OGH 12Os118/83

OGH12Os118/8313.10.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Oktober 1983

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof.

Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ramschak-Heschgl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christian A und Gerhard B wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB und anderen strafbaren Handlungen über die vom Angeklagten Gerhard B gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 7.Juli 1983, GZ 20 l Vr 2406/83-46, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die vom Angeklagten Christian A erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Kluger und Dr. Kleisinger sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Christian A und Gerhard B auf Grund des (einhelligen) Wahrspruches der Geschwornen wie folgt schuldig erkannt:

1./ Christian A a) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB (Punkt A I des Schuldspruches), b) des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 Z 2, Abs 3 zweiter Satz StGB (Punkt B des Schuldspruches), c) des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 1 StGB (Punkt C des Schuldspruches) und d) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Punkt D des Schuldspruches), 2./ Gerhard B a) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall StGB (Punkt A I und II des Schuldspruches) und b) des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (Punkt D des Schuldspruches).

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten B aus den Nichtigkeitsgründen der Z 6, 8 und 12 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde betrifft die Schuldsprüche wegen schweren Raubes Punkt A II (Hauptfrage II) und wegen leichter Körperverletzung Punkt D (Hauptfrage V). Die Hauptfrage II (fortlaufende Zahl 2 des Fragenschemas) ist darauf gerichtet, ob 'Gerhard B am 20.Februar 1983 in Wien unter Verwendung einer Waffe mit Gewalt dadurch, daß er die Passantin Katharina C am Oberarm ergriff, zu sich drehte und den Lauf einer Gaspistole der Marke Röhm gegen deren Oberkörper richtete, ihre Handtasche verlangte und sodann einen Bargeldbetrag in Höhe von etwa 400 S an sich nahm, der Genannten eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz weggenommen (hat), sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern'.

Soweit der Beschwerdeführer in bezug auf diese Hauptfrage und den auf deren Bejahung beruhenden Schuldspruch A II unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6

StPO die Unterlassung einer Eventualfragestellung nach einfachem, ohne Verwendung einer Waffe verübten Raub (§ 142 Abs 1 StGB ) sowie unter den Nichtigkeitsgründen der Z 8 bzw. 12 leg.cit. einerseits eine unrichtige Rechtsbelehrung und andererseits eine unrichtige rechtliche Subsumtion mit dem Einwand rügt, eine Gaspistole stelle keine Waffe im Sinne der Qualifikation schweren Raubes nach § 143 zweiter Fall StGB dar, ist ihm folgendes zu erwidern:

Zunächst bedurfte es nicht der reklamierten Eventualfrage, weil die Geschwornen gemäß der ihnen erteilten (allgemeinen, nach § 325 Abs 2 StPO im Beratungszimmer angeschlagenen) Belehrung, auf welche zudem auch in der Antwortspalte des Fragenformulars (StPO-Form. Prot. 15) ausdrücklich hingewiesen wird, in der Lage gewesen wären (§ 330 Abs 2 StPO.), die an sie gestellte Hauptfrage II unter Ausklammerung der Worte '... unter Verwendung einer Waffe ...' zu beantworten (vgl. zuletzt EvBl 1983/95).

Des weiteren fallen selbst ungeladene Gaspistolen nach nunmehr ständiger oberstgerichtlicher Judikatur (vgl. insbesondere die Entscheidung eines verstärkten Senates, EvBl 1978/175) unter den Waffenbegriff des § 143 StGB

Daher ist auch weder die geltend gemachte Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung noch der rechtlichen Subsumtion der Tat gegeben. Aber auch der unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 6

des § 345 Abs 1 StPO ferner erhobene Einwand gegen die Fragestellung Punkt V (fortlaufende Zahl 5) betreffend die dem Beschwerdeführer und dem Mitangeklagten A zur Last liegende Verletzung des Walter D (Schuldspruch D) ist nicht berechtigt. Die Hauptfrage V lautet dahin, ob 'Christian A und Gerhard B am 23. Februar 1983 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter Walter D durch Versetzen eines Faustschlages in das Gesicht sowie durch einen Stoß gegen den Unterkörper, wodurch dieser eine Rißquetschwunde an der Unterlippe, Würgespuren am Hals sowie eine Schwellung im Bereich des rechten Hodens erlitt, am Körper verletzt (haben)'.

