OGH 9Os119/83

OGH9Os119/8330.8.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hirnschall als Schriftführerin in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Verbrechens des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. März 1983, GZ 4 d Vr 13886/ 82-22, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Felzmann, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Strobl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25. Dezember 1929 geborene Gelegenheitsarbeiter Friedrich A des Verbrechens des versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Ab. 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 23. Dezember 1982 in Wien fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert (Film- und Fotogeräte) durch Einbruch, nämlich durch Einschlagen einer Auslagenscheibe des Fotogeschäftes der Firma B mit Bereicherungsvorsatz wegzunehmen versuchte.

Rechtliche Beurteilung

In seiner gegen diesen Schuldspruch gerichteten Nichtigkeitsbeschwerde macht der Angeklagte die Gründe der Z 4, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO geltend.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Durchführung eines Ortsaugenscheines, bei dem ihm die Gelegenheit zur Demonstration gegeben werden sollte, daß er mit der ihm zur Tatzeit zur Verfügung gestandenen Lötlampe in der Lage gewesen wäre, eine Auslagenscheibe lautlos einzuschlagen. Damit sollte die Unglaubwürdigkeit (gemeint: Unwahrscheinlichkeit) des modus operandi bei dem ihm angelasteten Versuch, die Auslagenscheibe des Fotogeschäftes durch kräftige Schläge mit einem Gegenstand einzuschlagen, unter Beweis gestellt werden (S 78). Diesen Beweisantrag hat das Erstgericht mit der zutreffenden Begründung abgewiesen (S 78), daß selbst dann, wenn es dem Angeklagten möglich gewesen wäre, die Auslagenscheibe ohne größere Geräuschentwicklung zu eröffnen, nicht ausgeschlossen werden könnte, daß er im vorliegenden Falle die von den Zeugen Hermann und Johanna C von ihrem gegenüber dem Tatort gelegenen Schlafzimmer aus beobachtete und dem Gericht widerspruchsfrei beschriebene Vorgangsweise - aus welchem Grunde immer - gewählt hat. Ein Verfahrensmangel haftet diesem Zwischenerkenntnis daher nicht an. Soweit der Beschwerdeführer aber rügt, daß die sichergestellte (S 28) Lötlampe nicht in Augenschein genommen wurde, obwohl sich hiebei ergeben hätte, daß diese (bei der Festnahme im Besitz des Angeklagten befindliche) Lötlampe, mit der er nach Annahme des Erstgerichts mehrmals gegen die Auslagenscheibe des Fotogeschäftes geschlagen hat (S 87), keine Schlagspuren, wie sie üblicherweise bei Schlägen auf harte Gegenstände entstünden, aufweise, so übersieht er, daß er in der Hauptverhandlung einen Antrag auf Besichtigung der sichergestellten Lötlampe nicht gestellt hat. Es mangelt daher insoweit schon an den formellen Voraussetzungen für die wirksame Geltendmachung des behaupteten Nichtigkeitsgrundes. Mit dem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO versucht der Beschwerdeführer im wesentlichen die Verläßlichkeit der ihn belastenden zeugenschaftlichen Aussagen des Ehepaares C mit der Behauptung in Frage zu stellen, daß die Entfernung ihres Standpunktes bis zum Tatort 150 m betragen habe. Abgesehen davon, daß die Entfernung vom Fenster der Wohnung des Ehepaares C zum gegenüberliegenden Fotogeschäft der Firma B nach der Darstellung des Zeugen Hermann C nur 25 bis 30 m betrug (S 25) und der Tatort hell erleuchtet war, erschöpfen sich die bezüglichen Ausführungen nach Inhalt und Zielsetzung in einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und demnach nicht beachtlichen Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung. Die mit dem Akteninhalt angeblich im Widerspruch stehende Feststellung, daß der Angeklagte zur Tatzeit mit einem (dunklen) Hut und einem dunklen Mantel bekleidet war und eine größere Reisetasche bei sich trug (S 87), findet in den Verfahrensergebnissen jedenfalls ausreichende Deckung (vgl S 23, 35, 49, 51, 74, 75). Die nunmehrige Behauptung des Beschwerdeführers, der von ihm zur Tatzeit getragene Hut sei entgegen der Annahme im Ersturteil nicht dunkel, sondern vielmehr hell gewesen, stellt sich überhaupt als eine im Nichtigkeitsverfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Soweit sich schließlich der Angeklagte im Rahmen seiner Mängelrüge auch dadurch beschwert erachtet, daß das Ersturteil keine näheren Feststellungen über die in gerichtlicher Verwahrung befindliche Lötlampe (hinsichtlich des Fehlens von Schlagspuren) und über die Farbe des von ihm zur Tatzeit getragenen Hutes enthalte, behauptet er keine unvollständige Würdigung aufgenommener Beweise, sondern rügt die unvollständige Ausschöpfung an sich vorhanden gewesener Beweisquellen. Eine Unvollständigkeit des Verfahrens kann aber den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 5

des § 281 Abs 1 StPO nicht begründen (SSt 41/10). Für eine Geltendmachung als Verfahrensmangel fehlt es hingegen an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung. Schließlich versagt aber auch die Rechtsrüge des Beschwerdeführers, in welcher er mit dem nicht näher konkretisierten Hinweis auf den im Ersturteil festgestellten Sachverhalt strafaufhebenden Rücktritt vom Versuch im Sinne des § 16 Abs 1 StGB reklamiert.

