OGH 13Os24/84

OGH13Os24/8422.3.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.März 1984 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandstätter als Schriftführers in der Strafsache gegen Friedrich A und Ernst B wegen des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB. über die von den Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengerichts vom 2.November 1983, GZ. 29 Vr 2990/83-11, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Lenz und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 19.März 1962 geborene Friedrich A und der am 16.April 1957 geborene Ernst B wurden mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB. schuldig erkannt, weil sie 'im Juli und August 1983 in Hall in Tirol und in Wattens Sonja E und Inge D der gewerbsmäßigen Unzucht zuführten, indem sie die Genannten dazu beeinflußten und mit Freiern zusammenbrachten'.

Die Angeklagten bekämpfen diesen Schuldspruch, auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. a StPO. gestützt, mit in einem Schriftsatz gemeinsam ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden.

In ihrer Mängelrüge behaupten sie zunächst, das Erstgericht habe die Angaben der Zeugen Sonja E (S. 145 bis 147) und Inge D (S. 157 bis 159) in der Hauptverhandlung übergangen und auch nicht erörtert, daß von der Zeugin E bereits bei der Gendarmerie erklärt worden sei, der Angeklagte A werde es bereuen, wenn sie draufkomme, daß er eine andere hat (S. 81). Dies zu Unrecht. Denn das Erstgericht hat sich im Urteil ohnedies ausführlich mit den sowohl in der Hauptverhandlung als auch bei der Gendarmerie abgelegten Aussagen der erwähnten Zeuginnen auseinandergesetzt und dabei durchaus denkrichtig und in übereinstimmung mit der allgemeinen Lebenserfahrung die Gründe angegeben, aus denen es zu den getroffenen Tatsachenfeststellungen gelangte. Auch die Möglichkeit, daß die Angeklagten unter Umständen aus Eifersucht belastet worden sein könnten, hat es in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen (S. 170).

Rechtliche Beurteilung

Einer Erörterung aller Aussagedetails (wie der oben erwähnten, aus dem Zusammenhang genommenen Äußerung der Zeugin E vor der Gendarmerie) die (isoliert betrachtet) allenfalls zum Vorteil oder zum Nachteil der Angeklagten ausgelegt werden könnten, bedurfte es hingegen nicht. Genug daran, daß das Erstgericht überzeugend dargelegt hat, warum es die belastenden Angaben der Zeuginnen E und D vor der Gendarmerie gegenüber den späteren Abschwächungsversuchen in der Hauptverhandlung für glaubwürdiger hielt. Dies ist ein Akt freier Beweiswürdigung, der im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile der Anfechtung entzogen ist. Da die Angaben der genannten Zeuginnen den Beschwerdebehauptungen zuwider auch die Feststellung decken, daß sie von den Angeklagten ca. zwölf- bis vierzehnmal (zwecks entgeltlicher Ausübung des Geschlechtsverkehrs) zu den Unterkünften von Ausländern im Raum Hall in Tirol und Wattens geführt wurden, ist die ihrem Inhalt und ihrer Zielsetzung nach lediglich auf eine unzulässige Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des erkennenden Senats hinauslaufende Mängelrüge nach keiner Richtung hin zielführend.

Es geht aber auch die Rechtsrüge fehl:

Zwar trifft es zu, daß ein bloßes überreden zur Prostitution (etwa durch Anraten oder Auffordern hiezu) für ein 'Zuführen' im Sinn des Par 215 StGB. nicht genügt, doch kann im vorliegenden Fall davon, daß sich die Vorgangsweise der beiden Angeklagten (wie sie meinen) lediglich in einem 'verbalen Handeln' erschöpft hätte, keine Rede sein. Vielmehr haben die Angeklagten nach den erstgerichtlichen Feststellungen, an denen bei Beurteilung der Rechtsrüge festgehalten werden muß, Sonja E und Inge D auch entsprechende Interessenten vermittelt, sie zu deren Unterkünften gebracht, die Höhe des Liebeslohns bestimmt und dessen Abführung an sie selbst verlangt und solcherart eine weitere aktive Tätigkeit entfaltet, die ein Hinwenden der Mädchen zu dem im allgemeinen mit der Ausübung gewerbsmäßiger Prostitution verbundenen asozialen Lebenswandel bewirkte und durch die sie in eine nach den allgemeinen Wertvorstellungen verpönte und in der Regel nur schwer reversible Lebensform gedrängt wurden (vgl. u.a. LSK. 1977/147 und 332 sowie 1979/191 und 262). Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß sich Sonja E und Inge D schon vorher von sich aus (S. 165, 166), insbesondere in Südtirol, freiwillig zur gelegentlichen Unzucht gegen Entgelt bereitgefunden hatten (EvBl. 1979/245), zumal nach den Urteilsannahmen die in Südtirol ausgeübte Prostitution über Zureden der Angeklagten geschah und somit insoweit nichts anderes als eine Vorstufe der auf die erwähnte weitere gezielte Einflußnahme zurückgehenden späteren Aufnahme der gewerbsmäßigen Prostitution in Tirol darstellte (vgl. EvBl. 1984/8). Demnach hat aber das Erstgericht das den Angeklagten angelastete Tatverhalten rechtsrichtig als 'Zuführen' in der Bedeutung des § 215 StGB.

beurteilt.

