OGH 12Os65/83

OGH12Os65/8322.9.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.September 1983

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Steininger in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ramschak-Heschgl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Boris A und andere wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erich B sowie die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Josef C gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.Jänner 1983, GZ. 6 c Vr 9474/78-43, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Stöhr und Dr. Petrofsky sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten B und C auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden - neben weiteren Angeklagten - der am 26.Juni 1949 geborene Kellner Erich B der Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG. und des vorsätzlichen Eingriffs in staatliche Monopolrechte nach § 44 Abs. 1 lit. c FinStrG.

(Punkte I/B und II) sowie der am 5.März 1923 geborene Taxilenker Josef C der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38

Abs. 1 lit. a FinStrG. und der Monopolhehlerei nach § 46 Abs. 1 lit. a FinStrG. (Punkte III/A/2 und IV) schuldig erkannt. Diese Angeklagten bekämpfen ihre Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde, der Angeklagte Josef C hat außerdem Berufung punkto Strafe erhoben.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Erich B:

Dem Angeklagten Erich B liegt zur Last, während des Jahres 1978 an nicht feststellbaren Orten 800 Stück Zigaretten der Sorte Marlboro (Schweizer Herkunft) vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungspflicht im Eisenbahnreiseverkehr dem Zollverfahren entzogen und einem monopolrechtlichen Einfuhrverbot zuwider in das Zollinland eingeführt zu haben. Deren (unangefochtenen) Schuldsprüchen wegen Abgaben- und Monopolhehlerei zufolge hat die mit B befreundete Serviererin Regina D diese Zigaretten der Gaststättengeschäftsführerin Renate E verhandelt und letztere sodann in ihrem Lokal die gegenständlichen (wie auch aus anderen Quellen stammende) Schmuggelzigaretten mit Gewinn weiterverkauft.

In seiner auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Beschwerde rügt der Angeklagte Erich B zunächst, das Erstgericht habe seine Verantwortung, bei seinen regelmäßigen Auslandsfahrten (als Bediensteter der Internationalen Schlafwagengesellschaft auf der Strecke Basel-Wien) jeweils nur eine Stange Zigaretten zu seinem persönlichen Verbrauch eingeführt zu haben, mit Stillschweigen übergangen, und vermißt in diesem Zusammenhang eine (seiner Ansicht nach erforderliche) Konstatierung, ob er von der Weitergabe der durch ihn eingeführten Zigaretten seitens Regina D an Renate E gewußt habe.

Mit der Behauptung des Angeklagten Erich B, regelmäßig Zigaretten aus der Schweiz zu seinem persönlichen Verbrauch erlaubt und zollfrei eingeführt zu haben, brauchte sich indes das Erstgericht im besonderen nicht auseinanderzusetzen, weil sich jenes Vorbringen auf Zigaretten der Marke 'Astor' bezog (Bl. 57 verso im Beweismittelakt ON. 2), wogegen dem Beschwerdeführer - wie erwähnt - Schmuggel und vorsätzlicher Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols in bezug auf (800 Stück) Zigaretten der Sorte 'Marlboro' angelastet werden. Deren Einfuhr hat der Angeklagte aber - ohne sich insoweit auf eine zoll- und monopolrechtliche Begünstigung (: für die Einfuhr von Tabakwaren durch Reisende zu ihrem persönlichen Verbrauch) zu berufen - schlicht geleugnet; weshalb das Erstgericht dieser leugnenden Verantwortung nicht folgte, ist in den Urteilsgründen dargelegt (S. 374). Hatte aber der Angeklagte B selbst nicht einmal behauptet, für die verfahrensgegenständlichen Zigaretten eine an einen bestimmten Verwendungszweck (hier: persönlicher Verbrauch) gebundene eingangsabgaben- und monopolrechtliche Begünstigung bei der Einfuhr in Anspruch genommen zu haben, so bestand für das Erstgericht kein Anlaß, die nur in dem (hier gerade nicht aktuellen) Fall einer späteren bedingungswidrigen Verwendung abgabenbegünstigt eingeführter Waren (vgl. § 35 Abs. 3 FinStrG.) relevante Frage zu prüfen, ob die in concreto erfolgte Weitergabe der Zigaretten an andere Personen dem Beschwerdeführer zuzurechnen sei. Unter Bezugnahme auf § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. bestreitet der Beschwerdeführer des weiteren die gerichtliche Zuständigkeit zur Ahndung der ihm angelasteten Finanzvergehen, weil von einem 'Zusammentreffen' derselben mit gerichtlich strafbaren Finanzvergehen eines anderen Angeklagten nicht gesprochen werden könne; habe er doch mit der Weitergabe der betreffenden Zigaretten durch Regina D an Renate E nichts zu tun gehabt.

Auch dieser Beschwerdeeinwand versagt: Zunächst wird dabei verkannt, daß sich von den Bestimmungen des § 53

FinStrG. über die Abgrenzung der gerichtlichen von der finanzstrafbehördlichen Zuständigkeit nur Absatz 3 auf 'zusammentreffende' Finanzvergehen bezieht und darunter nichts anderes zu verstehen ist als die subjektive Konnexität (mehrerer derselben Person zur Last fallender Finanzvergehen). Gemäß § 53 Abs. 4 FinStrG. ist aber ein Strafverfahren gegen den Täter, gegen andere vorsätzlich an der Tat Beteiligte und gegen Hehler bei Gericht durchzuführen, wenn auch nur bei einer dieser Personen sich die gerichtliche Zuständigkeit aus den Absätzen 1 bis 3 ergibt. Letzteres trifft vorliegend auf die Mitangeklagte Renate E zu, die als Hehlerin u.a. hinsichtlich derjenigen Zigaretten, welche Gegenstand des vom Beschwerdeführer begangenen Schmuggels und Monopoleingriffs gewesen waren, wegen gewerbsmäßiger Begehung (der Abgabenhehlerei: § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG.) vom Gericht abzuurteilen war (§ 53 Abs. 1 lit. a FinStrG.). Daraus ergibt sich nach § 53 Abs. 4 FinStrG. die gerichtliche Zuständigkeit auch für den Angeklagten Erich B als (Vor-) 'Täter', ohne daß es bei Anwendung dieser Vorschrift darauf ankäme, ob im gegebenen Fall zwischen 'Täter' und 'Hehler' eine unmittelbare Verbindung bestanden hat bzw. wie weit der in Rede stehende Konnex den davon umfaßten Personen bewußt geworden ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Erich B war somit zu verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Josef C:

Der Angeklagte Josef C wurde der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei und der Monopolhehlerei schuldig erkannt, weil er während des Jahres 1978 vorsätzlich und gewerbsmäßig insgesamt 22.000 Stück Zigaretten verschiedener (im Urteilsspruch genannter und mengenmäßig aufgegliederter Sorten), ferner 40 Flaschen russischen Sekt und 15 Flaschen Wodka, hinsichtlich welcher Gegenstände von unbekannten Tätern ein Schmuggel begangen und (abgesehen vom Sekt) auch in Monopolrechte eingegriffen worden war, gekauft und verhandelt hat.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte C aus den Nichtigkeitsgründen der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

Hinsichtlich der behaupteten Begründungsmängel (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) versagt zunächst der Vorwurf der Aktenwidrigkeit. Keineswegs hat nämlich das Erstgericht den Inhalt der den Beschwerdeführer belastenden Aussagen des Mitangeklagten Julius F im Urteil unrichtig wiedergegeben. Vielmehr stimmt die Beschwerdebehauptung, F habe keine Angaben über seinen Bezug der in Rede stehenden Schmuggelwaren von C gemacht, ihrerseits mit dem Akteninhalt nicht überein. Darnach hat F seine vor der Finanzstrafbehörde abgelegten Aussagen - mit dem im Urteil, S. 370, wiedergegebenen Inhalt (vgl. damit Bl. 43 v. im Beweismittelakt ON. 2) - in der Hauptverhandlung im wesentlichen aufrechterhalten und lediglich insoweit widerrufen, als er bei seiner ersten Vernehmung (Bl. 39 v. a.a.O.) auch die Mitangeklagte Susanne G ('Susi') als Abnehmerin von ihm (weiter-) verhandelter Schmuggelwaren (Sekt und Zigaretten) genannt hatte (S. 328, 331). Der Vorwurf des Beschwerdeführers, bei gleicher Beweislage habe das Erstgericht ihn verurteilt, die Angeklagte G hingegen freigesprochen, weshalb das Urteil mit einem inneren Widerspruch behaftet sei, geht nicht von den tatsächlichen Verfahrensergebnissen aus und stellt zudem ebenso wie das vom Beschwerdeführer gebrauchte Argument, Aussagen vor Ermittlungsbehörden seien grundsätzlich nur bedingt und insbesondere im gegebenen Fall nicht beweiskräftig, einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts dar.

Die vom Angeklagten C behaupteten Begründungsmängel haften mithin dem Urteil nicht an.

Ebensowenig vermag der Beschwerdeführer mit seiner auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. gestützten, gegen den Ausspruch, er habe die Abgabenhehlerei gewerbsmäßig begangen, erhobenen Rechtsrüge durchzudringen.

