Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt A) des Urteilssatzes wegen Vergehens der Veruntreuung nach § 133 (Abs. 1 und) Abs. 2 (erster Fall) StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) und in dem auf dem Schuldspruch zum bezeichneten Punkt beruhenden Ausspruch, wonach der Privatbeteiligten Firma Wolfgang B gemäß § 369 (Abs. 1) StPO ein Betrag von 24.575 S zugesprochen wird, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Strafberufung wird der Angeklagte auf die getroffene Entscheidung verwiesen.
Die Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 32-jährige Bürokaufmann Peter Paul A (zu A) des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 (Abs. 1 und) Abs. 2 (erster Fall) StGB sowie (zu B) des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2, 148, 15 StGB schuldig erkannt und hiefür (der Sache nach in Anwendung des im Urteilsspruch nicht zitierten § 28 StGB) nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat er (A) in der Zeit zwischen 21. April und 26. Mai 1983 in Graz und anderen Orten der Steiermark einen von ihm bei der Firma Wolfgang B (Kraftfahrzeuge AG) gemieteten Personenkraftwagen Mitsubishi Colt im Wert von 90.000 S sich mit Bereicherungsvorsatz zugeeignet;
(B) in der Zeit zwischen 15. März und 25. Mai 1983 in Graz und Umgebung durch die Vorgabe, als Inhaber der Firma C D Aufträge für Werbeeinschaltungen auf Notrufplakaten und Tisch-(reservierungs-)karten entgegenzunehmen und umgehend auszuführen, Gewerbetreibende zu Zahlungen (zwischen 500 und 3.000 S) in 25 Fällen (Schadenssumme 35.193 S / richtig:
35.080,80 S / ) verleitet und in 5 weiteren Fällen zu verleiten versucht, wobei er den Betrug gewerbsmäßig beging.
Der auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt teilweise, und zwar soweit sie zum Schuldspruch wegen Veruntreuung (Punkt A des Urteilstenors) Feststellungsmängel (Z 9 lit. a) in bezug auf eine (mit Bereicherungsvorsatz vorgenommene) Zueignungshandlung geltend macht, Berechtigung zu.
Das Schöffengericht erblickte darin, daß der Angeklagte sich nach dem 20. April 1983 (an welchem Tag er das am 14. April 1983 gemietete Auto der Firma B hätte zurückstellen sollen) 'überhaupt nicht mehr um die Rückstellung des Fahrzeugs kümmerte' und es 'wie ein Eigentümer' bis zu seiner Verhaftung am 26. Mai 1983 'eigenmächtig ..... zu seinem Vorteil weiter benützte', indem er damit (insgesamt seit der Anmietung) mehr als 2.000 Kilometer fuhr, wobei das Fahrzeug auch 'geringfügig' beschädigt wurde (S 341, 346), eine Zueignungshandlung mit Bereicherungsvorsatz.
Rechtliche Beurteilung
Unter Zueignung im Sinn des § 133 StGB ist jedoch die (objektiv erkennbare) überführung des dem Täter anvertrauten Gutes in das eigene (oder eines Dritten) freie Vermögen zu verstehen (Leukauf-Steininger Kommentar 2 Par 133 RN 14, 15 und die dort zitierte Judikatur und Literatur). Daher begründet nicht schon jede Vertragswidrigkeit des Täters in Ansehung der anvertrauten Sache deren Zueignung, sondern - wie der Beschwerdeführer zutreffend einwendet - nur ein solches Verhalten, das die Sicherheit des Berechtigten, die Sache wieder in seine Verfügungsgewalt zu bekommen, ernstlich in Frage stellt und ihn der Gefahr ihres endgültigen Verlustes aussetzt. Das bloße Vorenthalten und Gebrauchen der Sache unter Mißachtung einer vertraglichen Rückstellungsverpflichtung stellt demnach für sich allein keine gemäß § 133
StGB strafbare Zueignungshandlung dar, sofern nicht (darüber hinaus) aus dem Gesamtverhalten des Täters eine Vermögensverschiebung im zuvor dargelegten Sinn abzuleiten ist, wie etwa dann, wenn der Täter (zumindest) vorhat, ein ihm anvertrautes Kraftfahrzeug auf solche Weise oder derart ausgedehnt zu gebrauchen, daß dadurch eine unter wirtschaftlichen Aspekten relevante Wertverminderung eintritt (vgl. EvBl. 1977/12; ZVR 1978/93, 224 u.v.a.). Auf der inneren Tatseite verlangt das Gesetz überdies Bereicherungstendenz; der Vorsatz des Täters muß also nicht nur auf Zueignung des anvertrauten Gutes (im dargelegten Sinn), sondern auch darauf gerichtet sein, dadurch sein (oder eines Dritten) Vermögen um den durch das erlangte Gut repräsentierten Wirtschaftswert unrechtmäßig zu bereichern, wobei freilich die Vermehrung der Vermögenssubstanz nicht auf Dauer ins Auge gefaßt sein muß und ein allfälliges Vorhaben des Täters, die für die Dauer der vertragswidrigen (Weiter-)Benützung des gemieteten Fahrzeugs auflaufende Miete zu bezahlen, ja selbst für eine Wertverminderung Schadenersatz zu leisten, den Bereicherungsvorsatz im Zeitpunkt der Zueignung nicht ausschließt (vgl. abermals EvBl. 1977/12).
Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über das Tatverhalten des Angeklagten geben nun keinen hinreichenden Aufschluß darüber, ob er - was letztlich eine Tatfrage ist (Kienapfel BT II § 133 RN 72) - mit dem Unterlassen der vereinbarten Rückstellung und mit der vereinbarungswidrigen Weiterbenützung des Mietwagens den (aus seinem Gesamtverhalten objektiv erkennbaren) Vorsatz verband, davon einen 'verbrauchenden Gebrauch' in der oben dargelegten Bedeutung zu machen, welcher für den Berechtigten (wirtschaftlich gesehen) auf einen Sachverlust und eine effektive Verringerung seines Vermögens hinausliefe, anderseits aber eine von Bereicherungsvorsatz getragene übernahme der Substanz (des Wirtschaftswertes) des anvertrauten Wagens in das Vermögen des Angeklagten bedeutet hätte. Da der aufgezeigte Feststellungsmangel zum Urteilsfaktum (A) eine abschließende rechtliche Beurteilung des Sachverhalts nicht zuläßt, ist die Aufhebung des Urteils in dem zu (A) bezeichneten Schuldspruch sowie im Strafausspruch und in dem (auf dem betreffenden Schuldspruch beruhenden) Adhäsionserkenntnis zugunsten der Privatbeteiligten Firma Wolfgang B zum Zweck der Verfahrenserneuerung in diesem Umfang unumgänglich. Im übrigen - nämlich zum Urteilsfaktum (B) - erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde hingegen als nicht begründet:
Zunächst versagt der Vorwurf einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung (Z 5): Der vom Angeklagten in der Hauptverhandlung unter Vorlage des Musterexemplars einer Tischreservierungskarte vorgebrachte Umstand, daß er nach seiner Enthaftung (am 26. August 1983) akquirierte Aufträge für Werbeaufdrucke auf einer solchen Karte tatsächlich ausgeführt habe (S 324), bedurfte keiner Erörterung im Urteil; konnte doch dadurch - von der davon gar nicht berührten Beweislage hinsichtlich der (nach der Aktenlage überwiegend) Aufdrucke auf Notrufplakaten betreffenden Teilfakten ganz abgesehen - die maßgebliche Erwägung des Erstgerichts, daß der Angeklagte - seiner (vom Gericht als widerlegt erachteten) Verantwortung zuwider - bei Annahme der (gleichartigen) urteilsgegenständlichen Inseratenaufträge deren Nichterfüllbarkeit schon deshalb (zumindest) ernstlich für möglich hielt (und sich damit abfand), weil er die dafür eingenommenen Geldbeträge (damals) zur Gänze für seinen eigenen Unterhalt verbrauchte, keinesfalls entkräftet werden.
