OGH 11Os21/84

OGH11Os21/8429.2.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Februar 1984 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr.Walenta, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Wrabetz als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinrich Josef A wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 (erster Fall) StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Heinrich Josef A gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 7. Oktober 1983, GZ 30 Vr 3.288/82-89, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Michael Stern und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Kodek zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21. Juni 1945 geborene Heinrich Josef A zu I./ des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3 StGB und zu II/1-3 des Vergehens nach dem § 36 Abs. 1 lit a und b WaffG schuldig erkannt, weil er I./ in der Zeit vom 19. November bis 20. November 1982

in Wien, Klagenfurt und anderen Orten von unbekannten Tätern geraubte Sachen, und zwar im Urteilsspruch im einzelnen aufgezählte Schmuckstücke und Uhren, im Gesamtwert von mindestens 800.000 S dadurch verheimlichte und verhandelte, daß er sie zum Zweck der Verbringung nach Italien und zur Veräußerung (dortselbst) in seinem PKW versteckt transportierte;

II./ nachangeführte Faustfeuerwaffen unbefugt besaß und führte, und zwar 1./ in der Zeit von Sommer 1981 bis 10. Jänner 1982 in Salzburg, Innsbruck und anderen Orten eine Pistole Marke Walther;

2./ in der Zeit von Februar 1982 bis 17. Juli 1982 in Wien, Graz und anderen Orten eine Pistole Marke FN 1910 mit Schalldämpfer (§ 11 Abs. 1 Z 3 WaffG); 3./ in der Zeit von Mitte September 1982 bis 20. November 1982 in Wien, Klagenfurt und anderen Orten eine Pistole Marke CZ.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 1, 4, 5, 9 lit b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Verfehlt ist zunächst das auf die Nichtigkeitsgründe der Z 1 und 4 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer schon vor der Hauptverhandlung vom 7. Oktober 1983, nämlich am 23. September 1983, alle Richter des Landesgerichtes Klagenfurt abgelehnt habe, sodann aber dennoch die Hauptverhandlung durchgeführt worden sei, ohne die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz über diesen Ablehnungsantrag abzuwarten. Das Oberlandesgericht Graz habe nach der Hauptverhandlung mit Beschluß vom 10. November 1983, 11 Ns 171/83, in dem Strafverfahren gegen den Richter des Landesgerichtes Klagenfurt Dr. B dem Ablehnungsantrag stattgegeben, woraus folge, daß die Richter auch ihm gegenüber - hier aber negativ -

voreingenommen sein könnten. Dies komme einer Ausschließung gleich, die nicht gerügt werden mußte, weil in der Hauptverhandlung über den Ablehnungsantrag durch das Oberlandesgericht Graz noch nicht entschieden war.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung keinen solchen Antrag stellte, über den mit Zwischenerkenntnis des Schöffensenates zu entscheiden gewesen wäre. Es kann daher der von ihm herangezogene Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO schon deshalb nicht vorliegen, weil der Gerichtshof weder seine Entscheidungspflicht verletzte noch auch durch ein gegen den Antrag oder Widerspruch des Beschwerdeführers gefälltes Zwischenerkenntnis dessen Verteidigungsrechte beeinträchtigte.

Aber auch von einer Ausschließung der erkennenden Richter im Sinn der §§ 67 und 68 StPO (zu denen Richter Dr.B nicht gehört), die den Nichtigkeitsgrund der Z 1 des § 281 Abs. 1 StPO hergestellt hätte, kann nicht gesprochen werden. Wenn der Beschwerdeführer mit Erfolg eine Befangenheit der Richter des Landesgerichtes Klagenfurt gegenüber einem diesem Gerichtshof angehörigen (anderen) Richter geltend machte und das Oberlandesgericht Graz, ständiger übung der Rechtsprechung folgend, das vom Beschwerdeführer gegen diesen Richter durch Erhebung der Subsidiaranklage angestrengte Strafverfahren dem Kreisgericht Leoben zuwies, so ist daraus der vom Beschwerdeführer gezogene Schluß auf Befangenheit dieser Richter auch ihm gegenüber logisch nicht nachvollziehbar. Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die beiden an der angefochtenen Entscheidung beteiligten Berufsrichter an sich - nämlich aus dem Grund des § 68 Abs. 2 StPO - ausgeschlossen waren, der Beschwerdeführer aber auf die Rüge dieses Umstandes schon vor der Hauptverhandlung ausdrücklich verzichtete (S 97 g und verso/I), womit er indirekt auch seine überzeugung von der Unbefangenheit dieser Richter zum Ausdruck brachte.

