OGH 9Os186/83

OGH9Os186/8313.12.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Spies als Schriftführer in der Strafsache gegen Alois A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 3

StGB. und einer anderen Straftat über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 28. September 1983, GZ. 8

Vr 2268/83-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Zusatzstrafe auf 7 (sieben) Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 10. November 1943 geborene Sozialrentner Alois A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 3 StGB. (Punkt I/ des Schuldspruchs) und des Vergehens der Entwendung nach § 141 Abs. 1 StGB. (Punkt II/ des Schuldspruchs) schuldig erkannt und hiefür nach § 28, 129 StGB. unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. August 1983, AZ. 8 E Vr 1922/83, zu einer Zusatz-Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten verurteilt. Als Verbrechen des Diebstahls - und nur insoweit wird das Urteil vom Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft - liegt ihm zur Last, in Klagenfurt ('im Rückfall') fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1. am 26. Juli 1983 der Erika B ein Damenfahrrad Marke Toscana im Wert von 2.000 S durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung, und 2. am 5. August 1983 der Dr. Ingeborg C ein Damenfahrrad der Marke Puch Clubmann im Wert von 2.500 S. Gestützt auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. bringt der Beschwerdeführer gegen den Schuldspruch zu Punkt I/2 vor, das Erstgericht habe im mündlich verkündeten Urteil das Öffnen des Nummernschlosses, das durch längeres Probieren bewerkstelligt wurde, zutreffend nicht dem § 129 Z. 3 StGB. unterstellt, in der schriftlichen Urteilsausfertigung jedoch diese Qualifikation ohne Einschränkung auf Punkt I/1, sohin auch hinsichtlich des Punktes I/2 angenommen. Zwischen dem mündlich verkündeten und dem schriftlich ausgefertigten Urteil bestehe daher ein Nichtigkeit begründender Widerspruch.

Rechtliche Beurteilung

Damit wird nicht der angerufene Nichtigkeitsgrund, sondern jener der Z. 3

des § 281 Abs. 1 StPO. (vgl. hiezu Mayerhofer-Rieder, StPO., Nr. 16 und 17 zu § 270) ausgeführt; die Rüge ist llerdings nicht berechtigt. Sowohl aus dem Spruch als auch aus den Gründen des angefochtenen Urteils ergibt sich, daß das Erstgericht im Faktum I/2 (Diebstahl des Fahrrades der Dr.C) die Verbrechensqualifikation nach § 129 Z. 3 StGB. nicht angenommen hat; die Nichtigkeitsbeschwerde geht daher insoweit ins Leere. Daß dem Beschwerdeführer insgesamt Diebstahl nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 3

StGB. angelastet wurde, ist darauf zurückzuführen, daß der Diebstahl zum Nachteil der Erika B (Punkt I/1 des Schuldspruchs) nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle qualifiziert ist und gemäß § 29 StGB. auch ungleichartige Diebstähle bei der rechtlichen Beurteilung zu einer Einheit zusammenzufassen sind (ÖJZ-LSK. 1978/58 zu § 29 StGB.; EvBl. 1983/78), womit die vom Beschwerdeführer offenbar ins Auge gefaßte getrennte Beurteilung der Diebstähle teils als Vergehen nach § 127 Abs. 1 StGB., teils als Verbrechen nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 3 StGB. dem Gesetz widerspräche.

Eine Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der Diebstahl zum Nachteil der Erika B dem § 129 Z. 3 StGB. unterstellt wurde. In den Urteilsgründen sei festgestellt, daß er die Sperrvorrichtung des Fahrrades (ein Speichenschloß) mit der bloßen Hand auseinandergedrückt habe, worin die in Rede stehende Qualifikation nicht erblickt werden könne, weil er weder eine Sperrvorrichtung aufgebrochen noch eine solche mit einem der im § 129 Z. 1 StGB. genannten Mittel überwunden habe. Auch insoweit kann der Beschwerde nicht gefolgt werden. Richtig ist, daß die Qualifikation nach § 129 Z. 3 StGB. das Vorliegen einer Sperrvorrichtung und deren Aufbrechen oder deren Öffnen mittels eines der in § 129 Z. 1 StGB. genannten Mittel voraussetzt (vgl.Leukauf-Steininger, Kommentar 2 RN 18; Kienapfel BT II RN 80, 82; Bertel in WK Rz 18, jeweils zu § 129). Daß ein Fahrrad-Speichenschloß eine Sperrvorrichtung im Sinn des § 129 Z. 3 StGB. darstellt, hat das Schöffengericht zutreffend bejaht. Ebenso zutreffend hat es aber auch angenommen, daß der Beschwerdeführer diese Sperrvorrichtung 'aufgebrochen' hat, weil unter Aufbrechen das Öffnen der Sperrvorrichtung durch Anwendung von Gewalt zu verstehen ist, wobei diese Gewalt auch mit der bloßen Hand (und nicht etwa nur mit einem Werkzeug) angewendet werden kann. Eine solche gewaltsame Einwirkung auf die Sperrvorrichtung (das Speichenschloß) hat das Erstgericht aber in dem von ihm festgestellten gewaltsamen Umbiegen des Speichenschlosses (S. 84 unten) zu Recht erblickt, zumal es - im Einklang mit dem Geständnis des Beschwerdeführers, der zugegeben hat, das Schloß 'aufgebrochen' zu haben (S. 77, 78) - von einem mit größerer Kraft erfolgten Umbiegen des Schlosses ausgehen konnte. Der rechtlichen Beurteilung haftet somit der behauptete Subsumtionsirrtum nicht an, weshalb die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Das Schöffengericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die rückfallsbegründenden Vorstrafen, weiters die Wiederholung der Diebstähle und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen das volle und umfassende Geständnis, eine gewisse Alkoholisierung zur Tatzeit und den Umstand, daß der Schaden zur Gänze durch Sicherstellung der gestohlenen Gegenstände gutgemacht wurde.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der über

ihn verhängten Zusatzstrafe an.

Die Berufung ist im Ergebnis begründet.

Auch wenn die vom Berufungswerber ins Treffen geführten weiteren Milderungsgründe nicht vorliegen, sodaß die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe keiner Korrektur zugunsten des Angeklagten bedürfen, so ist im Hinblick auf die gemäß § 31 StGB. erfolgte Bedachtnahme auf die Vorverurteilung des Angeklagten (wegen versuchten Diebstahls zu drei Monaten Freiheitsstrafe) gemäß § 40 StGB. zu prüfen, welche Strafe bei gemeinsamer Aburteilung der in Betracht kommenden Straftaten verhängt worden wäre. Diesfalls wäre aber - auch unter Berücksichtigung des stark getrübten Vorlebens des Angeklagten und des raschen Rückfalls - eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten als tatschuldangemessen und dem Unrechtsgehalt der abgeurteilten Straftaten entsprechend zu verhängen gewesen, sodaß die Zusatzstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß herabzusetzen und demgemäß der Berufung des Angeklagten entsprechend Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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