Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Bernhard A - im zweiten Rechtsgang - des Vergehens der schweren Körperverletzung nach § 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit b, der Sache nach auch Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche wird mit Berufung angefochten.
Nach den wesentlichen Urteilskonstatierungen war es in den Mittagsstunden des 2. Oktober 1980 zwischen dem damals 17-jährigen Angeklagten und dem etwa gleichaltrigen Murat B, als beide auf der hintersten Sitzbank eines abgestellten VW-Busses saßen, zu einem Streit gekommen, der letztlich damit endete, daß der Angeklagte den Murat B über die Lehne dieser Bank auf die Ablagefläche kippte und ihm sodann mit beiden Händen einen Stoß gab, sodaß B durch die offene Hecktüre des Fahrzeuges auf eine Wiese stürzte. B erhob sich, nahm aus einer in der Nähe befindlichen Werkzeugkiste eine Spitzschaufel und stieß damit durch die Hecköffnung des VW-Busses gegen den Angeklagten, ohne diesen zu verletzen. Nachdem der Angeklagte daraufhin das Fahrzeug verlassen hatte, wurde er von B neuerlich mit der Schaufel attackiert. Der Angeklagte konnte ausweichen, die Schaufel am Stiel erfassen und dem Angreifer mit einem einzigen Ruck entreißen. Hierauf versetzte der Angeklagte 'zumindest in Mißhandlungsabsicht' dem Murat B einen Stoß gegen die Brust, wodurch dieser rücklings zu Boden stürzte, mit dem Hinterkopf auf dem Asphaltrand der neben dem Standort des VW-Busses vorbeiführenden Straße aufschlug und sich einen Bluterguß im Schläfenbereich zwischen Gehirn und Schädelknochen (sogenanntes Epiduralhämatom) und einen Schädelbasisbruch im Bereich des unteren Hinterhauptes zuzog. Nachdem B nach Hause gebracht worden war, blutete er zunächst aus Mund und Nase, erbrach und wurde später bewußtlos. Erst gegen 21.00 Uhr wurde ein Arzt gerufen, der B in ein Krankenhaus einwies, wo dieser um 21.46 Uhr eingeliefert wurde.
Rechtliche Beurteilung
Das gesamte Vorbringen in der Nichtigkeitsbeschwerde, in welchem auf den dem Sturz BS aus dem VW-Bus unmittelbar vorangegangenen Streit abgestellt und eine Verursachung der Verletzung BS durch diesen Sturz bestritten wird, geht ins Leere, weil das Erstgericht eine solche Verursachung der Verletzung gar nicht als erwiesen angenommen hat, sondern dem Angeklagten, wie erwähnt, als für die Verletzung kausale Tathandlung den außerhalb des Kraftwagens geführten Stoß anlastet, nachdem er dem ihn angreifenden B die Schaufel entrissen hatte. Diese Feststellung gründet das Erstgericht in freier überzeugung (§ 258 Abs 2 StPO) und mängelfrei auf die Verantwortung des Angeklagten selbst, der einräumt, daß B sich nach dem durch den Stoß gegen die Brust erfolgten Sturz im Bereich des Asphaltrandes an den Kopf gegriffen hat (S 294 f, 298 d.A), die Aussagen des Zeugen C über den Aufprall BS mit dem Hinterkopf auf dem Asphaltrand (S 303 d. A) und das Gutachten des medizinischen Sachverständigen (S 321 ff d. A), der die Möglichkeit der Entstehung der Verletzung durch das Niederstoßen sowie des Fehlens von Auffälligkeiten beim Verletzten unmittelbar nach der Verletzung bejaht. Was demgegenüber die Beschwerde an ihrer Auffassung nach denkmöglichen Sachverhaltsalternativen ins Treffen führt, stellt eine unzulässige Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar. Mit der vom Vater des Verletzten zunächst behaupteten und erst vor der Gendarmerie widerrufenen Version einer Verletzungsverursachung durch einen Sturz über eine Stiege in seinem Wohnhaus hat sich das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung der Beschwerde zuwider, ohnedies befaßt (S 338 f, 343 f d.A). Die Zeitpunkte des ungefähren Entstehens der Verletzung, der Herbeiholung des Arztes und der Einlieferung BS in das Krankenhaus hat das Erstgericht festgestellt. Daß es aus den zeitlichen Abständen - anders als der Beschwerdeführer, der hiebei aber die sich aus den medizinischen Gutachten ergebende relativ späte Erkennbarkeit der Verletzungsschwere für einen Laien (S 218 f, 321, 326 d.A) völlig außer acht läßt - nicht den Schluß auf den Mangel des Kausalzusammenhanges zwischen der Tathandlung des Angeklagten und der Verletzung zieht, fällt eben in den Bereich unanfechtbarer freier Beweiswürdigung. Näher hatte sich das Erstgericht mit diesen Umständen unter Beachtung des Gebotes gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht zu befassen. Die