OGH 2Ob543/84

OGH2Ob543/8410.4.1984

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Piegler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach Johanna A*****, gestorben am *****, zuletzt wohnhaft in *****, infolge Revisionsrekurses des Walter T*****, vertreten durch Dr. Heinz Wechsler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Jänner 1984, GZ 44 R 3006/84-35, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 2. November 1983, GZ 1 A 32/80-29, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses werden die Entscheidungen der Unterinstanzen als nichtig aufgehoben.

Der Antrag des Walter T***** auf Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

In ihrem Testament vom 23. Jänner 1975 setzte die Erblasserin ihren Ehemann Josef A***** zum Erben ein und vermachte ihrem Neffen Walter T***** die ihr gehörende Hälfte der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit Haus *****. An der von ihr gemeinsam mit ihrem Ehemann benutzten Wohnung Nr 5 des vorgenannten Hauses vermachte sie dem Ehemann das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsrecht.

Der im Verfahren erster Instanz unvertretene, bedingt erbserklärte Erbe gab nach der am 15. 1. 1981 erfolgten Testamentskundmachung (AS 17) vor dem Gerichtskommissär an, durch das von der Erblasserin dem Walter T***** ausgesetzte Vermächtnis in seinem Pflichtteilsanspruch verkürzt zu sein, der Ausstellung einer Amtsbestätigung betreffend die vermachte Liegenschaftshälfte nicht zuzustimmen (AS 26) und die Ergänzung seines Erbteils auf den Pflichtteil in Anspruch zu nehmen.

Mit rechtskräftigem Beschluss ON 17 vom 3. 5. 1982 stellte das Erstgericht die Nachlassaktiven mit 134.475 S und die Passiven mit 38.292,50 S fest, legte der Verlassabhandlung einen Reinnachlass von 96.182,50 S zugrunde und verwies unter Punkt 3, letzter Satz, dieses Beschlusses Walter T***** mit seinem Legatsanspruch auf den Rechtsweg. Unter ON 18 erließ es sodann die Einantwortungsurkunde, deren Rechtskraft am 1. 9. 1982 bestätigt wurde.

Über Antrag des Walter T***** vom 19. 8. 1983 stellte das Erstgericht in der Folge am 2. 11. 1983 unter ON 29 eine Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG aus, wonach für ihn das Eigentumsrecht an der obgenannten Liegenschaftshälfte unter gleichzeitiger Eintragung des Wohnungsrechts des Erben einverleibt werden kann.

Gegen die ausgestellte Amtsbestätigung erhob der Erbe Vorstellung, in welcher er vor allem eine Verletzung der Belehrungs- und Anleitungspflicht durch das Erstgericht behauptete und vorbrachte, er habe im Hinblick auf die Verweisung des Walter T***** auf den Rechtsweg jedenfalls mit einer Sicherung und Berücksichtigung seiner Pflichtteilsansprüche durch das Erstgericht rechnen dürfen.

Das Erstgericht gab der Vorstellung nicht Folge, worauf der Erbe Rekurs im Sinne deren Inhalts mit dem Antrag erhob, den erstgerichtlichen Beschluss dahin abzuändern, dass das Eigentumsrecht für Walter T***** an der vermachten Liegenschaftshälfte „nicht einverleibt werden kann“.