Eine Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO wegen Widersprüchlichkeit der Urteilsfeststellungen und unzureichender Begründung erblickt der Beschwerdeführer darin, daß im Urteil einerseits seine Verantwortung, zur Tatzeit als Vertreter ein Einkommen erzielt zu haben, als unglaubwürdig abgelehnt wurde (S 139 f/II), andererseits aber angenommen worden sei, daß er seit seiner Entlassung aus der letzten Strafhaft wieder dem bürgerlichen Beruf eines Vertreters nachgegangen sei, wobei er zwischen 30- und 50.000 S monatlich netto verdient habe (S 120 f). Abgesehen von der fehlenden zeitlichen übereinstimmung enthält die letztzitierte Urteilsstelle aber eindeutig lediglich die Wiedergabe der Angaben des Beschwerdeführers über seine Erwerbstätigkeit, deren Unglaubwürdigkeit auch in diesem Zusammenhang unmittelbar anschließend dargetan wird. Der behauptete Widerspruch liegt somit nicht vor.

Unzureichend ist weiters nach Ansicht des Beschwerdeführers die Begründung der Urteilsfeststellung zur subjektiven Tatseite deshalb, weil seine Zusammenarbeit mit italienischen Kriminellen, die den Raub, aus dem das verhehlte Gut stammt, begangen haben, vom Erstgericht auf die Angaben anonymer Polizeiinformanten gestützt werde.

Mit diesem Vorbringen wird willkürlich eine Urteilspassage aus dem Zusammenhang gerissen und ihr überdies ein in Wahrheit nicht zukommender Inhalt unterstellt. Die Verbindung des Angeklagten zu bestimmten Italienern blieb im Verfahren im wesentlichen unbestritten und mußte nicht auf anonyme Informanten gestützt werden;

die Gründe für diese Annahme werden aber dennoch im Urteil angeführt (S 143 f/ II). Der Hinweis auf die Angaben anonymer Informanten ist nur eines von mehreren Argumenten des Erstgerichtes für die Verwicklung besagter Italiener in den Raubüberfall. Dazu legt das Erstgericht ausführlich dar, warum es im konkreten Fall diese anonymen Angaben für verläßlich hielt (S 144/ II). Es fällt somit entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein Glied der vom Erstgericht aufgebauten Indizienkette (als unzureichend begründet) weg, und es erweist sich die Mängelrüge letztlich als Versuch einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung.

Mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO hält der Beschwerdeführer schließlich den gegen ihn ergangenen Schuldspruch wegen Heehlerei deshalb behaftet, weil er sich über ein prozessuales Verfolgungshindernis hinwegsetze. Im Hinblick auf die Einstellung der gegen ihn ursprünglich wegen Beteiligung an dem Raubüberfall auf das Juweliergeschäft C nach den §§ 142 Abs. 1, 143

StGB geführten Voruntersuchung gemäß dem § 109 StPO hätte er nämlich wegen Verhehlung eines Teiles der dabei erzielten Beute nicht ohne förmliche Wiederaufnahme des Strafverfahrens gemäß dem § 352 StPO verfolgt werden dürfen. Raubüberfall und Verbringung der Beute vom Tatort stellten eine Straftat dar, die Verhehlungshandlung werde durch die Vortat konsumiert. Der Schuldspruch wegen Hehlerei verletze daher das im XX. Hauptstück der StPO normierte Verbot 'ne bis in idem'.

