OGH 9Os105/83

OGH9Os105/8330.8.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. August 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Steininger und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Hörburger, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hirnschall als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst A und andere wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Karl B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 23. Februar 1983, GZ 11 Vr 157/82-36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Franiek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Karl B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua der am 17. November 1956 geborene Schankbursche Karl B des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt, weil er in bewußt gemeinsamem Zusammenwirken mit dem Mitangeklagten Ernst A als Mittäter am 23.September 1981 und am 25. September 1981 in Weiz mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte des Elektrocenter D Weiz durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, Fernsehgeräte kaufen, diese jedoch vorerst zur Besichtigung und zur Probe mitnehmen zu wollen, zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung von insgesamt zwei Fernsehgeräten im Werte von zusammen 22.655 S, verleitete, wodurch die D Weiz um einen 5.000 S übersteigenden Betrag geschädigt wurden. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte Karl B mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a (richtig Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Ausführung seiner Mängelrüge im Sinn des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht vor, seine Verantwortung mit Stillschweigen übergangen und nicht ausgeführt zu haben, warum es dieser Verantwortung nicht gefolgt sei.

Rechtliche Beurteilung

Diese Rüge ist jedoch nicht berechtigt, weil das Erstgericht, was die Beschwerde letztlich auch einräumt, seine Feststellungen hinsichtlich aller die Täterschaft des Beschwerdeführers betreffenden entscheidungswesentlichen Tatsachen unter Hinweis auf die von ihm in freier Beweiswürdigung nicht zuletzt auf Grund der im Vorverfahren wie in der Hauptverhandlung gleichlautenden und deshalb für glaubwürdig erachteten Verantwortung des Mitangeklagten Ernst A, des Vorlebens des Beschwerdeführers - der wegen ganz gleichartiger Betrügereien in den Jahren 1979 bis 1981 bereits am 22. Mai 1981 des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB rechtskräftig schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war - und der Art seiner äußeren Mitwirkung an den nunmehr gesetzten Tathandlungen hinreichend, schlüssig und im Einklang mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung begründete, wobei es die Verantwortung des Beschwerdeführers keineswegs stillschweigend überging (vgl S 131 bis 133 d.A). Damit entsprach es aber der in der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO zitierten Bestimmung des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO voll, kraft welcher es nicht verhalten war, im Urteil zu jedem Detail der Verantwortung der Angeklagten B und A Stellung zu nehmen, sondern es vielmehr genügte, in gedrängter Form die entscheidenden Tatsachen zu bezeichnen, die es als erwiesen annahm, und die Gründe anzuführen, die zu seiner überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahmen führten (vgl Mayerhofer-Rieder, II/2, E Nr 6, 7, 8 zu § 281 Z 5 StPO).

Die Beschwerdeausführungen zur Mängelrüge stellen sich daher der Sache nach bloß als Versuch dar, in einer im Nichtigkeitsverfahren gegen Schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen und der vom Schöffensenat mit mängelfreier Begründung abgelehnten leugnenden Verantwortung des Angeklagten B zum Durchbruch zu verhelfen. In seiner auf den Grund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten, der Sache nach jedoch jenen der Z 10 der genannten Gesetzesstelle relevierenden Rechtsrüge meint der Beschwerdeführer, ausgehend von den getroffenen Feststellungen über seine Mitwirkung an den beiden Betrugshandlungen seien diese rechtsrichtig nicht als Mittäterschaft, sondern bloß als Beteiligung an diesen beiden Straftaten des Ernst A im Sinne des dritten Falles des § 12 StGB zu beurteilen.

Damit wird jedoch kein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund - auch nicht jener der Z 10 des § 281 Abs. 1

StPO - aufgezeigt: Denn sofern nur der (zumindest die vom Gesetz vorausgesetzte Akzessorietät erkennen lassende) konkrete Tatanteil des Betreffenden in sachverhaltsmäßiger Beziehung (§ 260 Abs. 1 Z 1 StPO) mit hinreichender Deutlichkeit festgestellt wurde - was vorliegend der Fall ist -, gereicht die (allfällige) irrige Annahme des ersten anstatt des dritten Anwendungsfalles des § 12 StGB im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB dem Angeklagten nicht zum Nachteil und bewirkt demnach auch keine Urteilsnichtigkeit (vgl SSt 48/30; SSt 50/2 = ÖJZ-LSK 1979/116; RZ 1976/77; RZ 1978/72; EvBl 1980/205; SSt 51/32; JBl 1981, 108 ua; Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 57 bis 59 zu § 12 und die weiteren dort zitierten Entscheidungen). Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl B war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Karl B nach § 147 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Es wertete bei diesem Angeklagten als erschwerend die einschlägige(n) Vorstrafe(n), den Umstand, daß er der Urheber der Betrügereien war, und seinen relativ raschen Rückfall, als mildernd ein teilweise reumütiges Geständnis. Eine Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB und eine bedingte Strafnachsicht lehnte das Erstgericht aus spezialpräventiven Gründen unter Hinweis auf die einschlägige(n) Vorstrafe(n) des Angeklagten B ab.

Der Strafberufung dieses Angeklagten, der eine Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafe, allenfalls die bedingte Strafnachsicht oder die Verhängung einer Geldstrafe anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen vorerst - entgegen der Meinung des Berufungswerbers - insoweit einer Korrektur, als nach der Aktenlage weder von einem reumütigen Geständnis des Angeklagten B gesprochen werden kann noch davon, daß seine Verantwortung einen wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung geleistet hätte. überdies übersah das Erstgericht den Erschwerungsumstand der Tatwiederholung (§ 33 Z 1 StGB). Die Auffassung des Berufungswerbers, ein rascher Rückfall könne neben einer einschlägigen Vorstrafe nicht als zusätzlicher Erschwerungsgrund herangezogen werden, ist unzutreffend. Der ungesäumte Rückfall in die Kriminalität beschwert die Tat mehr als ein Rückfall nach längerem rechtschaffenem Lebenswandel. Vom Erstgericht wurde in ausführlicher Beweiswürdigung dargetan, daß der Angeklagte B den Plan zur Verübung der beiden Betrügereien ins Gespräch brachte. Mit der Bestreitung der erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen zur Urheberschaft wird kein Milderungsgrund dargetan.

Ebensowenig kann es einen Milderungsgrund abgeben, daß es in der Hand des Mitangeklagten A gestanden wäre, die Tatausführung zu unterlassen, denn die Urteilskonstatierungen (und die Aktenlage) bieten keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Berufungswerber B jemals einen Versuch unternommen hätte, die Ausführung der von ihm als Urheber veranlaßten Betrügereien zu unterbinden.

Die Bemühungen des Angeklagten B, den Verkauf eines der beiden erbeuteten Fernsehgeräte an einen Cousin rückgängig zu machen, erfolgte nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen ausschließlich deshalb, weil der Käufer wider Erwarten keine (weitere) Barzahlung leistete, sondern eine Kompensation mit einer Gegenforderung gegen den Berufungswerber vorzunehmen bestrebt war. Von einer Schadensgutmachung nach Kräften kann bei dieser Konstellation keine Rede sein.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes erhielt der Angeklagte B die Hälfte des Erlöses für das am 23. September 1981 erbeutete Fernsehgerät und den größeren Teil der als Anzahlung für das am 25. September 1981 erbeutete und dann verkaufte Fernsehgerät (S 129 und 130 d.A). Die Berufungsbehauptung, die Betrügereien seien (ausschließlich) im Interesse des Mitangeklagten A verübt worden, dem allein der Nutzen aus den Straftaten zugekommen sei, trifft demnach nicht zu.

Dem Wohlverhalten seit der Tat kommt keine entscheidende mildernde Bedeutung zu, setzten doch sicherheitsbehördlichen Erhebungen wegen der beiden dem Berufungswerber zur Last fallenden Betrügereien bereits im Oktober 1981

ein, und der Angeklagte wurde am 12. November 1981 hiezu vernommen (S 29 in ON 2 d.A). Hätte er während des nun anhängigen Verfahrens neuerlich strafbare Handlungen verübt, dann wäre ihm dies - in einem deshalb durchzuführenden Verfahren - vielmehr als erschwerend zuzurechnen.

Das vom Erstgericht gefundene Strafmaß entspricht nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes im Ergebnis durchaus der Tatschuld und ist auch der Täterpersönlichkeit des Angeklagten Karl B angemessen. Die besonderen Umstände des vorliegenden Falles, nämlich der rasche Rückfall nach Aburteilung wegen vollkommen gleichartiger strafbarer Handlungen während der in diesem Zusammenhang mit der bedingten Strafnachsicht bestimmten Probezeit, zeigen, daß es beim Angeklagten B der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf und daß auch die bloße Androhung der Vollziehung nicht mehr genügt, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Daran vermag der im Gerichtstag hervorgehobene Umstand, daß B seit mehr als einem Jahr einer geregelten Beschäftigung nachgeht, nichts zu ändern. Seiner Berufung wegen Strafe war deshalb insgesamt ein Erfolg zu versagen.

Das Erstgericht verurteilte in seinem Adhäsionserkenntnis unter anderem gemäß § 369 Abs. 1 StPO die Angeklagten A und B zur ungeteilten Hand, einen Betrag von 22.655 S an die D Weiz zu bezahlen.

Gegen diesen Ausspruch wendet sich die Berufung des Angeklagten Karl B mit dem Begehren, die erwähnte Privatbeteiligte auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

Dem Berufungsvorbringen, die Legitimation des Zeugen E zur Geltendmachung der Forderung der D Weiz sei nicht geprüft worden, ist durch die auf Anfrage des Obersten Gerichtshofes eingegangene Mitteilung der D Weiz vom 23. August 1983 der Boden entzogen. Darnach war der Zeuge E von einem Gesellschafter der D Weiz ermächtigt worden, anläßlich der Hauptverhandlung die Privatbeteiligtenansprüche dieses Unternehmens geltend zu machen. Den Ausspruch der Zahlungsverpflichtung zur ungeteilten Hand bekämpft die Berufung mit dem Hinweis auf § 889

ABGB, der eine Solidarschuld verneine. Diese Berufungsausführungen gehen schon deshalb fehl, weil die zitierte Bestimmung, wie ihre Einordnung in das 17. Hauptstück des ABGB ('Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt') zeigt, nur rechtsgeschäftlich entstandene gemeinschaftliche Verbindlichkeiten betrifft, während für die hier zum Tragen kommende Haftung aus einem durch ein vorsätzlich von mehreren Tätern verübtes Delikt widerrechtlich zugefügten Schaden die Bestimmung des § 1302 ABGB gilt, die ausdrücklich eine Haftung aller für einen und einer für alle statuiert.

Inwiefern im vorliegenden Fall die Haftungsfrage so kompliziert sei, daß das Strafgericht darüber nicht hätte urteilen dürfen, bleibt unerfindlich.

Auch der Berufung hinsichtlich des Adhäsionserkenntnisses war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

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