Für die erhöhte Strafbarkeit gewerbsmäßiger Deliktsbegehung im Sinne des § 38 Abs. 1 lit. a FinStrG. ist wesentlich, daß es dem Täter darauf ankommt, sich durch die wiederkehrende Begehung von Finanzvergehen der in dieser Gesetzesstelle bezeichneten Art eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Unter der Voraussetzung einer in diese Richtung gehenden Tendenz des Täters würde unter Umständen sogar schon eine einzige zur Aburteilung gelangende Tat die Annahme gewerbsmäßiger Begehung des betreffenden Delikts rechtfertigen (SSt. 46/16 u.v.a.). Im gegenständlichen Fall hat aber - was die Beschwerde außer acht läßt - das Erstgericht im Einklang mit den Verfahrensergebnissen festgestellt, daß der Angeklagte Josef C größere Mengen von Schmuggelwaren nicht etwa auf einmal, sondern während eines sich über das Jahr 1978 erstreckenden längeren Zeitraums erworben und (zum Großteil an den Angeklagten Julius F) weiterverhandelt hat, und aus dem Bestehen einer solcherart längere Zeit hindurch 'geschäftsmäßig' abgewickelten Handelsbeziehung in einleuchtender Weise abgeleitet, daß die im Sinne der obigen Darlegungen essentielle Täterabsicht beim Beschwerdeführer vorhanden war (S. 367). Der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung haftet somit ein Rechtsirrtum nicht an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Josef C war daher

gleichfalls zu verwerfen.

Zur Berufung des Josef C:

über Josef C wurde nach §§ 38 Abs. 1, 46 Abs. 2

FinStrG. eine Geldstrafe in der Höhe von 18.000 S, im Nichteinbringungsfall 18 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Gemäß § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG. in Verbindung mit §§ 17 Abs. 2 lit. a, 37 Abs. 2, 38 Abs. 1, 46 Abs. 2

FinStrG. wurde dieser Angeklagte weiters zur Bezahlung einer Wertersatzstrafe in der Höhe von 18.428,66 S, im Nichteinbringungsfall 20 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die Gewerbsmäßigkeit, als mildernd das teilweise Geständnis und die Unbescholtenheit.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte Josef C eine Herabsetzung

der Geldstrafe und deren bedingte Nachsicht an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Der erschwerende Umstand der gewerbsmäßigen Begehung in bezug auf

die Abgabenhehlerei bestimmt gemäß § 38 Abs. 1

lit. a FinStrG. die Strafdrohung. Umstände, die bereits die gesetzliche Strafdrohung bestimmen, dürfen jedoch bei der Strafbemessung nicht abermals berücksichtigt werden, um eine unzulässige Doppelverwertung zu vermeiden (vgl. Leukauf-Steininger2 § 32 RN. 12 und 13). Aus dieser Erwägung normiert § 23 Abs. 2 FinStrG. ausdrücklich, daß bei der Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und Milderungsgründe, nur soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind. Bei der Strafbemessung kann somit die Gewerbsmäßigkeit nicht neuerlich als Erschwerungsgrund herangezogen werden. Unberechtigt ist allerdings das Berufungsvorbringen, dem Angeklagten sei auch eine untergeordnete Beteiligung als mildernd anzurechnen. C hat vielmehr geschmuggelte Gegenstände, vor allem größere Mengen Zigaretten erworben und weiterverkauft, sodaß von einer untergeordneten Beteiligung am Schmuggel keineswegs gesprochen werden kann. Auch von einer Begehung der oftmals wiederholten, gewerbsmäßig begangenen Tat aus Unbesonnenheit kann keine Rede sein. Zu den vom Erstgericht angenommenen Strafbemessungsgründen kommt aber noch als mildernd hinzu, daß C die Tat bereits vor längerer Zeit (im Jahre 1978) begangen und sich seither wohlverhalten hat. Als erschwerend ist hingegen das Zusammentreffen zweier Finanzvergehen zu werten.

Ausgehend von den solcherart korrigierten Strafzumessungsgründen und angesichts der Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages ist aber - auch unter Berücksichtigung seiner mindergünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse - die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe angemessen, sodaß deren Reduktion nicht in Betracht kam. Die Gewährung bedingter Strafnachsicht konnte im Hinblick auf die gewerbsmäßige Tatbegehung und die spezialpräventiv erforderliche Effektivität der verhängten Geldstrafe nicht in Erwägung gezogen werden.

Der Berufung war sohin zur Gänze ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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