Da es der von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht zuwider schließlich auch nicht auf die Zeitspanne, während der die gewerbsmäßige Unzucht ausgeübt wurde (LSK. 1976/289), sondern darauf ankommt, ob die - hier, bei den beiden Mädchen, festgestellte (S. 166) - Absicht bestand, aus wiederkehrender entgeltlicher Unzuchtsausübung eine fortlaufende Einnahme zu erzielen, waren die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagten nach den §§ 37 (Abs. 1) und 215 StGB. je eine Geldstrafe von 200 Tagessätzen (für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe). Die Höhe des Tagessatzes wurde bei A mit 60 S, bei B mit 90 S bemessen. Dabei war erschwerend, daß die Tat zwei Schutzobjekte betraf, mildernd waren hingegen bei A das Geständnis und bei B der Beitrag zur Wahrheitsfindung.

Mit ihren gleichfalls in einem Schriftsatz gemeinsam ausgeführten Berufungen begehren die Angeklagten eine Herabsetzung der Geldstrafen sowohl in Reduzierung der Anzahl wie auch der Höhe der Tagessätze und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht. Die Geldstrafen wurden bei beiden Angeklagten mit einer gleichen Anzahl von Tagessätzen verhängt. Das zeigt, daß der von den Berufungswerbern relevierte 'Unrechts- und Schuldgehalt des angelasteten Vergehens' für sie - nach Meinung des Obersten Gerichtshofs zutreffend - gleich hoch veranschlagt wurde. Außer den vom Schöffengericht ohnehin herangezogenen Milderungsgründen vermögen die Berufungswerber keinen neuen Gesichtspunkt aufzuzeigen, der zu einer Ermäßigung oder abgestuften Bestimmung der Anzahl der Tagessätze führen könnte. Daran vermag auch eine mittlerweilige Verurteilung des Friedrich A vom 28.Dezember 1983 durch das Bezirksgericht Hall in Tirol (wegen § 83 Abs. 1 StGB. zu 80 Tagessätzen zu je 150 S, im Fall der Uneinbringlichkeit 40 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe; Tatzeit: Sommer 1983) nichts zu ändern. Zwar stehen die Urteile vom 2.November 1983 und vom 28.Dezember 1983 zueinander im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB. (siehe dazu u.a. Leukauf-Steininger, Komm. 2 , RN. 14, letzter Satz, zu § 31 StGB.); nach Lage des Falls wäre aber eine Zusatzstrafe nicht milder ausgefallen.

Auch die Bemessung der Höhe der Tagessätze, die nur in der Verschiedenheit der persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungskraft der Angeklagten wurzeln kann (§ 19 Abs. 2 StGB.), ist in der vom Schöffensenat gewählten Relation zueinander mit den Beweisergebnissen durchaus in Einklang zu bringen.

Zwar erzielten beide Berufungswerber im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz annähernd gleiche Einkünfte und erwarteten einen etwa gleichen Einkommenszuwachs (S. 168). Auch ihre Vermögensverhältnisse waren nicht wesentlich verschieden (S. 167).

Ihre persönlichen Verhältnisse unterschieden sich jedoch insoweit, als den Angeklagten B keine Sorgepflicht trifft, der Angeklagte A hingegen für einen außerehelichen Sohn einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 1.000 S zu leisten hat (S. 167, 168). Es liegt daher auf der Hand, daß der Angeklagte A bei Bemessung der Höhe des Tagessatzes günstiger abschneiden muß, als der Angeklagte

B.

Dem hat das Schöffengericht in unterschiedlicher Festsetzung des Tagessatzes gehörig Rechnung getragen.

Das Erstgericht hat auch überzeugend dargelegt, aus welchen Gründen es eine bedingte Strafnachsicht nicht für vertretbar hält (S. 172, 173). Der Oberste Gerichtshof teilt diese Erwägungen, sodaß den Berufungen insgesamt ein Erfolg versagt bleibt.

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