OGH 12Os90/83

OGH12Os90/8315.9.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.September 1983

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Steininger, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Horak, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ramschak-Heschgl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB über die vom Angeklagten Gerhard A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 7.März 1983, GZ 4 c Vr 1259/82-91, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Mühl sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Gerhard A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (neben anderen Angeklagten) der am 17.Dezember 1965 geborene Gerhard A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich des Schuldspruchs hat er in Wien in Gesellschaft als Beteiligter mit dem gleichzeitig abgeurteilten Otto B fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 5.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, I./ zwischen dem 15.September und 17.September 1981 durch Einbruch in ein Gebäude dem Anton C weggenommen, und zwar acht kleine Golddukaten, sechs goldene Tausend-Schilling-Münzen, sechs silberne Fünfhundert-Schilling-Münzen, zwei silberne Fünfzig-Schilling-Münzen, sechs silberne Fünfundzwanzig-Schilling-Münzen und etwa 1.200 S (Punkt A/I/3 des Urteilssatzes);

II./ im Sommer 1982 unbekannten Eigentümern durch Einbruch und Einsteigen wegzunehmen versucht, indem er sich (gemeinsam mit Otto B) 1./ mit einer Leiter zu einer Trafik begab, um in diese einzusteigen, 2./ zu einer Mauer begab und diese überkletterte, um in ein Schallplattengeschäft einzubrechen (Punkt B/I/2/a und b des Urteilssatzes).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf die Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde lediglich im Umfang der beiden zuletzt beschriebenen Versuchsfakten.

Den ersterwähnten Nichtigkeitsgrund erblickt der (die einzelnen Nichtigkeitsgründe nicht getrennt ausführende) Beschwerdeführer offenbar darin, daß sich das Erstgericht im Zusammenhang mit dem ihm angelasteten Einbruchsversuch in eine Trafik (Punkt B/I/2/a des Urteilssatzes) in der Urteilsbegründung nicht mit seiner Verantwortung auseinandersetzte, die zum Einsteigen in die Trafik bestimmte Leiter 'schon früher' (vgl. S. 516) - womit nur gemeint gewesen sein könne, noch bevor ihnen eine Polizeistreife entgegenkam (welchen Umstand das Erstgericht als Ursache für das Weglegen der Leiter annahm) - weggestellt zu haben. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß - worauf die Beschwerdeausführungen letzten Endes abzielen - weder der Verantwortung des Otto B in der Hauptverhandlung noch jener des Beschwerdeführers entnommen werden kann, es lägen die Voraussetzungen eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch im Sinne des § 16 Abs 1 StGB vor. Otto B gab im gegebenen Zusammenhang lediglich an: 'Wir haben uns nicht mehr getraut, unser Vorhaben war zu schwierig' (S. 515, 516), worauf Gerhard A unmittelbar anschließend erklärte: 'Wir haben die Leiter schon früher weggestellt'. Aufgrund dieser Angaben konnte das Schöffengericht - unabhängig davon, wann das Wegstellen der Leiter nun tatsächlich erfolgte - den Schluß ziehen, daß die Tatvollendung einerseits aus Furcht und andererseits deshalb, weil die Täter die begonnene Ausführung (subjektiv) für aussichtslos hielten, unterblieben ist, ohne daß es - weil freiwilliger Rücktritt vom Versuch auch in diesem Fall nicht anzunehmen wäre (vgl. Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB 2, RN. 3 zu § 16) - einer Erörterung der erwähnten Angaben des Beschwerdeführers über den Zeitpunkt des Weglegens der Leiter bedurfte.

Dem Beschwerdeführer kann jedoch auch nicht gefolgt werden, wenn er - damit der Sache nach den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ausführend -

meint, das Tragen der Leiter könne unter Umständen sogar noch als straflose Vorbereitungshandlung beurteilt werden. Denn das ihm nach den Urteilsfeststellungen angelastete Verhalten - das nicht isoliert für sich allein, sondern unter Bedachtnahme auf sämtliche Begleitumstände und im Rahmen des Handlungsplanes der Täter zu betrachten ist (vgl. für viele SSt 46/24) - stand nach Lage des Falles mit der geplanten Tat in einem derartig sinnfälligen Zusammenhang, daß es direkt auf diese ausgerichtet war und nach den Zielvorstellungen der Täter in unmittelbarer Folge (ohne ins Gewicht fallende Zwischenstufen) in die Ausführung übergehen sollte. Es war letzterer nicht nur aktionsmäßig unmittelbar vorgelagert, sondern auch zeitlich nahe, wobei unter Berücksichtigung des hier in Frage kommenden Deliktstypus (§ 127 StGB ) darüber hinaus die Tathandlung - objektiv - zumindest im unmittelbaren Vorfeld der Tatbildverwirklichung lag und - subjektiv -

das verbrecherische Tätervorhaben bereits in ein Stadium getreten war, in dem die Täter die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung schon überwunden hatten (vgl. ÖJZ-LSK 1982/22; Leukauf-Steininger, a.a.O. RN. 6 und 8 ff. zu § 15 StGB und die dort zitierte Judikatur).

