OGH 10Os147/83

OGH10Os147/8318.10.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Oktober 1983

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.Prof.Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maresch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johannes Franz Eckehard A und andere wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB. sowie anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Johannes Franz Eckehard A sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten Ingeborg B gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 7.März 1983, GZ. 27 Vr 1643/82-39, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Rifaat und Dr. Lindner sowie des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Presslauer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wird der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dahin ergänzt, daß dem Angeklagten Johannes Franz Eckehard A auch die im Verfahren zum AZ. 23 Vr 2165/82, Hv 53/82, des Landesgerichtes Linz in der Zeit vom 12.September 1982, 3,00 Uhr, bis 26.Jänner 1983, 11,00 Uhr, erlittene Vorhaft gemäß § 38 Abs. 1 Z. 2 StGB. auf die über ihn verhängte Strafe angerechnet wird. Der Berufung des Angeklagten A wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17.Jänner 1983, GZ. 23 Vr 2165/82-33, auf 2 (zwei) Monate Zusatzfreiheitsstrafe herabgesetzt.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird ebenfalls Folge gegeben und über die Angeklagte Ingeborg B unter Ausschaltung des § 37 StGB. sowie Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 15.Februar 1983, GZ. 29 E Vr 2735/82-24, nach §§ 28, 147 Abs. 2 StGB. eine Zusatzfreiheitsstrafe von 2 (zwei) Monaten verhängt.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (neben anderen Angeklagten) der am 1.August 1957 geborene Johannes Franz Eckehard A der Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB. sowie der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt.

Betrug liegt ihm zur Last, weil er am 16.Juni 1982 in Linz als Mittäter gemeinsam mit der Mitangeklagten Ingeborg B sowie den bereits rechtskräftig abgeurteilten Angeklagten Christina Maria C und Leonhard D mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der X Linz durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ihre Verfügungsberechtigung über das Konto des Johann G anläßlich der Einlösung von drei falschen Schecks über einen Gesamtbetrag von 25.500 S, zur Auszahlung der Bargeldbeträge und somit zu Handlungen verleitete, die den Johann G oder die X Linz in einem 5.000 S übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, wobei die Täter falsche Urkunden benützten, nämlich Schecks, auf welchen die Ausstellerunterschrift des Johann G nachgemacht war (Punkt I A 1 b des Urteilssatzes).

Der auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A gegen den zuletzt bezeichneten Schuldspruch (wegen schweren Betruges) kommt keine Berechtigung zu.

Verfehlt ist zunächst die Mängelrüge (Z. 5).

Eine Feststellung, daß der Angeklagte A persönlich die falschen Schecks den Sparkassenangestellten übergeben und die Schecksummen übernommen hat, ist dem Beschwerdevorbringen zuwider dem Urteilssachverhalt nicht zu entnehmen; in der vom Beschwerdeführer zitierten Passage 'das Einlösen der Schecks durch die vier Angeklagten erfolgte mit dem Vorsatz', kommt, berücksichtigt man die sonstigen Konstatierungen, lediglich der gemeinsame Tätervorsatz, nicht aber die unmittelbare persönliche Mitwirkung aller Angeklagten bei den Scheckeinlösungen zum Ausdruck.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß B und D den Beschwerdeführer und C nur um Mithilfe bei der Einlösung der falschen Schecks ersucht hatten, worauf dieser die Genannten zu drei Sparkassenfilialen begleitete, bei denen C mit seinem Einverständnis drei Schecks über je 8.500 S präsentierte, an deren Erlös er (der Beschwerdeführer) nach seinen eigenen Angaben in der Folge mitpartizipierte. Mit diesen Konstatierungen hat das Erstgericht das Tatverhalten des Beschwerdeführers, der nach seinen dem Urteil zu Grunde gelegten Angaben ausdrücklich C bei der Scheckeinlösung psychisch unterstützt hatte (S. 185 ff., insb. S. 187), eindeutig umschrieben, sodaß die behauptete Undeutlichkeit nicht vorliegt. Gleichermaßen versagt die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a). Der Beschwerde ist zwar einzuräumen, daß im festgestellten Tatverhalten, wonach er selbst anläßlich der für den Eintritt des Erfolges kausalen Täuschung der Sparkassenangestellten überhaupt nicht in Erscheinung getreten ist, keine Ausführungshandlung zum Betrug zu erblicken ist. Demgemäß war die rechtliche Annahme einer Mittäterschaft des Beschwerdeführers, die entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung eine Erscheinungsform der unmittelbaren Täterschaft ist (vgl. Leukauf-Steininger Komm.2 § 12 RN. 9), verfehlt.

