Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt; gemäß § 43 Abs. 2 StGB. wird die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der 50-jährige kaufmännische Angestellte Friedrich A wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 3, 128 Abs. 2 und 130 (zweiter Fall) StGB. schuldig erkannt. Darnach hat er von Mai 1979 bis Juni 1983 gewerbsmäßig und unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit geschaffen worden war, zum Nachteil des Auftraggebers Verrechnungsschecks im Gesamtwert von 1,450.016,55 S der Firma Fr.Jos. K*** S Söhne GesmbH in Linz mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte in dem genannten Unternehmen zwecks überwachung des Eingangs ausständiger Kundenzahlungen auch in einlangende Schecks Einsicht zu nehmen, bevor sie durch die Firmenkassa der Bank zur Gutschrift übergeben wurden. In 73 Fällen nahm er solche (Verrechnungs-)Schecks an sich und ließ die Summen (im Einzelfall regelmäßig mehr als 5.000 S) einem seiner eigenen (Giro-)Konten gutschreiben, zur Verschleierung seiner Vorgangsweise jedoch die betreffenden Kundenkonti gleichwohl um die entsprechenden Beträge entlasten; dies in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Malversationen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte unter Anrufung des Par 281 Abs. 1 Z. 5 und 10 StPO. mit Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung nicht zukommt.
Unter dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund macht der Beschwerdeführer als Begründungsmangel geltend, daß sowohl seine Verantwortung als auch die damit übereinstimmende Aussage des Zeugen Dkfm. Klaus B, wonach dem Angeklagten die Schecks vorgelegt worden seien, damit er sie überprüfe ('begutachte') und sodann (unverzüglich) an die Firmenkassa weiterleite, im Urteil unberücksichtigt geblieben seien.
Mit der Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.) wendet der Beschwerdeführer ein, die gegenständliche Tat sei nicht als Diebstahl, sondern als Veruntreuung (§ 133 StGB.) zu beurteilen, weil die Schecks ihm in seinen Gewahrsam überlassen (mithin anvertraut) worden seien.
Der Begriff des Anvertrauens im Sinn des § 133 StGB. setzt jedoch - was der Beschwerdeführer sichtlich verkennt - den ausschließlichen (exklusiven) Gewahrsam des Täters dergestalt voraus, daß jedenfalls der Anvertrauende vom Gewahrsam gänzlich ausgeschlossen sein muß. Wer hingegen die Sachherrschaft entsprechend den Weisungen und unter der zumindest potentiell gegebenen Aufsicht eines anderen ausübt, erhält damit bloß nachgeordneten Mitgewahrsam; unbefugte Begründung des Alleingewahrsams durch den Täter ist daher Diebstahl und nicht Veruntreuung. Nach den insoweit der Sache nach unbekämpften Urteilsfeststellungen konnte der Angeklagte durch die ihm aufgetragene Arbeit, nämlich in die bei der Firma Fr.Jos. B'S Söhne GesmbH zahlungshalber einlangenden Schecks Einsicht zu nehmen, lediglich nachgeordneten Mitgewahrsam in der zuvor dargelegten Bedeutung erlangt haben, war er doch dazu verhalten, die Schecks nach Einsichtnahme (im Büro der Firma) zur weiteren Manipulation (Weiterleitung an die Bank zur Gutschrift) der Firmenkassa zu überlassen, sodaßudie Schecks, auch solange er mit ihnen zu tun hatte, (6) Gsich weiterhin in dem nach allgemeiner Verkehrsauffassung bestehend en Herrschaftsbereich seines Dienstgebers als übergeordneten Gewahrsamsträgers befanden. Durch die widerrechtliche überführung der Verrechnungsschecks (LSK. 1983/95 zu § 127 StGB.) in seinen Alleingewahrsam beging der Angeklagte daher einen als Sachwegnahme in der Bedeutung des § 127 StGB. zu beurteilenden Gewahrsamsbruch.
Der in der Beschwerde hervorgehobene (der Sache nach bloß nachgeordnete Mit-)Gewahrsam des Angeklagten an den gegenständlichen Verrechnungsschecks ist nach dem Gesagten nicht entscheidungswesentlich, weshalb dem angefochtenen Urteil weder der behauptete Begründungsmangel noch ein Subsumtionsirrtum in der geltend gemachten Richtung anhaftet.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 128 Abs. 2 StGB. eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Dabei waren erschwerend die mehrfache Qualifikation und der hohe Betrag der entzogenen Schecks, mildernd eine geringe objektive Schadensgutmachung durch die Sicherstellung eines Sparbuchs, das Geständnis des Angeklagten und dessen Unbescholtenheit. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe und ihre bedingte Nachsicht an.
Während das Schöffengericht bei der Strafbemessung noch davon ausging, daß die Beteuerung des Angeklagten, den Schaden des Bestohlenen aus dem Veräußerungserlös seiner Liegenschaft gutmachen zu wollen, 'eher als Lippenbekenntnis zu werten' sei (S. 237), hat der Angeklagte im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof eine Schadensgutmachung durch Bezahlung von einer Million Schilling nachgewiesen. Auf den Rest des noch unberichtigt gebliebenen Schadens verzichtete die Firma Fr.Jos. B'S Söhne GesmbH (siehe dazu Beilagen ./1 und ./2 zum Protokoll über die öffentliche Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof). Dieser neue Aspekt ist von einem solchen Gewicht, daß nicht nur mit einer Strafe von zwei Jahren das Auslangen gefunden werden kann, sondern auch angesichts des Zusammentreffens der gewichtigsten Milderungsgründe des untadeligen Wandels, des Geständnisses und der - vorstehend beschriebenen - Schadensgutmachung bei dem nunmehr 50-jährigen Angeklagten auch die strengen Voraussetzungen des § 43 Abs.Ö2 StGB. für die Gewährung der bedingten Strafnachsicht bejaht werden können.
Es war daher der Berufung nach beiden angestrebten Richtungen ein Erfolg beschieden.
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