Vr 1444/83-11, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Stöger jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Geldstrafe unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9.Juni 1983, GZ. 6 d E Vr 726/83-4, auf 10 (zehn) Tagessätze als Zusatzstrafe, die Höhe des Tagessatzes auf 100 (einhundert) S, und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 (fünf) Tage herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25.Februar 1941 geborene Fahrzeughändler und Kfz-Mechaniker Johann A des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens und Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom März bis September 1982 in Wels Sachen in einem 5.000 S nicht aber 100.000 S übersteigenden Wert, die ein anderer durch mit Strafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, nämlich etwa 16 von Franz Josef B gestohlene Fahrräder durch Ankauf und Weiterverkauf an unbekannte Personen fahrlässig an sich gebracht und weiterverhandelt hatte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Mit jenem Teil seines Beschwerdevorbringens zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund, mit dem der Sache nach eine diesen Nichtigkeitsgrund bewirkende Unvollständigkeit behauptet wird, weil jene Angaben des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Franz Josef B im Ersturteil unberücksichtigt geblieben seien, mit denen dieser Zeuge sinngemäß zum Ausdruck gebracht habe, er (der Zeuge) könne sich nicht vorstellen, daß der Angeklagte beim Ankauf der gestohlenen Fahrräder einen Verdacht (in bezug auf deren diebische Herkunft) gehegt habe (vgl. S. 99 und 100 d.A.), vermag der Beschwerdeführer in Wahrheit keinen Begründungsmangel in der Bedeutung des von ihm geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen. Denn mit den in der Mängelrüge zitierten Passagen aus der Aussage des Zeugen Franz Josef B ('Ich kann mir nicht vorstellen ....', 'Meiner Meinung nach ....') brachte dieser Zeuge nur seine persönliche Meinung über einen außerhalb seines sinnlichen Wahrnehmungsbereiches gelegenen Umstand zum Ausdruck. Die Wiedergabe des subjektiven Eindruckes eines Zeugen fällt aber nicht in den Rahmen seines gerichtlichen Zeugnisses, sind doch Gegenstand einer Zeugenaussage nur sinnliche Wahrnehmungen des Zeugen über Tatsachen (vgl. Mayerhofer-Rieder, Das österreichische Strafrecht, II/1, ENr. 1, 2, 7, 7

a und 8 zu § 150 StPO). Die vom Beschwerdeführer gerügte Nichterörterung des vom Zeugen B in den vorerwähnten Teilen seiner Aussage wiedergegebenen subjektiven Eindruckes im Ersturteil vermag daher eine Unvollständigkeit im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1

StPO nicht zu begründen.

Daß hingegen Franz Josef B nicht nur dem Angeklagten, sondern auch noch anderen Personen unter den gleichen Voraussetzungen gestohlene Fahrräder verkauft habe und diese weiteren Abnehmer, von einer Ausnahme abgesehen, gleichfalls keinen Verdacht geschöpft hätten, schließt entgegen dem weiteren Beschwerdeeinwand im Rahmen der Mängelrüge ein fahrlässiges Verhalten des Angeklagten beim Ankauf der (gestohlenen) Fahrräder keineswegs aus, ist doch der Fahrlässigkeitsvorwurf jeweils nach den Umständen des Einzelfalles gesondert zu prüfen. Vor allem übersieht der Beschwerdeführer, daß ihm vom Erstgericht nur unbewußte Fahrlässigkeit nach § 6 Abs. 1 StGB zur Last gelegt wird. Darnach kommt es aber nur darauf an, ob für ihn nach den besonderen Umständen, unter denen er den Ankauf der Fahrräder tätigte, bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die unredliche Herkunft der Fahrräder erkennbar war (und nicht darauf, ob er tatsächlich einen Verdacht in dieser Richtung geschöpft hat). Es versagt aber auch die Rechtsrüge des Angeklagten, mit welcher er in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO dem Erstgericht zum Vorwurf macht, es habe ihm auf Grund des festgestellten Sachverhaltes rechtsirrtümlich ein fahrlässiges Verhalten im Sinne des § 6 Abs. 1 StGB angelastet.