Wohl muß bei einer Tatbegehung durch Mehrere der Einzelne nicht den gesamten Tatbestand verwirklichen, um 'unmittelbarer Täter' (§ 12 erster Fall StGB.) zu sein, doch ist zur Annahme seiner Mittäterschaft erforderlich, daß er - und sei es auch nur in Form eines vorsätzlichen arbeitsteiligen Zusammenwirkens - selbst eine Ausführungshandlung setzt. Bloß in den im Gesetz speziell vorgesehenen Fällen deliktsspezifischer Sondertäterschaft durch eine Begehung in Gesellschaft (§§ 127 Abs. 2 Z. 1; 138 Z. 3; 143 erster Fall StGB.) oder in verabredeter Verbindung (§ 84 Abs. 2 Z. 2 StGB.) kann dazu auch eine ansonsten (nur) als sonstiger Tatbeitrag (§ 12 dritter Fall StGB.) zu beurteilende Tätigkeit genügen (10 Os 4/81). Beim Betrug ist jedoch eine derartige Regelung nicht vorgesehen, sodaß der Täter durch eigenes Verhalten einen anderen im Wege der Täuschung zu der im Tatbild bezeichneten Handlung, Duldung oder Unterlassung verleiten muß, um den Anforderungen der unmittelbaren Täterschaft und - bei Beteiligung einer Personenmehrheit - der Mittäterschaft zu entsprechen. Der weitere Einwand allerdings, daß der Beschwerdeführer nicht nur keine Ausführungshandlungen gesetzt, sondern auch sonst zur Ausführung der von C begangenen Betrugstaten nicht beigetragen habe, erweist sich als unberechtigt.

Es ergibt sich nämlich aus den durch das bereits erwähnte Tatsachengeständnis des Beschwerdeführers gedeckten Urteilskonstatierungen, daß er durch seine zustimmende Haltung zum Tatplan und durch Begleitung der genannten Angeklagten zu den Sparkassenfilialen die von ihr als unmittelbare Täterin begangene strafbare Handlung im Wege psychischer Unterstützung gefördert und daher einen Tatbeitrag im Sinne des § 12 dritter Fall StGB. geleistet hat (Leukauf-Steininger a.a.O. RN. 37).

Die rechtsirrige Beurteilung eines (in tatsächlicher Hinsicht mängelfrei festgestellten) Sachverhalts als unmittelbare Täterschaft (in Form einer Mittäterschaft) im Sinne des § 12 erster Fall StGB. anstatt richtig als Beitragstäterschaft im Sinne des § 12 dritter Fall StGB. begründet indes nach ständiger Judikatur im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der im § 12 StGB. geregelten Täterschaftsformen keine Urteilsnichtigkeit (Mayerhofer-Rieder StPO. E.Nr. 53, 55 zu § 281 Abs. 1 Z. 10).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus deren Anlaß hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Strafgesetz vom Erstgericht zum Nachteil des Beschwerdeführers insofern unrichtig angewendet worden ist, als beim Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft zwar durch Zitierung des Aktenzeichens auf die vom Angeklagten A im Verfahren 23 Vr 2165/82, Hv 53/82, des Landesgerichtes Linz erlittene Haft Bezug genommen, tatsächlich aber - insoweit im Einklang mit der hiezu angeführten gesetzlichen Vorschrift des § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB. - durch Festsetzung des Anrechnungszeitraumes vom 22.Juli 1982, 20,30 Uhr, bis 13.August 1982, 12,15 Uhr, nur die in der gegenständlichen Strafsache angefallene Vorhaft (siehe ON. 28, S. 117 ff. und S. 145; ON. 1, S. 3 a) berücksichtigt wurde. Die vom Angeklagten A nach der Begehung der im Ersturteil behandelten Taten in der Strafsache 23 Vr 2165/82, Hv 53/82, erlittene Vorhaft, welche nach der Aktenlage noch nicht zur effektiven Verkürzung der dort verhängten Freiheitsstrafe geführt hat (siehe ÖJZLSK. 1977/6 und 94), entspricht jedoch den Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Z. 2 StGB. und wäre demgemäß im Ersturteil ebenfalls anzurechnen gewesen.

