OGH 10Os166/83

OGH10Os166/8329.11.1983

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als weitere Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. von der Thannen als Schriftführer in der Strafsache gegen Pier Domenico A und andere wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges als Beteiligte nach §§ 12, 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3, 148 (zweiter Fall) StGB. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Brigit Elisabeth B und die Berufung des Privatbeteiligten, Bankhaus C & Comp. Ltd.

Bankkommanditgesellschaft, gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.Mai 1983, GZ. 2 e Vr 13.251/82-97, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung 1) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Brigit Elisabeth B wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil in Ansehung dieser Angeklagten sowie gemäß § 290 Abs. 1 StPO. auch bezüglich des Angeklagten Francesco D im Ausspruch über die Gewerbsmäßigkeit ihres Handelns und demzufolge in der rechtlichen Beurteilung ihrer Taten nach § 148 StGB., ferner in den diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich des Ausspruchs gemäß § 38 StGB.) aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Brigit Elisabeth B zurückgewiesen.

Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen der Angeklagten Brigit Elisabeth B die Kosten des sie betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last;

2) den Beschluß gefaßt:

Die Berufung des Privatbeteiligten, Bankhaus C & Comp. Ltd., Bankkommanditgesellschaft, wird zurückgewiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Privatbeteiligten die Kosten des ihn betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Brigit Elisabeth B des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (gemeint: gewerbsmäßigen schweren) Betruges als Beteiligte nach §§ 12, 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3, 148

(ergänze: zweiter Fall) StGB. schuldig erkannt. Darnach hat sie den Mitangeklagten Pier Domenico A, dem nach dem insoweit unbekämpft gebliebenen Schuldspruch zur Last liegt, am 3. und 4.Dezember 1982 in Wien in insgesamt vier Fällen bei Angestellten des Bankhauses C & Co. und des Hotels E F unter Verwirklichung der sonstigen Tatbildmerkmale des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB. unter falschem Namen und Vorlage eines darauf lautenden italienischen Personalausweises 23

gefälschte Travellerschecks im Gesamtwert von 195.153,50 S eingelöst zu haben, dadurch im Entschluß zur Ausführung seiner Taten bestärkt, daß sie ihn mit ihrem PKW. nach Wien brachte, im selben Hotelzimmer abstieg und sodann gefälschte Travellerschecks bei sich aufbewahrte. Diesen Schuldspruch bekämpft die genannte Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 9 (lit. a) und 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der dem Erstgericht von der Beschwerdeführerin in Ausführung ihrer Mängelrüge gemachte Vorwurf, es habe jene Urteilsannahmen, nach denen sie vorsätzlich im Sinne einer Beteiligung am schweren Betrug tätig geworden sei und die von A gegen sie geäußerten Drohungen unbeachtlich seien, unzureichend begründet, besteht nicht zu Recht. Die Feststellung, daß sich die Beschwerdeführerin durch das eingangs bezeichnete Verhalten vorsätzlich an der Straftat des Pier Domenica A beteiligte, wurde nämlich denkfolgerichtig und ausreichend mit dem eigenen Geständnis der Beschwerdeführerin im Vorverfahren wie auch in der Hauptverhandlung begründet, wonach sie anläßlich der Fahrt nach Österreich von A erfuhr, daß diese Reise der Einlösung gefälschter Travellerschecks dienen solle, und ihn daraufhin trotzdem mit ihrem PKW. nach Wien führte und hiebei auch Schecks der erwähnten Art bei sich verwahrte. Daß von A gegen die Beschwerdeführerin geäußerte Drohungen 'unbeachtlich' seien, brachte das Erstgericht in den Entscheidungsgründen überhaupt nicht zum Ausdruck. Vielmehr sprach es darin (mit hinreichender, den Denkgesetzen wie auch der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechender Begründung) aus, daß die Verantwortung der Beschwerdeführerin, sie habe die ihr vorgeworfenen Handlungen bloß deshalb gesetzt, weil sie von A dazu gezwungen wurde, nicht glaubhaft sei. Dabei wurde von ihm der im Urteil ohnedies festgestellte Umstand, daß A in Italien Kontakte zu einschlägigen Kreisen der Unterwelt hatte, ersichtlich (auch) in den Kreis seiner diesbezüglichen Erwägungen einbezogen. Die in der Mängelrüge weiters aufgeworfenen Fragen, warum die Beschwerdeführerin ihre frühere Tätigkeit aufgab, als sie sich A anschloß, und ob die Firma des Letztgenannten in Genf eine sogenannte 'Briefkastenfirma' ist oder nicht, sind hier nicht entscheidungswesentlich, weshalb sich ein Eingehen hierauf erübrigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Mängelrüge kann sohin kein Erfolg beschieden sein. Den auf die Z. 9 (zu ergänzen: lit. a) und teilweise auch die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Teil der Rechtsrüge bringt die Beschwerdeführerin insoweit, als vorsätzliches deliktisches Handeln im Sinne des der Beschwerdeführerin angelasteten Verbrechens bestritten und die Erzwingung ihres Verhaltens durch Drohungen seitens des Mitangeklagten A behauptet wird, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, da sie darin diesbezüglich nicht von den jeweils anderslautenden Urteilsfeststellungen ausgeht.

Der unter der Z. 9 (lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO. erhobene Einwand, daß aus dem Verhalten der Angeklagten keine Beitragshandlung im Sinne des § 12

StGB. ableitbar sei, weil ihr nicht nachgewiesen wurde, sie habe sich mit Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz an einer individuell bestimmten, strafbaren Handlung beteiligen wollen, die unter Zwang geleisteten Chauffeurdienste ferner nicht als Gehilfenhandlung gewertet werden könnten, und sie die Travellerschecks auch nicht verwahrt habe, um die strafbaren Handlungen des A zu fördern, geht prozeßordnungswidrig nicht vom Urteilssachverhalt aus, wonach die Beschwerdeführerin das deliktische Vorhaben des mit tatbestandsmäßigem Vorsatz handelnden A billigte (Band II S. 111, 114), diesen in Kenntnis der Tatsache, daß er derartige Schecks (auch) in Wien absetzen wollte, ohne Zwang (Band II S. 113) dahin brachte und ihn dort insoweit bei der Tat unterstützte, als sie die zur Verwertung vorgesehenen falschen Travellerschecks für ihn aufbewahrte.

Hinsichtlich der von A (noch) nicht zur Einlösung gebrachten, von der Polizei sichergestellten gefälschten Schecks, erfolgte kein Schuldspruch.

Die darauf bezüglichen Ausführungen der Beschwerde betreffen daher keinen für die vorliegende Strafsache bedeutsamen Umstand. Zutreffend (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO.) wendet sich jedoch die Beschwerdeführerin gegen die auch ihr angelastete Gewerbsmäßigkeit der Begehung ihrer Taten. Denn die Feststellung, daß sie von der Gewerbsmäßigkeit des Handelns des A Kenntnis hatte, reicht zur Annahme einer auch bei ihr als Beitragstäterin gegebenen Gewerbsmäßigkeit nicht aus. Betrifft doch die Gewerbsmäßigkeit nicht das Unrecht der Tat, sondern die Schuld (SSt. 48/96) und kann auch das Wissen des Beitragstäters um die Gewerbsmäßigkeit des Handelns des unmittelbaren Täters eine Feststellung in der Richtung, daß auch sie sich selbst (JBl. 1980, 436) durch die Taten, zu denen sie beigetragen hat, eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen beabsichtigte, nicht ersetzen. Dieser - die Urteilsnichtigkeit im aufgezeigten Sinne bewirkende - Feststellungsmangel liegt aber nicht nur bei der Beschwerdeführerin vor, sondern auch zum Nachteil des ebenso der Beitragstäterschaft am gewerbsmäßig schweren Betrug schuldig erkannten Francesco D, der das Urteil unangefochten ließ. Da in der bekämpften Entscheidung somit nicht jene Tatsachen festgestellt wurden, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes (Par 70 StGB.) zugrunde zu legen gewesen wären, war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Brigit Elisabeth B und in amtswegiger Wahrnehmung dieser materiellen Nichtigkeit zugunsten des Angeklagten Francesco D gemäß § 290 Abs. 1 StPO. spruchgemäß zu erkennen.

Der Privatbeteiligte (Bankhaus C & Comp. Ltd., Bankkommanditgesellschaft) hat seine gegen die Verweisung auf den Zivilrechtsweg erhobene Berufung anders als in deren Ausführung (ON. 99) behauptet, weder unmittelbar nach Urteilsfällung (am 27.Mai 1983) noch sonst innerhalb von drei Tagen angemeldet (ON. 95, 123). Die erst am 1.Juni 1983 zur Post gegebene (bereits schriftlich ausgeführte) Berufung erfolgte nach Ablauf der für die Berufungsanmeldung (bis 30.Mai 1983) offenstehenden Frist. Die Berufung war daher ebenso bereits in nichtöffentlicher Sitzung als verspätet zurückzuweisen (§§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO.).

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