OGH 3Ob32/84

OGH3Ob32/8411.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Firma Franz S*****, vertreten durch Dr. Theodor Schütz, Rechtsanwalt in Linz, wider die verpflichtete Partei Gustav S*****, vertreten durch Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück und Dr. Peter Wagner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 1.500.000 S samt Nebengebühren, infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 18. Jänner 1984, GZ 13 R 29/84-6, womit der Exekutionsbewilligungsbeschluss des Bezirksgerichts Linz vom 16. Dezember 1983, GZ 13 E 10611/83-1, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Dem Rekurs der betreibenden Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Exekutionsbewilligungsbeschluss der ersten Instanz wiederhergestellt wird.

2. Dem Rekurs der verpflichteten Partei wird nicht Folge gegeben.

3. Die Kosten des Rekurses der betreibenden Partei werden mit 18.073,95 S (darin 1.800 S Barauslagen und 1.479,45 S Umsatzsteuer) als weitere Exekutionskosten bestimmt.

4. Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihrer Rekurse selbst zu tragen.

Text

Begründung

In dem zwischen den Parteien am 7. 3. 1983 zu 11 a Cg 371/82 des Landesgerichts Linz geschlossenen vollstreckbaren Vergleich verpflichtete sich der damalige Beklagte und nunmehrige Verpflichtete, der damaligen klagenden und nunmehrigen betreibenden Partei einen Kapitalbetrag von 1.500.000 S in gleichen Monatsraten von 10.000 S, die erste fällig am 1. 4. 1983, die weiteren jeweils am Ersten der Folgemonate bei 14-tägigem Respiro zu zahlen. Für den Fall des Terminsverlustes von zwei aufeinanderfolgenden Raten oder von drei insgesamt unberichtigt aushaftenden, wenn auch nicht aufeinanderfolgenden Raten sollte die Forderung in die Höhe von 2.100.000 S samt 14 % Zinsen und 18 % Umsatzsteuer aus den Zinsen seit 1. 1. 1983 wiederaufleben. Der Betrag von 1.500.000 S wurde als Pauschalbetrag inklusive Verzugszinsen für Vergangenheit und Zukunft deklariert (Vergleichspunkt 1). Weiters verpflichtete sich der Beklagte, der klagenden Partei einen Kostenbeitrag von 25.000 S in gleichen Monatsraten von 2.500 S, die erste fällig am 1. 5. 1983, die weiteren jeweils am ersten der Folgemonate bei 14-tägigem Respiro und Terminsverlust bei Nichtzahlung auch nur einer Rate zu zahlen (Vergleichspunkt 2).

Aufgrund dieses Vergleichs beantragte die betreibende Partei beim Erstgericht am 15. 12. 1983 ohne weiters Vorbringen zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 1.500.000 S und der Kosten des Exekutionsantrags die Exekution durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung der dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner Fa. A*****, angeblich zustehenden laufenden Forderung (Provision) für Automaten.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Der Exekutionsbewilligungsbeschluss wurde für den Drittschuldner, der sich in der Drittschuldnererklärung als „A***** und S***** D*****“, bezeichnete, S***** zugestellt. Die Drittschuldnererklärung ist auch von A***** D***** unterfertigt.

Der Verpflichtete bekämpft den Exekutionsbewilligungsbeschluss mit Rekurs, weil sich die Fälligkeit der betriebenen Forderung weder aus dem Exekutionstitel noch aus dem Exekutionsantrag ergebe und der Drittschuldner nicht richtig bezeichnet sei, da es nur eine nichtprotokollierte Firma A***** D***** gebe.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Verpflichteten Folge, hob den Exekutionsbewilligungsbeschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Beschlussfassung nach Verfahrensergänzung auf. Es erklärte die Rekurskosten zu weiteren Verfahrenskosten und sprach einen Rechtskraftvorbehalt aus.

Die betreibende Partei habe im Exekutionsantrag keine Umstände behauptet, aus denen sich der vereinbarte Terminsverlust ergebe. Dies stelle einen seit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 verbesserungsfähigen inhaltlichen Mangel dar. Bei dieser Verbesserung werde die betreibende Partei auch die ungenaue Bezeichnung des Drittschuldners zu präzisieren haben.

Die den Rechtskraftvorbehalt rechtfertigende erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechts erblickte das Rekursgericht in der Zulässigkeit der Verbesserung inhaltlicher Mängel eines Exekutionsantrags.

Gegen den Aufhebungsbeschluss der zweiten Instanz richten sich die Rekurse beider Parteien.

Die betreibende Partei verneint eine Verbesserungsbedürftigkeit ihres Exekutionsantrags und begehrt formell die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, materiell die Wiederherstellung der vom Erstgericht erlassenen Exekutionsbewilligung.

Der Verpflichtete verneint die Verbesserungsfähigkeit des seiner Meinung nach mangelhaften Exekutionsantrags und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Exekutionsantrag abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rechtsmittel sind zulässig (§ 78 EO und § 527 Abs 2 ZPO).

Nur der Rekurs der betreibenden Partei ist begründet.

Nach Lehre (zB Heller-Berger-Stix I 200) und ständiger Rechtsprechung (JB 100; JBl 1950, 243; SZ 27/28; RZ 1959, 33 uva) hat die betreibende Partei den Verzug des Verpflichteten hinsichtlich der hereinzubringenden Forderung selbst dann weder zu behaupten noch zu beweisen, wenn damit, wie beim Terminsverlust, die vorzeitige Fälligkeit oder sonstige im Titel festgesetzte Unrechtsfolgen eintreten. Insbesondere müssen negative Tatsachen weder behauptet noch bewiesen werden, vor allem nicht, dass der Verpflichtete seine titelgemäße Verpflichtung nicht erfüllt habe. Ist der Verpflichtete seiner Verbindlichkeit nur zum Teil nachgekommen, hat er zB nur einen Teil der vollstreckbaren Forderung gezahlt, so muss der betreibende Gläubiger darüber im Exekutionsantrag nichts vorbringen. Es genügt, wenn er entsprechend weniger verlangt (Heller-Berger-Stix I 618).

