Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 27.Februar 1967 geborene, mithin noch jugendliche Hilfsarbeiter Rudolf A wurde mit dem angefochtenen Urteil des Vergehens der versuchten Täuschung nach § 15, 108 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er (von Ende Mai bis 9.Juni 1983) versucht, absichtlich dem Staat in seinem Recht, nicht zum Verkehr zugelassene und die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllende Fahrzeuge vom öffentlichen Verkehr auszuschließen, Schaden zuzufügen, indem er ein durch Einbau eines 125 cm 3 -Satzes verändertes und solcherart nunmehr als Motorrad geltendes Motorfahrrad Marke Vespa 50 S im öffentlichen Straßenverkehr benützte und auf diese Weise Straßenaufsichtsorgane durch Täuschung über Tatsachen zur Unterlassung der Kontrolle des Fahrzeugs und dessen sofortigen Ausschlusses vom Straßenverkehr zu verleiten trachtete.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Nicht beizupflichten ist zunächst der Ansicht des Beschwerdeführers, bloßes Fahren mit dem nur für einen 50 cm 3 -Motor zugelassenen und versicherten, sodann aber durch den Einbau eines 125 cm 3 -Motors veränderten und daher nach den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes (§ 2 Z 14, 15, und 15 a; 64 Abs 1, 65 Abs 1) als Motorrad geltenden Fahrzeug, das nicht mehr ohne Führerschein benützt werden dürfte, begründe keinen Versuch einer Täuschung im Sinn des § 108 Abs 1 StPO Zwar setzt das vollendete Delikt gelungene Täuschung voraus. Für die Annahme einer ausführungsnahen Handlung und damit eines strafbaren Versuchs reicht es jedoch aus, wenn der Täter ein derartiges Kraftfahrzeug, welches die Zulassungsvoraussetzungen für ein Motorrad - insbesondere das aufrechte Bestehen einer für diese Fahrzeuggruppe gültigen Haftpflichtversicherung - nicht erfüllt, ohne die erforderliche Lenkerberechtigung in Betrieb nimmt. Denn solcherart erweckt er jedenfalls den Anschein, bloß ein Motorfahrrad zu lenken, und bringt damit gegebenenfalls auch seine Entschlossenheit zum Ausdruck, bei einer allfälligen Kontrolle den Straßenaufsichtsorganen gegenüber vorzutäuschen, daß dieses Fahrzeug den in den vorzuweisenden Kraftfahrzeugpapieren angeführten Zulassungsvoraussetzungen entspricht und es zu dessen Lenkung keines Führerscheins bedarf, wobei er auf diese Weise den Staat in seinem Recht schädigt, nicht zum Verkehr zugelassene Fahrzeuge und Lenker von Fahrzeugen, die nicht über die erforderliche Lenkerberechtigung verfügen, vom Verkehr auszuschließen (vgl. LSK. 1978/113 = ZVR. 1978/125). Ein Verhalten, wie es dem Angeklagten zum Vorwurf gemacht wird, stellt demnach eine auf die Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolgs gerichtete und in sinnfälliger Beziehung zum tatbildmäßigen Unrecht stehende, zeitlich, örtlich und aktionsmäßig ausführungsnahe Betätigung des deliktischen Entschlusses dar.
Daran ändert nichts, daß der Angeklagte bei seiner Anhaltung keinen Versuch unternommen hat, den Beamten zur Unterlassung der Kontrolle des Fahrzeugs zu verleiten, und auch keine weiteren Täuschungsakte hätte setzen können, um den Einbau eines 125 cm 3 -Satzes zu verschleiern. Denn obgleich bei einer genaueren Kontrolle aus der auf dem Zylinder eingegossenen Hubraumangabe die Abweichungen von den in den Kraftfahrzeugpapieren enthaltenen Zulassungsvoraussetzungen und die Führerscheinpflicht leicht erkennbar gewesen wären, kann doch nicht gesagt werden, daß das Verhalten des Angeklagte generell keinerlei Erfolgschancen gehabt, der Tatbestand also unter keinen wie immer gearteten Umständen hätte herbeigeführt werden können und deshalb als absolut untauglich zu qualifizieren sei. Zudem manifestierte sich der - ausführungsnahe und zur Täuschung geeignete Versuch, Straßenaufsichtsorgane von einer Fahrzeug- und Führerscheinkontrolle abzuhalten, im vorliegenden Fall, wie bereits dargelegt, schon in der Lenkung eines wesentlich veränderten und dadurch nicht mehr den Zulassungsvoraussetzungen entsprechenden Fahrzeugs, welches dem äußeren Anschein nach den Eindruck eines nicht führerscheinpflichtigen Motorfahrrads erwecken konnte und nach dem Willen des Täters auch erwecken sollte.
