OGH 10Os88/83

OGH10Os88/835.7.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Juli 1983 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Friedrich, Dr. Lachner und Hon.Prof. Dr. Brustbauer als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Preiß als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A wegen des Verbrechens des Mordes als Beteiligter nach §§ 12, 75 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 16. Februar 1983, GZ. 20 x Vr 13.843/81-144, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Brustbauer, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gabriel Lansky und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen, der Berufung keine Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Kurt A auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen der (in Tateinheit begangenen) Verbrechen des Mordes als Beteiligter nach §§ 12 (3.Fall), 75 StGB. und des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143, erster Fall, StGB. schuldig erkannt. Er hat am 22.Dezember 1981 in Wien (I) zur Tat des abgesondert verfolgten Armin B, der den Johann C durch Würgen mit den Händen, Bedecken des Gesichtes mit einem Polster und Zuziehen einer Schlinge um den Hals vorsätzlich getötet hat, durch die Aufforderung 'mach' s endlich ganz und nicht halbert' beigetragen und (II) in Gesellschaft des Armin B durch die vorhin erwähnte Gewalt dem Johann C je vier Golddukaten und Herrenarmbanduhren, je zwei tragbare Radiogeräte und Fotoapparate sowie je einen Ring und einen Taschenrechner geraubt. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5, 6, 9 und 12

des § 345 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (richtig jedoch jenen der Z. 6 des § 345 Abs. 1 StPO.; vgl. dazu Mayerhofer/Rieder II/2, Nr. 5 zu § 345 Abs. 1 Z. 5 StPO.) hält der Beschwerdeführer für gegeben, weil der Schwurgerichtshof (trotz seines Antrages: Band IV S. 228) keine Zusatzfrage (richtig: Eventualfrage; LSK. 1975/187) dahin gestellt hat, ob 'sich Armin B zur Tatzeit in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung befunden hat'.

Von einer solchen Fragestellung konnte der Schwurgerichtshof indes durchaus Abstand nehmen. Sie war zum einen auf Grund der Verfahrensergebnisse gar nicht indiziert und hätte im übrigen - selbst im Falle ihrer Bejahung durch die Geschwornen - zu keiner für den Angeklagten günstigeren Entscheidung führen können. Denn die Privilegierung des unmittelbaren Täters nach § 76 StGB. kommt dem Beitragstäter - weil die Schuld betreffend (SSt. 49/53) - nicht zugute. Zudem übersieht er mit seinem Hinweis, daß Armin B in der BRD. wegen seiner Tat nur des Totschlags (nach § 212 dStGB.) schuldig befunden wurde, die anders gelagerten Tatbestandsvoraussetzungen des Totschlags nach deutschem (§ 212 dStGB.) und österreichischem (§ 76 StGB.) Recht.

Dem erstmals vom Verteidiger im Gerichtstag erhobenen Einwand, daß auch bezüglich des Beschwerdeführers eine Fragestellung in Richtung Totschlag indiziert gewesen sei, konnte der Oberste Gerichtshof nicht näher treten. Das diesbezügliche Vorbringen im Gerichtstag stellt eine unzulässige Ergänzung der Beschwerde dar. Eine amtswegige Prüfung - wie sie der Verteidiger anregte - ist aber dem Obersten Gerichtshof verwehrt, da es sich um keinen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund handelt (Mayerhofer/ Rieder E.Nr. 2 zu § 345 Z. 6 StPO.).

Eine gesonderte Frage nach Totschlag wäre - den Beschwerdeausführungen zuwider - im vorliegenden Fall aber auch deshalb nicht in Betracht gekommen, weil § 143

letzter Halbsatz StGB. einen in Idealkonkurrenz mit Raub zusammentreffenden Totschlag bereits unter dem Aspekt einer Todesfolge des Raubes erfassen würde (vgl. SSt. 46/75). Dem wurde im vorliegenden Fall dadurch gebührend Rechnung getragen, daß den Geschwornen für den Fall einer Verneinung der auf Mord gerichteten Hauptfrage I bei gleichzeitiger Bejahung der auf Raub gerichteten Hauptfrage II auch eine auf die Qualifikation des § 143

letzten Fall StGB. lautende Zusatzfrage (IV) gestellt und in der schriftlichen Rechtsbelehrung im Anschluß an die Darlegung der Tatbestandsvoraussetzungen des Totschlags ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß das Delikt nach § 76 StGB. in jenem nach § 143 letztem Fall StGB. aufgehen würde (vgl. S. 29 der Beilage G zum Hauptverhandlungs-Protokoll, Bd. IV, ON. 143 d.A.). Für rechtsirrig im Sinne der Z. 12 des § 345 StPO.

erachtet der Beschwerdeführer die Annahme der Tateinheit von Mord und schwerem Raub mit der Begründung, seine Tat hätte entweder nur als schwerer Raub gemäß §§ 142 Abs. 1, 143 letztem Fall StGB. gewertet werden dürfen, sofern nach überzeugung der Geschwornen die beim Raub angewendete Gewalt zum Tod des Johann C geführt hat, oder es hätte ihm, falls die Tötung des Johann C nach der Beurteilung der Geschwornen mit dem ursprünglichen Raubvorsatz nicht im Zusammenhang gestanden wäre, neben einer Beteiligung am Mord des Armin B nur Diebstahl angelastet werden dürfen. Demgemäß sei auch die Fragestellung an die Geschwornen fehlerhaft gewesen, und die Beantwortung der Hauptfragen I und II stehe 'in einem unlösbaren Widerspruch' (§ 345 Abs. 1 Z. 6 und 9 StPO.); denn um den Geschwornen diese beiden möglichen Alternativen klarzumachen, hätte die Hauptfrage II als Eventualfrage zur Hauptfrage I formuliert werden müssen.

Diese Argumentation ist verfehlt: Erfüllt ein Täter durch sein Verhalten sowohl den Tatbestand des Mordes, als auch jenen des Raubes, so wird dessen rechtserheblicher Unwert - anders als im Verhältnis zwischen Totschlag und Raub - nur dadurch voll erfaßt, daß dem Täter beide Delikte in Idealkonkurrenz zugerechnet werden, wobei § 75 StGB. allerdings lediglich mit dem Grunddelikt des Raubes (§ 142 Abs. 1 StGB.) oder einem aus anderen Gründen qualifizierten Raub konkurriert (vgl. SSt. 46/45;

EvBl. 1976/236 = ÖJZ-LSK. 1976/89). Da sohin Mord und Raub eintätig zusammentreffen können, hat der Schwurgerichtshof auch zutreffend den Geschwornen gesonderte Hauptfragen nach beiden Richtungen hin gestellt und auf Grund deren Wahrspruches die Tat des Angeklagten rechtsrichtig beiden Deliktstatbeständen unterzogen. Im Frageschema wurde aber auch der in Betracht zu ziehenden Tatvariante Rechnung getragen, daß der Angeklagte zur Ausführung des Mordes an Johann C durch Armin B nicht in Raubabsicht, sondern ohne Zusammenhang mit dem geplanten Raub fördernd beigetragen hat, indem zur Hauptfrage II die auf Diebstahl (mit und ohne die Qualifikation des § 128 Abs. 1 Z. 1 StGB.) lautenden Eventualfragen I a und II gestellt worden sind. Hiedurch wurde den Geschwornen ohnedies die inhaltlich ihrer Niederschrift von ihnen auch geprüfte und erwogene (vgl. Beil. E zum Hauptverhandlungs-Protokoll Band IV ON. 143) Möglichkeit geboten, die Tat des Angeklagten A abweichend von der Anklage als - ohne Raubvorsatz unternommene -

Beteiligung an einem Mord und als Diebstahl zu beurteilen. Demnach sind weder durch die Stellung einer Hauptfrage wegen Raubes Vorschriften über die Fragestellung (§§ 312-317 StPO.) verletzt worden, noch ist in der bejahenden Antwort der Geschwornen auf die Hauptfragen I und II ein innerer Widerspruch (§ 345 Abs. 1 Z. 9 StPO.) oder in der rechtlichen Beurteilung des im Wahrspruch der Geschwornen festgestellten Verhaltens des Angeklagten als Mord nach § 75 StGB. und als schwerer Raub nach §§ 142 Abs. 1, 143 erstem Fall StGB. ein Subsumtionsirrtum zu erkennen (§ 345 Abs. 1 Z. 12 StPO.).

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten (nach §§ 28, 75 StGB.) zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe;

dabei wurden seine einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen, die Begehung der Tat in offener Probezeit und offenem Vollzug einer Freiheitsstrafe als erschwerend berücksichtigt, sein Alter zur Tatzeit unter 21 Jahren, sein Geständnis sowie die vernachlässigte Erziehung und die geistige und seelische Abartigkeit hingegen als mildernd gewertet. Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.

Der Umstand, daß Armin B schon zur Tat entschlossen war als der Rechtsmittelwerber an diesen die eingangs genannte Aufforderung richtete, bewirkt die Unterstellung seines Tatverhaltens unter § 12 dritter (nicht aber zweiter) Fall StGB.; er kann darüber hinaus nicht noch als mildernd gewertet werden. Von einer 'geringen Tatbeteiligung' kann nur mit Beziehung auf den Mord gesprochen werden. Bezüglich des Raubes war der Angeklagte A zweifellos äußerst aktiv tätig, da er es war, der das Raubgut an sich nahm und die Beute dann teilte.

Die vom Erstgericht verhängte zeitliche Strafe ist im Hinblick auf die Größe der Schuld vollauf gerechtfertigt. Sie hält im übrigen auch einem Vergleich mit der über B verhängten Freiheitsstrafe von neun Jahren stand, weil dessen Vorleben, im Gegensatz zu jenem des Rechtsmittelwerbers, kaum belastet war und bei diesem das deutsche Schwurgericht - anders als die österreichischen Geschwornen - einen Raubvorsatz nicht angenommen hat (S. 144, 147/IV. Bd.). Auch der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte