European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0050OB00540.840.0410.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die gefährdete Partei ist schuldig, ihrer Gegnerin die mit 19.614,45 S (einschließlich 1.564,95 S USt und 2.400 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens über den Revisionsrekurs binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Stadtgemeinde Kufstein hat im Verlassenschaftsverfahren nach der am 1. 2. 1982 verstorbenen M***** E***** (AZ A 48/82 des Bezirksgerichts Kufstein) unter Berufung auf den von ihr vorgelegten Schenkungsvertrag auf den Todesfall eine Forderung von 5 Mio S angemeldet. Ihre rechtliche Stellung als Nachlassgläubigerin ist nicht zu bestreiten (so die beiden Beschlüsse des Obersten Gerichtshofs im Abhandlungsverfahren vom 10. 5. 1983, 4 Ob 542/83, und vom 3. 4. 1984, 4 Ob 501/84). In jenem Verfahren hat das Erstgericht rechtskräftig ausgesprochen, dass das Erbrecht der aufgrund der letztwilligen Verfügung der Erblasserin vom 21. 2. 1983 zur Erbin berufenen M***** W***** ausgewiesen ist.
Im vorliegenden Verfahren begehrte die Stadtgemeinde Kufstein als gefährdete Partei mit der Erklärung, dass ein Zivilprozess zwischen ihr und M***** W***** über die Sache, in Ansehung derer diese Verfügung getroffen werden soll, nicht anhängig sei, die folgende, im Wortlaut wiedergegebene Anordnung zu treffen:
„Zur Sicherung ihres Anspruchs, jede Abhebung von den Sparbüchern 005718872 der Volksbank Kufstein, lautend auf „M*****“ Losungswort „K*****“, und Nummer 005708958 der Volksbank Kufstein, lautend auf „M*****“, Losungswort „M*****“, zu verhindern, bis das Strafverfahren 33 Vr 2281/82 des Landesgerichts abgeschlossen ist und bis das Bezirksgericht Kufstein als Verlassenschaftsgericht die ihm vom Landesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 20. 9. 1983 aufgetragenen Erhebungen durchgeführt und neuerlich über die Sperre dieser beiden Sparbücher entschieden hat, beantragt die Stadtgemeinde Kufstein nachstehende
EINSTWEILIGE VERFÜGUNG:
1. Es wolle der Antragsgegnerin aufgetragen werden, die beiden Sparbücher der Volksbank Kufstein Nummer 005718872 und 005708958 bei Gericht zu hinterlegen (§ 382 Zahl 1 EO).
2. Der Antragsgegnerin zu verbieten, Abhebungen von den beiden Sparbüchern der Volksbank Kufstein Nummer 005718872 und 005708958 vorzunehmen iSd § 382 Z 5 EO.
3. Der Antragsgegnerin die Verfügung über ihren angeblichen Anspruch gegen die Volksbank Kufstein reg. Genossenschaft mbH in Kufstein oder die Österreichische Volksbanken AG, Zweigniederlassung Kufstein auf die Sparkonten der Volksbank Kufstein 005718872 und 005708958 zu untersagen und an die Volksbank Kufstein reg. Genossenschaft mbH und die Österreichische Volksbanken AG, Zweigniederlassung Kufstein den Befehl zu richten, bis auf weitere gerichtliche Anordnung von den Sparkonten der Volksbank Kufstein 005718872 und 005708958 keinerlei Abhebungen oder sonstige Verfügungen durch die Antragsgegnerin oder dritte Personen zuzulassen, iSd § 382 Zahl 7 EO.“
Im Wesentlichen brachte die gefährdete Partei zur Begründung ihres Antrags vor:
Das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht habe die vom Abhandlungsgericht verfügte Sperre der als vermutlich in den Nachlass fallend angesehenen Sparbücher mit den Nummern 005718872 und 005708958 der Volksbank Kufstein aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, vorerst die Frage zu klären, ob diese beiden Sparbücher dem Nachlass der M***** E***** zuzuordnen sind oder nicht, dh ob sich diese Sparbücher zur Zeit des Todes der Erblasserin in ihrem Besitz befunden haben; nur wenn dies der Fall wäre, seien sie zu sperren. Die Gegnerin M***** W***** habe nämlich diese Sparbücher, die ursprünglich im Tresor in der Wohnung der Erblasserin aufbewahrt gewesen seien, unrechtmäßig an sich gebracht und versuche nun, von diesen, einen Teil der Erbmasse bildenden Büchern, Abhebungen vorzunehmen. Es sei diesbezüglich auch ein Strafverfahren gegen sie wegen Verdachts des teils vollendeten und teils versuchten schweren Betrugs anhängig. Sehe man von diesen beiden Sparbüchern ab, so reiche das Nachlassvermögen nicht aus, die der gefährdeten Partei zugedachte Schenkung von 5 Mio S zu befriedigen. Die Gegnerin sei selbst zu dem Ergebnis gekommen, dass nur ein Nachlassvermögen von 3 Mio S vorhanden ist. Es liege daher im rechtlichen Interesse der gefährdeten Partei, dass ihre Gegnerin keine Abhebungen von den beiden bezeichneten Sparbüchern, die zum Nachlassvermögen gehörten, vornehmen könne. Dies wäre ihr aber möglich, wenn diese Sparkonten nicht gesperrt werden. Eine neuerliche Sperre sei aber erst zu erwarten, wenn das Erstgericht (als Abhandlungsgericht) die ihm vom Rekursgericht aufgetragenen Erhebungen durchgeführt habe. Wenn es der Gegnerin möglich wäre, die ihr angelastete strafbare Handlung durch die Vornahme von Abhebungen von den beiden Sparkonten fortzusetzen, so werde auch der Erfolg des eingeleiteten Strafverfahrens vereitelt, das die widerrechtliche Aneignung der beiden Sparbücher zum Gegenstande habe. Es bestehe die dringende Gefahr, dass die Gegnerin neuerlich versuche, von den beiden Sparkonten Abhebungen vorzunehmen, zumal sie den Standpunkt vertrete, rechtmäßige Eigentümerin der Sparbücher zu sein. Da sich die Österreichische Volksbanken Aktiengesellschaft, Zweigniederlassung Kufstein, geweigert habe, der Gegnerin Abhebungen von den beiden Sparkonten vornehmen zu lassen, sei sie von der Gegnerin beim Landesgericht Innsbruck auf Freigabe der beiden Konten geklagt worden. Daraus ergebe sich, dass die Gegnerin mit allen Mittel bestrebt sei, sich dieser beiden Sparguthaben zu bemächtigen. Inzwischen seien die beiden Sparkonten auf die nunmehr gegründete selbständige Volksbank Kufstein reg. Genossenschaft mbH übergegangen. Es werde zweckmäßig sein, die begehrte einstweilige Verfügung bis zu jenem Zeitpunkt zu erlassen, bis das Nachlassgericht nach Durchführung der ihm aufgetragenen Erhebungen neuerlich über die Sperre der beiden Sparbücher entscheidet und bis im Verfahren 33 Vr 2281/82 des Landesgerichts Innsbruck festgestellt sei, ob der gegen die Gegnerin erhobene Vorwurf erhärtet ist, sie habe sich diese Sparbücher widerrechtlich angeeignet.
Das Erstgericht hat ‑ ohne vorher die Gegnerin zu hören ‑ die beantragte einstweilige Verfügung mit Ausnahme des begehrten Hinterlegungsgebots und Abhebungsverbots erlassen.
Das Rekursgericht wies in Stattgebung des Rechtsmittels der Gegnerin auch den übrigen Antrag der gefährdeten Partei ab. Es äußerte zur Begründung seiner Entscheidung die Ansicht, dass die gefährdete Partei, folge man ihrem Tatsachenvorbringen, gegen den Nachlass nach M***** E***** einen Anspruch auf Zahlung von 5 Mio S habe, aber die einstweilige Verfügung nicht zur Sicherung dieses Anspruchs, sondern eines solchen auf Verhinderung von Abhebungen von den beiden Sparbüchern begehren; ein derartiger Anspruch, mit dem sie eigentlich nur die beantragten Sicherungsmittel vorwegnehme, stehe ihr jedoch nicht zu.
Diese Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz bekämpft die gefährdete Partei mit Revisionsrekurs. Sie begehrt die Wiederherstellung des Beschlusses der ersten Instanz, hilfsweise die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung mit dem Auftrag an das Rekursgericht, neuerlich zu beschließen.
Die Gegnerin begehrt in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.
Zutreffend hat das Rekursgericht die Ansicht geäußert, dass dem von der gefährdeten Partei formulierten Verfügungsbegehren nach die Abhebung von Geldbeträgen durch die Gegnerin von den beiden bezeichneten Sparkonten verhindert werden soll, aber die gefährdete Partei nicht den zu sichernden Klagsanspruch bezeichnet hat. Selbst wenn man in weitherziger Auslegung des § 389 Abs 1 EO, in dem die genaue Bezeichnung des Anspruchs gefordert wird, die Erschließbarkeit des zu sichernden Anspruchs als ausreichend ansähe, müsste der Entscheidung des Rekursgerichts beigetreten werden, weil nicht unzweifelhaft erkennbar ist, welchen Anspruch die gefährdete Partei nun wirklich gesichert haben will: Nach ihrem Tatsachenvorbringen in Verbindung mit dem im Verfügungsantrag mehrmals zitierten § 382 EO, der die für andere als Geldforderungen zulässigen Sicherungsmittel beispielsweise anführt, will sie offenbar nicht ihre Geldforderung von 5 Mio S gesichert haben, aber es bleibt unklar, ob ein Anspruch auf Unterlassung (betreffend die Verfügung über die beiden Sparkonten) oder auf Herausgabe (der beiden Sparbücher) gesichert werden soll. Die Erklärung der gefährdeten Partei im Revisionsrekurs, das zu sichernde Klagebegehren könne nur auf Herausgabe der beiden Sparbücher an die Verlassenschaft lauten, kann in diesem Verfahrensstadium keine Berücksichtigung mehr finden; ein derartiger Anspruch wurde im Vorbringen zum Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung weder ausdrücklich noch schlüssig behauptet und als Gegenstand eines sicherungsbedürftigen Klageanspruchs dargestellt. Aus diesem Grunde hat das Rekursgericht mit Recht den Antrag der gefährdeten Partei auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abgelehnt. Der Revisionsrekurs der gefährdeten Partei kann deshalb keinen Erfolg haben.
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