Wie sich aus dem zitierten Exekutionstitel ergibt, sollte der Gläubiger im Falle der Nichtzahlung zweier aufeinanderfolgender oder dreier insgesamt aushaftender Raten nicht nur das Recht haben, die sofortige Entrichtung der aushaftenden Schuld zu verlangen, - das bedeutet der von den Parteien gebrauchte Begriff „Terminsverlust“, - sondern es sollte die Forderung bis zur Höhe von 2.100.000 S samt 14 % Zinsen und 18 % Umsatzsteuer aus den Zinsen seit 1. 1. 1983 wiederaufleben.

Die vom Gericht zweiter Instanz zitierte Entscheidung SZ 46/10, nach der ua der Terminsverlust und das Wiederaufleben der Forderung iSd § 7 Abs 2 EO urkundlich nachzuweisen sind, bezieht sich auf den Fall des § 156 Abs 4 KO. Nach dieser Gesetzesstelle ist Verzug mit der Erfüllung des Ausgleichs erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens vierzehntägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht gezahlt hat. Eine solche qualifizierte Mahnung muss als bejahende Bedingung der Vollstreckbarkeit nach § 7 Abs 2 EO bewiesen werden (Heller-Berger-Stix I 110 f und 199 f). Im vorliegenden Fall geht es jedoch nur um einen allein durch Verzug mit mehreren Raten ohne Mahnung bewirkten Terminsverlust und um das dadurch herbeigeführte Wiederaufleben der höheren Forderung, welche Umstände nach § 7 Abs 2 EO weder besonders zu behaupten noch zu beweisen waren.

Das Erstgericht konnte daher aufgrund der im Exekutionsantrag enthaltenden Angaben über die Höhe des betriebenen (Teil-)Anspruchs im Zusammenhalt mit dem gleichzeitig vorgelegten Exekutionstitel, in dem sich der damalige Beklagte ausdrücklich zur Zahlung mindestens dieses Betrags in Monatsraten, bei Terminsverlust sogar eines (dann sofort fälligen) Betrags bis zu 2.100.000 S samt Zinsen und Umsatzsteuer aus den Zinsen verpflichtet hat, ohne weiteres annehmen, dass der im Exekutionstitel für den Fall des Verzugs vereinbarte Terminsverlust eingetreten ist und deshalb jedenfalls der betriebene (Teil-)Anspruch fällig geworden ist.

Die vom Verpflichteten vertretene Auffassung, dass trotz des vereinbarten Terminsverlustes nur auf die bereits fällig gewordenen Monatsraten, allerdings bis zur Höhe der wiederaufgelebten Forderung Exekution geführt werden könne, verkennt das Wesen des Terminsverlustes, der darin besteht, dass der Gläubiger für den Fall der Nichtzahlung von Teilbeträgen das Recht hat, die sofortige Entrichtung der gesamten noch offenen Schuld zu fordern, und zwar ungeachtet der vereinbarten Ratenfälligkeiten (vgl Bydlinski in Klang 2 IV/2 503; Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts I6 168; EvBl 1979/188).

Der betreibende Gläubiger hat den Drittschuldner im Exekutionsantrag dadurch bezeichnet, dass er die Unternehmenskurzbezeichnung, deren sich der Drittschuldner - wie sich aus seiner Äußerung ergibt - selbst bedient, nämlich A***** (Firmenstampiglie), und die genaue Anschrift dieses Unternehmens angeführt hat. Wie sich aus dem Rückschein über die Zustellung der Exekutionsbewilligung und aus der Drittschuldneräußerung ergibt, ließen diese Angaben keine Zweifel hinsichtlich des Drittschuldners entstehen.

Daraus folgt, dass der Forderungsexekutionsantrag alle nach § 54 Abs 1 EO erforderlichen Angaben enthält und daher keinen inhaltlichen Mangel aufweist, sodass er entgegen der Meinung der zweiten Instanz gar nicht verbesserungsbedürftig war.

Nach § 78 EO sind die §§ 84 und 85 ZPO zwar auch im Exekutionsverfahren anzuwenden, doch können bei Exekutionsanträgen, für deren Überreichung keine Frist einzuhalten ist, auch nach der durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 geänderten Fassung des § 84 ZPO - wie nach der früheren Rechtslage - nur Formmängel, nicht aber inhaltliche Mängel verbessert werden (so auch 3 Ob 106/83 und 3 Ob 122/83).

Das Gericht zweiter Instanz hätte daher den vom Erstgericht ohne Rechtsirrtum erlassenen Exekutionsbewilligungsbeschluss nicht aufheben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung auftragen dürfen, sondern hätte den Exekutionsbewilligungsbeschluss der ersten Instanz bestätigen sollen.

Daher war dem Rekurs der betreibenden Partei Folge zu geben und der Aufhebungsbeschluss des Gerichts zweiter Instanz durch Wiederherstellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses der ersten Instanz abzuändern.

Dem unbegründeten Rekurs des Verpflichteten war hingegen nicht Folge zu geben.

Die Entscheidungen über die Rekurskosten gründen sich bezüglich der betreibenden Partei auf die §§ 74 und 78 EO sowie die §§ 41 und 50 ZPO, bezüglich des Verpflichteten auf § 78 EO sowie die §§ 40, 41 und 50 ZPO.

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