Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Jahre herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1.Oktober 1964 geborene beschäftigungslose Manfred A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes (in zwei Fällen) nach §§ 15, 142 Abs. 1, 143 (1. Deliktsfall) StGB. und des Vergehens der schweren Körperverletzung (in vier Fällen) nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 2 StGB. schuldig erkannt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruches liegt ihm zur Last, anfangs März 1983 in Wien in Gesellschaft der abgesondert verfolgten Jugendlichen Roman B und Michael C als Beteiligter (§ 12 StGB.) versucht zu haben, mit Gewalt gegen eine Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB.) anderen eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld, mit dem Vorsatz abzunötigen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er a) einen unbekannten ca. 17-jährigen Burschen gemeinsam mit
C und B einkreiste, während C auf ihn einschlug und äußerte 'hast a Geld, sonst muß ich dich niederhauen';
b) einen unbekannten ca. 15-jährigen Burschen gemeinsam mit C und B in ein Wohnhaus zerrte, C und B sodann im Aufzug auf den Burschen einschlugen, eine brennende Zigarette an ihm ausdämpften und C sodann Geld von ihm forderte, während A und B ihn einkreisten (Fakten I lit. a und b des Urteils).
Die Geschwornen hatten die diesen Schuldspruch zugrunde liegenden Hauptfragen 2.) und 3.) sowie die auf schwere Körperverletzung gerichteten weiteren Hauptfragen 4.) bis 6.) jeweils einstimmig bejaht. Die Hauptfrage 1.) hatte einen als Verbrechen des (vollendeten) schweren Raubes (Punkt I/1. der Anklage S. 271) angeklagten Vorfall zum Gegenstand und wurde im Verhältnis von vier Ja- zu vier Nein-Stimmen verneint (§ 331 Abs. 1 StPO.); stattdessen wurde die 7. Eventualfrage in Richtung schwerer Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 2 StGB.) einstimmig bejaht, was in diesem Faktum nur zum Schuldspruch wegen des zuletzt bezeichneten Vergehens führte (Punkt II/1. lit. c des Urteils). Die Eventualfrage 8.) und 9.), die den Geschwornen die Möglichkeit geboten hätten, auch die in der Hauptfrage 2.) und 3.) behandelten Vorfälle ebenfalls bloß als schwere Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 2 StGB.) zu beurteilen, ließen sie folgerichtig - sie hatten ja die korrespondierenden Hauptfragen 2.) und 3.) bejaht - unbeantwortet.
Der Angeklagte bekämpft mit einer auf die Z. 6, 9
und 12 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Sache nach bloß den Schuldspruch wegen versuchten schweren Raubes.
Rechtliche Beurteilung
Der unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z. 6 StPO. erhobene Einwand des Beschwerdeführers, es sei ihm nach dem Inhalt der Anklage deshalb, weil man ihm angelastet habe, den Raub in Gesellschaft als Beteiligter versucht zu haben, zu diesen Fakten kein Versuch des Raubes, sondern das (vollendete) Delikt vorgeworfen worden, ist unverständlich. Zu dieser nach den Denkgesetzen nicht nachvollziehbaren Rüge genügt es, auf den Wortlaut der betreffenden Hauptfragen 2.) und 3.) sowie auf die rechtliche Beurteilung der mit dem bejahenden Wahrspruch konstatierten Taten als versuchter Raub zu verweisen. Ebenso unverständlich ist der an den soeben erörterten Einwand anknüpfende weitere Vorwurf, den Geschwornen wäre deshalb nach § 314 StPO. eine 'Eventualfrage nach dem Versuch oder/und bloßer Beteiligung' zu stellen gewesen;
waren doch die zweite und die dritte Hauptfrage in übereinstimmung mit der Anklage ohnehin darnach gerichtet, ob der Angeklagte jeweils als Gesellschaftstäter (§§ 12 erster Fall, 143 erster Fall StGB.) das Verbrechen des Raubes in der Erscheinungsform des Versuchs begangen hat.
Damit erweist sich schließlich auch die Beschwerdeansicht als verfehlt, daß in der zweiten und dritten Hauptfrage die Täterschaftsformen des § 12 StGB. nicht unterschieden würden. Das Gesellschaftsverhältnis beim Raub (§ 143 erster Fall StGB.) verlangt nämlich - ebenso wie jenes beim Diebstahl (§ 127 Abs. 2 Z. 1 StGB.) - nicht, daß der an der Tat Beteiligte auch selbst Ausführungshandlungen setzt. Unter der Voraussetzung gleichzeitiger Anwesenheit am Tatort (bzw. in dessen Nähe) zur Tatzeit und des Einverständnisses mit dem (oder den) unmittelbaren Täter(n) genügt vielmehr bei dieser Sondertäterschaftsform zur Annahme unmittelbarer Täterschaft (§ 12 erster Fall StGB.) eine die Raubausführung bloß fördernde Tätigkeit im Sinn eines sonst bloß als Tatbeitrag nach § 12
dritter Fall StGB. zu beurteilenden Verhaltens (Leukauf-Steininger2, RN. 7 zu § 143, RN. 74 ff. zu § 127 StGB.). Eben darauf aber waren die in Rede stehenden Hauptfragen gerichtet. Der Fragestellung haftet somit ein Mangel nicht an. Mit der auf Z. 12 des § 345 Abs. 1 StPO. gestützten Rüge vermeint der Beschwerdeführer seiner zuletzt erörterten Rechtsansicht entsprechend, er hätte deswegen, weil nach § 15 Abs. 2 StGB. die Ausführung einer der Tat unmittelbar vorausgehenden Handlung durch den Täter selbst vorausgesetzt werde, wogegen er 'auf Grund seiner Haftung nach § 12 StGB. nicht als Täter' anzusehen sei, nur wegen 'versuchter Beteiligung' - der Sache nach gemeint: wegen Beteiligung am Versuch - haftbar gemacht werden dürfen. Auch diese Rechtsansicht ist verfehlt.
Hat doch der Beschwerdeführer, wie schon gesagt, nicht einen 'sonstigen Tatbeitrag' (§ 12 dritter Fall StGB.), sondern selbst unmittelbare Täterschaft (§ 12 erster Fall StGB.) zu verantworten, sodaß der Beurteilung seiner Tat nicht als Tatbeitrag zum versuchten Raub (§§ 12 dritter Fall, 15, 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB.) - ein bloß 'versuchter Tatbeitrag' hingegen wäre ja nach § 15 Abs. 2 StGB. (arg. e contr.) überhaupt straflos -, sondern als in unmittelbarer Täterschaft versuchter Gesellschaftsraub (§§ 15, 142 Abs. 1, 143 erster Fall StGB.) kein Rechtsirrtum anhaftet. Nicht im Recht ist der Beschwerdeführer schließlich mit der Behauptung zum Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z. 9 StPO., der Wahrspruch stehe mit den Denkgesetzen deshalb nicht im Einklang, weil es der Logik widerspreche, ihn einerseits bei dem einzigen Delikt, bei dem tatsächlich Beute gemacht worden sei (Hauptfrage 1.), nicht als Raubgenossen anzusehen, andererseits aber bei den bloß versuchten Raubüberfällen (Hauptfragen 2. und 3.) als Räuber zu behandeln.
Ein solcher innerer Widerspruch haftet aber dem Verdikt nicht an, weil die mit der Rüge relevierten verschiedenen Taten des Beschwerdeführers durchaus eine differenzierte Beurteilung zulassen. Es bedeutet keineswegs einen unlösbaren logischen Gegensatz, daß die Geschwornen beim (zeitlich) ersten derartigen Vorfall davon ausgingen, dem Beschwerdeführer habe der Raubvorsatz gefehlt, ihm für die übrigen (darauf folgenden) Taten aber den Raubvorsatz anlasteten und so zum bezeichneten Wahrspruch kamen. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB. eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen zweier Straftaten und deren Wiederholung, den raschen Rückfall und das Handeln aus besonders verwerflichen Beweggründen ohne jeden verständlichen Anlaß, hingegen als mildernd das Alter unter 21 Jahren, den Umstand, daß es bei den Raubfakten beim Versuch geblieben ist, das teilweise Geständnis in der Hauptverhandlung und das umfassende im Vorverfahren in Verbindung mit dem Umstand, daß der Angeklagte zu Straftaten aussagte, von denen die Polizei noch nichts wußte, sowie daß er bei der Tatausführung teilweise im Hintergrund geblieben ist. Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafmaßes anstrebt, ist begründet.
Die Strafzumessungsgründe wurden vom Erstgericht mit der Einschränkung im wesentlichen richtig erfaßt, daß der Erschwerungsgrund des § 33 Z. 5 StGB. nur die strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben zu Punkt II des Urteilssatzes betrifft; hier war das Handeln des Angeklagten von Vorstellungen bestimmt (rohe Mißhandlung anderer Personen aus übermut und Langeweile), die nach dem Empfinden eines rechtstreuen Menschen besonders verachtenswert sind und dessen Abscheu hervorrufen (vgl. Leukauf-Steininger, StGB.2, RN. 11 bei § 33 StGB.).
Zusätzliche Milderungsgründe werden in der Berufung nicht aufgezeigt. Daß der Angeklagte bei den Tathandlungen teilweise im Hintergrund stand und damit nur in untergeordneter Weise beteiligt war, wurde ohnedies als mildernd gewertet. Entgegen der Behauptung in der Berufung kann nach der Aktenlage davon, daß er diese Taten nur unter Einwirkung des Michael C begangen hat, nicht die Rede sein (vgl. Aussage der Zeugen Peter D, S. 374;
Roman B, S. 375 und Michael C, S. 379 ff.) auch Unbesonnenheit kommt dem Angeklagten nicht als mildernd zugute, weil keine der vom Schuldspruch erfaßten Taten auf eine augenblickliche Eingebung, auf einen Willensimpuls zurückzuführen ist, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen ist und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters unterdrückt worden wäre (Leukauf-Steininger, StGB.2, RN. 13 zu § 34 StGB.). Die Behauptung des Berufungswerbers, C habe bei den versuchten Raubtaten die Opfer nur im Spaß gefragt, ob sie Geld hätten, findet im festgestellten Sachverhalt keine Deckung und ist daher unbeachtlich.
Die verhängte Strafe war nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes aber angesichts des Umstands, daß dem im Vorverfahren abgelegten, auf Schuldeinsicht hinweisenden Geständnis ein (in erster Instanz zu wenig gewürdigtes) beträchtliches Gewicht zukommt und dem Alter des Angeklagten überhöht, weshalb sie in Stattgebung der Berufung auf das aus dem Spruche ersichtliche, tatschuldangemessene Ausmaß reduziert wurde. Für die begehrte außerordentliche Strafmilderung fehlt das beträchtliche überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe (§ 41 Abs. 1 StGB.).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)