OGH 9Os149/83

OGH9Os149/8322.11.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. November 1983 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Spies als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas A ua wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 f StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Helmut Josef B und Ingrid C gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Salzburg vom 26. Mai 1983, GZ 15 Vr 2610/82-58, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sowie die von den Angeklagten Helmut Josef B, Ingrid C und Andreas A erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, und der Ausführungen der Verteidiger Dr. Stetina, Dr. Schöll und Dr. Weidisch zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Helmut Josef B und Ingrid C werden verworfen.

Ihren Berufungen sowie der Berufung des Angeklagten Andreas A wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den genannten Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 4. September 1962 geborene Andreas A, der am 25. Mai 1950 geborene Helmut Josef B und die am 13. September 1961 geborene Ingrid C (zu A I, A VI, und A VIII) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB, A und C ferner (zu A II und A VIII) des genannten Verbrechens auch in der Erscheinungsform des Versuches nach § 15 StGB (C jeweils als Beteiligte nach § 12 StGB), A überdies (zu A IV und V) der Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 3, 128 Abs 1 Z 4 StGB und der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 StGB sowie schließlich B (zu A VII) des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2, erster Fall, StGB schuldig erkannt.

Nach dem auf dem Verdikt der Geschwornen beruhenden Schuldspruch hatten (A I) am 23. August 1982 in Salzburg Andreas A in Gesellschaft des Helmut Johannes D als Beteiligte nach vorheriger Absprache, Maria E zu knebeln und zu fesseln, versucht, mit Gewalt der Genannten fremde bewegliche Sachen, nämlich Schmuck in unbekanntem Wert mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er gemeinsam mit D zur Ausführung der Tat das Wohnobjekt der Maria E betrat; (A II und A VI) Andreas A und Helmut Josef B am 24. August 1982 in Salzburg in Gesellschaft als Beteiligte dadurch, daß A die Schmuck- und Juwelengroßhändlerin Maria E würgte, schlug und knebelte, während Helmut Josef B einige Schmuckkassetten im Gesamtwert von ca 1,1

Millionen S sowie zwei Sparbücher mit je 500 S Einlage an sich nahm, der Maria E mit Gewalt gegen ihre Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern; (A VIII) Ingrid C in Salzburg durch die Mitteilung an Andreas A und Helmut Johannes D, in der Wohnung der Maria E befinde sich sehr viel Schmuck, die Genannte tätige dort auch Verkäufe an Privatpersonen, deren Mutter sei fast erblindet sowie durch die Beschreibung der Örtlichkeiten, des Verwahrungsortes des Schmuckes und der Alarmanlage, Verfassung eines Planes der Wohnung, Beschaffung der für die Knebelung und Fesselung des Opfers erforderlichen Utensilien, nämlich Ankauf eines Waschlappens und von Stoffbändern sowie übergabe derselben an die Täter zur Ausführung der unter Punkt A I, II und VI des Urteilssatzes geschilderten Taten beigetragen; (A III und A IV) Andreas A jeweils unter Ausnützung von Gelegenheiten, die durch ihm aufgetragene Arbeiten geschaffen worden waren, fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar in der Zeit von April bis August 1982 in Salzburg seiner Auftraggeberin Marianne F Besteck, einen dreiflammigen Kerzenleuchter und diverse Getränke im Gesamtwert von ca 25.000 S und am 22. August 1982 in Velden seinem Arbeitgeber Dr. Franz G eine Stereoanlage samt Tonbändern im Gesamtwert von ca 10.000

S; (A V) Andreas A am 22. August 1982 in Velden ein Gut, das ihm anvertraut worden war, nämlich die ihm als Kellner für Dr. Franz G anvertraute Tageslosung in der Höhe von 4.511 S sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern und (A VII) Helmut Josef B in der Zeit vom 26. Juni 1979 bis zum 23. Juli 1979 in Klagenfurt und anderen Orten Österreichs wiederholt die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, dadurch wissentlich mißbraucht und der H hiedurch einen Vermögensnachteil zugefügt, daß er 48

Schecks über einen Gesamtbetrag von 118.795 S ausstellte, welche mit einem Betrag von 79.941,33 S ungedeckt waren.