Verfehlt ist aber auch der rechtliche Beschwerdeeinwand (Z 9 lit. a), es lägen keine tragfähigen Urteilsfeststellungen über den Täuschungsvorsatz des Angeklagten im Sinn des § 146 StGB vor. Als Täuschungshandlung wird dem Beschwerdeführer angelastet, sich als gewillt und imstande ausgegeben zu haben, die zugesagte (Gegen-)Leistung, nämlich die bestellten Werbeaufdrucke auf (in absehbarer Zeit in entsprechender Auflage herauskommenden) Notrufplakaten bzw. Tischreservierungskarten, zu erbringen, obwohl er wußte oder doch (zumindest) mit der naheliegenden Möglichkeit rechnete und sich damit auch abfand, diese Leistung nicht erbringen zu können, weil er seinem (auf gewerbsmäßige Begehung des Betrugs angelegten) Tatplan entsprechend die dafür eingenommenen, zur Aufbringung der Kosten für Herstellung und Verteilung der genannten Druckerzeugnisse erforderlichen Geldmittel zur Gänze für seinen eigenen Lebensunterhalt verbrauchte. Die in diesem Zusammenhang vom Erstgericht gebrauchten Wendungen wie 'zweifellos' und 'es liegt ..... auf der Hand' (S 346, 347) bringen bloß die aus den im Urteil dargelegten Erwägungen schlüssig gewonnene überzeugung (§ 258 Abs. 2 StPO) des Erstgerichts von den insoweit als erwiesen angenommenen Tatsachen zum Ausdruck. Steht aber fest, daß der Beschwerdeführer vorsätzlich seinen Geschäftspartnern vorgetäuscht hat, die von ihm versprochenen Leistungen auch wirklich erbringen zu können, so kommt es auf einen angeblichen - im übrigen nach den Konstatierungen des Schöffengerichtes gleichfalls nicht vorhandenen, vielmehr in jenem Teil der Urteilsbegründung, an den die Rechtsrüge anknüpft, bloß hypothetisch konzedierten - Leistungswillen gar nicht an. Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Schuldspruch wegen Betruges (Punkt B des Urteilstenors) gerichtet ist, war sie demnach zu verwerfen.
Die erforderliche Kassierung (auch) des Strafausspruchs schon aus den oben angeführten Gründen enthebt den Obersten Gerichtshof der Notwendigkeit, von Amts wegen (§ 290 Abs. 1 StPO) die dem angefochtenen Urteil anhaftende, ungerügt gebliebene materiellrechtliche Nichtigkeit zum Nachteil des Angeklagten infolge rechtsirriger Anwendung des zweiten (höheren) Strafsatzes des § 148 StGB aufzugreifen, auf welche jedoch der Vollständigkeit halber und im Interesse ihrer Vermeidung im neuen Rechtsgang hingewiesen werden muß.
Zur Anwendung des zweiten Strafsatzes des § 148 StGB genügt es nämlich nicht, daß der aus den gewerbsmäßig begangenen Betrügereien resultierende Schaden zusammengerechnet (§ 29 StGB) die zur Annahme eines schweren Betruges (§ 147 Abs. 2 StGB) erforderliche Höhe von mehr als 5.000 S erreicht; vielmehr müssen die (beabsichtigten) einzelnen Betrügereien jede für sich die genannte Wertgrenze übersteigen (SSt. 47/73 u.a.). Liegt der Schaden bei den gewerbsmäßig verübten Betrügereien - wie hier nach den Verfahrensergebnissen - im Einzelfall stets unter 5.000 S, so kommt, mag auch diese Wertgrenze durch Zusammenrechnung der Schadensbeträge (§ 29 StGB) überschritten werden, nur die Anwendung des ersten Strafsatzes des § 148
StGB in Betracht. Dies wird im erneuerten Verfahren zu beachten sein.
Mit seiner Strafberufung war der Angeklagte auf die getroffene kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Anläßlich der Rechtsmittelanmeldung (S 353) hat der Angeklagte auch Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche angemeldet;
eine Ausführung dieser Berufung erfolgte nicht. Da der Angeklagte nach dem Urteilsinhalt nicht nur zur Bezahlung eines Ersatzbetrages an die Privatbeteiligte Firma B, sondern auch zur Bezahlung von Ersatzbeträgen an weitere 12 Geschädigte verurteilt wurde, und die Anmeldung der Berufung gegen das Adhäsionserkenntnis nicht erkennen läßt, in welchem Umfang dieses Erkenntnis bekämpft wird, war die Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle (vgl. RZ 1971, 102 u.a.).
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