OGH 9Os95/83

OGH9Os95/839.8.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. August 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Hon.

Prof. Dr. Steininger in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vogel als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 28. März 1983, GZ 20 r Vr 11.582/82-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schmidt und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12. Dezember 1953 geborene beschäftigungslose Walter A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 StGB schuldig erkannt, weil er am 29. Mai 1982 in Wien in Gesellschaft einer bisher nicht ausgeforschten Person namens 'Peter' als Beteiligter (§ 12 StGB) im bewußten und gewollten Zusammenwirken versuchte, dem Johann B Bargeld in unbestimmter Höhe mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar dadurch, daß Walter A auf Johann B mit einem Gummiknüppel einschlug, während sein Mittäter 'Peter' das Opfer heftig am Hals würgte und aufforderte, das Geld herzugeben, wobei die Vollendung der Tat nur deshalb unterblieb, weil es dem Johann B gelang, mit einem Sprung durch die doppelflügligen Glasfenster seines Wohnzimmers die Aufmerksamkeit einer Hauspartei zu erregen.

Rechtliche Beurteilung

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe des § 345 Abs 1 Z 2 und 6 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Einen den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund verwirklichenden Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer darin, daß ihm sein Verteidiger Dr. Robert Friedrich Schmidt im Sinne der §§ 41 Abs 2 StPO, 45 RAO für eine Verhandlung vor dem Schöffengericht und das daran anschließende Rechtsmittelverfahren, nicht aber für eine vor dem Geschwornengericht zu verhandelnde Sache beigegeben worden sei. Dem ist vorerst entgegenzuhalten, daß die Beigebung eines Verteidigers gemäß § 41 Abs 2 StPO ordnungsgemäß durch den Vorsitzenden des Schwurgerichtshofes anläßlich der Ausschreibung der Hauptverhandlung vor dem Geschwornengericht für diese Hauptverhandlung erfolgte (ON 23 d.A). Es ist zwar richtig, daß nach dem Inhalt der im Akt erliegenden Durchschrift (S 155) des StPO-Formblattes VH 2 über die Beigebung eines Verteidigers nach § 41 Abs 2 StPO offenbar durch ein Versehen der Gerichtskanzlei beim Ankreuzen der dafür vorgesehenen Rubrik der Anschein entstehen konnte, Dr. Schmidt sei für 'die vor dem Schöffengericht ... stattfindende Hauptverhandlung und das anschließende Rechtsmittelverfahren' bestellt worden. Dieser Mangel in der Ausfertigung der richterlichen Verfügung vermag aber deren Rechtswirksamkeit nicht zu beeinträchtigen. Von einer rechtsunwirksamen Verteidigerbeigebung kann somit - entgegen den Beschwerdeausführungen im Gerichtstag - keine Rede sein. Davon abgesehen läge der angerufene Nichtigkeitsgrund nur dann vor, wenn die Hauptverhandlung oder wichtige Teile hievon überhaupt ohne Beiziehung eines Verteidigers durchgeführt worden wäre (Mayerhofer-Rieder, StPO, E. 4-6 zu § 281 Abs 1 Z 1 a). Der Verteidiger war aber nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles während der gesamten Hauptverhandlung anwesend. Die Zustellung der Verteidigerbestellung erfolgte im übrigen bereits am 22. Februar 1983 (Rückschein vor S 153), ihr war eine Gleichschrift der Anklage ON 17

beigegeben (S 156 i.V.m. S 153); aus dem Anklagevorwurf und aus den Anträgen, die in der Anklageschrift gestellt worden waren, war aber eindeutig zu entnehmen, daß die Hauptverhandlung vor dem Geschwornengericht stattfinden werde. Der Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 2 StPO wurde somit nicht verwirklicht. Nur am Rande sei noch bemerkt, daß der Verteidiger und der Angeklagte sich nach Aufklärung des Irrtums in der Ausfüllung des Formulars mit der Durchführung der Hauptverhandlung ausdrücklich einverstanden erklärten (S 168).