Das Rekursgericht hob die Amtsbestätigung ON 29 auf und wies das Erstgericht an, über den Antrag auf Ausstellung einer solchen nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden. Hiezu führte es aus, ein Legatar könne mit seinem Begehren auf Ausstellung einer Amtsbestätigung gegen den Widerspruch des Erben auch dann auf den Rechtsweg verwiesen werden, wenn der Erbe hinreichende Gründe für seinen Antrag auf Sicherstellung iSd § 692 Satz 2 ABGB anzuführen vermöge. Vorliegendenfalls ergebe sich bereits aus der Höhe der Nachlassaktiven von 134.475 S, dass nach Abzug des Legats im Werte von 129.000 S die Nachlassschulden nicht entrichtet werden könnten, sodass die Voraussetzungen der obgenannten Gesetzesstelle vorlägen. Zwar habe der Erbe einen diesbezüglichen Antrag auf Sicherstellung nicht gestellt, doch sei darauf Bedacht zu nehmen, dass er im erstinstanzlichen Verfahren einer rechtsfreundlichen Vertretung entbehrt habe und nicht entsprechend belehrt worden sei. Auch habe er im Hinblick auf die rechtskräftige Verweisung der Legatsansprüche des Walter T***** auf den Rechtsweg damit rechnen können, dass eine Amtsbestätigung nicht ausgestellt würde. Somit sei dem Rekurswerber aber im fortgesetzten Verfahren Gelegenheit zu geben, geeignete Anträge iSd § 692 ABGB zu stellen.

Aus Anlass des gegen diese rekursgerichtliche Entscheidung zulässiger Weise JB 203; SZ 50/56 ua) erhobenen Revisionsrekurses waren die unterinstanzlichen Beschlüsse als nicht aufzuheben und der Antrag des Legatars auf Ausstellung einer Amtsbestätigung zurückzuweisen, weil der meritorischen Entscheidung über diesen Antrag die Rechtskraft des Beschlusses über die Verweisung der Legatsansprüche des Walter T***** auf den Rechtsweg entgegensteht.

Wie bereits ausgeführt, wurde im Beschluss ON 17 vom 3. 5. 1982 vom Verlassenschaftsgericht ausgesprochen, dass „der Neffe Walter T***** mit seinem Legatsanspruch auf den Rechtsweg verwiesen wird“. Dieser dem Walter T***** am 7. 6. 1982 zugestellte Beschluss ist in Rechtskraft erwachsen (AS 51).

Wurde solcherart aber rechtskräftig erkannt, dass über den Anspruch des Walter T***** auf die ihm vermachte Liegenschaftshälfte im Rechtsweg zu entscheiden sei, so ist das Verlassenschaftsgericht an diese seine Anordnung gebunden und steht einem neuerlichen Antrag im Außerstreitverfahren die Rechtskraft dieses Verweisungsbeschlusses entgegen. Die Verweisung auf den Rechtsweg ist nämlich der formellen Rechtskraft insoweit zugänglich, als damit für die Streitfrage im Einzelfall die einzuleitende Verfahrensart auch für die Gerichte bindend bestimmt wird (MGA Verfahren außer Streitsachen2 E 61, 62 zu § 2; vgl Dolinar, Außerstreitverfahrensrecht, Allgemeiner Teil, 149 f; zur Bindungswirkung eines rechtskräftigen Beschlusses im Außerstreitverfahren auch 5 Ob 888/76).

Sonach dürfte im Hinblick auf die Bindungswirkung des rechtskräftigen Verweisungsbeschlusses über den Antrag des Legatars auf Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG - nach welcher sein ihm durch Legat vermachtes Eigentum an der Liegenschaftshälfte bücherlich eingetragen werden kann - nicht mehr im Außerstreitverfahren entschieden werden. Durch die vom Verlassenschaftsgericht dennoch vorgenommene Ausstellung der Amtsbestätigung und damit Entscheidung über den Legatsanspruch im Außerstreitverfahren hat es gegen die formelle Rechtskraft seines Verweisungsbeschlusses, nach welchem über diesen Anspruch im Rechtsweg zu entscheiden ist, verstoßen. Ein solcher Verstoß bewirkt im Hinblick auf die auch im Außstreitverfahren sinngemäß anzuwendenden Nichtigkeitsgründe der Zivilprozessordnung (SZ 22/107, 20/266, 30/48, 43/228, 45/50; EvBl 1970/113 ua) eine von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit der Entscheidung.

Demgemäß waren die unterinstanzlichen, die Sache meritorisch behandelnden Beschlüsse als nichtig aufzuheben und der Antrag des Legatars auf Ausstellung der Amtsbestätigung zurückzuweisen.

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