Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22. November 1928 geborene Hauptschullehrer Walter A des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes) und des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit vom Jahre 1980 bis zum Oktober 1981 in Mürzzuschlag als Lehrer unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber den seiner Ausbildung unterstehenden unmündigen Schülerinnen Gabriele B, Sabine C, Alexandra D, Anita E, Eva F, Birgit G und Sabine H die Genannten durch wiederholtes Betasten ihrer Brüste sowie wiederholtes Hingreifen zwischen die Oberschenkel im Bereich des Geschlechtsteils auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer nominell auf die Gründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Das Schöffengericht gelangte zu seinen den Schuldspruch tragenden Konstatierungen im wesentlichen auf Grund der als glaubwürdig erachteten Aussagen der als Zeugen vernommenen Schülerinnen Alexandra D, Anita E, Sabine C, Eva F, Sabine H, Gabriele B und Birgit G (alle in ON 31) sowie auf Grund der Bekundungen der gleichfalls zeugenschaftlich vernommenen Lehrpersonen Gertrude I, Helmut J, Josef K und Anton L (in ON 33) in Verbindung mit den aus dem in der Hauptverhandlung (S 199) verlesenen Vorakt AZ 11 Vr 766/70 des Kreisgerichtes Leoben hervorgehenden Umständen, wodurch es die leugnende Verantwortung des Angeklagten als widerlegt ansah.
Gegen diese Konstatierungen wendet sich die Beschwerde, indem sie - den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund relevierend - geltend macht, das Erstgericht habe 'in wesentlichen Belangen unrichtige Tatsachenfeststellungen getroffen' und seinen Ausspruch über entscheidende Tatsachen undeutlich, unvollständig, unzureichend und aktenwidrig begründet. Die bezüglichen Beschwerdeausführungen erschöpfen sich allerdings - in grundsätzlicher Verkennung des Wesens der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) sowie von Art und Umfang der gesetzlichen Begründungspflicht (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) - im wesentlichen in einer Erörterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft der vom Schöffensenat verwerteten Beweismittel und damit in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen Schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung, ohne formale Begründungsmängel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO aufzeigen zu können.
Rechtliche Beurteilung
Im einzelnen ist dem Beschwerdevorbringen zur Mängelrüge folgendes zu erwidern:
Soweit der Beschwerdeführer meint, das Schöffengericht habe zu Unrecht die Ergebnisse des seinerzeit gegen ihn abgeführten (und mit einem Freispruch beendeten) Strafverfahrens wegen § 128 StG vorliegend als Beweismittel verwertet, so übersieht er, daß das Gericht sehr wohl berechtigt war, den Inhalt des (in der Hauptverhandlung verlesenen) betreffenden Vorakts im Rahmen seiner Beweiswürdgiung zu verwerten (vgl Mayerhofer-Rieder, StPO, E Nr 146 zu § 258). Daß es aus den Ergebnissen dieses Vorverfahrens nicht jene Schlüsse gezogen hat, die der Beschwerdeführer daraus gezogen wissen will, stellt einen Akt unbekämpfbarer tatrichterlicher Beweiswürdigung dar und kann somit nicht zum Gegenstand einer Mängelrüge gemacht werden. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß zwar § 128 StG die Absicht des Täters voraussetzte, seine Lüste zu befriedigen (welche Absicht im seinerzeitigen Verfahren nicht als erwiesen angenommen worden war), § 207 Abs. 1 StGB hingegen eine solche Absicht des Täters nicht verlangt (vgl ÖJZ-LSK 1975/143).
Die Feststellung, daß innerhalb der in Rede stehenden Schulklasse der Peter-Rosegger-Hauptschule in Mürzzuschlag keinerlei Gruppenbildung unter Führung der Gabriele B bestand, widerspricht - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht den Verfahrensergebnissen; sie findet vielmehr in den Bekundungen der Zeugen Gertrude I, Helmut J, Josef K und Anton L sowie der vernommenen Schülerinnen (Gabriele B, Waltraud D, Sabine H und Sabine C) Deckung und ist auch nicht denkgesetzwidrig, zumal sich die bezüglichen Urteilsausführungen ersichtlich nicht darauf beziehen, jegliche Art von 'Gruppenbildung' innerhalb einer Schulklasse auszuschließen, sondern nur eine solche, die zum Zwecke unberechtigter Anschuldigungen gegen den Angeklagten erfolgte. Daß eine derartige Gruppenbildung (mit Gabriele B als 'Rädelsführerin') vorliegend nicht bestanden hat, entspricht aber - wie gesagt - den Verfahrensergebnissen.