Ebensowenig stichhältig ist der unter Berufung auf die Ausführungen von Bertel im WK., RN. 40 (24 und 50) zu § 108 StGB, erhobene Beschwerdeeinwand, das in Rede stehende konkrete staatliche Recht sei bereits durch die Handlung des Angeklagten selbst und nicht erst dadurch verletzt worden, daß ein Dritter zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet wurde. Richtig ist zwar, daß beim Tatbestand der Täuschung - ebenso wie bei jenem des Betrugs - mittels des durch die Täuschungshandlung erregten Irrtums der Getäuschte zu einem Verhalten verleitet werden muß, das den Schaden des Opfers herbeiführt, d.h. das Verhalten des Getäuschten selbst muß den Schaden bewirken ('Selbstschädigungsdelikt'). Es trifft jedoch keineswegs zu, daß es bei der gegebenen Fallkonstellation nicht der getäuschte Beamte gewesen wäre, der durch sein Untätigbleiben den Staat an Hoheitsrechten geschädigt hätte, sondern ausschließlich der Täter selbst, indem er ein nicht zulassungsfähiges Kraftfahrzeug bzw. ein Kraftfahrzeug ohne Führerschein gelenkt hat. Denn wie auch von Bertel (a.a.O. RN. 50) eingeräumt wird, kommt zu dem rechtswidrigen Tun, mit welchem der Täter in staatliche Hoheitsrechte eingreift, eine Täuschung hinzu, wenn sich ein Sicherheitsorgan durch das irreführende Verhalten des Kraftfahrzeuglenkers von einem Einschreiten abhalten läßt oder nach einer stattgefundenen Kontrolle, sofern die Täuschung Erfolg hat, dem Täter sogar gestattet, die Fahrt fortzusetzen. Wesentliche Voraussetzung für den Eintritt des strafgesetzwidrigen Erfolgs ist in einem derart gelagerten Fall auch die Verhaltensweise des Beamten, der durch Täuschung über Tatsachen veranlaßt wird, eine Amtshandlung zu unterlassen, und es dem Täter dadurch ermöglicht, sein rechtswidriges Handeln fortzusetzen. Die Untätigkeit des getäuschten Beamten stellt sich bei solcher Sachlage als ein für den Ablauf des Tatgeschehens in seiner konkreten Gestaltung kausales, eine Schädigung des Staats an Hoheitsrechten unmittelbar bewirkendes Verhalten dar. Dies schließt keineswegs aus, daß auch der Täter selbst im Rahmen des Gesamtgeschehens noch in irgendeiner Form tätig wird, soferne nur die Handlung, Duldung oder Unterlassung des Getäuschten, wie dies auf den vorliegenden Fall zutrifft, ebenfalls in unmittelbarer ursächlicher Beziehung zum Schadenseintritt steht. Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, es fehle an einer absichtlichen Tatbegehung, weil vom Erstgericht lediglich als erwiesen angenommen worden sei, er habe davon gewußt, daß ein 125 cm 3 -Satz eingebaut worden sei, und es sei ihm bekannt gewesen, daß er das Motorfahrrad hätte umtypisieren lassen müssen und nicht ohne Führerschein hätte lenken dürfen (S. 127). Auch damit vermag er indes weder einen Rechtsirrtum, noch einen auf unrichtiger Gesetzesanwendung beruhenden Feststellungsmangel aufzuzeigen (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO):
Für die Verwirklichung des Tatbestands des § 108 Abs 1 StPO genügt in subjektiver Hinsicht hinsichtlich der Verleitung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung durch Täuschung über Tatsachen bedingter Vorsatz (LSK.