Die sie betreffenden Schuldsprüche bekämpfen die Angeklagten B und C jeweils mit Nichtigkeitsbeschwerde, welche der Erstgenannte (siehe auch die Berichtigung ON 67) auf die Z 4, die Angeklagte C auf die Z 8 des § 345 Abs 1 StPO stützt.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B:

Dieser Beschwerdeführer erachtet den behaupteten Nichtigkeitsgrund zunächst durch die Verletzung der Vorschrift des § 221 StPO verwirklicht, weil ihm zwar formell die in dieser Gesetzesstelle bestimmte Vorbereitungszeit zugestanden, ihm jedoch keine Akteneinsicht gewährt worden sei. Dem genügt es zu erwidern, daß die Verwehrung der Akteneinsicht nach Kundmachung der Anklage und vor Beginn der Hauptverhandlung nicht unter Nichtigkeitssanktion steht (vgl §§ 221 und 345 Abs 1 Z 4 StPO) und mithin einen Nichtigkeitsgrund nach der zuletzt angeführten Gesetzesstelle nicht herzustellen vermag. Es kommt vorliegend aber auch jener der Z 5 des § 345 Abs 1

nicht in Betracht, weil in der Hauptverhandlung kein Antrag auf Vertagung und Gewährung von Akteneinsicht gestellt wurde (vgl zu all dem Mayerhofer/Rieder, E Nr 3

und 4 zu § 345 Abs 1 Z 4 StPO).

Dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei auch die unter Nichtigkeitsdrohung stehende Vorschrift des § 250 StPO verletzt worden, weil entgegen dem Zusatz im Hauptverhandlungsprotokoll (S 68/II) ihm die in seiner Abwesenheit erfolgte Verantwortung des Erstangeklagten Andreas A nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, ist durch die mit Beschluß des Vorsitzenden vom 23. September 1983, ON 73, erfolgte (abweisliche) Entscheidung über den Protokollberichtigungsantrag des Beschwerdeführers der Boden entzogen; demnach wurde ihm - seiner Behauptung zuwider - die Verantwortung des Andreas A vorgehalten (vgl S 72/II). Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut Josef B versagt daher zur Gänze.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Ingrid C:

Unter Anrufung der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO versucht die Beschwerdeführerin nach wörtlicher Wiedergabe der bezüglichen Rechtsbelehrung darzutun, daß diese hinsichtlich der Frage, inwieweit alle Beteiligten als Täter zu behandeln seien, unvollständig und widersprüchlich und mithin unrichtig sei. Die Rüge geht fehl.

Daß nämlich der Vorsatz des Beitragstäters auf die Herbeiführung des tatbildlichen Erfolges der von ihm geförderten Tat gerichtet sein muß, wie die Rechtsmittelwerberin zu Recht hervorhebt, bringt die Rechtsbelehrung hinreichend deutlich mit den Worten zum Ausdruck, daß 'der Beteiligte nach § 12 StGB eigenes Unrecht und eigene Schuld verantwortet'. In der Folge wird noch darauf verwiesen, daß es ausreicht (also auch erforderlich ist), 'daß der Täter die von ihm geförderte übeltat mit ihren wesentlichen Deliktsmerkmalen in seinen Vorsatz aufgenommen hat' (S 153, 155/II). Daß die Strafbarkeit des Beitragstäters ferner, wie die Rechtsbelehrung weiter ausführt, nicht nur von dessen eigener Schuld abhängt, sondern auch objektiv dadurch bedingt ist, daß der geförderte Haupttäter die äußere Tatseite des geförderten Delikts soweit hergestellt hat, wie es zumindest dem Versuch entspricht, steht damit keineswegs im Widerspruch, sondern befindet sich mit der im österreichischen Strafrecht verwirklichten sogenannten limitierten (quantitativen) Akzessorietät der Strafbarkeit der Beihilfe im Einklang (vgl Leukauf-Steininger 2 , RN 41

f zu § 12 StGB; SSt 50/2; LSK 1983/105).

Es erweist sich demnach auch die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten C als unbegründet.

Das Geschwornengericht verhängte über die Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB, bei Andreas A und Helmut Josef B unter Anwendung des § 28

StGB und bei A überdies unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf ein Urteil des Landesgerichtes Salzburg (mit welchem der Genannte wegen des Verbrechens nach § 206 Abs 1 StGB und der Vergehen nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z 1, 229 Abs 1, 135 Abs 1 und 134 Abs 1 und 3, erster Fall, StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden war), Freiheitsstrafen, und zwar über Andreas A in der Dauer von sieben Jahren, über Helmut Josef B im Ausmaß von sechs Jahren und über Ingrid C - unter Anwendung des § 41 StGB - in der Dauer von vier Jahren.

