Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Das Schöffengericht erkannte den zuletzt keiner Beschäftigung nachgegangenen Klaus A des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1
StGB. (1), des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit b WaffG. (2), des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB. (3), des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1 StGB. (4), des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB. (5 a) und des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 (Abs 1) StGB (5 b) schuldig.
Rechtliche Beurteilung
Nach dem zuletzt genannten Schuldspruch (5 b) hat der Angeklagte am 2. September 1981 in Linz Christa B auch durch die das (zu deren schwerer Verletzung - Nasenbeinbruch mit Verschiebung der Bruchstücke, Prellung des rechten Daumenballens und Hautabschürfungen an der rechten Hand und am linken Knie - führende) Versetzen von einigen Faustschlägen und eines Fußtritts begleitende Äußerung: 'Du zeigst mich bei der Polizei nicht an, daß ich ein Zuhälter bin ! Trau' dich ja nicht, mich bei der Polizei anzuzeigen !', nicht nur mit Gewalt, sondern auch durch gefährliche Drohung zu nötigen getrachtet, von einer Anzeigeerstattung Abstand zu nehmen (5 b). Der Angeklagte hatte nämlich am 30.August 1981 in Wels Christa B zur Ausübung der Prostitution für ihn und zur Ablieferung des Schandlohns an ihn zu erpressen gesucht (3) und ihr einen Kassettenrecorder gestohlen (4), weshalb Christa B den Angeklagten, ohne daß er freilich zur Zeit des Tatgeschehens am 2.September 1981 davon wußte (S. 199), angezeigt hatte (S. 13, 15 und 16). Ferner hatte Christa B am 31.August 1981 den Angeklagten fernmündlich aufgefordert, den gestohlenen Kassettenrecorder zurückzugeben, ansonsten sie ihn als Zuhälter anzeigen werde (S. 198, 199, 235).
Nach Auffassung des Beschwerdeführers, der den Schuldspruch wegen des Vergehens der versuchten Nötigung (5 b) aus der Z. 8 des § 281 Abs 1 StPO. mit Nichtigkeitsbeschwerde anficht, liege darin eine Anklageüberschreitung, weil die wörtlich wiedergegebene Äußerung der Christa B weder in (Spruch oder Begründung) der Anklageschrift ON. 23 angeführt werde, noch Gegenstand einer Anklageausdehnung in der Hauptverhandlung gewesen sei.
Dies trifft zu. Das Schöffengericht hat den angefochtenen Schuldspruch auch nicht auf eine Anklageausdehnung gestützt, sondern dargetan, daß es sich 'um die rechtliche Subsumtion eines ohnedies von der Anklagebehörde aufgegriffenen Sachverhaltes auch unter einen weiteren gesetzlichen Tatbestand' handle (S. 251).
Nach den diesbezüglichen, im Beweisverfahren gedeckten (S. 19, V0 in Verbindung mit S. 224), als solche unangefochten gebliebenen Urteilsfeststellungen war nämlich die Äußerung gegenüber der Christa B gefallen, als sie der Angeklagte am Kopf festhielt und ihr Schläge ins Gesicht versetzte (S. 235 in Verbindung mit S. 249, 250). Darnach hat der Angeklagte mit dem von der Staatsanwaltschaft unter Anklage gestellten und zu einer schweren Körperverletzung der Christa B führenden tätlichen Angriff am 2.September 1981 (Punkt 3 in ON. 23) den durch die begleitende Äußerung: 'Du zeigst mich bei der Polizei nicht an, daß ich ein Zuhälter bin ! Trau dich ja nicht, mich bei der Polizei anzuzeigen !' klargestellten Zweck verfolgt, Christa B von einer Anzeigeerstattung wegen des Vorfalls am 30. August 1981 (3 und 4) abzuhalten.
Die dem Schuldspruch wegen schwerer Körperverletzung (5 a) zugrunde liegenden Tätlichkeiten des Angeklagten waren somit nur eines der vom Angeklagten zu der von ihm angestrebten Nötigung eingesetzten Mittel. Ging aber das Erstgericht davon aus, daß gleichzeitig mit der zu 5 a angeführten Gewaltanwendung (sonach unter einem mit der dadurch herbeigeführten schweren Körperverletzung) uno actu auch das Delikt der versuchten Nötigung verwirklicht wurde, so liegt Idealkonkurrenz vor.
Wurde in einem solchen Fall aber auch nur eines der beiden durch die Tat verwirklichten Delikte (hier also die schwere Körperverletzung) unter Anklage gestellt (ON. 23, Punkt 3, insbes. S. 104 und 106), so kann von einer Anklageüberschreitung nicht gesprochen werden, wenn auch das gleichzeitig durch dieselbe Tat in Idealkonkurrenz verwirklichte Delikt (hier also die versuchte Nötigung, begangen durch das Mittel der Gewalt und der Drohung) in den Schuldspruch einbezogen wird. Hat doch das Gericht das Urteil nach seiner rechtlichen überzeugung, ohne an die in der Anklageschrift enthaltene Bezeichnung der Tat gebunden zu sein, zu schöpfen (§ 262 StPO.). Es soll allerdings nicht unerwähnt bleiben, daß die Vorschrift des § 262 StPO., daß die Parteien in einem solchen Fall über den geänderten rechtlichen Gesichtspunkt zu hören sind, keine Beachtung gefunden hat. Diese Unterlassung ist aber nicht mit Nichtigkeit bedroht und vermochte vorliegend angesichts der Erörterung des Sachverhalts in Gegenwart seines Verteidigers (S. 203 und Verlesungen S. 222, 223) für den Angeklagten keinen nachteiligen Einfluß zu üben.
Die im Schuldspruch zu 5 b angeführte und mit der im Schuldspruch unter 5 a erfaßten Gewaltanwendung Hand in Hand gehende, die Gewaltanwendung also begleitende und vom Gericht als gefährliche Drohung gewertete Äußerung erweist sich solcherart nur als Tatmodalität des von der Anklage erfaßten und insgesamt ein einheitliches Tatgeschehen darstellenden Vorfalls vom 2.September 1981, nicht aber als eine weitere, von der schweren Körperverletzung zu trennende Tat. Dieses gesamte Tatgeschehen war daher von der Anklage erfaßt, sodaß für eine Anklageausdehnung in der Hauptverhandlung (§ 263 Abs 1 StPO.), entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, keine Veranlassung bestand.
Wurde aber der Angeklagte zu 5 b, durchaus im Einklang mit der Bestimmung des § 267 StPO., wenn auch nach einer differenzierten und in rechtlicher Beziehung über die Tatbeurteilung durch den öffentlichen Ankläger hinausgehenden Wertung des von der Anklage insgesamt erfaßten Tatgeschehens vom 2.September 1981 bloß wegen ein und derselben Tat (im Sinn eines bestimmten historischen Geschehens) schuldig erkannt, welche das Gericht auf Grund der ihm zukommenden selbständigen rechtlichen Würdigung (§ 262 StPO.) nicht nur, wie der öffentliche Ankläger, bloß als schwere Körperverletzung, sondern auch als versuchte Nötigung, begangen durch Gewalt und eine gefährliche Drohung, beurteilte, so liegt die behauptete Anklageüberschreitung durch Verletzung der Bestimmungen der §§ 262, 263, 267 StPO., und demnach auch eine Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z. 8
StPO. nicht vor.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war darum als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs 1 Z. 2 StPO. schon in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.
Zur Verhandlung und Entscheidung über die des weitern gegen den Strafausspruch ergriffene Berufung des Angeklagten wird ein Gerichtstag angeordnet werden (§ 296 Abs 3 StPO.).
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