Nach den Urteilsannahmen hat der Angeklagte durch mehrere Schläge ein etwa schillinggroßes Loch in die Auslagenscheibe des Fotogeschäftes der Firma B geschlagen, um in der Auslage befindliche Schaustücke zu stehlen. Er entfernte sich aber zunächst wieder rasch vom Tatort (in Richtung der angrenzenden Seitengasse), um dort abzuwarten, ob sein Vorgehen (gemeint: das Einschlagen der Auslagenscheibe) bemerkt worden sei, zumal das von ihm geschaffene Loch der Auslagenscheibe zu einem Herausangeln der Geräte noch zu klein war (S 87). Hat der Angeklagte sodann (aus Unvermögenheit) die weitere Tatausführung aufgegeben, weil das Loch für eine Entnahme der Schaustücke zu klein und der Diebstahlsversuch deshalb mißlungen war, kommt ein strafaufhebender Rücktritt vom Versuch aus diesem Grund nicht in Betracht (Leukauf-Steininger2, RN 9, 10 zu § 16 StGB). Unterblieb hingegen die Tatvollendung infolge des Einschreitens des Ehepaares C (das die Polizei verständigt hatte) und der Festnahme des Angeklagten (S 89), so mangelt es an dem für den reklamierten Strafaufhebungsgrund essentiellen Moment der Freiwilligkeit der Abstandnahme von der (weiteren) Tatvollendung. Die Urteilsfeststellungen schließen jedenfalls, auch wenn sie letztlich offenlassen, ob die eine oder die andere der eben erörterten Varianten vorlag, erkennbar die - vom Beschwerdeführer unterstellte - Annahme aus, daß er sein Diebstahlsvorhaben unter der Vorstellung, eine dem Tatplan entsprechende Tatvollendung sei noch möglich, aufgegeben und demnach freiwillig von der weiteren Tatausführung abgesehen hat.

Auf die erst nachträglich an den Obersten Gerichtshof übersendete Eingabe des Angeklagten (ON 32) war nicht einzugehen, weil das Gesetz nur eine einzige Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde kennt. Derartige, eine vom Verteididiger eingebrachte Rechtsmittelschrift nur ergänzende Eingaben sind daher unbeachtlich (SSt 27/44, 39/37). Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit zur Gänze zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte - ohne von der Strafschärfungsmöglichkeit des § 39 StGB Gebrauch zu machen - nach § 129 StGB über den Angeklagten eine dreijährige Freiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafzumessung die zahlreichen (schweren und einschlägigen) Vorstrafen, den relativ raschen Rückfall sowie die mehrfache Qualifikation der Tat als erschwerend, als mildernd hingegen nur den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die angemessene Herabsetzung der Freiheitsstrafe an; dies jedoch zu Unrecht. Zur Berufungsbehauptung, der Angeklagte habe von der Diebstahlsvollendung 'praktisch von sich aus' Abstand genommen, genügt es, auf die Ausführungen zur Rechtsrüge zu verweisen. Daß es beim Versuch geblieben ist, hat das Erstgericht, wenn auch nur 'formal', berücksichtigt. Völlig fehl geht die Behauptung, daß sich die 'Werthöhe' beim Diebstahlsversuch nur an dem an der Auslagenscheibe verursachten Schaden zu orientieren habe. Tatsächlich hat der Angeklagte den von seinem Vorsatz umfaßten Wert der (in der beleuchteten Auslage auch sichtbaren) Diebstahlsobjekte zu vertreten (Leukauf-Steininger2, RN 31 zu § 128 StGB). Einen die Wertgrenze des § 128 Abs 1 Z 4 StGB erheblich übersteigenden, vom Vorsatz umfaßten Wert der ins Auge gefaßten Diebsbeute hat das Erstgericht weder festgestellt (S 88 unten) noch als Erschwerungsumstand herangezogen. Richtig ist wohl, daß ein mangelndes Geständnis nicht als Erschwerungsumstand zu werten ist, jedoch hat das Erstgericht ersichtlich mit seiner diesbezüglichen Wendung nur zum Ausdruck bringen wollen, daß es an dem Milderungsumstand des Geständnisses mangelt. Der Oberste Gerichtshof sieht sich angesichts der offensichtlichen Wirkungslosigkeit der bisherigen zum Teil empfindlichen Vorstrafen - der Angeklagte hat zuletzt eine fünfjährige Freiheitsstrafe verbüßt und wurde nur knapp über ein Jahr darnach neuerlich einschlägig straffällig - nicht in der Lage, die Strafe zu ermäßigen.

Es war daher auch der Berufung der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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