im gegebenen Zusammenhang in der Beschwerde gerügte (angebliche) Feststellung, daß der Angeklagte nach dem Einlangen vor seinem Wohnhaus von seiner Mutter abgeholt worden wäre, hat das Erstgericht nicht getroffen (vgl. S 338 d.A). Daß die Verletzungsfolgen bei früherer ärztlicher Hilfeleistung 'geringfügig' gewesen wären, wie die Beschwerde ferner einwendet, geht aus den medizinischen Gutachten keineswegs hervor. Das Epiduralhämatom und der Schädelbasisbruch stellen für sich allein schon ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ärztlicher Hilfeleistung schwere Verletzungen im Sinne des § 84 Abs 1 StGB dar. Schwere Dauerfolgen, welche die Qualifikation nach § 85
StGB begründen könnten, liegen zum Unterschied vom ersten Rechtsgang dem Angeklagten im nunmehr angefochtenen Urteil nicht zur Last. Im übrigen verkennt die Beschwerde mit ihrem rechtlichen Einwand (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) einer Unterbrechung der Kausalkette zufolge Unterlassung rechtzeitiger Veranlassung ärztlicher Hilfeleistung durch die Eltern des Verletzten, daß - worauf der Oberste Gerichtshof schon in seiner Kassationsentscheidung im ersten Rechtsgang und nunmehr auch das Erstgericht (S 263, 345 d.A) hingewiesen haben - für den Bereich der Verletzungsdelikte der objektive Risikozusammenhang zwischen der schuldhaften Handlung und der eingetretenen, nicht gerade atypischen Folge (wie sie gegenständlich zutrifft) auch dann zu bejahen wäre, wenn sich zwischen die Tathandlung und den Erfolg ein (allenfalls in der Verzögerung der Herbeiführung ärztlicher Hilfe durch die Eltern des Verletzten gelegenes) fahrlässiges Verhalten eines Dritten schöbe, das unter den vom Täter herbeigeführten Umständen nach den Erfahrungen des täglichen Lebens aber nicht völlig ungewöhnlich wäre (EvBl. 1981/15 und die dort zitierte Judikatur und Literatur). Letztlich ist die Beschwerde aber auch mit ihrer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützten Rechtsrüge, in welcher sie das Vorliegen der Voraussetzungen der Notwehr (§ 3 StGB) releviert, nicht im Recht:
Wie ebenfalls das Erstgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, fehlt es an den Voraussetzungen dieses Rechtfertigungsgrundes, weil der Angeklagte zum Zeitpunkt seiner Tathandlung Murat B die Schaufel bereits entrissen hatte, dessen Angriff daher schon beendet war und ein weiterer Angriff nicht unmittelbar drohte (S 346 f d.A). Diesen Erwägungen des Erstgerichtes ist nichts hinzuzufügen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war somit als unbegründet und teils auch nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt zu verwerfen.
Das Erstgericht sprach gemäß § 369 Abs 1 StPO dem Privatbeteiligten Murat B einen Entschädigungsbetrag in der Höhe von 5.000 S zu. Der Angeklagte hat zusätzlich zur Nichtigkeitsbeschwerde nur eine Berufung wegen Strafe angemeldet (siehe S 352). Er hat bei der Anmeldung der Berufung die Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert fühlt, nicht bezeichnet und die Berufung wegen Strafe nicht ausgeführt. Die Berufung war daher, soweit sie sich gegen den Strafausspruch richtet, gemäß § 294 Abs 4
StPO zurückzuweisen. Nach Ablauf der dreitägigen Anmeldefrist wurde nur eine als Beschwerde bezeichnete Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche ausgeführt. Weil die Berufung über die privatrechtlichen Ansprüche somit nicht innerhalb der im § 284 StPO bezeichneten Frist angemeldet bzw. ausgeführt wurde, war auf sie ebenfalls keine Rücksicht zu nehmen.
Aber selbst bei rechtzeitiger Anmeldung wäre der Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche keine Berechtigung zugekommen.
Unzulässig ist nämlich der neuerliche Versuch des Angeklagten, mit diesem Rechtsmittel den Schuldspruch zu bekämpfen. Auch die Behauptung, das Erstgericht habe nicht den Rechtsgrund der Zahlungsverpflichtung angeführt, ist aktenwidrig. Das Erstgericht hat vielmehr den Entschädigungsanspruch ausdrücklich als Teilschmerzengeld bezeichnet. Mit Rücksicht auf die festgestellte Art und Schwere der Verletzung - Bluterguß im Schläfenbereich zwischen Gehirn und Schädelknochen mit Schädelbasisbruch - ist ein Schmerzengeld in der Höhe von 5.000 S jedenfalls nicht zu hoch bemessen.
Die Berufung war somit als verspätet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
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