Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 17-jährige Tischlerlehrling Manfred A des Vergehens der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst nach § 170 Abs. 1 StGB schuldig erkannt; der Ausspruch und die Vollstreckung der zu verhängenden Strafe wurden gemäß § 13 Abs. 1 JGG für eine Probezeit von 1 (einem) Jahr vorläufig aufgeschoben.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat der Angeklagte am 31. Mai 1983 in Krems/Donau dadurch, daß er im Lackierraum des Tischlereibetriebes der Isolde B mit einer Trennscheibe Formrohre zurechtschnitt, wobei durch die glühenden Eisenspäne Lackrückstände in Brand gesetzt wurden, fahrlässig an einer fremden Sache, nämlich dem Gebäude des Richard C sowie der Betriebseinrichtung der Isolde B, ohne Einwilligung der Eigentümer eine Feuersbrunst verursacht, wobei der Brand den gesamten Dachstuhl des Gebäudes vernichtete und auf die Einrichtung und die Maschinen des Betriebes übergriff. Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, mit welcher nominell die Gründe der Z 4 und 5 des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht werden, und mit Berufung.
Eine Nichtigkeit im Sinn der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO erblickt der Beschwerdeführer darin, daß das Erstgericht seinen Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens des Arbeitsinspektorates zum Beweis dafür, daß es nach den Vorschriften (ersichtlich gemeint: des Bundesgesetzes BGBl 146/1948 über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen, auf das sich die Beschwerdeschrift bezieht) Lehrlingen überhaupt nicht gestattet ist, unbeaufsichtigt zu arbeiten, abgewiesen hat (S 60, 61).
Rechtliche Beurteilung
Die Rüge entbehrt indes der gesetzmäßigen Ausführung. Denn nach dem eben wiedergegebenen Beweisthema zielte der betreffende Beweisantrag nicht auf die Erforschung von Tatumständen ab, die für die Schuldfrage oder den anzuwendenden Strafsatz relevant sind; das begehrte Gutachten sollte vielmehr - wie das Schöffengericht zutreffend erkannte - ausschließlich zur Lösung einer Rechtsfrage dienen, wie dies ja auch in der Beschwerde der Sache nach eingeräumt wird. Rechtsfragen sind aber grundsätzlich nicht Gegenstand des - bloß Tatfragen betreffenden - Beweisverfahrens und damit einer Beweisaufnahme durch Anhörung von Sachverständigen (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO, E Nr 124 zu § 281 Z 4);
ihre Beantwortung obliegt nicht einem Sachverständigen, sondern ausschließlich dem erkennenden Gericht (SSt 22/53). Die Vernehmung eines Sachverständigen über die dem Gericht zur Entscheidung überlassenen Rechtsfragen ist unzulässig (SSt 41/7 ua). Hat daher ein Beweisantrag nur eine Rechtsfrage zum Gegenstand, so ist ihm nicht stattzugeben und es kann die Ablehnung eines solchen Beweisantrages mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO nicht prozeßordnungsgemäß geltend gemacht werden. Wird der in Rede stehende Beweisantrag aber - entsprechend den Beschwerdeausführungen - dahin verstanden, daß damit für den Fall einer nachträglichen Straffestsetzung ein Mitverschulden anderer Personen dargetan werden sollte, weil der Angeklagte - nach Meinung der Beschwerde - zu gefährlichen Arbeiten herangezogen wurde, zu denen er nicht herangezogen werden hätte dürfen, so zielte er auf den Nachweis (bloß) einer Strafzumessungstatsache ab, womit der Nichtigkeitsgrund der Z 4 der zitierten Gesetzesstelle (abermals) nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt wird (vgl 10 Os 139/80; 9 Os 155/81; 9 Os 69/83), ganz abgesehen davon, daß eine Straffestsetzung derzeit gar nicht zur Debatte steht.
Soweit die Beschwerde auch den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO geltend macht, indem behauptet wird, 'der Ausspruch über entscheidende Tatsachen sei unvollständig geblieben', so entzieht sich dieses Vorbringen mangels jeglicher Substantiierung einer sachbezogenen Erörterung; es fehlt daher gleichfalls an einer gesetzmäßigen Ausführung der Beschwerde.
Mit dem Einwand schließlich, 'bei Berücksichtigung der gesetzlichen Anordnungen im BGBl 146/1948 hätte übrigens sich ergeben können, daß wegen der vorhandenen und von niemandem beachteten Unkenntnis wichtiger Vorschriften das subjektive Verschulden sich sogar als nicht gegeben herausstellt, weshalb aus diesem Grund mit einem Freispruch vorzugehen gewesen wäre', welches Vorbringen allenfalls als Rechtsrüge nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO gedeutet werden könnte, negiert die Beschwerde die Konstatierungen des Erstgerichtes zur subjektiven Sorgfaltswidrigkeit (S 65, 67, 68), sodaß es auch insoweit einer gesetzmäßigen Ausführung mangelt.
Der Beschwerdeführer bringt daher weder die geltend gemachten noch sonst einen der im § 281 Abs. 1 Z 1 bis 11 StPO aufgezählten Nichtigkeitsgründe zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weshalb seine Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war.
Der Angeklagte hat gegen das eingangs bezeichnete Urteil auch das Rechtsmittel der Berufung angemeldet (S 71/ 72); eine Ausführung der Berufung erfolgte nicht (S 73 ff). Anläßlich der Anmeldung der Berufung wurden die bekämpften Punkte des Strafausspruches (§ 46 Abs. 1 zweiter Satz JGG) nicht bezeichnet (abermals S 71/72), was an sich dazu führen müßte, auf die Berufung keine Rücksicht zu nehmen (§§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO), in welcher Richtung auch die Stellungnahme der Generalprokuratur lautet. Besteht aber im gegebenen Fall kein Zweifel darüber, wodurch der Berufungswerber sich beschwert erachtet, so ist auf eine eingebrachte Berufung auch dann einzugehen, wenn weder bei der Anmeldung noch in einer Ausführung des Rechtsmittels die bekämpften Punkte deutlich bezeichnet werden (vgl idS EvBl 1978/ 32 = RZ 1977/141 = ÖJZ-LSK 1977/305 zu § 433 Abs. 1 StPO). Vorliegend hat das Schöffengericht den Ausspruch und die Vollstreckung der zu verhängenden Strafe gemäß § 13 Abs. 1 JGG vorläufig aufgeschoben, wobei es die Probezeit mit dem gesetzlichen Mindestmaß (von einem Jahr) bestimmt hat. Der Berufungswerber kann sich daher einzig und allein durch die Nichtanwendung des § 12 Abs. 2 JGG beschwert erachten, die (nach nunmehr ständiger Rechtsprechung; vgl 10 Os 11/78; 11 Os 20/78; 12 Os 30/78; 9 Os 23/82) mit Berufung bekämpfbar ist. Damit ist aber vorliegend unzweifelhaft erkennbar, worauf die Berufung abzielt (und nur abzielen kann), sodaß es in diesem Fall (ausnahmsweise) einer ausdrücklichen Bezeichnung des Beschwerdepunktes nicht bedarf. Zur Entscheidung über die sohin wirksame Berufung waren demnach die Akten in sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs. 6 StPO dem zuständigen Gerichtshof zweiter Instanz zuzuleiten. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)