Auch diese Rechtsausführungen gehen fehl: Die Hehlerei nach dem § 164 StGB ist eine selbständig vertypte Straftat und nicht Beteiligung (§ 12 StGB) an der Vortat. Das Argument des Beschwerdeführers, bei einer auf Diebstahl (oder Raub) gerichteten Anklage sei ohne deren überschreitung ein Schuldspruch (statt wegen der angeklagten Tat) wegen Hehlerei zulässig, steht dem nicht entgegen, geht es doch dabei um die Identität zwischen angeklagter und verurteilter Tat (§§ 262, 267 StPO), hier aber um die behauptete Sperrwirkung der Verfahrenseinstellung wegen einer bestimmten (Vor-)Tat (auch) auf (spätere) grundsätzlich selbständig strafbare (Nach-)Taten. Doch braucht auf diese Frage schon deshalb nicht näher eingegangen zu werden, weil auf Grund der Anträge der Staatsanwaltschaft Wien vom 15. Feber 1983 vom Untersuchungsrichter zwar die Einstellung des Verfahrens gegen Heinrich A wegen der §§ 142 Abs. 1, 143

StGB beschlossen, gleichzeitig aber auch das Verfahren gegen den Genannten wegen der §§ 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3 StGB, § 36 Abs. 1 lit a WaffG ausgeschieden und an das Landesgericht Klagenfurt abgetreten wurde (Akt 25 c Vr 12.530/82 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, S 1 d verso, 1 e).

Damit wurde unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sich die Einstellung nicht auch auf die - durch Sicherstellung beim Beschuldigten objektivierte und übrigens das Hauptindiz für den sodann nicht ausreichend erhärteten Verdacht schon seiner Beteiligung am Raub bildende - Verhehlung eines erheblichen Teiles der Raubbeute bezog. Von der Notwendigkeit einer Wiederaufnahme als Voraussetzung weiterer Verfolgung dieser Tat kann somit nicht die Rede sein.

Ins Leere geht schließlich die auf den § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützte Subsumtionsrüge des Beschwerdeführers, das Urteil nehme die Qualifikation der Hehlerei nach allen drei Fällen des § 164 Abs. 3 StGB an, obwohl nur seine Kenntnis vom 100.000 S übersteigenden Wert des Schmucks, nicht aber sein Wissen um die Herkunft dieses Schmucks aus einem Raub festgestellt sei. Schon der Urteilsspruch ist so gefaßt, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, es sei bei ihm die Qualifikation der Tat nach dem § 164 Abs. 3 StGB (auch) auf einen anderen als (bloß) den ersten Fall dieser Gesetzesstelle gegründet, keine Stütze findet. Im völligen Einklang damit hält das Gericht zudem in den Entscheidungsgründen ausdrücklich fest, es habe im Zweifel zugunsten des Angeklagten nicht als erwiesen angenommen, daß dieser genaue Kenntnis vom Tathergang hatte bzw von der Qualifikation (der Vortat) als Raub wußte (S 147/II).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu

verwerfen.

über den Angeklagten wurde nach dem § 164 Abs. 3

StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in

der Dauer von drei Jahren verhängt.

Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, bei der Hehlerei den außerordentlich hohen Wert der verhehlten Sachen (vielfache überschreitung der Wertgrenze) und bei den Delikten nach dem Waffengesetz deren Wiederholung und die langen Tatzeiträume.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der über

ihn verhängten Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen vollständig festgestellt und den Umständen des Falles entsprechend gewürdigt. Die festgesetzte Freiheitsstrafe wird der Schuld des einschlägig vorbelasteten Angeklagten und der Schwere der von ihm zu vertretenden Rechtsgutbeeinträchtigung gerecht.

Verfahrensergebnisse, die hinreichenden Grund zur Annahme böten, der Angeklagte habe sich nur durch entsprechendes Einwirken eines Dritten (§ 34 Z 4 StGB) zur Tat entschlossen, liegen nicht vor. Auch wurde die 'ständige Bewaffnung' des Angeklagten - entgegen dem Berufungsvorbringen - vom Schöffengericht nicht als besonderer Erschwerungsgrund gewertet, sondern lediglich - auch dies zu Recht - in die Beurteilung der Täterpersönlichkeit einbezogen. Schließlich sind im Rahmen des Strafausspruches die verschiedenen Vorsatzformen des § 5 StGB grundsätzlich als gleichwertig zu behandeln. Unterschiede im Vorsatz können für sich allein nicht strafmildernd wirken (s ÖJZ-LSK 1979/ 136 = 10 Os 187/78 ua). Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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