Das Erstgericht hat festgestellt, daß die inkriminierten Tathandlungen 'hauptsächlich dann stattgefunden haben, wenn nur noch einige wenige Schüler in der Klasse waren' (S 209). Damit hat es den Einwand der Beschwerde, es lasse sich 'mit logischem Denken nicht vereinbaren, daß ein erfahrener Erzieher im 6. Lebensjahrzehnt angesichts mehrerer Schüler verschiedenen Geschlechts Unzuchtshandlungen begeht', ohnedies berücksichtigt (vgl auch S 214) und darin nach Lage des Falles keinen Grund gesehen, an der Glaubwürdigkeit der den Beschwerdeführer belastenden Schülerinnen zu zweifeln, ohne daß darin ein Verstoß gegen Denkgesetze zu erblicken wäre. Das Erstgericht hat aber bei seinen diesbezüglichen Erwägungen auch berücksichtigt, daß es sich um eine gemischte Klasse gehandelt hat (S 208).
Der Versuch der Beschwerde, der Handarbeitslehrerin Gertrude I und den ihn belastenden Schülerinnen Unlauterkeit zu unterstellen, stellt sich in Wahrheit nur als Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung dar. Das Erstgericht hat sich mit der bezüglichen Verantwortung des Beschwerdeführers in den Urteilsgründen auseinandergesetzt und frei von formalen Mängeln dargelegt, warum es dieser Verantwortung keinen Glauben geschenkt hat (S 214, 215). Gleiches gilt auch für den Einwand, die Angaben der ihn belastenden Mädchen seien lediglich der 'blühenden Phantasie junger Mädchen' entsprungen, weshalb ihren Angaben (auch) in Ansehung der Dauer und der Intensität der Berührungen nicht gefolgt werden hätte sollen. Das Schöffengericht hat mit durchaus einleuchtender und keineswegs denkgesetzwidriger Begründung dargelegt, aus welchen Erwägungen es die belastenden Aussagen nicht als 'Mädchengeschwätz', sondern als glaubwürdige Bekundung wahren Geschehens beurteilt hat und zur überzeugung der Richtigkeit dieser Aussagen gelangt ist, wobei es die einzelnen, an sich aber geringfügigen Widersprüche in diesen Aussagen - entgegen den weitwendigen Einwänden der Beschwerde - keineswegs stillschweigend übergangen, sondern gebührend berücksichtigt hat (S 213).
Die Behauptung der Beschwerde, 'einer' der vom Erstgericht vernommenen Lehrer habe gesagt, 'Schüler haben doch eigene Geheimnisse', findet weder in den Angaben der Gertrude I (S 119 f; 192 f) noch in den Bekundungen der Zeugen Helmut J (S 123 f; 194 f), Josef K (S 127
f; 197 f) und Anton L (S 129 f; 198 f) Deckung; sie stünde im übrigen den bekämpften Urteilskonstatierungen in keiner Weise entgegen.
Verfehlt ist letztlich auch der Einwand, das Erstgericht habe ein 'Pauschalurteil' gefällt, indem es davon ausgehe, daß es unmaßgeblich sei, wann, wo und wie sich die einzelnen Fakten abgespielt haben. Damit setzt sich die Beschwerde jedoch über die konkreten Urteilsfeststellungen betreffend Zeit (im Schuljahr 1980/81 bzw bis Oktober 1981
nach Unterrichtsstunden, insbesondere nach Musikstunden oder nach dem Förderungsunterricht) und Ort seiner deliktischen Handlungen sowie betreffend die Art und Weise der unzüchtigen Berührungen hinweg (S 209), wobei sie offenbar dem Umstand, daß im einzelnen eine kalendermäßig bestimmte Tatzeit nicht mehr ermittelt werden konnte, entscheidende Bedeutung beimißt, dabei aber außer acht läßt, daß die Begehungszeit einer Straftat nicht zu den wesentlichen, ihre Eindeutigkeit bestimmenden Merkmalen gehört, sofern - was vorliegend der Fall ist - die betreffende Tat ausreichend und verwechslungssicher umschrieben ist (Mayerhofer-Rieder, StPO, E Nr 32 zu § 260; E Nr 31 zu § 262).
Die Mängelrüge versagt somit zur Gänze.