1977/77 = RZ 1977/69). Insoweit reicht daher für die Annahme einer vorsätzlichen Täuschung über Tatsachen hin, daß der Angeklagte das Fahrzeug in Kenntnis der nachträglich vorgenommenen Hubraumvergrößerung sowie im Bewußtsein der im Hinblick darauf nicht mehr gegebenen Verkehrszulassung und mangelnden Lenkerberechtigung benützt und den Straßenaufsichtsorganen gegenüber auf diese Weise den Eindruck erweckt hat, mit einem ordnungsgemäß zugelassen und versicherten, nicht führerscheinpflichtigen Motorfahrrad zu fahren (S. 129). Hingegen wird allerdings für die Schadenszufügung Absichtlichkeit (§ 5 Abs 2 StGB) gefordert, d.h. es muß dem Täter auf die Herbeiführung eines Schadens anderer an Rechten ankommen. Entscheidend ist demnach, daß sich der Täter die Verwirklichung des tatbildmäßigen Unrechts direkt zum Ziel setzt (SSt. 47/11 = LSK. 1976/119), also sein Verhalten nach derartigen Zielvorstellungen einrichtet und im Interesse der Erreichung dieses Ziels tätig wird (Leukauf- Steininger 2 , RN. 10 zu § 5 StGB). Ziel des deliktischen Handelns des Angeklagten war es aber, weiterhin ein den Zulassungsvoraussetzungen als Motorfahrrad nicht mehr entsprechendes und insbesondere auch nicht mehr haftpflichtversichertes Fahrzeug (zwecks Erzielung einer höheren Geschwindigkeit) ohne Führerschein zu lenken, womit schon nach seinem Tatplan zwangsläufig eine konkrete staatliche Maßnahme zum Ausschluß nicht verkehrszugelassener Fahrzeuge und Lenker ohne entsprechende Lenkerberechtigung vom Straßenverkehr vereitelt, also gerade jener Zweck beeinträchtigt werden sollte, den der Staat mit der Erlassung der dieser Maßnahme zugrundeliegenden Vorschrift erreichen wollte. Aus der Gesamtheit der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen konnte das Erstgericht sohin in rechtlicher Hinsicht (S. 121) auch irrtumsfrei ableiten, daß (zumindest) die Herbeiführung eines Schadens an konkreten staatlichen Rechten von der Absicht des Täters umfaßt gewesen war.
In Ausführung des Nichtigkeitsgrunds der Z 9 lit b des § 281 Abs 1
StPO reklamiert der Beschwerdeführer schließlich die Anwendung des § 42 Abs 1 StGB Die Voraussetzungen dieses Strafausschließungsgrunds sind jedoch nicht gegeben. Berücksichtigt man nämlich die Gefahren, die mit dem Lenken von Fahrzeugen ohne hiezu erforderliche Lenkerberechtigung im Straßenverkehr für andere im allgemeinen verbunden sind, und den Vermögensnachteil, der bei einem Verkehrsunfall Verletzten oder sonst betroffenen Personen erwachsen kann, wenn mangels Zahlungsverpflichtung des Haftpflichtversicherers entsprechende Schadensdeckung nicht gewährleistet ist (Art. 6 Abs 1 lit b; 16 AKHB. 1967), so kann von einem erheblichen Zurückbleiben des tatbildmäßigen Verhaltens des Angeklagten gegenüber dem in der Strafdrohung des § 108 StGB typisierten Unrechts- und Schuldgehalt, mithin von einer nur geringen Schuld (§ 42 Abs 1 Z 1 StGB), keinesfalls mehr gesprochen werden.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf A war daher zu
verwerfen.
Abschließend sei nur noch hinzugefügt: Im vorliegenden Fall ist eine Anfechtung des (Qualifikations-) Freispruchs von der auch in Richtung § 225 Abs 2 StPO erhobenen Anklage seitens der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt.
Eine Prüfung der Frage, ob der Angeklagte im gegenständlichen Fall nicht doch das Vergehen der Fälschung öffentlicher Beglaubigungszeichen nach § 225 Abs 2 StGB zu verantworten hätte - und zwar dieses allein, weil das Delikt nach § 225 StGB, von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, ebenso wie jenes nach § 223 StGB, in der Regel die Täuschung über Tatsachen mit einem daraus resultierenden Schaden an irgendwelchen Rechten impliziert und (als zudem mit strengerer Strafe bedrohter Tatbestand) mit dem lediglich als subsidiärer (Auffang-) Tatbestand gedachten Vergehen der Täuschung nicht tateinheitlich zusammentreffen kann (LSK. 1980/155 = SSt. 51/33; LSK. 1980/167; Kienapfel WK., RN. 43 zu § 225 StGB u.a.) - hatte zu unterbleiben. Denn die Prüfung dieser Frage hätte schon mit Rücksicht auf die damit verbundene Möglichkeit einer Subsumierung unter einen Tatbestand mit strengerer Strafdrohung nur zum Nachteil des Nichtigkeitswerbers ausschlagen können.
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