Hiebei wertete es als erschwerend bei A und B die Verletzung des Opfers und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei (A) bzw einem (B) Vergehen, bei B ferner die einschlägigen Vorstrafen und bei A überdies die Wiederholung des Raubes und der Diebstähle sowie daß er während eines gegen ihn anhängigen Verfahrens neuerlich straffällig geworden war und er beim Raub eine führende Rolle eingenommen hatte. Als mildernd zog es hingegen bei sämtlichen Angeklagten die teilweise Sicherstellung des geraubten Gutes im Ausmaß von rund 620.000 S, bei A und B das Geständnis, bei C den Beitrag zur Aufdeckung des Raubes und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, bei A und C den Umstand, daß der Raub in einem Fall beim Versuch geblieben war, und das Alter dieser beiden Angeklagten unter 21 Jahren, sowie bei A in Betracht, daß er sich selbst gestellt hatte. Bei B wurde überdies als mildernd gewertet, daß auch hinsichtlich des Vergehens der Untreue eine teilweise Schadensgutmachung erfolgt war und daß A bei der Ausführung des Raubes auf ihn eingewirkt hatte.

Die Berufungen der Angeklagten, mit welchen sie Strafherabsetzung, Ingrid C auch die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstreben, sind nicht begründet.

Dem Angeklagten A ist zu erwidern, daß neben dem (reumütigen) Geständnis der Beitrag zur Wahrheitsfindung nicht nochmals als gesonderter Milderungsgrund angerechnet werden kann (vgl Mayerhofer-Rieder, E Nr 51 a zu § 34 Z 17 StGB) und daß nach den aktenkundigen Umständen davon, er habe sich in nennenswerter Weise der Zufügung eines größeren Schadens enthalten, nicht gesprochen werden kann. Da durch eine Gewaltausübung verursachte Verletzungen nicht zum 'Schaden' des Raubes zählen, wäre es auch abwegig, den Milderungsgrund nach § 34 Z 14 StGB dadurch als verwirklicht anzusehen, 'daß die Zufügung von größeren oder nennenswerteren Verletzungen unterblieben ist, obwohl die Gelegenheit dazu gewesen wäre'. Weshalb die Lungenkrankheit des Angeklagten A vorliegend als mildernd ins Gewicht fallen sollte, bleibt unsubstantiiert; daß er hingegen aus Unbesonnenheit handelte, ist mit der detaillierten Planung der Raubüberfälle und deren Wiederholung unvereinbar. Schließlich können auch bei der Tatausführung unterlaufene Fehler vom Täter nicht als Milderungsgrund reklamiert werden. Zur Berufung des Angeklagten B ist zu bemerken, daß ihm seine Beeinflussung durch A ohnehin ausdrücklich als mildernd zugute gehalten wurde, daß aber von einer besonders verlockenden Gelegenheit (§ 34 Z 9 StPO) bei der gegebenen Sachlage keine Rede sein kann. Desgleichen kann angesichts der mehrfachen einschlägigen Vorverurteilungen des Angeklagten B nicht davon gesprochen werden, seine nunmehrigen Verfehlungen stünden 'mit seinem bisherigen Leben nicht im Einklang'. Endlich verbieten die gegebenen Modalitäten der Raubtat auch bei ihm die Annahme, er habe freiwillig auf die Zufügung eines größeren Schadens verzichtet.

Der Angeklagten C ist zwar einzuräumen, daß ihr sowohl die Selbststellung als auch der Umstand zusätzlich als mildernd zugutezuhalten sind, daß sie ersichtlich - ebenso wie B - die Taten unter der Einwirkung des Angeklagten A beging. Hingegen kann nach den gegebenen Umständen bei ihr - ebensowenig wie bei den übrigen Angeklagten - davon gesprochen werden, sie habe die Tat aus Unbesonnenheit begangen. Auch daß sie nach der Tat weniger Schmuck aus der Raubbeute an sich nahm, als dies möglich gewesen wäre, wirkt nicht als mildernd, weil hiedurch der Schaden nicht verringert wurde. Andrerseits tritt bei dieser Angeklagten als erschwerend hinzu, daß die Raubüberfälle wiederholt wurden sowie, daß sie ihr vormals vom Raubopfer geschenktes Vertrauen gröblich mißbrauchte. Es zeigt sich mithin, daß bei den Angeklagten A und B die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe keiner nennenswerten Korrektur bedürfen, bei Ingrid C hingegen eine Ergänzung sowohl im Milderungs- als auch im Erschwerungsbereich platzzugreifen hatte.

Zieht man zudem bei sämtlichen Angeklagten die hohe Raubbeute und die Brutalität des überfalles auf Maria E sowie bei Ingrid C das weit überdurchschnittliche Maß an Umfang und Intensität ihrer Beihilfehandlungen mit in Betracht (§ 32 StGB), dann erweisen sich unter den vorliegenden Strafbemessungsumständen die vom Geschwornengericht geschöpften Unrechtsfolgen bei sämtlichen Angeklagten als durchaus tatschuldgerecht und sonach keiner Reduktion bedürftig.

Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs 2 StGB) bedarf das Begehren der Angeklagten C um bedingte Strafnachsicht bei der gegebenen Strafhöhe keiner weiteren Einlassungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte