Spruch:
I. Den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Josef A und Manfred B wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt I/ des Urteilssatzes und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Josef A und Manfred B werden von der Anklage, am 21. Oktober 1982 im bewußt gemeinschaftlichen Zusammenwirken als unmittelbare Täter in Ebenthal dadurch, daß sie dem einschreitenden Gendarmeriebeamten Inspektor Gerald C die durch einen Faustschlag des Karl D verursachte schwere Verletzung des Manfred B verschwiegen, versucht zu haben, Karl D, der das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB begangen hatte, der Verfolgung zu entziehen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihnen nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs (Punkt II/ des Urteilssatzes) zur Last fallende Vergehen des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB werden sie gemäß § 147 Abs. 2
StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar Josef A zu 8 (acht) Monaten und Manfred B zu 6 (sechs) Monaten.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB werden die über die beiden Angeklagten verhängten Strafen unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachgesehen.
II. Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.
III. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten Josef A und Manfred
B auf die getroffene Entscheidung verwiesen.
IV. Gemäß § 390 a StPO fallen beiden genannten Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der 46-jährige Josef A und der nunmehr 21-jährige Manfred B des Vergehens der versuchten Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB und des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach haben sie am 21. Oktober 1982 im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter versucht, I./ in Ebenthal Karl D, der das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB begangen hatte, der Verfolgung zu entziehen, indem sie dem einschreitenden Gendarmeriebeamten Inspektor Gerald C die durch einen Faustschlag des Karl D verursachte schwere Verletzung des Manfred B verschwiegen, und II./ in Glainach mit dem Vorsatz, Manfred B und Karl D unrechtmäßig zu bereichern, Karl E durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zur Aufnahme und Weiterleitung eines tatsachenwidrigen Protokolls über die Ursache der Verletzung des Manfred B, zu verleiten, wodurch die Republik Österreich durch ersatzlose übernahme der Behandlungskosten in der Höhe von 26.400 S geschädigt werden sollte, und zwar a/ Manfred B dadurch, daß er vorgab, seine Verletzung im Rahmen seines militärischen Dienstes infolge eines Sturzes auf sein Gewehr erlitten zu haben, und b/ Josef A dadurch, daß er pflichtwidrig die Meldung über den tatsächlichen Verletzungshergang unterließ, wobei er die Tat als Beamter unter Ausnützung der ihm durch seine Amtstätigkeit gebotenen Gelegenheit beging.
Nach den - zusammengefaßt wiedergegebenen - Urteilsfeststellungen versah der Angeklagte Josef A zur Tatzeit als Offizierstellvertreter bei der Stabsbatterie der F 7 in Klagenfurt Dienst, während Manfred B bei dieser Einheit seinen Grundwehrdienst ableistete. Am 21. Oktober 1982 erteilte Leutnant Karl E als zuständiger Vorgesetzter dem Angeklagten A, der seinerseits, im Rahmen einer militärischen übung, Kommandant einer 8-köpfigen Gruppenmannschaft war, zu der auch der Mitangeklagte B gehörte, den Befehl, einen zu übungszwecken errichteten Hinterhalt abzubauen und direkt in das Lager Glainach einzurücken. Befehlswidrig fuhr der Angeklagte A mit seiner Mannschaft nicht direkt nach Glainach, sondern kehrte im Gasthaus G in Priedl bei Ebenthal ein. Während dieses Gasthausaufenthaltes kam es zwischen Manfred B und dem Zivilisten Karl D vor dem Gasthaus wegen explodierender Knallkörper zu einer Auseinandersetzung, in deren Verlauf Karl D dem Manfred B einen wuchtigen Faustschlag in das Gesicht versetzte, wodurch diesem ein Schneidezahn ausgebrochen und drei weitere Zähne gelockert wurden. Als der Angeklagte A von dem Vorfall und davon, daß deshalb bereits die Gendarmerie verständigt worden sei, Kenntnis erlangte, meinte er, 'dies hätte nicht geschehen sollen, er würde bei einer Anzeige (infolge des befehlswidrigen Aufenthaltes in der Gaststätte) seinen Posten verlieren'.
Deshalb schlug er vor, eine Meldung des Inhaltes zu erstatten, daß sich Manfred B diese Verletzung beim Abbau des Hinterhaltes durch einen Sturz auf sein Gewehr zugezogen habe. Die Kosten der Zahnbehandlung 'würden dann vom Bundesheer getragen'. Dem inzwischen erschienenen Gendarmeriebeamten Gerald C erklärte der Angeklagte A, der Vorfall werde 'privat geregelt'. Sowohl er als auch der Mitangeklagte B verschwiegen hiebei, daß B durch die Tätlichkeiten des Karl D schwer verletzt worden war, worauf sich der Gendarmeriebeamte wieder entfernte. In der Wohnung des Karl D, in die sich u.a. die beiden Angeklagten begeben hatten, wiederholte der Angeklagte A, daß er eine 'Unfallmeldung' erstatten werde, und forderte Karl D auf, dem Angeklagten B Schmerzengeld zu bezahlen; die Zahnreparatur brauche er nicht zu ersetzen, diese würde vielmehr bei einer Unfallmeldung vom Bundesheer bezahlt. Karl D sagte hierauf dem Mitangeklagten Manfred B eine Schmerzengeldzahlung von 3.000 S zu.
Auf der Rückfahrt zum Lager Glainach forderte der Angeklagte A den Angeklagten B und die anderen Wehrmänner auf, anzugeben, B habe sich bei einem Sturz auf sein Gewehr verletzt. In der Kaserne meldete dann B dem Leutnant Karl E fälschlich, daß er sich beim Abbau des Hinterhaltes durch einen Sturz auf sein Gewehr verletzt habe. Der Angeklagte A erstattete pflichtwidrig keine Meldung über den Vorfall.
Der wahre Sachverhalt wurde am folgenden Tag durch Befragung der unter dem Kommando des Angeklagten A gestandenen Grundwehrdiener aufgeklärt (S 108 bis 110). Durch die (zwischen den Angeklagten vereinbarte) Falschmeldung des Angeklagten B sollte nicht nur dem Angeklagten A ein Disziplinarverfahren erspart, sondern auch 'die Möglichkeit des Regresses gegenüber dem Verursacher der Verletzung, Karl D, verhindert werden' (S 113).
Die verletzungsbedingten Kosten der Anfertigung einer Porzellanzahnbrücke mit zwei Vollmetallaufbauten und drei Verbindungen betrugen 21.945,60 S. Karl D wurde als Ersatz aller Kosten, die durch die Verletzung entstanden sind, ein Betrag von 26.400 S vorgeschrieben und von diesem zum Teil bereits bezahlt (S 111).
Beide Angeklagten bekämpfen die Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde;
A macht die Gründe des § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO, B jene der Z 5 und 10, der Sache nach auch Z 9 lit. a der zitierten Gesetzesstelle geltend.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen den Schuldspruch wegen versuchten schweren Betruges (Schuldspruchfaktum II./) gerichteten Rechtsrügen der Angeklagten entbehren einer gesetzmäßigen Ausführung. Denn mit der Behauptung, er sei immer davon ausgegangen, daß die Kosten der verletzungsbedingten Zahnbehandlung unbeschadet einer vorläufigen Kostenübernahme durch das Bundesheer letztlich (im Regreßwege) von Karl D zu tragen seien, sodaß 'bei Ausführung des Antrages auf Erstattung der Kosten' vom Vorliegen einer 'Bereicherungs-, Täuschungs- und Schädigungsabsicht' nicht gesprochen werden könne, zumal zu diesem Zeitpunkt (22.Oktober 1982) seine Dienstbehörde vom Verschulden des Karl D bereits Kenntnis hatte, übergeht der Angeklagte B den Schuldvorwurf, der darin besteht, daß er am 21. Oktober 1982 im Einvernehmen mit dem Mitangeklagten A gegenüber dem Leutnant Karl E eine falsche Unfallmeldung erstattete, um dadurch (auch) 'einen Regreß des Bundesheeres gegenüber dem Verursacher der Verletzung Karl D zu verhindern' (S 113). Der Angeklagte A hinwieder läßt bei seinem Beschwerdeeinwand, sein Handeln sei 'lediglich' (im Sinne von 'ausschließlich') darauf gerichtet gewesen, ein Disziplinarverfahren abzuwenden und alle seine 'Erklärungen' hätten nur 'der Verhinderung dieses Verfahrens' gedient, die ihn betreffenden Urteilskonstatierungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung des ihm angelasteten (versuchten) schweren Betruges außer acht. Zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes des Betruges genügt bedingter Vorsatz, das heißt, der Täter muß es (zumindest) ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, daß er bei einem anderen durch Täuschung über Tatsachen einen Irrtum hervorruft oder bestärkt, wodurch eine Vermögensverfügung des Getäuschten und dadurch eine unmittelbare Vermögensschädigung bewirkt wird, und daß er sich oder einen Dritten durch das bewirkte Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig bereichert. Alle diese subjektiven Tatbestandsmerkmale hat das Schöffengericht festgestellt, indem es davon ausging, daß der Angeklagte A mit dem Angeklagten B die Erstattung einer unrichtigen Unfallsmeldung (unter Verschweigung der Regreßmöglichkeit) nicht nur zur Verhinderung eines allenfalls drohenden Disziplinarverfahrens infolge seiner Befehlsverletzung, sondern auch - was der Beschwerdeführer übergeht - zur Verhinderung eines Regresses der Republik Österreich gemäß § 94 (1) Heeresversorgungsgesetz (HVG) in Ansehung der vom Bundesheer auf Grund dieses Gesetzes zu leistenden Behandlungs- und Zahnersatzkosten an Karl D vereinbarte (S 113).
Der Angeklagte A hält aber auch mit seinem weiteren gegen den Schuldspruch wegen versuchten schweren Betruges gerichteten Vorbringen nicht am gesamten vom Erstgericht festgestellten Urteilssachverhalt fest. Denn es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob auch der Mitangeklagte Manfred B durch die falsche Unfallmeldung 'bereichert werden sollte' - was der Beschwerdeführer in Abrede stellt -, weil - insoweit unbekämpft - feststeht, daß sein Vorsatz jedenfalls auf (unrechtmäßige) Bereicherung des Karl D ('durch ersatzlose übernahme der Behandlungskosten' seitens der Republik Österreich / vgl. den Urteilstenor, Punkt II./ ) gerichtet war.
Was schließlich die nunmehrige Behauptung des Angeklagten A (der sich in der Hauptverhandlung vollinhaltlich im Sinn der Anklage schuldig bekannt hatte, s S 95) betrifft, er sei zur Tatzeit bereits in psychiatrischer Behandlung gestanden und habe 'in einer Zwangssituation gehandelt, in welcher er das Strafbare seiner Tat nicht mehr erkennen konnte', so handelt es sich dabei um eine im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung.
Den Rechtsrügen der Angeklagten in Ansehung des Schuldspruches wegen versuchten schweren Betruges kommt daher Berechtigung nicht zu, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerden in diesem Umfang zu verwerfen waren.
Im Ergebnis zutreffend wenden die Angeklagten hingegen gegen den Schuldspruch wegen versuchter Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs. 1 StGB (Schuldspruchfaktum I./), der Sache nach aus der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1
StPO ein, daß nach den Urteilsfeststellungen der subjektive Tatbestand des in Rede stehenden Vergehens nicht erfüllt ist, womit sich ein Eingehen auf die diesbezüglichen Mängelrügen erübrigt:
Der Begünstigung nach § 299 Abs. 1 StGB macht sich schuldig, wer einen anderen, der eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat, der Verfolgung (oder der Vollstreckung der Strafe oder vorbeugenden Maßnahme) absichtlich ganz oder zum Teil entzieht. Insoferne wird daher zur Herstellung des Tatbestandes Absicht im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB erfordert. Eine Feststellung des Inhalts, es sei den Angeklagten A und B im vorliegenden Fall geradezu darauf angekommen, Karl D der Strafverfolgung zu entziehen (vgl. Pallin im WK, § 299 RZ 16), ist dem angefochtenen Urteil, auch wenn man Urteilsspruch und Entscheidungsgründe als Einheit betrachtet, nicht zu entnehmen. Das Erstgericht ging vielmehr ersichtlich (und im Einklang mit den Verfahrensergebnissen) davon aus, daß der Vorsatz der Angeklagten (bloß) darauf gerichtet war, dem Angeklagten A ein (möglicherweise drohendes) Disziplinarverfahren und dem Vortäter Karl D die Kosten der verletzungsbedingten Zahnreparatur zu ersparen (S 113); selbst ein allfälliges Begleitwissen der Angeklagten bezüglich der mit ihrem Verhalten gegebenenfalls verbundenen Begünstigung des Karl D würde für das im § 299 StGB geforderte absichtliche Verhalten (vgl. erneut Pallin a.a.0. RZ 10 und 16) nicht ausreichen. Schon aus diesem Grund war daher (vgl. E.Nr.27, 28 zu § 288 StPO in Mayerhofer/Rieder) insoweit den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten teilweise Folge zu geben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Schuldspruchfaktum I./ und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.
Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafen wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend beim Angeklagten A dessen Verleitung des Manfred B zur Begehung des versuchten Betruges und beim Angeklagten B die wegen eines Vermögensdelikts erlittene Vorstrafe, als mildernd hingegen bei beiden Angeklagten deren Geständnis und daß der Betrug beim Versuch geblieben ist, bei A überdies den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und bei B die Verleitung durch A.
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und unter entsprechender Beachtung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung erachtete der Oberste Gerichtshof bei beiden Angeklagten die aus dem Spruch ersichtlichen Freiheitsstrafen als tatschuldangemessen. Die Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB kam beim Angeklagten B im Hinblick auf dessen einschlägige Vorstrafe nicht in Betracht. Die über die beiden Angeklagten verhängten Strafen waren - so wie schon in erster Instanz - gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von je drei Jahren bedingt nachzusehen. Mit ihren Berufungen waren beide Angeklagten auf die getroffene Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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