Zum Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs 1 Z 6 StPO bringt der Beschwerdeführer vor, durch die Fragestellung sei die Vorschrift des § 316 StPO verletzt worden, weil der strafsatzändernde Erschwerungsumstand, daß der Raub in Gesellschaft eines Beteiligten ausgeführt worden sei, nicht zum Gegenstand einer Zusatzfrage gemacht, sondern in die Hauptfrage 1 aufgenommen worden sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers kommt auch insoweit keine Berechtigung zu. § 316 StPO normiert nur die Voraussetzung, unter der Erschwerungs- oder Milderungsumstände überhaupt einen Gegenstand der Fragestellung abgeben, schreibt aber nicht vor, daß nach den eine önderung des Strafsatzes begründenden Erschwerungs- und Milderungsumständen in jedem Fall selbständige Zusatzfragen gestellt werden müssen. Daß ein Strafänderungsgrund ausdrücklich oder durch Hinweis auf die ihn verwirklichenden konkreten Tatsachen in die Hauptfrage aufgenommen wurde, verstößt weder gegen § 312 noch gegen § 316 StPO, weil es nach § 317 Abs 2 StPO der Beurteilung des Schwurgerichtshofes überlassen bleibt, ob ein solcher Umstand in die Hauptfrage aufzunehmen oder zum Gegenstand einer besonderen Frage zu machen ist. Der Schwurgerichtshof ist nur verpflichtet, in der Rechtsbelehrung auf die Möglichkeit der Bejahung der Hauptfrage mit der Einschränkung, daß die genannten Qualifikationsmerkmale nicht vorliegen, hinzuweisen (Mayerhofer-Rieder, aaO, E Nr 8 zu § 316 samt weiteren Judikaturhinweisen). Auf diese Möglichkeit bloß teilweiser Bejahung einer Frage wurden die Geschwornen aber nicht nur durch die allgemeine Rechtsbelehrung (StPO-Form RMB 1), sondern auch noch ausdrücklich durch die ihnen übergebene Rechtsbelehrung des Vorsitzenden (§§ 321, 323 Abs 3 StPO) hingewiesen (S 11 der Rechtsbelehrung).

Die Fragestellung ist deshalb ohne Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 6 StPO.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und einen raschen Rückfall des Angeklagten, als mildernd dagegen den Umstand, daß es beim Versuch blieb. Der Berufung des Angeklagten, die eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe - unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung - anstrebt, kommt keine Berechtigung zu. Es trifft zwar zu, daß nach der Aussage des Raubopfers B der unbekannt gebliebene 'Peter' mit einer tätlichen Attacke gegen das Opfer begann und dem Berufungswerber zurief, er solle nun den Gummiknüppel holen. Darin liegt aber nach den Umständen des Falles keine als mildernd ins Gewicht fallende Einwirkung eines Dritten, entsprach doch schon die verborgene Mitnahme des Gummiknüppels in die Wohnung des Tatopfers einem abgesprochenen Tatplan der beiden Raubgenossen.

Darin, daß der Angeklagte 'lediglich mit einem Gummiknüppel' auf den Kopf des Tatopfers einschlug, kann entgegen der Meinung der Berufung keine untergeordnete Tatbeteiligung gesehen werden. Die homosexuelle Veranlagung des Tatopfers ist keine besonders verlockende Gelegenheit zu einem Raubüberfall, noch kann daraus wie im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorgetragen wurde, abgeleitet werden, daß das Opfer 'geradezu die Gelegenheit gesucht habe, beraubt zu werden'.

Die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe bedürfen daher keiner der vom Berufungswerber begehrten Ergänzungen; vielmehr lag - was vom Erstgericht augenscheinlich nicht beachtet wurde - in der Anwendung eines Gummiknüppels eine Tatmodalität, die im Sinne der herrschenden Rechtsprechung auch die Qualifikation des zweiten Falles des § 143 StGB erfüllt, was demnach als erschwerend zu werten gewesen wäre.

Das vom Erstgericht gefundene Strafmaß liegt ohnedies noch nahe der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens. Es ist angesichts der Tatschuld und der Täterpersönlichkeit selbst unter Beachtung des Umstandes, daß der Angeklagte nach dem Urteil erster Instanz ein Geständnis ablegte und zur Ausforschung seines Komplizen beitrug, keineswegs überhöht.

Auch der Berufung war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

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