Spruch:
Die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 28. Oktober 1981, GZ. U 832/81-3, mit der Richard A des Vergehens des Glücksspiels nach § 168 StGB. schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, verletzt das Gesetz in den Bestimmungen des § 168 StGB. und des § 460
StPO.
Diese Strafverfügung sowie alle darauf beruhenden Verfügungen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird aufgetragen, das gesetzliche Verfahren einzuleiten.
Text
Gründe:
Aus dem Akt AZ. U 832/81 des Bezirksgerichtes Neusiedl am See ergibt sich folgender Sachverhalt:
Am 3. Oktober 1981 erstattete das Gendarmeriepostenkommando Neusiedl am See gegen den am 3. April 1956 geborenen Gastwirt Richard A Anzeige wegen des Vergehens nach § 168 StGB. Richard A hatte in dem von ihm gepachteten Cafe 'Jasmin' in Neusiedl am See drei Geldspielautomaten aufgestellt. Am 20. August 1981 gab der Kochlehrling Friedrich B im Zusammenhang mit einem gegen ihn wegen §§ 127 ff. StGB. beim Landesgericht Eisenstadt anhängigen Verfahren, AZ. 7 E Vr 885/81, bei seiner niederschriftlichen Vernehmung durch Gendarmeriebeamte an, im Cafe 'Jasmin' bei einem Geldspielautomaten 700 S und bei einem anderen Geldspielautomaten 300 S gewonnen zu haben. Als weitere Spieler an einem dieser Geldspielautomaten konnten der Schüler Manfred C, der im Juli 1981
dreioder viermal zirka 500 S und am 24. Juli 1981 1.000 S an Spielgewinnen erzielt hatte, sowie der Maschinenschlosserlehrling Paul D, der dort drei- oder viermal jeweils zirka 200 S gewonenn hatte, ermittelt werden. Nach der Darstellung aller drei genannten Gewinner wurden ihnen die angeführten Geldbeträge von Richard A jeweils in bar ausgefolgt, wogegen jener behauptete, bei einem Gewinn an einem der Geldspielautomaten würden von ihm stets nur Gutschriften zur Konsumation ausgegeben.
Am 8. Oktober 1981 stellte der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Neusiedl am See den Antrag, Richard A wegen Vergehens nach § 168 StGB. zu bestrafen. Hierauf erkannte das Bezirksgericht Neusiedl am See mit der Strafverfügung vom 28. Oktober 1981, GZ. U 832/81-3, Richard A des Vergehens des Glücksspiels nach § 168 StGB. schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe, weil er in Neusiedl am See
1.) am 24. Juli 1981 und an mindestens drei weiteren Tagen im Juli 1981
mit Manfred C, 2.) an mindestens drei Tagen im Juli 1981 mit Paul D und 3.) am 19. August 1981 mit Friedrich B Spiele mit Geldspielautomaten, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich vom Zufall abhängen, veranstaltete, um aus dieser Veranstaltung sich einen Vermögensvorteil zuzuwenden, wobei nicht bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wurde.
Diese Strafverfügung erwuchs am 19. November 1981 in Rechtskraft. Die Geldstrafe wurde vom Verurteilten bereits bezahlt. Die zitierte Strafverfügung des Bezirksgerichtes Neusiedl am See steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 168 StGB. ist jemand, der ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spiels veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, u.a. dann nicht strafbar, wenn bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird. Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl. RZ. 1983/52, ÖJZ-LSK. 1983/58, 110
u. a.), ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, am einzelnen Spiel orientiert zu beantworten, es sei denn, daß der Spielveranstalter vorsätzlich 'Serienspiele' veranlaßt oder zu solchen Gelegenheit bietet; daß auch die Summe aller Einsätze nur geringfügig sein darf, setzt das betreffende negative Tatbildmerkmal nicht voraus. Nicht 'bloß zum Zeitvertreib' wird gespielt, wenn das Gewinnstreben als Motivation (zwar nicht ausschließlich wirksam ist, aber doch) so weit in den Vordergrund tritt, daß es dem Spieler geradezu darauf ankommt, Geld zu gewinnen.
So gesehen ist aber die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 28. Oktober 1981 durch den Inhalt der Anzeige des Gendarmeriekommandos Neusiedl am See materiellrechtlich nicht gedeckt, weil sich daraus nicht ableiten läßt, daß sämtliche Tatbestandserfordernisse des dem Richard A zur Last gelegten Vergehens des Glücksspiels verwirklicht sind (vgl. Mayerhofer-Rieder, II/2, Nr. 12 ff. zu § 460 StPO.). Aus den bisherigen Verfahrensergebnissen geht weder hervor, welche Einsätze bei den einzelnen Spielen erforderlich und möglich waren, noch welches Motiv für die Spieler bestimmend war. Das Bezirksgericht hätte daher gegen Richard A keine Strafverfügung erlassen dürfen, sondern wäre verpflichtet gewesen, zur Klärung dieser für die rechtliche Beurteilung entscheidenden Tatumstände eine Hauptverhandlung anzuordnen und Beweise aufzunehmen. Durch die mit der gegenständlichen Strafverfügung erfolgte Verurteilung des Richard A wegen Vergehens des Glücksspiels wurde daher das Gesetz in den Bestimmungen des § 168 StGB. und des § 460 StPO. verletzt. Sie war daher aufzuheben und dem Bezirksgericht Neusiedl am See die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens aufzutragen.
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