Schließlich geht der Beschwerdeführer auch fehl, soweit er (sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO.) behauptet, das Erstgericht habe im Zusammenhang mit dem Punkt B/I/2/b des Schuldspruchs rechtsirrig einen freiwilligen Rücktritt der Täter vom Versuch ausgeschlossen. Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen hatten Otto B und Gerhard A nämlich zwecks Verwirklichung ihres Vorsatzes, in ein Schallplattengeschäft einzubrechen, bereits eine Mauer überklettert, um an die Rückseite des Geschäftes zu gelangen, als in einem nahen Wohnhaus das Licht eingeschaltet wurde, worauf sie fürchteten, bemerkt zu werden und die Flucht ergriffen (S. 530). Darauf, ob sie wirklich bemerkt worden waren und ob die Ausführung der Tat objektiv dennoch möglich gewesen wäre, kommt es der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht zuwider nicht an. Genug daran, daß die Täter subjektiv ein der weiteren Tatausführung entgegenstehendes Hindernis - sei es mit Grund oder auch nur irrig (vgl. Leukauf-Steininger, a. a.O. RN. 4 zu § 16) - annahmen und die Tatvollendung aus Furcht vor drohender Entdeckung unterließen. Daß aber dies der Fall war, wurde vom Erstgericht im Urteil nicht nur ausdrücklich festgestellt, sondern ist auch durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens gedeckt; so haben Otto B und Gerhard A in der Hauptverhandlung in bezug auf den in Rede stehenden Einbruchsversuch übereinstimmend erklärt, die Anklage - in der behauptet worden war, sie hätten durch das Einschalten des Lichts in einem nahen Wohnhaus (subjektiv) befürchtet, entdeckt zu werden und deshalb die Flucht ergriffen (S. 437, 438) -

stimme (S. 516).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu

verwerfen.

Gerhard A wurde nach §§ 129 StGB , 11 Z 1 JGG.

(die Zitierung auch des § 28 Abs 1 StGB erfolgte in bezug auf diesen Angeklagten offensichtlich irrtümlich) zu einer Freiheitsstrafe von 4 (vier) Monaten verurteilt. Dabei wurden als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall innerhalb einer Probezeit sowie die mehrfache Qualifikation des Diebstahls gewertet, als mildernd das umfassende und reumütige Geständnis und die mindergünstigen Erziehungsverhältnisse. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und bedingte Strafnachsicht an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Als mildernd ist, wie der Berufungswerber zutreffend ausführt, auch noch zu berücksichtigen, daß es in zwei Fakten beim Versuch geblieben ist, andererseits kommt zu den im übrigen vom Jugendschöffengericht zutreffend angenommenen Strafbemessungsgründen als weiterer Erschwerungsumstand die Wiederholung der diebischen Angriffe hinzu. Hingegen wurde das Alter des Angeklagten durch die Anwendung des § 11 JGG. bereits berücksichtigt; auch kann nach der Aktenlage nicht davon gesprochen werden, daß der Beschwerdeführer von anderen zu den strafbaren Handlungen verführt wurde. Der Angeklagte A hat unmittelbar nach seiner ersten Verurteilung wegen Diebstahls (AZ 1 a Vr 2096/80 des Jugendgerichtshofes Wien), die am 7. August 1981 rechtskräftig wurde, in der Zeit zwischen dem 15. und 17. September 1981 den ihm angelasteten vollendeten Diebstahl (Punkt A/I/3 des Urteilssatzes) begangen. Nach seiner zweiten Verurteilung zu 2 c Vr 1511/81 des Jugendgerichtshofes Wien, die am 10.Mai 1982 rechtskräftig geworden ist und auf die der Jugendgerichtshof Wien im Urteil vom 30.September 1982, AZ 1 a Vr 428/82, Bedacht nahm, hat er im Sommer 1982

neuerlich zwei Diebstahlsversuche (Punkt B/I/2/a und b des Urteilssatzes) unternommen. Bei dem Vorleben des Angeklagten und dem jeweils raschen Rückfall ist die über ihn verhängte Strafe nicht zu hoch bemessen, sie entspricht vielmehr dem Schuldgehalt der Tat und der Täterpersönlichkeit. Die Wirkungslosigkeit echter bedingter Verurteilung und bedingter Strafnachsicht zeigt, daß die bloße Androhung der Vollziehung und auch die Bestellung eines Bewährungshelfers nicht genügte, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Die Voraussetzung für die Gewährung neuerlicher bedingter Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB liegen somit nicht vor.

Der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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