Nominell aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO, der Sache nach (und insoweit auch folgerichtig seinen Freispruch begehrend) aus jenem der Z 9 lit a der zitierten Gesetzesstelle macht der Beschwerdeführer geltend, sein Verhalten könne nicht als Mißbrauch (der unmündigen und seiner Ausbildung unterstehenden Mädchen) zur Unzucht beurteilt werden. Dabei läßt er jedoch außer acht, daß ihm - entgegen seinem Vorbringen - nicht ein bloßes Betasten der Oberschenkel der Mädchen zur Last liegt; nach den (für die rechtliche Beurteilung allein maßgebenden) Urteilskonstatierungen hat er vielmehr die betreffenden Mädchen (wiederholt) an ihrer Brust abgegriffen und ihnen, teils oberhalb der Hose, teils auch unter dem Rock zwischen die Beine im Bereich des Geschlechtsteils gegriffen, wobei es sich in jedem Fall keineswegs um bloß flüchtige Berührungen gehandelt hat (S 209, 213). Derartige Tathandlungen entsprechen aber dem Begriff des Mißbrauchs zur Unzucht im Sinn des § 207 Abs. 1 StGB (und im Sinn des § 212 Abs. 1 StGB), sodaß dem Ersturteil der behauptete Rechtsirrtum nicht anhaftet (vgl Leukauf-Steininger, Kommentar2, § 207 RN 5 ff und die dort zitierte Judikatur; weiters ÖJZ-LSK 1980/27 ua). Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die mit seiner Verurteilung verbundene Rechtsfolge verweist und meint, diese sei als 'Wertmaßstab' für die strafrechtliche Beurteilung seiner Verfehlungen heranzuziehen, wobei sich zeige, daß sie in einem Fall wie diesem 'geradezu absurd' sei, so unterliegt er einem grundsätzlichen Irrtum:
Ob ein Tatverhalten einem gesetzlichen Tatbestand entspricht, ist nicht an der mit der Tatbestandsverwirklichung verbundenen Rechtsfolge, sondern allein daran zu messen, ob es den objektiven und den subjektiven Tatbestand erfüllt;
den Tatbestand allein wegen der mit seiner Verwirklichung verbundenen Rechtsfolge zu negieren, widerspräche den fundamentalen Grundsätzen des Strafrechts.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 207 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 (achtzehn) Monaten, die es gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie die vielfache Wiederholung der strafbaren Handlungen an verschiedenen Mädchen, als mildernd hingegen das bisher untadelige Vorleben des Angeklagten.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe 'auf unter ein Jahr' an, was im Hinblick auf den geringen Schuldgehalt, seine Unbescholtenheit, die Tatsache seiner jahrzehntelangen erfolgreichen Lehrtätigkeit 'und die Fragwürdigkeit des Falles' gerechtfertigt sei.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat, was vom Berufungswerber nicht in Zweifel gezogen wird, die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig festgestellt. Es hat sie aber auch zutreffend gewürdigt. Bei der Gewichtung der Schuld des Angeklagten darf nicht übersehen werden, daß er die inkriminierten Tathandlungen oftmals und an verschiedenen Schülerinnen wiederholt hat, woraus auf eine beträchtliche deliktische Intensität geschlossen werden muß. Darin manifestiert sich aber ein nachhaltiger Mangel des Berufungswerbers an Verbundenheit mit jenen rechtlich geschützten Werten, deren Beachtung ihm bei Ausübung seines Lehrberufs besonders angelegen sein mußte. Von einer geringen Schuld kann mithin keine Rede sein. Der ihn treffende Schuldvorwurf wiegt vielmehr so schwer, daß das vom Erstgericht gefundene Strafmaß auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes schuldangemessen und tätergerecht ist, woran das bisherige Wohlverhalten nichts zu ändern vermag. Inwieweit der Fall - aus der Sicht der Strafbemessung - 'fragwürdig' sein soll, bleibt unerfindlich.
Die Berufung erwähnt den Amtsverlust lediglich als Argument für die Herabsetzung der Freiheitsstrafe (S 249); ein Begehren auf Gewährung bedingter Nachsicht (auch) der Rechtsfolge des Amtsverlusts wurde weder bei der Anmeldung der Berufung noch in der Berufungsausführung gestellt, wiewohl ein solches vorliegend gemäß § 44 Abs. 2 letzter Satz StGB jedenfalls zulässig gewesen wäre. Für den Obersten Gerichtshof bestand somit kein Anlaß, sich mit dieser Frage zu befassen.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)