Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17.Dezember 1941 geborene beschäftigungslose Kellner Anton A des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (Punkt 1.1.1. des Urteilssatzes) sowie der Vergehen der versuchten falschen Beweisaussage vor Gericht als Beteiligter (durch Bestimmungstäterschaft) nach § 12 (zweiter Fall), 15, 288 Abs 1 StGB (Punkt 1.1.2) sowie der Erschleichung einer Leistung nach § 149 Abs 2 StGB (Punkt 1.2) schuldig erkannt. Das bezeichnete Verbrechen liegt ihm zur Last, weil er am 25.April 1982 in Marchtrenk Linda B durch gefährliche Drohung mit einer auffallenden Verunstaltung, nämlich durch die öußerungen, es sei ein Unsinn von ihr gewesen, gleich zur 'Heh' (= Gendarmerie) zu laufen; es wäre am besten, die Anzeige zurückzuziehen oder zu sagen, das Ganze sei eine Rauschgeschichte gewesen; sie solle sagen, daß sie es gewesen sei, die Flocki (= Florian C) mit dem Umbringen bedroht habe, worauf er sie selbst mit dem Abstechen bedroht habe; wenn er so eine 'Fut' hätte, für die er Schmalz machen müßte (gemeint: eine Freiheitsstrafe zu verbüßen hätte), dann würde er ihr das Gesicht zerschneiden und sie so entstellen, daß sie sich nicht mehr in den Spiegel zu schauen traue; so wie er Flocki kenne, drehe dieser im Häfen durch und werde sie dann suchen; sie brauche nicht zu glauben, sie werde ihm auskommen, zu einer Handlung, nämlich zur Abänderung ihrer zur Erlassung eines Haftbefehles gegen Florian C im Strafverfahren AZ 15 Vr 220/82 des Kreisgerichtes Krems an der Donau führenden Anzeige vom 18.März 1982 und ihrer Zeugenaussage vom 19. März 1982 (in der für den 13.Mai 1982 beim Kreisgericht Krems an der Donau gegen Florian C anberaumten Hauptverhandlung) zu nötigen versuchte.
Rechtliche Beurteilung
Nur den bezeichneten Schuldspruch (Punkt 1.1.1) bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Eine Unvollständigkeit (Z 5) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß im Ersturteil die Angaben der Zeugin Linda B vor der Gendarmerie mit Stillschweigen übergangen worden seien, denenzufolge er ihr gegenüber betont habe, sie solle seine öußerungen nicht als Beeinflussung auffassen, er meine es nur gut mit ihr. Die Rüge versagt.
Abgesehen davon, daß im angefochtenen Urteil die auf Grund der für glaubwürdig erachteten Darstellung der Zeugin B für widerlegt erachtete Verantwortung des Angeklagten, er habe ihr damals bloß einen gutgemeinten Rat erteilen wollen (S. 94), ohnedies Berücksichtigung fand (vgl. S. 133 f.), bestand für eine ausdrückliche Erörterung der bezeichneten Passage (S. 23) kein Anlaß, weil nach den bezüglichen, unter Hinweis auf die näheren Tatumstände und das Zuhältermilieu denkrichtig und lebensnah begründeten Urteilsfeststellungen der Angeklagte 'trotz der von ihm gewählten Formulierung' (vgl. S. 139 unten) in Wahrheit auf eine massive Einschüchterung der Genannten, die von dieser auch so aufgefaßt wurde, abzielte, um sie zu einer (wahrheitswidrigen) önderung ihrer bisherigen, Florian C belastenden Angaben zu nötigen (vgl. S. 130, 135, 136, 140). Solcherart hat aber das Erstgericht unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß es die vom Angeklagten sinngemäß aufgestellte Behauptung, sein Einwirken auf Linda B sei nicht als Drohung und Beeinflussung, sondern lediglich als gut gemeinter Rat zu verstehen gewesen, als bloße Ausflucht beurteilt.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) hinwieder entbehrt zunächst insoweit einer gesetzmäßigen Ausführung, als der Beschwerdeführer seine vom Erstgericht als erwiesen angenommenen öußerungen gegenüber Linda B dahin zu interpretieren versucht, damit nur eine von ihm für möglich gehaltene Reaktion des Florian C in den Raum gestellt zu haben. Damit setzt er sich aber bloß in Bekämpfung der im schöffengerichtlichen Verfahren einer Anfechtung entzogenen Beweiswürdigung über den vom Erstgericht mit ausführlicher, denkrichtiger und lebensnaher Begründung als erwiesen angenommenen Sinngehalt und die Tragweite seiner öußerungen gegenüber Linda B, sohin über die vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 74 Z 5 RN. 20) hinweg und bringt somit den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, dessen gesetzmäßige Ausführung stets einen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz voraussetzt, nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Denn nach dem vom Erstgericht festgestellten Sinngehalt der in Rede stehenden öußerungen hat der Angeklagte der Linda B, wenn auch verklausuliert, mit dem Zerschneiden ihres Gesichtes und (sinngemäß) mit Gewaltakten des Florian C gedroht (S. 139 f.).
Es schlägt aber auch der rechtliche Einwand des Beschwerdeführers nicht durch, daß die weiters von ihm gegenüber Linda B (sinngemäß) in Aussicht gestellten Gewalttätigkeiten des Florian C vom Erstgericht deshalb rechtsirrtümlich als gefährliche Drohung im Sinne des § 74 Z 5
StGB gewertet worden seien, weil eine solche die Ankündigung der Verwirklichung eines vom Willen des Drohenden abhängigen übels voraussetze, er aber auf die von ihm der Linda B angekündigten Gewalttätigkeiten des Florian C weder einen Einfluß hatte noch einen solchen Einfluß vorgegeben habe.
Hiebei übersieht der Beschwerdeführer, daß er, soweit er Linda B sinngemäß auch Gewalttätigkeiten des Florian C in Aussicht stellte, den Anschein eines übermittlers des ihm (angeblich) bekannten Vorhabens des Florian C (nach dessen Enthaftung) erweckte. Nach diesem der Linda B vermittelten Eindruck trat der Angeklagte insoweit als übermittler einer (angeblichen) Drohung des damals inhaftierten Florian C auf, indem er Linda B auch ein von dem (angeblich) gleichfalls drohenden Florian C geplantes und demnach von dessen Willen abhängiges übel konkret in Aussicht stellte. In einem solchen Fall, in dem - so wie vorliegend nach den Urteilsannahmen - der Angeklagte sich u.a. auch den Anschein gibt, er übermittle im Einverständnis mit einem Dritten (C) dem Tatopfer eine als gefährliche Drohung zu wertende öußerung dieses Dritten, und es auf diese Weise entsprechend seinem Vorhaben zu einem bestimmten Verhalten zu nötigen versucht, ist aus der Sicht des Tatopfers auch der über den Angeklagten (angeblich) mittelbar einwirkende Dritte ein Drohender, sodaß es bei dieser Fallkonstellation nur darauf ankommt, ob die bedrohte Person den - tätergewollten - Eindruck gewinnen konnte, daß der (angeblich) drohende Dritte zur Verwirklichung des in Aussicht gestellten übels willens und in der Lage sei. Diese Voraussetzung bejahte aber das Erstgericht bei Linda B auch in bezug auf den ihr als Gewalttäter bekannten Florian C (S. 128, 139). Daß hingegen der Drohende das in Aussicht gestellte übel tatsächlich verwirklichen will, ist für die Beurteilung der öußerungen als gefährliche Drohung im Sinne des § 74 Z 5 (§ 105) StGB unerheblich. Es genügt vielmehr, daß die Drohung als ernst gemeint erscheint und die objektive Eignung der öußerung, bei der bedrohten Person gegründete Besorgnisse einzuflößen, gegeben ist. Bei der rechtlichen Beurteilung dieser Eignung kommt es aber nur darauf an, ob die bedrohte Person bei unbefangener Betrachtung der Situation die Verwirklichung des angedrohten übels erwarten, also den Eindruck gewinnen konnte, der Drohende sei willens und in der Lage, die in Aussicht gestellten, für die körperliche Integrität des Tatopfers nachteiligen Folgen auch tatsächlich herbeizuführen; daß hingegen diese Besorgnis beim Opfer auch tatsächlich erweckt wurde, ist nicht erforderlich (vgl. neuerlich Leukauf-Steininger a. a.O. § 74 Z 5 RN. 18 und die dort zitierte Judikatur). Die objektive Eignung der öußerungen des Angeklagten, Linda B begründete Besorgnisse einzuflößen, wurde aber vom Erstgericht mit Bezug auf die näheren Umstände, unter denen die öußerungen gemacht wurden und unter Hinweis auf das Zuhältermilieu, in dem sowohl der Angeklagte als auch Florian C verkehrten, ausdrücklich bejaht (S. 139, 140).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 106 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf das rechtskräftige Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 16.Dezember 1982, AZ 11 E Vr 792/82 - mit welchem der Angeklagte wegen des Vergehens nach § 15, 108
Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 150 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 60 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt worden war - zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Dabei wertete es die mehrfachen und gravierenden einschlägigen Vorstrafen sowie das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art als erschwerend; als mildernd nahm es hingegen den Umstand, daß die schwere Nötigung und die Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht nur bis zum Versuch gediehen sind, sowie das Teilgeständnis in Ansehung des Vergehens nach § 149 Abs 2 StGB an.
Der Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu. Die vom Angeklagten ins Treffen geführten weiteren Milderungsgründe liegen in Wahrheit nicht vor: Das reklamierte Teilgeständnis wurde ohnedies als mildernd herangezogen. Insoweit der Berufungswerber als Milderungsgrund berücksichtigt wissen will, daß 'zwei Vorstrafen wegen des Vergehens (richtig: Verbrechens) der Erpressung nach § 98 lit a und lit b StG. über zehn Jahre bzw. in einem Fall sogar zwanzig Jahre zurückliegen', genügt der Hinweis, daß der Angeklagte abgesehen davon, daß er insgesamt drei Verurteilungen wegen des bezeichneten Verbrechens (nach § 98 lit b StG.) aufweist und (in einem Fall) deshalb sowie wegen anderer Delikte mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.Jänner 1971 zum AZ 2 b Vr 529/69 zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, auch in der Folgezeit (insgesamt) fünf weitere Verurteilungen über sich ergehen lassen mußte. Hinzu kommt noch, daß vom Erstgericht zu Unrecht auf das eingangs bezeichnete Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 16. Dezember 1982, AZ 11 E Vr 792/82, gemäß § 31, 40 StGB Bedacht genommen wurde, weil dabei unberücksichtigt blieb, daß das dem Angeklagten zur Last liegende Vergehen nach § 149 Abs 2 StGB erst nachher, nämlich am 1.Mai 1983, begangen wurde.
Bei Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände kann demnach nicht gesagt werden, daß das Schöffengericht bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe die Dauer der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe nach seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) zu hoch bemessen hätte.
Es mußte daher auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben. Nur der Vollständigkeit halber sei im gegebenen Zusammenhang noch darauf hingewiesen, daß die Vorhaftanrechnung (gemäß § 38 Abs 1 Z 2 StGB) bis 1.Juli 1983, 15 Uhr, insoweit zu Unrecht erfolgte, weil der Angeklagte (offensichtlich) schon am 7.Juni 1983 zur Verbüßung einer Verwaltungsstrafe an das Polizeigefangenenhaus St. Pölten überstellt wurde (vgl. ON. 18). Da dieser (von der Staatsanwaltschaft ungerügt gebliebene) Verstoß zugunsten des Angeklagten ausschlägt, konnte er vom Obersten Gerichtshof nicht korrigiert werden.
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