Auch hier war, der Beschwerde zuwider, eine getrennte Fragestellung nach dem von den Angeklagten jeweils unmittelbar verursachten Verletzungserfolg angesichts der erwähnten, die Vorschrift des § 317 Abs 1 StPO ergänzenden und beschränkenden Bestimmung des § 330 Abs 2 StPO., die den Geschwornen die Möglichkeit einer nur teilweisen Beantwortung der Frage eröffnet, entbehrlich. In concreto wäre es also den Geschwornen, falls sie an Hand der, auch insofern richtigen und vollständigen, Rechtsbelehrung zur Ansicht gelangt wären, daß ein Mittäterschaft (§ 12 erste Alternative StGB ) begründendes bewußtes und gewolltes Zusammenwirken der beiden Angeklagten, das sie ohne Rücksicht darauf, ob einzelne Verletzungen nur durch den einen oder den anderen verursacht wurden, für den gesamten Erfolg haftbar macht, in der Ausführungsphase der Tat nicht vorgelegen wäre, offengestanden, in der Fragebeantwortung die Haftung der Angeklagten nur auf Teile des Verletzungserfolges einzuschränken.

Da keiner der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe vorliegt, war die sohin zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte die Angeklagten nach §§ 28, 143

1. Strafsatz StGB , Christian A zu fünf und Gerhard B zu sechs Jahren Freiheitsstrafe.

Während bei Christian A die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, die Verurteilung wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat, sowie die Verletzung eines Raubopfers als erschwerend gewertet wurde, wurden bei Gerhard B die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben Art, zwei einschlägige Vorverurteilungen und die Verletzung eines Raubopfers als Erschwerungsgründe herangezogen. Mildernd hingegen wurde bei beiden Angeklagten der Umstand, daß die Taten nach Vollendung des 18., jedoch vor Vollendung des 21.Lebensjahres begangen wurden, die Bereitschaft zur Schadensgutmachung und die reumütigen Geständnisse gewertet, sowie darüber hinaus bei Christian A der Umstand, daß es hinsichtlich einer Straftat beim Versuch geblieben ist sowie die teilweise Schadensgutmachung. Während beide Angeklagte mit ihren Rechtsmitteln eine Strafherabsetzung unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 41 StGB anstreben, begehrt der Angeklagte A ferner die Strafe unter Setzung einer Probezeit bedingt nachzusehen.

Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Geschwornengericht hat die von den Berufungswerbern unter anderen hervorgehobenen Milderungsgründe, wie das reumütige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung, ja sogar die Bereitschaft hiezu, ohnedies berücksichtigt. Der Annahme eines ordentlichen Lebenswandels (Milderungsgrund nach § 34 Z 2 StGB ) stehen die Vorstrafen entgegen. Ebenso kann von einer Unbesonnenheit bei der Tatbegehung im Hinblick auf die gezielte Vorgangsweise der Angeklagten nicht gesprochen werden. Auch wenn die vom Angeklagten B verwendete Gaspistole keine besonders gefährliche Waffe war, ist dieser Umstand nicht mildernd (vgl. die beispielsweise angeführten Milderungsgründe des § 34 StGB ). Die Ausführungen des Angeklagten A, wonach ihm beim Verbrechen der Hehlerei zuzubilligen gewesen wäre, daß er nicht damit gerechnet habe, daß das Geld bei einem schweren Raub erbeutet worden sei, sind mit dem Wahrspruch der Geschwornen unvereinbar. Von einer untergeordneten Beteiligung des Angeklagten A am Raub sowie von einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung beim Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt, kann nach den Verfahrensergebnissen nicht gesprochen werden. Eine drückende Notlage (vgl. § 37 Z 10 StGB ) liegt bei A nicht vor, weil er als Präsenzdiener volle Unterkunft und Verpflegung und auch einen, wenn auch geringen Sold bezogen hat. Im Gegensatz zu den von den Angeklagten vertretenen Auffassungen ist im vorliegenden Fall die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechts nach § 41

StGB nicht berechtigt. Diese Bestimmung stellt u.a. darauf ab, ob die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Dabei kommt es aber nicht allein auf die im § 34 StGB beispielsweise aufgezeigten 'besonderen' Milderungsgründe an; es sind vielmehr auch der Unrechtsgehalt der Tat und alle sonst nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung gemäß § 32 Abs 2 und Abs 3 StGB bedeutsamen Momente zu berücksichtigen, welche die Tat als überdurchschnittlich schwer oder überdurchschnittlich leicht ausweisen.

Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist § 41 StGB auf atypisch leichte Fälle beschränkt (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar2, § 41 RN. 4).

Von einem solchen atypisch leichten Fall kann aber vorliegend - abgesehen davon, daß die festgestellten Milderungsgründe bei beiden Angeklagten die Erschwerungsgründe keineswegs beträchtlich überwiegen - keine Rede sein, zumal der Unrechtsgehalt der Taten, trotz der geringen Beute, ebenso wie die Schuld der Angeklagten als nicht gering bewertet werden kann.

Bei Abwägungen der gegebenen Strafzumessungsgründe werden die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB ) durchaus gerecht, sodaß ihren Berufungen ein Erfolg zu versagen war. Die vom Angeklagten A begehrte bedingte Strafnachsicht war schon wegen der Höhe der Strafe ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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