Der Anrechnungsausspruch war daher hinsichtlich des Zeitraums vom 12. September 1982, 3,00 Uhr, bis 26.Jänner 1983, 11,00 Uhr, (aktenkundiges Ende der Untersuchungshaft zufolge des Beginns des Vollzuges einer vorbeugenden Maßnahme nach § 22 StGB. - siehe S. 375 und S. 411 des Aktes 23 Vr 2165/82, Hv 53/82 des Landesgerichtes Linz) gemäß § 290 Abs. 1 StPO. zu ergänzen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Johannes Franz Eckehard A nach §§ 28, 147 Abs. 1

(gemeint: Abs. 2) StGB. zu sechs Monaten Freiheitsstrafe und die am 2. Dezember 1949 geborene Ingeborg B, die es mit demselben Urteil der Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 StGB.

(Schaden insgesamt 34.000 S) sowie der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt hatte, nach §§ 28, 37, 147 Abs. 1 StGB. zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 20 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 150 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend bei A die einschlägigen (die Voraussetzungen des § 39 StGB. erfüllenden) Vorstrafen, das Zusammentreffen verschiedener strafbarer Handlungen und den raschen Rückfall sowie bei B eine einschlägige Vorstrafe mit noch offener Probezeit und den raschen Rückfall; als mildernd nahm es hingegen an: bei A das teilweise Geständnis und bei B das Geständnis sowie die teilweise Schadensgutmachung.

Mit der Berufung strebt der Angeklagte A die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an, wogegen die Staatsanwaltschaft in Ansehung der Angeklagten B die Verhängung einer schuldangemessenen Freiheitsstrafe begehrt.

Beiden Berufungen kommt Berechtigung zu.

Der Angeklagte A ist nämlich mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 17. Jänner 1983, GZ. 23 Vr 2165/82-33 (bestätigt durch Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 31.März 1983, AZ. 8 Bs 87/83) des (im September 1982 in fünf Angriffen verübten) Verbrechens des teils vollendeten, teils (nämlich in einem Fall) versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2 sowie 15 StGB. und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 1 und 2 dritter und vierter Fall SuchtgiftG.

schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 28 Monaten verurteilt worden.

Da die nunmehr geahndeten Straftaten im Sinn des § 31 StGB. nach der Zeit ihrer Begehung schon in jenem (früheren) Verfahren hätten abgeurteilt werden können und bei einer gemeinsamen Ahndung angesichts der doch eher untergeordneten Tatbeteiligung des Angeklagten beim Betrug eine (Gesamt-) Freiheitsstrafe in der Dauer von (nicht mehr als) zweieinhalb Jahren als tat- und tätergerecht anzusehen gewesen wäre, war nunmehr in Stattgebung der Berufung des Angeklagten die ausgesprochene Strafe entsprechend herabzusetzen (§ 40 StGB.).

Begründet ist aber auch die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten B. Berücksichtigt man nämlich, daß die Genannte die in Rede stehenden Straftaten (an denen sie zudem führend beteiligt war - vgl. S. 59) knapp vier Monate nach ihrer am 26.Februar 1982 (zum AZ. 28 Vr 2654/81) erfolgten Verurteilung durch das Landesgericht Linz - wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 130 erster Fall und 15 StGB. sowie des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB. - zu einer zehnmonatigen (gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer dreimonatigen Probezeit bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verübte, so ist schon aus Gründen der Spezialprävention die Anwendung des § 37 StGB. nicht mehr vertretbar, sondern die Verhängung einer Freiheitsstrafe jedenfalls erforderlich. Bei deren Ausmessung war jedoch zu berücksichtigen, daß die Angeklagte B in der Zeit zwischen der Fällung des angefochtenen Urteils und der Begehung der damit geahndeten Straftaten eine (weitere) Verurteilung wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie Abs. 2 (zweiter Fall) SuchtgiftG. durch das Landesgericht Linz am 15.Februar 1983, GZ. 29 E Vr 2735/82-24, zu einer (gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten erlitten hat. Da bei gemeinsamer Aburteilung aller von den beiden Urteilen erfaßten Taten nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes eine Freiheitsstrafe in der Gesamtdauer von sechs Monaten der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld der Angeklagten (§ 32 StGB.) Rechnung getragen hätte, war in Stattgebung der begründeten Berufung der Staatsanwaltschaft über die Angeklagte B eine (Zusatz-) Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten zu verhängen. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB. konnte aus den bereits dargelegten Gründen (der Spezialprävention) nicht (mehr) in Erwägung gezogen werden. Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

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