OGH 11Os193/83

OGH11Os193/837.12.1983

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Helige als Schriftführers in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der versuchten absichten schweren Körperverletzung nach den § 15, 87 Abs 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen Johann A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 3.Oktober 1983, GZ 8 d Vr 2.943/83-37, den Beschluß gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des am 20.Mai 1927

geborenen Pensionisten Johann A in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach dem § 21 Abs 1 StGB angeordnet, weil er am 5. März 1983

(richtig: am 10.März 1983) in Wien unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), nämlich einer Geisteskrankheit, versuchte, Prof.Dr. Josefine B eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) dadurch absichtlich zuzufügen, daß er sie durch Schläge auf den Kopf niederschlug und ihr mit einem Messer gegen Hals und Gesicht stach, mithin eine mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohte Tat beging, die ihm, wäre er zurechnungsfähig gewesen, als das Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach den § 15, 87 Abs 1 StGB zuzurechnen gewesen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete, auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen bringt einen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Die Gefährlichkeitsprognose im Sinn des § 21 Abs 1 StGB kann nach ständiger Judikatur (RZ 1976/119 = EvBl 1977/8; RZ 1976/122 u.v.a.) allein mit dem Rechtsmittel der Berufung bekämpft werden. Zur Beurteilung dieser Prognose gehört auch die Beantwortung der Frage, was sich als strafbedrohte Handlung mit schweren Folgen darstellt, die demnach ebenfalls nur mit Berufung bekämpfbar ist, desgleichen sich darauf beziehende (behauptete) Verfahrens-, Begründungs- oder Feststellungsmängel.

Nichts anderes als eine solche Bekämpfung unternimmt die Nichtigkeitsbeschwerde, wenn sie - zwar in Abweichung von der von der Judikatur gewählten Terminologie eine Anfechtung von 'Grundvoraussetzungen' der Anstaltsunterbringung behauptend - dem erstgerichtlichen Urteil zum Vorwurf macht, eine nähere Beschreibung der auf Grund der Geisteskrankheit des Betroffenen zu erwartenden weiteren Straftaten schuldig geblieben zu sein, sich nicht mit den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen auseinandergesetzt zu haben, daß eine Prognose über die Art der zu erwartenden Aggressionshandlungen die Möglichkeit eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens übersteige, und sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt zu haben, was eine strafbedrohte Handlung mit schweren Folgen sei. Nichts anderes als eine Bekämpfung der Prognose sind schließlich auch die Ausführungen, mit denen bemängelt wird, daß das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 6.Juli 1983 (richtig: vom 4.Juli 1983), das sich allein mit der Frage der Prognose beschäftigte, lediglich auf Grund einer Untersuchung vom 23. März 1983 erstellt worden sei und sich das Gericht nicht mit der Möglichkeit einer önderung der Psyche des Betroffenen in diesem Zeitabschnitt beschäftigt habe sowie die Ausführungen, daß der Sachverständige nicht Stellung dazu bezogen habe, welche Zeitspanne er unter 'absehbarer Zeit' verstehe, in der ein Abklingen des Wahnes des Betroffenen nicht zu erwarten sei.

Da somit alle Ausführungen des Beschwerdeführers nach Inhalt und Zweck in Wahrheit allein auf eine Anfechtung des Ausspruches über die Prognose abzielen, stellen sie sich insgesamt als Ausführung einer Berufung dar, nicht aber als Ausführung eines Nichtigkeitsgrundes.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen war daher sofort bei der nichtöffentlichen Beratung als nicht gesetzmäßig ausgeführt zurückzuweisen.

Die Akten mußten demzufolge in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO dem örtlich zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zur weiteren Amtshandlung zugeleitet werden.

Eine Kostenentscheidung hat zu unterbleiben (EvBl 1978/32).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte