Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 16.Jänner 1921 geborene Pensionistin Aloisia A des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat sie am 28.Juli 1982 in Deutschlandsberg Dr. Franz B dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß sie ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB , sowie der Verletzung einer Standespflicht dadurch falsch verdächtigte, daß sie in einem anonymen, an die Oberstaatsanwaltschaft Wien gerichteten Schreiben behauptete, Dr. Franz B habe versucht, seine Frau zu ermorden und behandle im betrunkenen Zustand seine Patienten, wobei sie wußte (§ 5 Abs 3 StGB ), daß diese Verdächtigungen falsch sind.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpfte die Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 a des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt. Zutreffend verweist die Beschwerde in Ausführung des letztgenannten Nichtigkeitsgrundes darauf hin, daß das angefochtene Urteil insofern mit einem entscheidenden Feststellungsmangel behaftet ist, als ihm nicht entnommen werden kann, ob die Angeklagte wußte, daß ihre gegen Dr. Franz B erhobenen Anschuldigungen falsch sind. Auf der inneren Tatseite erfordert § 297 Abs 1
StGB Wissentlichkeit des Täters (§ 5 Abs 3 StGB ) hinsichtlich der Unrichtigkeit seiner Behauptung; nur eine Verdächtigung, deren Unwahrheit er kennt, ist verleumderisch (vgl. Leukauf-Steininger2, § 297 RN. 13, Mayerhofer-Rieder, StGB , Nr. 25 ff. zu § 297). Das Erstgericht beschränkte sich in seinen Feststellungen jedoch auf die Tatsache, daß die gegen Dr. Franz B erhobenen Beschuldigungen objektiv unrichtig waren. Die für die strafrechtliche Beurteilung wesentliche Frage, ob die Angeklagte diese Unwahrheit kannte, ließ es unbeantwortet und gab lediglich ihre Verantwortung wieder, daß sie die Gerüchte von ihrem (verstorbenen) Lebensgefährten erfahren habe. Aus Anlaß des Todes eines Patienten des Arztes habe sie die Oberstaatsanwaltschaft Wien informieren wollen. Sie traue Dr. Franz B einen Mord zu. Das Bekenntnis der Angeklagten, 'teilweise gelogen zu haben', bezog sich nach der Aktenlage nur darauf, daß sie sich in dem inkriminierten Schreiben fälschlich als Wienerin ausgab (S. 91), nicht aber auf die damalige Kenntnis der Unrichtigkeit ihrer Vorwürfe. Auch die Feststellung im bekämpften Urteil, die Angeklagte habe gewußt, daß sie unter Umständen mit einer strafgerichtlichen Verfolgung und Verurteilung rechnen müsse (S. 101), sagt noch nichts darüber aus, ob sie wußte, daß ihre Verdächtigungen falsch waren. Auf der subjektiven Tatseite weist die angefochtene Entscheidung daher entscheidende Feststellungsmängel auf.
Diese sind durch die Erwähnung der Wissentlichkeit im Urteilsspruch (S. 97) und durch die substanzlose Formulierung in den Gründen, die Angeklagte habe die vom Gesetz geforderten Tatbestandselemente objektiv und subjektiv erfüllt (S. 101), keineswegs beseitigt. Eine Erneuerung des Verfahrens erscheint aufgrund des aufgezeigten Mangels, der eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht zuläßt, unumgänglich. Deshalb war gemäß § 285 e StPO in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde schon in nichtöffentlicher Sitzung wie im Spruch zu erkennen, ohne daß es eines Eingehens auf das übrige Beschwerdevorbringen bedurfte.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)