Der im Ersturteil im einzelnen auf verschiedene Umstände gestützte Vorwurf der (unbewußten) Fahrlässigkeit wird u.a. auch darauf gegründet, daß sich der dem Angeklagten bis dahin völlig unbekannte Franz Josef B bei seinem ersten Auftreten im März 1982, als er zunächst zwei - vom vorliegenden Schuldspruch nach § 165 StGB nicht erfaßte - (gestohlene) Fahrräder angeblich aus Anlaß seiner bevorstehenden übersiedlung verkaufte, als ÖBB-Bediensteter vorstellte, aber schon zwei bis drei Wochen später erneut zwei weitere gebrauchte Fahrräder mit der Behauptung, diese im Dorotheum erstanden zu haben, zum Ankauf anbot und daraufhin - vom Angeklagten zur Ausweisleistung aufgefordert - einen bloß durch den Austausch des Lichtbildes verfälschten Schülerausweis der ÖBB, lautend auf den Namen 'Robert L***' vorwies. Mit Recht erblickt das Erstgericht u. a. ein fahrlässiges Verhalten des Angeklagten auch darin, daß dieser dem vorerwähnten, von Franz Josef B zu Legitimationszwecken vorgezeigten Ausweis kein entsprechendes Augenmerk zugewendet hat, wäre doch sonst dem Angeklagten 'bei nur etwas genauerer Betrachtung' (vgl. Ersturteil S. 106 d.A.) dieses Ausweises aufgefallen, daß ein rund 60-jähriger Mann, der von sich behauptete, ÖBB-Bediensteter zu sein, wohl kaum berechtigter Inhaber eines Schülerausweises der ÖBB sein kann. Es hätte sich daher bei gehöriger Prüfung dieses Ausweises durch den Angeklagten bereits herausgestellt, daß der ihm nicht näher bekannte Franz Josef B ersichtlich unter Verwendung eines falschen Ausweises und unter falschem Namen auftrat. Dazu kommt noch, daß die dem Angeklagten in relativ kurzer zeitlicher Folge zum Ankauf angebotenen Fahrräder (insgesamt 18 Stück), die B im Dorotheum erstanden haben will, dem Angeklagten genau um jenen Preis überlassen wurden, der auf der jeweils am Fahrrad angebrachten Plakette ersichtlich war und den B nach seiner Behauptung gegenüber dem Angeklagten im Dorotheum beim Erwerb der einzelnen Fahrräder ausgelegt hatte, sodaß schon daraus für den Angeklagten, auch unter Berücksichtigung eines angeblich vom Dorotheum beim Erwerb gewährten, nach den Umständen aber äußerst zweifelhaften Preisnachlasses, bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar gewesen wäre, daß der Verkäufer dieser Fahrräder solcherart keinen ins Gewicht fallenden Gewinn erzielen konnte (vgl. S. 108

d. A.).

Entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung liegen daher auf Grund des festgestellten Sachverhaltes Umstände vor, die in rechtlicher Beziehung den gegen den Angeklagten A gerichteten Vorwurf eines (unbewußt) fahrlässigen Handelns im Sinne des § 6 Abs. 1 StGB beim Ankauf der urteilsgegenständlichen (insgesamt 16) Fahrräder rechtfertigen, sodaß dem Erstgericht beim Schuldspruch des Angeklagten wegen des Fahrlässigkeitsdeliktes nach § 165 StGB kein Rechtsirrtum unterlaufen ist.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Johann A war sohin ein Erfolg zu versagen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 165 StGB eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen. Die Höhe des Tagessatzes wurde mit 200 S bestimmt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wurde die Ersatzfreiheitsstrafe mit 15 Tagen bemessen. Bei der Strafbemessung wertet das Erstgericht als erschwerend keinen Umstand, als mildernd die bisherige Unbescholtenheit. Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Zahl der Tagessätze, eine Reduzierung der Höhe der einzelnen Tagessätze und bedingten Strafnachlaß.

Die Berufung ist teilweise berechtigt.

Gemäß § 31, 40 StGB war auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 9.Juni 1983, GZ. 6 d E Vr 726/83-4, Bedacht zu nehmen, mit dem der Angeklagte des Vergehens nach § 24 Abs. 1 lit. b DevG. schuldig gesprochen und nach § 24 Abs. 1 DevG. zu einer Geldstrafe in der Höhe von 30

Tagessätzen a 100 S, im Nichteinbringungsfall 15 Tage Freiheitsstrafe, verurteilt wurde. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Strafbemessungsgründe und des geringen Unrechtsgehaltes der Tat wäre bei gemeinsamer Aburteilung beider strafbarer Handlungen keine höhere Strafe als eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen verhängt worden. Eine Zusatzstrafe in der Dauer von 10 Tagessätzen entspricht somit dem Unrechtsgehalt der Tat. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes verdiente der Angeklagte lediglich 10.000 S monatlich netto, er hat für vier Kinder zu sorgen. Ein Tagessatz in der Höhe von 200 S würde somit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verurteilten übersteigen. Es erscheint vielmehr ein Tagessatz von 100 S angemessen, um die Abschöpfung der Einkommensspitze des Verurteilten auf einen dem Existenzminimum nahen Betrag und eine fühlbare Herabsetzung seines Lebensstandards für den gesamten Zeitraum, der der Anzahl der Tagessätze entspricht, zu erreichen. In diesem Umfang war somit der Berufung stattzugeben, die Zahl der Tagessätze zu reduzieren und die Höhe des einzelnen Tagessatzes entsprechend zu bemessen und demzufolge auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen. Bei der geringen Höhe der verhängten Strafe kann jedoch die spezialpräventiv erforderliche Effektivität der Strafe nur durch die Bezahlung der Geldstrafe erreicht werden. Dem Begehren, die Geldstrafe bedingt nachzusehen, war daher aus spezialpräventiven Erwägungen (§ 43 Abs. 1 StGB) nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte